Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Das Bekennen der Sünde ist notwendig für die Vergebung

Lesedauer: 18 Minuten

„Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, daß er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit.”

1. Johannes 1:9

Der Apostel Johannes wendet sich hier nicht an die Welt der Ungläubigen, an ungerechtfertigte Personen, an „Sünder” im gewöhnlichen Sinn des Wortes. Er schreibt im Gegenteil den Gerechtfertigten und Geheiligten in Jesus Christus, und er rechnet sich selbst zu diesen, indem er die Pluralform „wir” benutzt. Der häufige Fehler, diese und ähnliche Schriftstellen auf Sünder im allgemeinen anzuwenden ist in zwei wichtigen Besonderheiten schädlich gewesen.

Erstens hat es den Uneinsichtigen Schaden zugefügt, indem es einigen den Eindruck vermittelt hat, daß es keinen Unterschied gibt zwischen der Kirche und der Welt; und daß alle gleichermaßen Zugang im Gebet zu Gott haben um um Vergebung für die täglichen Übertretungen zu bitten. Es hat so einige daran gehindert, die Notwendigkeit des Glaubens an die Sühne zu realisieren und von dem eindeutigen Eintreten in eine Bundesbeziehung mit dem Herrn unter den Bedingungen des Gnadenbundes – des Opferbundes. – Psalm 50:5

Im Gegenteil sollten alle über die Tatsache informiert werden, daß Reue und eine positive Annahme Christi, als ihren persönlichen Retter, absolut notwendig ist, bevor sie „in dem Geliebten” angenommen und als „Söhne Gottes” bezeichnet werden können, und sich den Vorrechten dieser Beziehung – des Gebetes, der Gemeinschaft mit Gott, der göttlichen Fürsorge oder der Vorsorge in ihren Angelegenheiten und Interessen, erfreuen können. Und sie erlangen die Gunst der Vergebung der täglichen Übertretungen durch das Verdienst des großen Hohenpriesters, Jesus Christus, den Gerechten.

Zweitens hat diese Beaufsichtigung eine schädliche Wirkung auf einige Christen gehabt, die zum Extrem übergegangen sind, zu behaupten, daß sie niemals Sünde begehen könnten, nachdem ihre vergangenen Sünden vom Herrn gnädig vergeben wurden, und nachdem sie in eine Bundesbeziehung eingetreten sind. Dadurch sind sehr falsche Ansichten und Lehren so genannter „Perfektionisten” entstanden, die nicht nur behaupten, das sie nun als vollkommen gerechnet sind, sondern daß sie tatsächlich vollkommen in all ihren Gedanken, Worten und Taten sind – sich selbst betrügend und die damit verantwortlich sind für viele schwerwiegende Irrtümer, wie der Apostel im Zusammenhang mit unserem Leittext erklärt.
Die Grundlage wahrer Gemeinschaft

Der Apostel Johannes legt bei dem Schreiben dieses Briefes deutlich sein Ziel fest, indem er sagt: „Und dies schreiben wir, damit unsere Freude vollkommen ist.” Es ist eine beachtenswerte Tatsache, daß die überwiegende Mehrheit der Christen nie die Fülle der Freude, des Friedens und der Segnung erfahren wird, die sie besitzen könnten. Zu viele geben sich mit einfachen verdünnten ersten Prinzipien der Lehre Christi zufrieden. Daher sind solche, wie der Apostel Paulus erklärt, nur „Unmündige in Christo”. – 1. Korinther 3:1 und 2 sowie Hebräer 5:12 – 14 Natürlich empfangen sie einen Segen in irgendeiner Beziehung zu dem Herrn, aber sie haben nicht die Fülle der Freude, welche sie haben würden, wenn sie in der Gnade und in der Erkenntnis fortschreiten würden zum vollen Manneswuchs in Christo. Die Absicht mit der ihnen der Apostel schreibt, war, die reinen Sinne der Gläubigen zu einer Wertschätzung und Freude an ihren Vorrechten aufzurütteln, damit sie dadurch wachsen und sich entwickeln möchten.

Der Apostel folgt dem Beispiel unseres Herrn Jesus, indem er die Wahrheit und Gerechtigkeit symbolisch als ein Licht darstellt und Sünde und jedes Böses insofern als gegenteilige Finsternis. Gott selbst würde so betrachtet die vollkommene Darstellung des Lichtes sein – „in ihm ist keine Finsternis”, keine Sünde, keine Unvollkommenheit. Mit diesem Gedanken im Sinn stellt der Apostel fest, daß jedes Wachstum der Gemeinschaft mit Gott, die wir erstreben mögen, entlang den Richtlinien der Güte, Reinheit geschehen muß, und daß es Sünde für uns wäre, zu anderen zu sagen oder sich einzubilden in unseren Herzen, daß wir mit Gott wandeln und Gemeinschaft mit Ihm haben, wenn unser Lebenswandel ein finsterer und sündiger ist. Solche täuschen sich nur selbst und andere. Sie täuschen Gott nicht und bekommen nicht die Segnungen, deren sich jene erfreuen, die „im Licht wandeln”.

Ferner, in dem Maß in welchem wir im Licht wandeln und im Einklang und der Gemeinschaft mit Gott, werden wir uns selbst in der Gemeinschaft mit allen anderen befinden,die gleichgesinnt sind. So denn, wenn wir die Geschwister nicht lieben, die wir gesehen haben und nicht fähig sind Gemeinschaft und geistige Freuden mit ihnen zu haben, könnte es ein Anzeichen dafür sein, daß wir nicht gänzlich in Harmonie und Gemeinschaft mit Gott sind.

Wer aber sind die „Geschwister”? Unser Herr sagt uns, daß nicht alle, die seinen Namen bekennen, wahre Geschwister sind. Er sagt: „Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Reich der Himmel hineinkommen, [anerkannt werden als einer der Geschwister und Miterbe] sondern wer den Willen meines Vaters tut, der in den Himmeln ist.” So sehen wir, daß es durch unsere Taten geschieht und nicht allein durch unsere Bekenntnisse, daß wir vom Herrn angenommen werden. Und wiederum sagt er: „Wer sind meine Brüder? … Denn wer den Willen meines Vaters tut, der in den Himmeln ist, der ist mein Bruder … .” – Matthäus 7:21 und 12:48 – 50

Wir erwarten daher nicht „Gemeinschaft” mit allen zu haben, die den Namen Christi nennen als einen Beweis der Gemeinschaft mit dem Vater, und daß wir im Licht sind. Es ist von uns diese wahre Gemeinschaft nur mit jenen zu erwarten, die ernstlich danach trachten, den Willen des Vaters zu tun und seiner Sache zu dienen und die Anweisungen Seines Wortes sowohl in ihren Taten auch in ihren Bekenntnissen zu veranschaulichen. Zwischen all diesen muß entweder verborgen oder offen ein Band der Gemeinschaft oder der Vereinigung bestehen. Jenes Band ist der eine Glaube und die eine Taufe in den einen Herrn.

Unzulänglichkeiten und Fehler sind Sünden

Aber während diese Gemeinschaft zwischen uns und unserem Herrn besteht und allen, die Seinen Geist besitzen, der die Grundlage unseres Wandels im Licht ist und seinen Fußstapfen nach dem Maß unserer Fähigkeit, bedeutet dies nicht ein absolutes Freisein von den Unvollkommenheiten der Sünde. Obwohl unter den Anordnungen unseres Gnadenbundes nichts als Sünde zur Last gelegt wird, ausgenommen, daß es zum Teil willkürlich getan wurde, ist es trotzdem auf Grund der mannigfachen Versuchungen und der Schwachheiten unseres Fleisches als Ergebnis der ererbten Veranlagung gegenüber der Sünde unmöglich Mängel und Fehler zu vermeiden. Diese Dinge mögen richtigerweise als Sünden bezeichnet werden, denn wie in unserem Leittext „ist Sünde eine Übertretung des Gesetzes”, auch wenn sie unabsichtlich geschehen sein mag.

Aber die göttlichen Anordnung unter dem Gnadenbund für das Volk des Herrn ist, daß diese unabsichtlichen Fehler und Mängel uns nicht als Sünden zur Last gelegt werden. Sie mögen stattdessen bereinigt sein aufgrund unserem Ansuchen bei dem großen Hohenpriester durch das Verdienst seines kostbaren Blutes. So ist es das Blut von Jesus Christus, unserem Herrn, das uns von aller Sünde reinigt – das uns rein erhält von der Sünde, wenn wir ständig wegen der Erkenntnis der Unvollkommenheit unseres Fleisches davon Anwendung machen um Vergebung.

Eine heimtückische Falle des Widersachers

Des Weiteren benutzt der Apostel in diesem Brief das Wort „Sünde” in einem unterschiedlichen Sinn von dem Vorhergesagten, wenn er erklärt: „Jeder, der in ihm bleibt sündigt nicht; jeder, der sündigt, hat ihn nicht gesehen noch ihn erkannt … Wer die Sünde tut ist aus dem Teufel … Jeder, der aus Gott geboren ist, tut nicht Sünde, denn sein Same bleibt in ihm; und er kann nicht sündigen, weil er aus Gott geboren ist.” Und wiederum sagt er: „Wir wissen, daß jeder, der aus Gott geboren ist, nicht sündigt; sondern der aus Gott Geborene bewahrt ihn, und der Böse tastet ihn nicht an.” – 1. Johannes 3:6 – 9 und 5:18

In dieser Schriftstelle benutzt der Apostel das Wort „Sünde” in ihrem völligen oder absoluten Sinn, in der Bedeutung von williger Sünde, gewollter Sünde, absichtlicher Sünde – nicht nur Mängel und Fehler, die weitgehend oder ganz den Unvollkommenheiten des Fleisches anzulasten sind, die wir von unseren Vorfahren geerbt haben. Der Apostel versichert uns, daß keiner, der vom Heiligen Geist des Herrn gezeugt ist, dem Geist der Heiligkeit und Wahrheit, irgendwelche Sympathie für die Sünde empfinden könnte, sich willentlich und wissentlich und absichtlich darauf einzulassen. Alle die so die Sünde lieben und mit Willen sündigen und sie billigen, nachdem sie eine Erkenntnis der Wahrheit erlangt haben, sind Kinder der Finsternis, welche die Finsternis lieben und so zeigen, daß sie den Geist oder die Einstellung Satans besitzen.

Ungerechtigkeiten gegenüber den Geschwistern sind nicht zu entschuldigen

Zunächst mögen viele zu sagen geneigt sein: „Nun, für mich besteht keine Gefahr in jener Weise zu sündigen; denn ich bin sicher, das ich nicht willentlich, vorsätzlich, beabsichtigt sündige.” Aber, liebe Freunde, wir sollten beachten, daß es einen Weg gibt, auf dem Sünden über uns kommen können, ohne zu jener Zeit eine vorsätzliche Sünde zu sein, aber später zu einer vorsätzlichen Sünde werden könnte. Zum Beispiel könnte irgendeine Übertretung, die entweder aus völliger Unwissenheit oder mit nur einem teilweisen Einverständnis unseres Willens verübt wird, danach zu einer vollständigen, willigen, absichtlichen Sünde werden. Dies könnte geschehen, wenn wir zu einem klaren Verständnis der Wahrheit betreffend des Motives kommen sollten und verfehlen dem Herrn gegenüber Reue zu zeigen und soweit es uns möglich ist das Unrecht gegenüber unseren Mitmenschen rückgängig zu machen. In eine klar und völlig verstandene Sünde einfach einzuwilligen, weil zu der Zeit, als die Sünde begangen wurde, wir in Unkenntnis waren und verweigerten Wiedergutmachung für sie zu machen und somit die Sünde befürworteten, würde scheinen aus ihr eine willkürliche Sünde zu machen.

Mit dieser Erkenntnis können die Kinder Gottes in ihren eigenen Gedanken nicht auch die geringste Ungerechtigkeit oder Unwahrheit untereinander oder gegenüber irgendeinem anderen zulassen. Der Kern dieses Gedankens wird in dem Befahl unseres Herrn offenbar: „Wenn du nun deine Gabe darbringst zum Altar [wenn wir irgendetwas haben, daß wir dem Herrn opfern wollen, entweder des Dienstes oder Anbetung oder des Dankes] und dich dort erinnerst, daß dein Bruder etwas gegen dich hat, [ daß jemand durch dich ein Unrecht zugefügt wurde entweder durch Worte, Gedanken oder dein Handeln] so laß deine Gabe dort vor dem Altar [denke nicht, daß diese annehmbar für Gott sein wird, während du in deinem Herzen oder äußerlich Ungerechtigkeit gegenüber andere ausübst] und geh vorher hin, versöhne dich mit deinem Bruder, [leiste Wiedergutmachung ihm gegenüber, entschuldige dich, erkläre völlig, welche Verletzung auch immer du ihm zugefügt hast] und dann komm und bring deine Gabe dar. [sei versichert, daß in solch einem Zustand des Herzens der Allmächtige Herr erfreut deine Gabe annehmen wird.]” – Matthäus 5:23 und 24

In der Beschreibung von solchen, die mit Willen sündigen, benutzt der Apostel eine sehr zwingende bildliche Sprache, indem er erklärt, daß insoweit sie in einer Herzensübereinstimmung mit der Sünde sind und nicht im Gegensatz zu ihr, sie die Feinde des Sohnes Gottes sind, der in jeder ihrer Form so sehr abgesondert von ihr war, daß er sein Leben niederlegte, uns von ihrer Macht und dem Fluch zu erlösen. Der Apostel erklärt, daß solche vorsätzlichen Sünder als die Feinde des Christus eingestuft werden können, die wirklich ihn und seine Güte und Liebe unter ihre Füße treten, bildlich sowohl seine Barmherzigkeit und Gunst als auch seine Anweisungen in Gerechtigkeit verachten. Er sagt, daß insoweit als sie einst geheiligt waren als ein Ergebnis ihres Glaubens an das kostbare Blut und seine Reinigung von Sünde, ihre Kehrtwendung nun zur Harmonie mit Sünde bedeuten würde, daß sie nun das erlösende Blut mißachten, es nicht als eine heilige Sache rechnen, sondern gemein. Diese trotzen dem Geist göttlicher Gunst, der ihnen Freiheit vom Joch der Sünde entgegenhielt und letztliche Freilassung von ihrer Strafe, dem Tod, und der Erreichung als des Herrn Volk und dem Siegeskranz des ewigen Lebens. – Hebräer 10:26 – 29

Bekennen der Sünde geht der Vergebung voraus

Wir wollen aber zu der anderen Betrachtung des Wortes „Sünde” zurückkehren, wie sie im zuerst beschriebenen Zusammenhang zu finden ist. Dabei wollen wir die Bedingungen hinsichtlich der Fehler und Unvollkommenheiten anwenden, gegen die Gottes Volk eifrig ankämpft, danach trachtend dies aus ihren sterblichen Leiber auszumerzen, und fortwährend einen guten Kampf zu kämpfen, aus dem sie als Überwinder und als mehr als Überwinder hervorgehen durch den, der sie liebte und mit seinem kostbaren Blut erkaufte. Der Apostel deutet an, daß die Gefahr besteht, daß einige ins Extrem der Leugnung gehen werden, daß sie irgendwelche Fehler haben und sich somit selbst betrügen und in eine Falle des Widersachers gehen.

Es könnte gefragt werden, wenn sie göttlich zu leben suchen, welchen Unterschied kann es machen, ob sie nun behaupten vollkommen zu leben oder ob sie zugeben, daß sie unvollkommen sind und ständig nach Reinigung durch das kostbare Blut nachsuchen? Wir erwidern, daß es einen ziemlich großen Unterschied macht. Nur wenn wir unsere Sünden bekennen, können sie uns vergeben werden. Folglich laden sich diejenigen, die bestreiten, irgendwelche Sünden, Fehler oder Unvollkommenheiten zu besitzen, eine große Last auf, die nicht vergeben werden kann, die gegen sie bestehen bleibt. Und sie werden deshalb für unwürdig zu rechnen sein, weiterhin unter der Leitung des Heiligen Geistes auf dem Pfad des Lichts zu wandeln auf den Höhen und Tiefen, Längen und Breiten der Liebe und Weisheit Gottes, die in Seinem Wort offenbart wird als Speise zur rechten Zeit, die für den Haushalt des Glaubens gegeben wird.

So erkennen wir, daß es nur einen richtigen Lauf des Glaubens und Verhaltens gibt, in welchem wir eine völlige Gemeinschaft mit dem Herrn haben können. Die einen anderen Lauf einschlagen machen Gott zu einem Lügner; und Er wird keine Gemeinschaft mit ihnen haben, sondern sie der Finsternis ihrer eigenen Wege überlassen. Können wir uns dann wundern, daß so viele in der Finsternis sind und des Beweises der Gemeinschaft mit Gott ermangeln, wenn wir erkennen, wie wenige ihre Fehler bekennen und sie zu überwinden und zu bereinigen suchen auf die einzige Weise der göttlichen Bestimmung und Zustimmung?

Diese Dinge sind nicht geschrieben, um in uns den Gedanken zu kultivieren, daß wir ungestraft sündigen können, daß wir von Fehlern überholt werden können, die durch Sorglosigkeit und Unachtsamkeit gegenüber dem göttlichen Wort entstanden sind, um dann zur Vergebung zum Herrn zu gehen. Ganz im Gegenteil sind diese Versicherungen der Gunst und göttlichen Bereitschaft zu vergeben geplant worden, um auf unsere Herzen einen mildernden Einfluß auszuüben, der uns alle darin sorgfältiger macht, Sünden zu vermeiden und Gemeinschaft mit Ihm zu pflegen, der die Vollkommenheit des Lichtes und der Heiligkeit ist. „Ich schreibe euch diese Dinge, damit ihr nicht sündigt” – daß wir nicht uns selbst rühmen und selbstgerecht werden und damit in des Herrn Sicht abscheulich; sondern daß wir unseren Schwachheiten und Unvollkommenheiten entfliehen, indem wir an der Gnade Gottes in Christo zu ihrer Vergebung festhaltend bitten und der Gnade und Stärke, einen guten Kampf gegen die Sünde zu kämpfen.

Unser Leittext gilt der Kirche

„Wenn jemand [in Christo] sündigt – wir haben einen Beistand bei dem Vater: Jesus Christus, den Gerechten.” Hier wiederum weist das „jemand” nicht auf jene hin, die außerhalb des Christus sind, sondern auf solche, die unter den Bedingungen und den Voraussetzungen des Bundes der Gnade sind. An solche allein richtet sich dieser Brief. Die Welt hat keinen Beistand bei dem Vater, weil sie Christus nicht angenommen hat; und er ist nur der Beistand für jene, die ihn angenommen haben und danach trachten, die Sünde zu überwinden.

Unser Beistand ist mehr als ein Beistand, ist mehr als ein Repräsentant bei dem Gericht der göttlichen Gerechtigkeit. Interessiert an unserem Wohlergehen und Vergebung ist er außerdem der Eine, der sich selbst für uns gab, der auf Golgatha das Werk der Vorsehung einer Versöhnung (Genugtuung) für unsere Sünden beendete. Dies ist der Grund, warum wir mit „Kühnheit [Vertrauen] zum Thron der Gnade kommen können”. Dies geschieht nicht nur in der Erkenntnis, daß Gott für uns ist, und daß der Herr Jesus mit uns mitempfindet und unser Beistand ist, sondern auch und besonders, weil wir das Verdienst seines Opfers wahrnehmen, welches er schon bei der Gerechtigkeit hinterlegt hat, und das er völlig zurechnete für alle, die ihn lieben und ihm gehorchen bei der Annahme der Bedingungen des Vaters.

Der Apostel sagt aber: „Und er ist die Sühnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren [die Sünden der Kirche], sondern auch für die ganze Welt.” Was bedeutet dies? Ist er der Beistand der ganzen Welt? Nein. Die Welt ist nicht gerufen und zur Heiligkeit und Wahrheit gezogen worden. Während des gegenwärtigen Zeitalters gilt „niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zieht”. Gegenwärtig erstreckt sich der ziehende Einfluß der Wahrheit nur auf diejenigen, „die ein Ohr haben, zu hören”. Die große Masse der Menschheit hat nie in irgendeinem Sinn des Wortes von der Gnade Gottes und der Versöhnung und Vergebung gehört, die für alle in Christo vorgesehen ist. Tatsächlich ist es eine bemerkenswert geringe Zahl, „die geschmeckt haben, daß der Herr gnädig ist”.

Jedoch so sicher, wie die Versöhnung „für die Sünden der ganzen Welt” ist, genau so sicher soll jedes Glied des Menschengeschlechts zu der Erkenntnis der Tatsache gebracht werden und zu einer Gelegenheit, den vorgesehenen Segen in Anspruch zu nehmen. Es geschieht zu diesem Zweck, daß das große Millennium-Zeitalter verheißen worden ist und sich in Vorbereitung befindet. Und es betrifft jenes Zeitalter der Segnung „aller Geschlechter der Erde”, daß der Herr durch den Propheten erklärt: „Dann werden die Augen der Blinden aufgetan und die Ohren der Tauben geöffnet.” Es ist zu jener Zeit, daß der Herr Jesus auch erklärt: „Und ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen.” Es ist aufgrund dessen, daß er erhöht worden ist als die Sühnung, als das Sündopfer „für die Sünden der ganzen Welt”, daß unser verherrlichter Herr letztlich bevorrechtigt wird, der Richter der Welt zu sein um allen, die ihm von Herzen gehorchen werden, Vergebung, Versöhnung und Wiederherstellung zu garantieren, während jede Seele, die auf jenen Propheten nicht hören wird, aus dem Volk ausgerottet werden soll” – in dem Zweiten Tod. – Apostelgeschichte 3:23

Die Prüfung des Gehorsams

Wie dem Ziehen, das jetzt durch den Vater geschieht, kein Zwang unterliegt, sondern nur ein Fesseln durch die Wahrheit, durch eine Erkenntnis derselben, so wird das Ziehen der Menschenwelt im Millennium-Zeitalter nicht mit Zwang geschehen, sondern nur durch den zur Liebe fesselnden Einfluß der Gerechtigkeit und Wahrheit und damit zum Lohn der Gerechtigkeit – zu ewigem Leben.

Der Apostel scheint in dem Brief, von dem unser Leittext genommen ist, anzudeuten, daß eine ziemlich große Anzahl fälschlicherweise eine gründliche Kenntnis Gottes für sich in Anspruch nimmt. Daher teilt er uns mit großer Offenheit in der Ansprache mit: „Wer sagt, ich habe ihn erkannt, und hält seine Gebote nicht, ist ein Lügner, und in dem ist nicht Wahrheit.” – 1. Johannes 2:4 Es wird auf diese Weise offenbar, daß der Apostel nicht nur eine Kenntnis über Gott meint, sondern eine gründliche Erkenntnis Gottes, die Gesellschaft und Gemeinsamkeit mit Ihm beinhaltet. Er legt uns eine Prüfung vor, durch die wir entsprechend beurteilen können, ob wir Neue Schöpfungen in dem Herrn sind und die Liebe Gottes in uns bis zu einem Maß entwickeln oder nicht. Die Prüfung besteht im Gehorsam. In dem Verhältnis, in welchem wie wir das Wort des Herrn halten, im gleichen Verhältnis ist die Liebe Gottes in uns vollendet. Denn wenn wir den Geist Christi bekommen haben, den Heiligen Geist, den Geist Gottes, wird dies zur Folge haben, uns zu veranlassen, Sein Wohlgefallen zu erlangen und tun zu wollen – im Rahmen des Möglichen.

Diese Befähigung sollte Jahr für Jahr zunehmen. Und obwohl wir nicht darauf hoffen können vollkommen zu werden, bis wir „verwandelt” werden und uns unsere neuen Auferstehungsleiber garantiert werden, müssen wir uns dennoch die ganze Zeit so nah zu dem Herrn im Geist und in unseren Gedanken halten, daß wir fortgesetzt Gemeinschaft mit Ihm haben können und durch das Bekennen unserer Fehler und dem Bemühen Seine Vergebung zu erlangen. So fortfahrend können wir bis zum Ende unserer Pilgerreise von Sünde rein sein, obgleich wir noch die Unvollkommenheiten des Fleisches anerkennen müssen – daß in unserem Fleisch keine Vollkommenheit vorhanden ist.