Was kann ein Mensch glauben?
Lesedauer: 30 Minuten„Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, auf dass ich der Wahrheit Zeugnis gebe… Pilatus spricht zu ihm: Was ist Wahrheit?“
– Johannes 18:37, 38
WAS kann ein Mensch glauben? – „Was ist Wahrheit?“ Soweit der Bericht zeigt, gab Jesus auf die Frage des Pilatus keine direkte Antwort. Am Abend zuvor jedoch, als Jesus im „Obersaal“ betete, sagte er zu seinem Himmlischen Vater im Hinblick auf seine Jünger: „Heilige sie durch die Wahrheit. Dein Wort ist Wahrheit.“ – Joh. 17:17
„Dein Wort ist Wahrheit.“ Das hier erwähnte „Wort“ bezieht sich zweifellos auf die Schriften des Alten Testamentes – das einzige damals vorhandene geschriebene Wort Gottes. Jetzt muss auch das Neue Testament einbezogen werden als Teil jenes „Wortes“, welches die „Wahrheit“ ist.
Es würde eine schwierige Aufgabe sein alle Verheißungen des Alten Testamentes einer sorgfältigen Untersuchung zu unterziehen mit dem Ziele, in ihnen irgendein Hauptthema zu entdecken, von dem wir richtigerweise als von „der Wahrheit“ sprechen könnten. Außerdem könnte niemand sicher sein, eine richtige Aussonderung des in ihnen enthalten Hauptgedankens vorgenommen zu haben. Das ist bewiesen durch die vielen über das göttliche Vorhaben bereits aufgestellten Theorien, welche alle für sich beanspruchen, auf die Bibel gegründet zu sein. Hier dient nun bei unserem Suchen nach Wahrheit das Neue Testament als Leitstern. In Apostelgeschichte 3:21 erwähnt der Apostel Petrus ein Thema, von welchem, wie er uns versichert, Gott „durch den Mund seiner heiligen Propheten von jeher geredet hat“.
Das ist gewiß ein entscheidender Hinweis auf das Hauptthema, welches Gott durch alle seine Propheten hatte verkündigen lassen. Und was war dieses große Thema Gottes – so wichtig für ihn, daß er alle seine Propheten darüber schreiben ließ? Petrus beschreibt es als die „Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge“. Das hier mit „Wiederherstellung“ wiedergegebene griechische Wort könnte auch passend mit „Wiedereinsetzung“ oder „Zurückbringung“ übersetzt werden. Es ist also offensichtlich das göttliche Vorhaben, daß alle Dinge wieder zurückgebracht werden sollen. Aber was ist mit diesem „alle Dinge“ gemeint, und wann und wie sollen sie wiederhergestellt werden?
In Vers 19 des gleichen Berichtes gebraucht Petrus das Wort „so“ im Sinne von „darum“, indem er sagt: „So tut nun Buße“. Dies zeigt an, daß die große Lehre, die er verkündet, und die in seinem Hinweis auf die „Zeiten der Wiederherstellung“ gipfelt, auf etwas gegründet ist, was vorher geschehen oder gesagt worden war. Beim Nachlesen des Kapitels finden wir, daß der Apostel göttliche Macht angerufen hatte, um einen von seiner Geburt an lahmen Mann wiederherzustellen. (Verse 2-9) Das Volk verwunderte sich sehr darüber und fragte sich offenbar, durch welche Macht ein so großes Wunder bewirkt worden war.
Dann erklärte ihnen Petrus alles und sagte, daß es vollbracht worden war durch den Glauben an Jesum, „den Urheber des Lebens“, den sie getötet hatten. Er erklärte, daß der Tod Jesu trotzdem kein Fehlschlag des göttlichen Planes war, sondern „Gott …hat also erfüllt, was er durch den Mund aller Propheten zuvor verkündigt hat, daß sein Christus leiden sollte“. Das Volk hatte jedoch eine nationale Sünde begangen und würde sie bereuen
müssen, ehe ihnen die von Gott durch Christum vorgesehenen Segnungen zuteil werden konnten. Dann fuhr der Apostel fort: „So tut nun Buße und bekehret euch, daß eure Sünden ausgetilgt werden, damit Zeiten der Erquickung kommen vom Angesicht des Herrn“. – Vers 19 Die wörtliche Bedeutung des in dieser Schriftstelle mit „Erquickung“ übersetzten Wortes ist „Wiederbelebung“, wie sie bei einer Person vorgenommen wird, die zu atmen aufgehört hat oder im Begriff ist, ohnmächtig zu werden. Petrus spielt augenscheinlich auf den Fall des Mannes an, dessen Gesundheit er eben wiederhergestellt hatte, benutzt dieses Wunder als eine Illustration der von Gott für die gesamte Menschheit vorgesehenen künftigen Segnungen und sagt, daß „Zeiten der Erquickung kommen vom Angesicht des Herrn“.
Der Sinn dieser Worte ist derselbe wie in dem Segen, welchen der Herr dem Mose über Israel auszusprechen gebot: „Jehova segne dich und behüte dich! Jehova lasse sein Angesicht über dir leuchten und sei dir gnädig! Jehova erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden!“ (4. Mose 6:24-26) Bildlich gesprochen wandte der Herr seiner menschlichen Schöpfung den Rücken zu, als unsere ersten Eltern das göttliche Gesetz übertraten. Sie wurden aus ihrem vollkommenen Heim in Eden in das unvollendete Land vertrieben, um zu sterben.
Aber Petrus sagt, daß eine Zeit kommt, da der Schöpfer den Menschen sein Antlitz wieder zuwenden – sozusagen „sein Angesicht auf sie erheben“ – wird mit dem Ergebnis, daß Zeiten der Erquickung kommen werden, Zeiten der Wiederbelebung, wie sie durch die Heilung des von Geburt an lahmen Mannes veranschaulicht worden war.
„Er wird euch Jesus Christus senden“
Aber wie und wann und unter welchen Umständen werden die „Zeiten der Erquickung“ für die Menschen kommen? Petrus beantwortet diese Fragen durch die Erklärung, daß es Gottes Vorhaben war, „Jesus Christus zu senden“ – ein Hinweis auf das zweite Kommen Christi – „welchen freilich der Himmel aufnehmen muß bis zu den Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge, von welchen Gott durch den Mund seiner heiligen Propheten von jeher geredet hat“. Offensichtlich gebraucht Petrus die Worte „Erquickung“ oder „Wiederbelebung“ und „Wiederherstellung“ zur Beschreibung desselben großen künftigen Segens für alle Menschen, und er erklärt, daß Gott Jesum bei seinem zweiten Kommen zu diesem Zweck sendet.
Jetzt haben wir einige der wichtigsten Tatsachen göttlicher Offenbarung für uns in den Brennpunkt gestellt, nicht etwa durch menschliche Schlußfolgerungen oder Vernunftgründe, sondern durch die inspirierte Lehre eines der eigenen Apostel Jesu. Er hat uns erzählt, worüber Gott alle seine Propheten zu schreiben veranlaßte, und er verlegt die Erfüllung von allem, was sie diesbezüglich verhießen, in die Folgezeit nach dem zweiten Kommen Christi; in der Tat, er macht uns klar, daß der Plan Gottes für die Ausführung dieses göttlichen Vorhabens das zweite Kommen Christi erforderlich macht.
Petrus führt einige Beispiele dafür an, was die Propheten tatsächlich hierüber aussagten. Als erstes erwähnt er eine Prophezeiung von Mose: „Einen Propheten wird euch der Herr, euer Gott, aus euren Brüdern erwecken, gleich mir; auf ihn sollt ihr hören in allem, was ir- gend er zu euch reden wird. Es wird aber geschehen, jede Seele, die irgend auf jenen Pro- pheten nicht hören wird, soll aus dem Volke ausgerottet werden“. – Apg. 3:22, 23; 5. Mose 18:15-19
Mose zeigt in seiner ursprünglichen Verheißung bezüglich des „Propheten“, den der Herr aus dem Volke erwecken würde, daß dieser große Eine die Gnade gewähren würde, nach welcher man sich so sehr sehnte, als dem Volke Israel am Berge Sinai der ursprüngliche Gesetzesbund gegeben wurde, nämlich nicht sterben zu müssen. Jener Gesetzesbund verhieß in der Tat Leben denjenigen, welche ihn unverletzt halten würden oder könnten. Aber niemand erlangte unter dem Gesetz Leben, weil sein vollkommener Maßstab der Gerechtigkeit das Maß der Fähigkeiten eines unvollkommenen Menschen überstieg.
Aber Leben, immerwährendes Leben, wird den Menschen gegeben werden, wenn der „Prophet“ gleich Mose „erweckt“ ist; das bedeutet dauerndes und vollkommenes menschliches Leben für alle, die jenem Propheten gehorchen, während nur jene sterben werden, die ihm ungehorsam sind. (Apg. 3:23) Gewiß konnte niemand beim bloßen Lesen jener durch Mose gegebenen wunderbaren Verheißung jemals zu dem Schluß gelangen, daß sie auf Christum während der tausend Jahre seiner zweiten Gegenwart anzuwenden ist. Nur weil der inspirierte Apostel Petrus uns sagt, wie sie erfüllt werden wird, können wir sie als eine der Melodien in Gottes erhabenem Hymnus von den Wiederherstellungssegnungen für die sterbende Welt während des Milleniums würdigen.
Nach Anführung dieser Prophezeiung von Mose und Anwendung derselben auf die künftigen Zeiten der Wiederherstellung geht Petrus in dem prophetischen Bericht des Alten Testamentes noch weiter zurück bis zu der Verheißung, welche dem glaubenstreuen Abraham gegeben wurde – „In deinem Samen werden gesegnet werden alle Geschlechter der Erde“. (Apg. 3:25; 1. Mose 12:1-3) Wir freuen uns, daß uns Petrus dieses weitere Beispiel der „Wiederherstellungs“ – Verheißungen gibt, denn es dient uns als Zusicherung, daß diese künftigen Segnungen des Lebens für Nichtjuden und Juden vorgesehen sind; daß sie „allen Geschlechtern [Nationen] der Erde“ zugänglich gemacht werden.
Jene dem Abraham gegebene Verheißung besteht gleichsam aus zwei Teilen. Einmal sollen alle Geschlechter der Erde gesegnet werden; und andererseits würde dieser Segen durch den „Samen“ Abrahams kommen. In Galater 3:16 bezeichnet der Apostel Paulus in erster Linie Jesum als diesen „Samen“. In den Versen 27-29 desselben Kapitels jedoch erklärt er, daß die wahren Nachfolger Jesu, durch Glauben, ebenfalls ein Teil dieses Samens werden, und damit „nach Verheißung Erben“.
Die Gelegenheit, auf diese Weise mit Jesu an dem künftigen Werk der Segnung teilzuhaben, wurde „zuerst“ den Juden angeboten. (Apg. 3:26) Aber als von ihnen nicht genügend viele die Gelegenheit ergriffen, hat „Gott die Nationen heimgesucht…, um aus ihnen ein Volk zu nehmen für seinen Namen“. (Apg. 15:14) Das ganze Zeitalter von Jesu erstem Advent bis jetzt ist erforderlich gewesen, um aus Juden und Nichtjuden diejenigen auszuwählen, welche mit Jesu als der verheißene „Same“ an der künftigen Segnung der Menschen mit Wiederherstellung zum Leben auf der Erde beteiligt sein werden, während das Werk der „Wiederherstellung“ in den tausend Jahren des Königreiches Christi durchgeführt wird.
Die „Priester und den Hauptmann des Tempels“ verdroß es, daß Petrus das Volk so klar belehrte und „in Jesu die Auferstehung aus den Toten verkündigte“. (Apg. 4:1, 2) Petrus hatte in seiner wundervollen Rede das Wort „Auferstehung“ nicht gebraucht, aber die Menschen verstanden klar, daß das große zukünftige Werk der Wiederherstellung, von welchem, wie er erklärte, Gott durch den Mund aller seiner heiligen Propheten geredet hatte, unbestreitbar eine Auferstehung der Toten einschloß; und sie taten recht daran. Das Wort Auferstehung ist nur ein anderer Ausdruck, den die Schrift gebraucht, um uns einen Begriff zu geben von dieser wunderbaren Segnung mit Gesundheit, Freude und Leben, welche einer leidenden und sterbenden Welt bald angeboten werden soll.