Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Zeichen des Endes

Da die Heilige Schrift klar sagt, dass das Ende der Welt nicht die Zerstörung der buchstäblichen Erde bedeute, sondern nur das Ende der gegenwärtigen Ära der Sünde, der Selbstsucht und des Todes, so sollten wir alle Anzeichen dafür—prophetischer oder anderweitiger Art—die das Bevorstehen der neuen Ordnung der Dinge ankündigen, auch als frohe Botschaft würdigen.

Die Tatsache, dass in der Vergangenheit wohlmeinende, aber schlecht unterrichtete religiöse Schwärmer das Kommen des Herrn vorzeitig angekündigt und die Art und den Zweck Seines Kommens in hohem Grad missverstanden haben, sollte uns nicht davon abhalten, jene Prophezeiungen, die sich auf diesen wichtigen Gegenstand beziehen, einer erneuten Prüfung zu unterziehen. Ja, wir sollten sogar eifrige Erforscher der biblischen Prophezeiungen sein, auf dass wir, wenn irgendmöglich, feststellen können, wo wir im Strom der Zeit sind und auch wissen, was die Propheten bezüglich unserer Tage vorhergesagt haben.

Sollten wir finden, dass die Bibel die vergangenen wie auch gegenwärtigen Weltereignisse genau beschriebe, dann würde das ein weiterer guter Grunde dafür sein, Vertrauen zu ihren Aussagen hinsichtlich der Zukunft zu haben.

Als Jesus noch auf Erden wandelte, fragten Ihn Seine Jünger, welches denn die „Zeichen“ Seines zweiten Kommens und die des „Endes der Welt“ (oder Zeitalters) sein würden. In Erwiderung auf diese Fragen gab Er ihnen eine Reihe sehr klarer Anhaltspunkte, an denen sie die letzten Tage dieser „gegenwärtigen bösen Welt“ erkennen könnten. Eines dieser Zeichen hatte mit den natürlichen Nachkommen Abrahams, mit der jüdischen Nation, zu tun. Der Meister sagte:

„Jerusalem wird zertreten werden von den Nationen, bis dass die Zeiten der Nationen erfüllt sein werden.“ Offensichtlich gebrauchte Er die Hauptstadt Israels, Jerusalem, in symbolischem Sinn für die ganze Nation und meinte damit, dass die heidnischen Regierungen der Erde fortfahren würden, sowohl das Volk als auch das Land Palästina während eines ganz bestimmten Zeitraums in Unterwerfung zu halten. Diesen Zeitraum nennt Er „die Zeiten der Nationen.“

Die Unterwerfung der Juden unter heidnische Herrschaft hatte ihren Anfang mehr als sechs Jahrhunderte vor dem ersten Kommen Jesu, nämlich zu der Zeit, als Nebukadnezar sie in die babylonische Gefangenschaft führte, genauer gesagt, im Jahre 606 v. Chr. Im 2. Kapitel der Prophezeiung Daniels finden wir einen Bericht über die näheren Umstände, die den Anfang dieses Zeitraums heidnischer Oberherrschaft einleiten. Zu dieser Zeit war Nebukadnezar auf dem Thron Babylons, und der Herr weist bereits in sehr deutlicher Weise darauf hin, dass jene Periode, die von Jesus als „Zeiten der Nationen“ bezeichnet wird, schon mit Nebukadnezar beginnt.

Vier heidnische Weltmächte vorhergesagt

Nebukadnezar hatte einen Traum, auf den er sich nicht mehr genau besinnen konnte, als er erwachte. Man bewog ihn deshalb, Daniel, einen jüdischen Gefangenen zu sich kommen zu lassen, der nicht nur des Königs Traum wiedergeben konnte, sondern ihn auch zu deuten vermochte.

Daniel erklärte dem König, er habe in seinem Traum das Standbild eines Mannes gesehen. Und dieses Standbild hätte ein Haupt aus Gold, eine Brust aus Silber, Bauch und Lenden aus Erz, die Schenkel aus Eisen und die Füsse teils aus Eisen und teils aus Ton gehabt.

Im Verlauf dieses Traumes habe der König gesehen, wie aus dem fernen Weltall ein Stein herbeigeflogen, dem Standbild auf die Füsse gefallen sei und es zertrümmert habe. Da wurden im Augenblick Eisen und Ton, Silber und Gold von ihm zermalmt und wie Spreu auf der Tenne vom Wind hinweggefegt. Der Stein aber, der das Bild zerstört hatte, sei zu einem grossen Berg geworden und habe die ganze Erde gefüllt.

Daniels Auslegung dieses seltsamen Traumes ist eins der bemerkenswertesten Kapitel in der ganzen Bibel insofern, als es eine exakte Voraussage der Geschichte und des Schicksals unserer Weltreiche enthält, angefangen bei der neubabylonischen Oberherrschaft und durch die Jahrhunderte hindurch bis auf den heutigen Tag. In dieser göttlichen Auslegung bezeichnete der Prophet das babylonische Weltreich als das Haupt von Gold. Daniel sagte zu dem König von Babylon:

„Du, o König, du König der Könige, dem der Herr des Himmels das Königtum, die Macht und die Gewalt und die Ehre gegeben hat; und überall, wo Menschenkinder, Tiere des Feldes und Vögel des Himmels wohnen, hat er sie in deine Hände gegeben und dich zum Herrscher über sie alle gesetzt—du bist das Haupt von Gold.“

Daniel 3:37

Vor dieser Zeit hatte Gott die jüdische Nation nur allein anerkannt und begünstigt. Nun aber waren die Juden Babylon untertan, und Gott erkannte den König von Babylon als den ersten jener langen Linie heidnischer Herrscher an, die die Juden für einen langen Zeitraum nach göttlichem Willen als ein Volk von Untertanen unter ihrer Herrschaft halten sollten. Folglich war das der Anfang der „Zeiten der Nationen.“

Aber Daniel war noch nicht am Ende seiner Prophezeiung als er Babylon als das „Haupt aus Gold“ bezeichnete. Er fuhr fort und teilte Nebukadnezar mit, dass sich mit dem Zerfall seines Königreiches ein anderes erheben würde, ein doppeltes Weltreich, dargestellt durch die Arme aus Silber. Die Geschichte beweist, dass mit diesem das medo-persische Weltreich gemeint ist. welches Babylon schon nach wenigen Jahren besiegte. Daniel spricht auch noch von einem dritten Weltreich, dargestellt durch „den Bauch und die Lenden aus Erz.“ Wie die Geschichte bekundet, war dieses Königreich das Griechenland Alexanders des Grossen, das dem Reich der Perser und Meder als Weltmacht von grosser Bedeutung folgte.

Jedoch ist Daniels Prophezeiung hier noch nicht zu Ende; indem er fortfährt, prophezeit er das Emporkommen der grossen militärischen (eisernen) Weltmacht Rom; er lenkt unsere Aufmerksamkeit sogar auf dessen zwei Teile, das östliche und das westliche Weltreich, mit den beiden Hauptstädten Konstantinopel und Rom, bildlich dargestellt durch die zwei „Beine aus Eisen.“ Rom war in der Tat ein „eisernes“ Königreich!

In seiner Vorhersage der aufeinanderfolgenden Weltmächte, die da kommen und gehen würden, ehe diese Weltordnung zu Ende ginge, machte Daniel an der richtigen Stelle halt: er erwähnt nämlich ihrer nur vier. Die weitere Beschreibung einer fünften gab er deshalb nicht, weil es eine fünfte universale heidnische Weltmacht nicht geben sollte. Hier schilderte Daniel im voraus genau die Geschichtsereignisse der nächsten zweitausend Jahre.

Die Zuverlässigkeit eines Geschichtsschreibers hängt von der Genauigkeit seiner Darstellung ab, und Daniels Bericht war sehr genau, obgleich er Geschichte im voraus schrieb. Deshalb können wir Vertrauen zu ihm haben, gleichwie auch Jesus ihm vertraute, als Er ihn in Matthäus 24:15 zitierte. Derselbe zuverlässige Daniel ist es auch, der die Geschehnisse unserer Tage beschreibt, wie wir noch später hören werden.

Da Daniel durch göttliche Vorsehung fähig war, die bedeutendsten Weltereignisse einer Periode von mehr als zweitausend Jahren exakt vorauszusehen und vorherzusagen, so sollte man ihm doch auch hinsichtlich der noch zu erwartenden zukünftigen Dinge Vertrauen schenken können.

Aber lasst uns zur Deutung des „Bildes“ zurückkehren. Als der Verfall des Römischen Reiches begann, gab es keine andere Macht mehr, die imstande gewesen wäre, einzugreifen und Roms Stelle als Diktator der Welt einzunehmen. Vielmehr fing Rom an, sich in kleinere Staaten oder Königreiche aufzuteilen. Damit ist durch das Bild der „Füsse und Zehen aus Eisen, vermischt mit Ton“ in treffender Weise dargestellt, was tatsächlich geschah, nachdem Rom seinen Höhepunkt militärischer Macht überschritten hatte.

Dann setzt der Prophet seine Beschreibung fort und erzählt uns, dass der „Stein, der sich ohne Hände losriss“ und der „das Bild an seine Füsse schlug,“ dann „zu einem grossen Berg wurde und die ganze Erde füllte,“ das Königreich Gottes darstellt, und dass dieses Königreich, „in den Tagen dieser Könige“ aufgerichtet werden soll, d.h. in· den Tagen der Königreiche, welche bildlich dargestellt sind durch die Füsse und Zehen. Fernerhin versichert er uns, dass dieses Königreich, das durch den Gott des Himmels errichtet werden soll, „alle anderen Königreiche zermalmen und vernichten wird, selbst aber ewiglich bestehen bleibt.“—Dan. 2:44

Nun haben wir die ganze prophetische Vision vor unserem geistigen Auge. Wir sehen die aufeinanderfolgenden Weltmächte heidnischer Oberherrschaft, mit Babylon angefangen, durch die Jahrhunderte hindurch bis zum Verfall des Römischen Weltreiches und schliesslich bis zu der Zeit, wo jede Spur heidnischer Herrschaft durch die Aufrichtung des Königreiches Gottes auf Erden gebrochen werden wird. Und das soll „in den Tagen dieser Könige“ geschehen.

Als der Herr an Israel die Warnung einer „siebenfachen Zeit“ der Strafe ergehen liess, gab Er uns damit einen Schlüssel für die Länge der „Zeiten der Nationen.“ Erforscher biblischer Zeitprophezeiungen sind fast alle der Ansicht, dass eine „Zeit“ (engl. übersetzt) oder ein Jahr in symbolischer Sprache 360 buchstäbliche Jahre bedeute und dass die „sieben Zeiten“ der Nationen 2520 Jahre ausmachen. Diese Periode begann im Jahr 606 v. Chr. und endete demzufolge im Jahr 1914 n. Chr.

Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass biblische Zeitprophezeiungen nur auf wichtige Marksteine oder Wendepunkte in den Angelegenheiten der Nationen hinweisen und dann auch nur insofern, als diese Angelegenheiten auf den Plan Gottes Bezug haben.

Das Ende der „Zeiten der Nationen“ im Jahre 1914 n. Chr. war der Wendepunkt zwischen der alten und der neuen Welt, der Zeitpunkt, an dem die alte Welt zu sterben begann, um der neuen Platz zu machen. Wir dürfen aber nicht zu viele Ereignisse auf einmal erwarten; obschon gewaltige Veränderungen in der Welt vorgegangen sind, in nationaler sowohl als auch politischer Hinsicht.

Fortschreitende Umgestaltung der Welt

Wie wir schon gesehen haben, sagte Jesus, dass „Jerusalem von den Nationen zertreten werden wird, bis dass die Zeiten der Nationen erfüllt sein werden.“ Demzufolge musste am Ende dieser Periode doch ein Anzeichen dafür erscheinen, dass sich Israels Stellung unter den Nationen verändert habe. Und das ist der Fall. Als unmittelbares Ergebnis des Weltkrieges, der 1914 begann, wurden die Juden in vielen Staaten der Welt nicht mehr länger offiziell geduldet und erhielten daher die Erlaubnis, zur Wiedererrichtung ihres Heimatstaates nach Palästina zurückzukehren. (Balfour-Declaration) Das ist doch ganz gewiss ein bemerkenswerter Wendepunkt in der Geschichte dieses niedergetretenen Volkes.

Es sei zugegeben, dass in den letzten Jahren die Juden aufs neue verfolgt wurden, und dass ihre Vorrechte in Palästina beschnitten worden sind; aber auch diese Erfahrungen stimmen mit den Prophezeiungen überein und beziehen sich auf jenen Zeitabschnitt, in dem die göttliche Gunst sich ihnen wieder zuwenden wird. Gottes Prophet sagte klar und deutlich, dass „Jäger“ ausgesandt werden würden, um die Juden in ihr eigenes Land zurückzutreiben. (Jer. 16:16) Ferner, dass schliesslich Gott sich ins Mittel legen werde, um sie von ihren Feinden zu erretten, nachdem sie sich im Heiligen Lande niedergelassen haben würden.—Jer. 30:3, 5, 11

So augenscheinlich sind die vielen Veränderungen, die in der Welt seit dem Ende der „Zeiten der Nationen“ im Jahre 1914 stattgefunden haben, dass es einen weiter gar nicht wundert, wenn berühmte Staatsmänner und Schriftsteller sich immer wieder auf die Vorkriegszeit als die „alte Ordnung“ beziehen und von der gegenwärtigen Zeit als einer „Übergangsperiode“ sprechen, die zu einer neuen Ordnung führen wird.

Insofern als das Ende des Zeitalters keineswegs das Verbrennen der buchstäblichen Erde bedeutet, können wir nun auch leicht verstehen, warum die „Zeichen“ bezüglich des „Endes der Welt“ auch nicht so ausgelegt werden dürfen, als ob sie alle an einem einzigen Tage stattfinden würden. Dann können wir auch erkennen, dass diese alte Welt sich ihrem Ende zuneigt und Anzeichen vorhanden sind, dass das neue Zeitalter nahe ist. Die hereinbrechende neue Ordnung—die Bibel nennt sie das Königreich Christi oder das Königreich Gottes—ist das göttliche Recht zur Herrschaft, durch das die gegenwärtigen, unvollkommenen Regierungen der Erde ihres Amtes enthoben werden sollen. Die Bibel gibt dem neuen König der Erde viele Titel, u.a. „Michael“, das heisst: „der da ist wie Gott.“ Dieser Titel gibt zu verstehen, dass der neue König der Stellvertreter Gottes, des Schöpfers, sein wird.

Tatsächlich erklärt der Prophet, dass „der Gott des Himmels ein Königreich aufrichten wird.“ Dieses neue Königreich wird nun wirklich und wahrhaftig „für die Menschen“ sein, aber es wird das Königreich Gottes, das Königreich des Schöpfers, sein, und es wird durch göttliche Autorität und Macht regieren und seine Gesetze von Gott direkt empfangen. Die Völker werden alsdann nicht mehr darüber abstimmen können, noch wird die Gesetzgebung und der Erfolg derselben von menschlicher Weisheit und Fähigkeit abhängen.

Dieser Michael, der Messias und Stellvertreter Jehovas, ist es, auf den sich die wunderbar genaue Prophezeiung im 12. Kapitel des Buches Daniel bezieht. Dort ist von einer Zeit die Rede, in der Michael „aufstehen wird,“ um die Umgestaltung der Welt zu leiten. Der Prophet weist darauf hin, dass dies zuerst „eine Zeit der Drangsal mit sich bringt, dergleichen nicht gewesen ist, seitdem eine Nation besteht bis zu jener Zeit.“—Daniel 12:1; Matth. 24:21

Ist es reiner Zufall, dass zu derselben Zeit, in der die nichtjüdischen Nationen zerfallen und die Juden nach Palästina zurückkehren sollen, um ihre nationale Existenz zu erneuern, sich auch diese vorhergesagte „grosse Zeit der Drangsal“ entwickeln wird? Ganz gewiss nicht!

Und wer könnte behaupten, dass wir nicht gerade jetzt durch einen Teil dieser Drangsal hindurchgehen? In Lukas 21:26 zitiert Jesus diese Prophezeiung von Daniel 12 und erklärt, dass wegen dieser vorhergesagten „Zeit der Drangsal“ die „Menschen verschmachten werden vor Furcht und Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen.“

Der Apostel Paulus gibt uns weitere wertvolle Auskunft über die Entwicklung der gegenwärtigen Weltereignisse, besonders hinsichtlich dieser verheerenden Drangsal, welche zum Teil schon die Welt betroffen hat. Zuerst erwähnt er „Zeiten und Zeitpunkte“ und die Tatsache, dass, während die Welt sich der wahren Bedeutung der Zeit, in der sie lebt, noch gar nicht bewusst würde, die Brüder Christi diese jedoch schon genau erkannt hätten. Dann sagt er: „Und wenn die Weisen dieser Welt sagen: Friede und Sicherheit! dann wird ein plötzliches Verderben über sie kommen, gleichwie Geburtswehen über die Schwangere.“—1. Thess. 5:1-4

Jeder weiss, dass der allgemeine Ruf nach Frieden unter den Nationen und Völkern der Erde mit dem Endziel der Ächtung des Krieges kam; besonders und in bemerkenswerter Weise mit Beginn der letzten 25 oder 30 Jahre einsetzte. Friedensgesellschaften und Friedenskongresse sind ja ganz moderne Bewegungen. Ein solches Bestreben war den vorangegangenen Generationen fast unbekannt. Kam es ganz von ungefähr, dass gleichlaufend mit all diesen grossen Bemühungen um den Weltfrieden die Welt plötzlich in den verheerendsten Krieg der Geschichte hineingestürzt wurde? Ist dies nicht vielmehr in genauer Übereinstimmung mit der Erfüllung jener Weissagung des Apostels Paulus: „Dann kommt ein plötzliches Verderben über sie,“ und dies zu einer Zeit, wenn die Nationen anfangen würden, Frieden zu fordern?

Man beachte nun, wie und in welcher Weise diese verwüstende Drangsal die alte Ordnung der Dinge heimsuchen wird: „Gleichwie die Geburtswehen über die Schwangere.“ Jede Mutter weiss, was das bedeutet. Die Geburtswehen kommen krampfartig, unterbrochen durch Erleichterungspausen. Diese werden der Regel nach kürzer und kürzer und die Wehen immer heftiger, bis das Kind geboren ist. Bis jetzt stimmt diese „grosse Zeit der Drangsal“, die mit der Geburt der neuen Ordnung enden wird, noch genau mit diesem biblischen Bild überein.

Der Weltkrieg

Zuerst und gerade am Ende der „Zeiten der Nationen“ kam der Weltkrieg mit seinen schrecklichen Leiden und schwächenden Einflüssen auf die Zivilisation. Der Krieg ging zwar zu Ende, aber seine Nachwirkungen wurden noch lange verspürt. Angeblich war es ein Krieg, um alle Kriege zu beenden; aber schon bald, nachdem der Waffenstillstand unterschrieben war, begannen die Nationen von neuem zu rüsten, bis schliesslich 1939 ein neuer Krieg ausbrach.

Der Krieg von 1914 sollte der Welt die demokratische Staatsform sichern, aber in seiner Folge wurden Diktaturen eingesetzt, und heute ist die Demokratie so ziemlich von der Erde verschwunden. Dieser Krieg machte die Nationen bankrott, brachte aber zur selben Zeit Tausende von Millionären hervor, die—gemnäss Erfüllung einer anderen Prophezeiung—„Schätze gesammelt haben in den letzten Tagen.“

Ja, es war eine richtige „Wehe“, die plötzlich anhob und ebenso plötzlich zu Ende ging. Sie war weltumspannend. Als sie endete, war die Welt glücklich, unsinnig glücklich—für einen Tag wenigstens—und doch wusste sie nicht, dass der Krieg nur die erste Wehe war, dass noch eine ganze Anzahl solcher Wehen folgen sollten, um eine vollständig neue soziale Ordnung zur Geburt zu bringen.

Die „Pause“ und eine weitere „Wehe“

Dann begann die „Pause.“ Der Wohlstand der Nationen erschien im Aufschwung begriffen, und der Ausdruck „zurück zu normalen Zuständen“ war in aller Leute Mund. Ja, die Periode der Erleichterung war da; der Puls der armen Welt schien normal zu sein, wenigstens insoweit, als die wohlhabenden, politischen Ärzte behaupteten; ja, sie liessen sogar in prahlerischer Weise verlauten, dass der Patient sich unter ihrer geschickten Behandlung völlig erholt habe.

Ach, wie kurzsichtig ist doch menschliche Weisheit! Diese Ärzte erkannten nicht, dass es sich in diesem Falle um Geburtswehen handelte, die der Geburt einer neuen Ordnung vorausgehen. Sie wussten nicht, dass die „Zeiten der Nationen“ zu Ende gekommen waren, und dass die Zeit aller Könige der Erde vorüber sei—deshalb erwarteten sie eine Verewigung der alten Ordnung.

Dann kam plötzlich und ohne Warnung im Herbst 1929 der Anfang der zweiten „Wehe“, und auch diese war, gleich der ersten, weltumspannend. Die Börse fiel über Nacht und fuhr fort zu fallen. Banken krachten, und die Geschäftswelt machte bankrott.

Viele wandten sich vom Risiko des Geldmarktes ab und vertrauten ihr Geld den Banken zur sicheren Aufbewahrung an, doch letzten Endes nur, um einsehen zu müssen, dass auch diese schliesslich gezwungen waren, ihre Türen zuzumachen. Einige wenige, die den Banken nicht vertrauten, kauften Gold und bewahrten es in Stahlkammern und anderen Orten auf, aber auch hier nur, um es am Ende zufolge einer Notmassnahme wieder zu verlieren.

Tausende von Fabriken wurden geschlossen, Millionen von Männern und Frauen verloren ihre Arbeit, und lange Reihen. bildeten sich vor den Volksküchen fast jeder Stadt. So fing die arme Welt an zu begreifen, dass sie in den Wehen einer schlimmen Zeit lag, die noch mehr Leiden mit sich brachte als die erste „Wehe.“

Andere „Wehen“

Diese „Wehe“ griff auf die ganze Welt über, und die „Ärzte“ bearbeiteten den „Patienten“ aufs neue. Viele Heilmittel wurden ausprobiert und „Besserung“ wurde von fast allen Seiten berichtet. Ja, in Amerika behauptete man sogar, die schlimme Zeit sei nun vorbei, ohne jedoch zu beachten, dass zur selben Zeit, als das Verteidigungsprogramm eingeführt wurde, noch immer zehn Millionen Männer und Frauen, oder gar noch mehr, arbeitslos waren.

Getreu dem Vorbild der Natur scheinen die Perioden der Pausen und Wehen mehr und mehr ineinander überfliessen zu wollen. Wir hatten kaum die schlimme Zeit überstanden, als ein neuer und noch viel entsetzlicherer Krieg über die Nationen hereinbrach—der zweite Weltkrieg, ein Kampf zwischen Diktatur und Demokratie. Beide Seiten kämpften den blutigen Kampf bis zum bitteren Ende. Ob dieses die letzte Wehe vor der Geburt der neuen Ordnung sein wird oder nicht, kann niemand sagen; aber wir können frohlocken, dass das Königreich Christi bald aufgerichtet werden wird.

Jene, die den Prophezeiungen der Bibel wenig oder gar keinen Glauben schenken, erheben oft den Einwand, dass diese Ereignisse, auf die sich Bibelforscher so gern als die „Zeichen des herannahenden Endes“ beziehen, in Wirklichkeit nur eine Wiederholung der Geschichte seien. Der Leser wolle jedoch beachten, dass alle Punkte, soweit wir sie hier betrachtet haben, derart ungewöhnliche Ereignisse in den Annalen der Weltgeschichte bedeuten, wie sie in früheren Zeiten nie erwähnt worden sind. Das gilt ganz besonders hinsichtlich des nächsten Gegenstandes, den wir jetzt betrachten wollen.

Zunahme der Erkenntnis

Im selben 12. Kapitel der Prophezeiung Daniels, in dem der Prophet von der gegenwärtigen „Zeit der Drangsal“ spricht—die jeden Tag schlimmer wird—gibt er uns weitere, wertvolle und zutreffende Auskunft betreffs dieser „letzten Tage“, in denen wir leben. Daniel nennt diese gleiche Periode die „Zeit des Endes.“

Es ist nun klar, dass Daniel hier nicht Bezug nimmt auf die herannahende Zerstörung der Erde, wenn er von der „Zeit des Endes“ spricht, sondern auf das Ende der Herrschaft der Nationen über die Erde. Was diese Periode anbetrifft, so sagt der Prophet: „Zur Zeit des Endes werden viele hin-und herrennen (auf der Erde), und die Erkenntnis wird sich mehren“ (engl. Übersetzung).

Ein Ausspruch, der eine tiefe Bedeutung hat. Das Hin-und Herrennen der Menschen hat erst zu Lebzeiten der gegenwärtigen Generation richtig angefangen. Wir sind heutzutage eine Welt von Reisenden! Und warum? Weil urplötzlich eine beispiellose Welle zunehmender wissenschaftlicher und technischer Erkenntnis die Menschheit ergriffen und die Voraussetzung für die Erfindung neuer Reisemöglichkeiten erst geschaffen hat—genau wie der Prophet voraussagte.

Sir Isaak Newton, ein berühmter und gläubiger englischer Philosoph des 18. Jahrhunderts, hatte diese Prophezeiung Daniels eingehend betrachtet und daraus die Schlussfolgerung gezogen, dass die Zeit kommen würde, in der die Leute 80 km pro Stunde zurücklegen könnten.

Voltaire, der berühmte französische Skeptiker, verspottete den grossen Newton gar sehr wegen seiner Unklugheit, eine übereilte Vorhersage dieser Art gemacht zu haben und dann gar noch die Bibel zum Beweis dafür anzuführen. Was würde Voltaire wohl heute sagen, wenn er jetzt plötzlich von den Toten aufstünde?

Heutzutage sind diejenigen, die nicht schneller als 40 km pro Stunde fahren, dem allgemeinem Strassenverkehr gewöhnlich ein Hindernis, während 240 km noch als mässige Geschwindigkeit für Flugzeuge betrachtet wird. Diejenigen aber, die heutzutage ähnliche Ansichten über die vermeintliche Albernheit biblischer Prophezeiungen hegen wie Voltaire und das Glück haben, zu den Lebenden zählen zu dürfen, mit eigenen Augen zu sehen und zu hören, täten gut daran, sich einmal zu besinnen und die Angelegenheit in aller Ruhe zu überdenken.

Die jüngeren Glieder der gegenwärtigen Generation sind geneigt zu vergessen, dass alle unsere wundervollen, gesegneten Erfindungen und alles Reisen ein Vorrecht unserer Generation sind, und dass unsere Grosseltern noch sehr wenig oder gar nichts davon wussten. In den frühesten Tagen der Eisenbahn geschah es, dass viele sonst intelligente Leute behaupteten, die Eisenbahnen seien „Erfindungen des Teufels, um unsterbliche Seelen zur Hölle hinunterzufahren.“

Wenn selbst vor 50 Jahren ein Universitätsprofessor gesagt hätte, dass die Zeit kommen würde, in der wir in unserm Heim sitzen und mit jemandem über den Ozean, ja, irgendwo auf dem Erdkreis, sprechen könnten, und noch sogar ohne Draht oder andere sichtbare Verbindungen, dann würden seine Freunde wohl gesagt haben: „Ach der Arme, das hat er nun vom vielen Studieren!“ Aber wir nehmen heute diese Wunder als etwas ganz Selbstverständliches hin und bedenken nicht, dass diese in Erfüllung göttlicher Prophezeiung gekommen sind.

Vor ungefähr hundert Jahren war es in England nichts Ungewöhnliches, wenn Mitglieder des Parlaments wichtige Dokumente noch nicht eigenhändig unterschreiben konnten. Was würde man heute wohl von einem zehnjährigen Kind sagen, das nicht lesen oder schreiben kann? Vergesst nicht, dass diese ganze „Zunahme der Erkenntnis“ für die „Zeit des Endes“ vorhergesagt war!

Das Sammeln der Nationen

Lasst uns noch eine andere Prophezeiung betrachten, die in sehr engem Verhältnis zur Gegenwart steht und die beweist, dass wir tatsächlich Augenzeugen jener Schlusszene der Nacht des Leidens und des Todes sind, die die Welt in Dunkel hüllt. Die betreffende Weissagung lautet:

„Darum harrt auf mich, spricht Jehova, auf den Tag, da ich mich aufmache zur Beute! Denn mein Rechtsspruch ist, die Nationen zu versammeln, die Königreiche zusammenzubringen, um meinen Grimm über sie auszugiessen, die ganze Glut meines Zornes; denn durch das Feuer meines Eifers wird die ganze Erde verzehrt werden.“

Zephania 3:8, 9.

Der Zeitpunkt der Erfüllung dieser Prophezeiung nimmt Bezug auf das „Versammeln“ der Nationen. Jeder weiss, dass die Nationen der Erde durch die Erfindungen und Fortschritte der letzten Jahrzehnte derart einander nähergebracht worden sind, dass praktisch keine Nation mehr in vollständiger Abgeschlossenheit von der Umwelt leben kann.

Die grosse Weltwirtschaftskonferenz von 66 Nationen, die im Sommer 1933 in England abgehalten wurde, wenngleich sie auch ihr Ziel verfehlte, möge als gutes Beispiel dafür dienen, dass die gegenwärtig bestehenden Nationen während der „Zeit des Endes“ zu einer engverbundenen gegenseitig aufeinander angewiesenen und von einander abhängigen Gemeinschaft versammelt werden sollen.

Diese Londoner Konferenz wurde deshalb einberufen, weil man klar erkannt hatte, dass das ganze Gebäude unserer Zivilisation einzustürzen drohte, wenn nicht eine Übereinkunft hinsichtlich einer einheitlichen Wirtschafts-und Finanzpolitik erzielt würde… Aber ach, es kam zu keiner wirklichen Übereinstimmung auf dieser Konferenz, und das Resultat war, dass gleich nach Beendigung derselben ein wilder Wettlauf der Wiederaufrüstung zwischen den Nationen begann, der zum letzten Weltkrieg führte.

Kein Wunder! Zephanja hat das Misslingen all dieser Bestrebungen, die Nationen in diesen „letzten Tagen“ doch noch zusammenzubringen, bereits damals klar geschaut und als Grund dieses Fehlschlages die Tatsache angeführt, dass nunmehr die Zeit gekommen sei, in der Gott Seinem gerechten Zorn gegenüber dieser selbstsüchtigen und verdorbenen Welt Ausdruck verleihen wolle—einer Welt, die wohl Seinen Namen leichtfertig im Mund führe, aber Seine Gebote vorsätzlich übertrete.

Der Prophet erklärt, Gottes Rache mache sich durch „das Feuer seines Eifers, das die ganze Erde verzehren wird“, bemerkbar. Da, wie wir schon gesehen haben, die „Erde“ von einem wilden „Tier“ verzehrt werden konnte, so kann sie doch auch ebenso durch das „Feuer des Eifers Gottes“ verzehrt werden.

Diese Sprache ist in jedem Fall sinnbildlich aufzufassen und bezieht sich nicht auf eine buchstäbliche Erde, ein buchstäbliches Tier oder ein buchstäbliches Feuer.

Das, lieber Leser, ist die „Zeit der grossen Dangsal.“

Das Sinnbild des „Feuers“ ist sehr einleuchtend. Es deutet hier die völlige Zerstörung der gegenwärtigen, auf Selbstsucht gegründeten Weltordnung an. Dieser Zerstörung folgt die Regierung des Königreiches Christi, in dem alle Menschen Gelegenheit erhalten werden, zu Gott und der Verherrlichung Seines Namens zurückzukehren.

Dass Zephanias Prophezeiung nicht die Vernichtung der buchstäblichen Erde bedeute, noch all der Menschen, die auf ihr leben, geht klar aus dem 9. Vers hervor, der da lautet: „Denn alsdann (nach dem Feuer) werde ich die Lippen der Völker in reine Lippen umwandeln, damit sie alle den Namen Jehovas anrufen und ihm einmütig dienen.“

Hieraus ist doch klar ersichtlich, dass die Menschen nicht verbrannt werden, sondern eine Gelegenheit haben sollen, zu Gott zurückzukehren, um Ihm zu dienen, nachdem die sinnbildliche „Erde“ durch das „Feuer seines Eifers“ verzehrt worden ist.

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