Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Der Bogen der Verheißung

Es leuchtet wohl jedem ein, dass wir, wenn wir zu einer klaren Gotterkenntnis kommen wollen, notwendigerweise auch zuerst den Nebel alles Aberglaubens zerstreuen müssen, welcher meistens die Ursache dafür ist, dass so viele ihren Glauben an Gott verloren haben und an das Buch, dass als Sein Wort der Wahrheit gilt. Zwar ist das nicht leicht, aber wir hoffen, dass dieses Büchlein dem Leser in dieser Hinsicht helfen werde.

Nicht jeder ist sich freilich darüber im klaren, ob er die Bibel als glaubwürdiges Zeugnis über Herkunft und Bestimmung des Menschen anerkennen dürfe oder nicht. Aber er sollte wenigsten Interesse für die Folgerichtigkeit dieser kurzgefassten Abhandlung zeigen, eine Folgerichtigkeit, die erst recht offenbar wird, wenn wir die einfache, aufrichtige Geschichte gründlich erforschen, besonders nachdem sich der Nebel aller theologischen Überlieferung einmal gelichtet hat. Welches ist nun die Geschichte des Menschen, wie sie die Bibel berichtet, nachdem wir sie von aller Zutat des Aberglaubens und bloss menschlicher Mutmassung befreit haben?

Es wird da gesagt, dass Gott, nachdem Er den Menschen erschaffen hatte, unsere ersten Eltern warnte, sie würden gewisslich sterben, wenn sie Seinem Gebot gegenüber ungehorsam seien. „Welches Tages du davon issest, wirst du gewisslich sterben.“ Das scheint einfach und klar genug zu sein! Ist es aber auch wahr geworden?

Wir antworten: Ja.—Billionen von Grabsteinen und eine sterbende Welt um uns herum bestätigen die schreckliche Wahrheit dieses vor Jahrtausenden unseren Stammeltern gegebenen deutlichen Gesetzes. In dieser Hinsicht ist denn das 1. Buch Mose unbestreitbar in Übereinstimmung mit der Wirklichkeit. Die Tatsache, dass Adam nicht an dem nämlichen Tag, an dem er das göttliche Gesetz übertrat, ins Grab ging, ist kein Beweis dafür, dass die Todesdrohung nicht buchstäblich aufzufassen war. Eine genaue Übersetzung des hebräischen Textes, der von dieser Strafe spricht, lautet: „Sterbend wirst du sterben,“ das heisst, dass der Sterbeprozess vom Augenblick der Verurteilung an beginnen und fortfahren würde, bis der letzte Lebensfunke ausgelöscht sein würde. Und gerade das ist es, was stattgefunden hat und noch immer stattfindet.

Jedoch ereignete sich im Garten Eden auch noch etwas anderes. Von einer anderen Seite—nicht von Gott—kam eine verführende Einflüsterung, welche zu Mutter Eva sprach: „Mitnichten werdet ihr sterben!“ Diese Einflüsterung, die den Herrn als Lügner hinstellte, kam dem Bericht gemäss von der „Schlange.“

Viertausend Jahre später bezeichnet der Apostel Johannes „die alte Schlange“ als „den Teufel und Satan“ und deutet an, dass dieser der grosse Verführer aller Nationen gewesen ist. (siehe Offb. 20:1-3) So haben wir zwei sich widersprechende Aussagen; die eine wird dem Herrn zugeschrieben, in der Er erklärt, dass der „Mensch gewisslich sterben würde,“ die andere stammt von einem, den die Heilige Schrift als einen Verführer bezeichnet, und in der dieser darauf besteht, dass der Mensch „mitnichten sterben wird.“ Wir haben gefunden, dass die erste dieser zwei Aussagen von den Tatsachen bestätigt worden ist.

Der Tod ist in der Tat eine Realität; denn die Bibel sagt: „Die Toten wissen gar nichts“ und: „Es gibt weder Tun noch Überlegung, noch Kenntnis noch Weisheit im Scheol, wohin du gehst.“—Pred. 9:5, 10.

Der große Betrug

Wie steht es nun mit dem Ausspruch der Schlange: „Mitnichten werdet ihr sterben“? Was hat diese Einflüsterung im Laufe der Zeitalter bewirkt? Jesus betonte ausdrücklich, dass diese „alte Schlange“ mit dem „Vater der Lüge“ identisch ist. Deshalb—wenn der Bericht im 1. Buch Mose wahr ist, und wenn Jesus wusste, wovon Er sprach—sollten wir doch auch erwarten, dasselbe betrügerische Bestreben Satans auch weiterhin in seiner Darstellung von der Bedeutung des Todes zu finden. Ferner sollte die Andeutung des Offenbarers, die „alte Schlange“ habe alle Nationen verführt, uns doch auch erwarten lassen, dass die Täuschung in ihrer Auswirkung weltumspannend sein müsste.

Haben wir einen solchen Beweis?

Oh ja! Obgleich der Teufel die Versicherung gab, dass das Essen der verbotenen Frucht nicht den Tod bringen würde, so sind doch Adam und Eva und alle ihre Nachkommen gestorben, bzw. im Zustand des Sterbens. Aus diesem Grunde war es notwendig, dass Satan einen weiteren Schritt tat. Es ist selbstverständlich, dass er nicht frei und offen Abbitte dafür leistete, Gott fälschlich der Lüge beschuldigt zu haben. Deshalb tat er den nächsten bösen Schritt und versuchte die Menschen glauben zu machen, dass das, was als Tod erscheint, in Wirklichkeit kein Tod sei, sondern der Eingang in eine andere Form des Lebens, entweder ein höheres oder niedrigeres. Und wegen der angeborenen Furcht vor dem Tod, die im menschlichen Herzen verborgen ist, haben fast alle Menschen es vorgezogen, die Lüge: „Es gibt keinen Tod“ zu glauben. Und so ist es diesem grossen Intriganten denn auch wirklich gelungen, fast alle Menschen glauben zu machen, dass der Tod ein Freund sei, anstatt eines Feindes, wie ihn als solchen die Bibel bezeichnet.—1. Kor. 15:26

Es gibt jedoch eine wundervolle Hoffnung für ein zukünftiges Leben; nicht aus dem Grund, weil der Mensch unsterblich sein soll, sondern gerade, weil er stirbt, aber vom Tode auferweckt werden soll. Aber wie können wir vor unserem Schöpfer bestehen, wenn wir doch Seine Gesetze übertreten haben? Welches ist die Grundlage für die Hoffnung, dass alle eine Gelegenheit haben werden, in die Gunst Gottes zurückzukehren und aufs neue das Vorrecht zu geniessen, im Zustand vollkommener Glückseligkeit zu leben? Wird Gott das über uns gefällte Urteil zur Verdammung annullieren, lediglich auf unser Versprechen hin, uns in Zukunft bessern zu wollen?

Die Bibel weist in unzweideutiger Weise auf des Schöpfers Plan hin, wonach die verlorene Menschheit eine Gelegenheit haben soll, wieder in Harmonie mit Ihm zu kommen. Jedoch, um die wirkliche Sachlage richtig zu erkennen, müssen wir Vorsicht gebrauchen. Es ist wohl nicht zu leugnen, dass wir niemals eine zufriedenstellende Antwort auf unsere Fragen erhalten werden, wenn wir uns auf herkömmliche theologische Lehre einlassen in der Erwartung, darin eine vernünftige Grundlage für Glauben und Hoffnung zu finden. Daher lasst uns unsere Suche auf die Bibel selbst beschränken. Bisher haben wir gefunden, dass sie mit wohlbekannten und auch bestätigten Tatsachen harmoniert, desgleichen mit der Vernunft. Das gibt uns Vertrauen! Ist es dann nicht ebenso vernünftig, anzunehmen, dass sie auch eine befriedigende Antwort auf die Frage nach der göttlichen Bestimmung des Menschen enthalte?

In 1. Mose 3:15 finden wir eine Andeutung, dass der Schöpfer gleich von Anfang an Besseres mit der Menschheit vorhatte, als sie zum Tod zu verurteilen. Die dort gegebene Verheissung sagt, dass der „Same des Weibes“ schliesslich der Schlange den Kopf zertreten würde. Dies ist freilich eine etwas dunkle und unbestimmte Aussage; aber im Licht nachfolgender göttlicher Offenbarungen gesehen, erscheint sie voll wunderbarer Bedeutung.

Lenken wir z.B. unsere Aufmerksamkeit auf eines der letzten Kapitel in der Bibel, Offb. 20. Dort finden wir die Erklärung des Apostels Johannes, dass er in einem Gesicht einen mächtigen Engel vom Himmel habe herniederkommen sehen, welcher „Satan, die alte Schlange“ ergriff und sie tausend Jahre band, „auf dass er nicht mehr die Nationen verführe.“ Dieses prophetische Bild schildert die Erfüllung jener geheimnisvollen Verheissung in 1. Mose 3:15, dass der „Same des Weibes der Schlange den Kopf zertreten“ würde.

Mit anderen Worten: Der Schöpfer gibt uns durch die hohe symbolische Sprache des Offenbarers eine Zusicherung, dass die Übertretung unserer ersten Eltern nicht zu dauerndem Verderben für die Menschheit führen werde, sondern dass Er zu Seiner vorgesehenen Zeit und auf Seine eigene Weise eine sichere Heilung bewirken und die „Schlange“ vernichten werde.

Hiermit haben wir sozusagen die beiden äussersten Endpunkte dieses von Gott gegebenen Bogens der Verheissung festgestellt; die im l. Buch Mose gegebene Verheissung, dass der Kopf der „Schlange“ zermalmt werden solle, und das dem Offenbarer gegebene Gesicht, dass diese „Schlange“ gebunden und schliesslich wieder vernichtet werden solle. Lasst uns jedoch nicht bei diesem Punkt verweilen, sondern weiterhin die Heilige Schrift durchforschen in der Hoffnung, noch mehr Einzelheiten zu finden besonders über die Frage, in welcher Weise Satans tödliches Werk zunichte gemacht und die Menschheit mit samt dem verlorenen Paradies wiederhergestellt werden soll.

Gottes Verheissung an Abraham

Indem wir Eden verlassen, lasst uns die Ereignisse einer späterer Zeit betrachten, ungefähr zweitausend Jahre später. Von dieser Zeit an ist es nicht mehr notwendig, so viele Dinge einfach nur zu „glauben.“ Archäologen haben kürzlich Ur, den Geburtsort Abrahams, ausgegraben. Desgleichen verschiedene Ruinen des damaligen Kanaan, die fast jede Einzelheit der biblischen Geschichte jenes Zeitraumes bestätigen. Angesichts dieser Entdeckungen geben sogar Skeptiker zu, dass die Bibel keineswegs eine Sammlung „alter Märchen“ sei, wie so viele einst angenommen hatten.

Gott hat nun dem Abraham ein bemerkenswertes Versprechen gegeben, das bis heute noch nicht eingelöst worden ist. Er sagte: „In dir und deinem Samen sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde.“ (1. Mose 12:1-3) Späterhin, als Abrahams Sohn Isaak das Mannesalter erreicht hatte, wiederholte Gott dieses Versprechen mehrfach und bestätigte es auch mit einem Eid. Aber Abraham starb, ohne die Erfüllung gesehen zu haben. Das Versprechen ging von Abraham auf Isaak über und von Isaak auf dessen Sohn Jakob. Jakobs ältester Bruder, Esau, vertauschte sein Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht.

Schliesslich starb auch Jakob, ohne dass Gottes Verheissung, alle Nationen zu segnen, durch ihn erfüllt worden war. Deshalb übergab er dieses Zepter seinem Sohne Juda, als er auf seinem Sterbebett lag. Es fehlt uns hier der Raum für eine Untersuchung der vielen verwandten Verheissungen im Alten Testament, die mehr Licht auf diesen ursprünglich mit Abraham gemachten Bund werfen würden. Es möge hier genügen, dass die Juden in diesen Verheissungen einen Hinweis auf eine grosse Persönlichkeit sahen, nämlich den Löwen aus dem Stamm Juda, unter welchem sie den kommenden Messias verstanden.

Der starke Einfluss der alten Verheissungen ist einer jener Umstände, die dazu beigetragen haben, das bedrängte und verfolgte Volk Israel von der übrigen Welt während der letzten viertausend Jahre bis auf den heutigen Tag abgesondert zu halten. Die Juden sind ein hervorragendes, lebendiges Zeugnis der Tatsache, dass Gott in der Vergangenheit sich mit ihnen befasste und dass die hoffnungsreichen Verheissungen, welche Gott ihnen seinem auserwählten Volk gab, auch noch erfüllt werden.

Der verheissene Messias

Zur Zeit der ersten Menschwerdung Jesu waren viele Juden in Erwartung des langverheissenen Messias. Die Bibel sagt, dass eines Nachts, während Schafhirten ihre Herden auf den Bergen Judäas weideten, plötzlich ein übernatürliches Licht erschien und ungewöhnliche Stimmen erschallten.

Unglaublich phantastisch, sagt man.

Lasst uns immer daran denken, dass die Bibel den Anspruch erhebt, eine Enthüllung der Absichten des Schöpfers gegenüber Seinen Menschenkindern zu sein. Der Bibel gemäss ist derselbe Mächtige, welcher die Welten des Universums erschuf, auch sehr wohl fähig, verschiedene Arten geistiger Wesen in einer höheren Sphäre des Daseins hervorzubringen. Wenn nun der von der Bibel erhobene Anspruch gerechtfertigt ist,—dann ist auch weiterhin leicht erkennbar, dass dieses höchste Wesen mit Leichtigkeit die Dienste der höheren himmlischen Geschöpfe benutzen konnte, um anlässlich eines so bedeutsamen Ereignisses (wie der Geburt des Heilands) Seinen Namen kund zu tun.

Und so geschah es denn auch! Gott verkündete den Hirten durch einen dieser mächtigen Engel:

„Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkündige euch eine grosse Freude, die für das ganze Volk sein wird; denn euch ist heute, in Davids Stadt, ein Erretter geboren, welcher ist CHRISTUS, der HERR.“

Lukas 2:10-11

Das griechische Word „Christus“ entspricht dem hebräischen Wort „Messias.“ Demzufolge zeigte diese Verkündigung des Engels eindeutig an, dass der Messias der Welt, den Gott so lange zuvor verheissen hatte, nun auch wirklich geboren sei, und dass Er wahrhaftig der Erretter der Welt sein würde. Aus diesem Grund war es zweifellos eine Freudenbotschaft für das ganze Volk, wenn alle Geschlechter der Erde als Folge dieser Geburt gesegnet werden sollten.

Aber in welcher Weise wird Jesus, der Messias, der Erretter der Welt sein? Und worin wird die Segnung bestehen, die Er allen zukommen lassen wird?

Wir haben gefunden, dass die Menschheit durch Adams Übertretung das Recht auf ewiges Leben auf Erden verloren hat. Wenn nun das Wort „Tod“ wirklich „Tod“, nämlich Aufhören des Lebens, bedeutet—und das ist doch augenscheinlich die wahre Bedeutung des Wortes—dann scheint weiter keine andere Möglichkeit der Errettung für die Menschheit zu bestehen, als die Befreiung von der Todesstrafe und die Wiederherstellung zum Leben.

„Friede auf Erden!“ — Wann?

Aber wie kommt es, dass, obgleich zweitausend Jahre vergangen sind, seitdem dieser Erretter, dieser Messias in die Welt kam, das Sterben doch noch in der Welt wie ehedem weitergeht? In welchem Sinn ist Er denn der Erretter der Welt? Wenn es nicht wahr ist, dass die Menschheit von der ewigen Qual erlöst wird, dann bleibt doch nur die eine Frage: Wovon wird der Messias sie dann erretten, und auf welche Weise? Und wird die Menschheit nach ihrer Errettung beträchtlich besser dran sein? Jeder erinnert sich gern der schönen Musik und der erhebenden Predigten, die zur Weihnachtszeit in allen Kirchen der gesamten Christenheit ertönen. Die Losung „Friede auf Erden und an den Menschen ein Wohlgefallen“ wird jedes Jahr allenthalben gehört. Aber ist diese Verkündigung nicht bloss ein leeres Wort gewesen? Welche Bedeutung soll wohl diese Verkündigung für einen sterbenden Soldaten haben?

In Kriegszeiten sehen wir, wie angebliche Nachfolger Jesu auf der einen Seite die angeblichen Nachfolger Jesu auf der anderen Seite erschlagen und dieses ihre „christliche Pflicht“ nennen. Wenn sie nun darin getreu sein wollen, werden sie dann auch ihre erschlagenen ausländischen Brüder in der himmlischen Seligkeit freudig begrüssen können? Wird die Prophezeiung „Friede auf Erden“ in dieser Weise erfüllt werden?

Was sollte das alles bedeuten? Wie konnte es geschehen, dass Er, der gekommen war, um König der Erde zu sein, so behandelt und gekreuzigt wurde? Die unerwarteten und enttäuschenden Ereignisse stimmen nicht mit der Auffassung überein, die die Jünger von einem Messias hatten, dass Er ein Königreich aufrichten und darüber König und Befreier des Volkes sein würde. Wie bitter muss ihre Enttäuschung gewesen sein, als ihre Hoffnungen und Erwartungen auf diese Weise zunichte gemacht wurden!

Es war drei Tage nach der Kreuzigung. Zwei der niedergeschlagenen Jünger des Meisters waren auf dem Weg nach Emmaus, als sich ihnen plötzlich ein „Fremder“ anschloss. Da er ihren Kummer bemerkte, erkundigte er sich nach der Ursache desselben. Dann berichteten die Jünger die Ereignisse der letzten Tage und bemerkten, wie sehr ihre Erwartungen hinsichtlich des Wundermannes von Nazareth fehlgeschlagen waren.

Warum Jesus starb

Dann nahm dieser „Fremde“—es war in Wirklichkeit der auferstandene Christus—die Gelegenheit wahr, den Grund Seines Sterbens zu erklären. Er zeigte den Jüngern, dass der himmlische Vater den Tod des Messias längst gewusst und schon vorausgesagt hatte und dass der Tod desselben eine notwendige Voraussetzung für die verheissenen Segnungen in dem herrlichen Königreich des Messias sei.

Als späterhin diese zwei Jünger den anderen von ihren Erlebnissen berichteten, sagten sie: „Brannte nicht unser Herz in uns, als Er auf dem Wege zu uns redete, als Er uns die Schriften öffnete?“ Die Jünger hatten wahrhaftig guten Grund, enthusiastisch zu sein. Nun konnten sie erkennen, dass des Meisters Tod kein tragischer Fehler war, wie sie angenommen hatten, und dass es keines weiteren Beweises bedurfte, dass Er der Messias sei. Nun wurde ihnen auch die absolute Notwendigkeit des Todes Jesu klar, der erfolgt war, um die göttlich verheissenen Segnungen des Lebens für alle Menschen möglich zu machen. Einer der Jünger erklärte später, dass Jesus in Seiner vormenschlichen Existenz als der „Logos“ (übersetzt mit „Wort“ in Joh. 1:1) bekannt gewesen sei. Dieser Logos, dieses Wort Gottes, wurde Fleisch, so dass Er als entsprechender Preis oder vorgesehenes Lösegeld für Adam und die in ihm verurteilte Menschheit sterben konnte.—1. Tim. 2:3-6; Röm. 5:10

Indem die Übersetzer die genaue Bedeutung des griechischen Textes im 1. Kapitel Johannes verkannten oder absichtlich verbargen, erweckten sie den Eindruck, dass der Logos oder das „Wort“ der göttliche Schöpfer selbst sei. Aber eine exakte Übersetzung dieser Stelle offenbart die Tatsache, dass der „Logos“ nur „ein“ Gott (oder Mächtiger) war, während von dem Schöpfer gesprochen wird als „Der“ Gott—der Allerhöchste, der Allmächtige.

Der Apostel sagt uns, dass der Logos der Stellvertreter Jehovas in der ganzen Schöpfung war. „Alles ward durch dasselbe [das Wort], und ohne dasselbe ward auch nicht eines, das geworden ist.“ (Joh. 1:3) Aus diesem Grund braucht der Bericht im 1. Buch Mose unzweifelhaft das Fürwort der Mehrzahl „uns“: „Lasst uns Menschen machen in unserem Bild, nach unserem Gleichnis“—1. Mose 1:26

Die Heilige Schrift spricht von der Einheit des Vaters und des Sohnes, und es versteht sich, dass dies eine Einheit der Absicht und des Willens ist, nicht aber des Wesens. Jesus betete für dieselbe Einheit zwischen Ihm und Seinen Nachfolgern, Siehe Joh. 17

Dass Jesus sich nicht als e i n Wesen mit dem Schöpfer hielt und nicht Sein eigener Vater war, wird klar gezeigt in Seinen Worten in Joh. 14:28: „Mein Vater ist grösser als ich.“

Die Jünger wussten, dass der Lohn der Sünde der Tod ist—nicht Leben in ewiger Qual—deshalb fanden sie es auch leicht zu begreifen, wie der Tod Jesu, welcher dieserhalb „Fleisch ward,“ die Strafe bezahlen und einen Weg öffnen konnte, auf welchem die Welt sch1iesslich in Einklang mit Gott und folglich auch zum Leben zurückkehren konnte.

Jedoch erschien den Jüngern die ganze Sache vor Pfingsten noch ziemlich geheimnisvoll. Obgleich sie wussten, dass Jesus, der Messias, von den Toten auferweckt worden war, sahen sie Ihn doch selten, und schliesslich verliess Er sie ganz. Wie merkwürdig! Als sie Ihn zum letzten Male sahen, befahl Er ihnen, in Jerusalem zu warten, bis sie durch den Heiligen Geist weitere Anweisungen erhalten würden. Sicherlich erschien all dieses den Jüngern als ein sonderbares Verhalten von seiten dessen, an den sie noch immer als den verheissenen Messias glaubten.

Nicht nur jene ersten Jünger waren durch diese weiteren unerwarteten Begebenheiten eine zeitlang verwirrt worden, sondern auch viele andere haben seit jener Zeit die wahre Bedeutung all der Ereignisse missverstanden und infolgedessen falsche Theorien entwickelt. Da Jesus anscheinend nicht kam, um ein buchstäbliches Königreich auf dieser Erde aufzurichten, musste ein anderer Grund für Sein Kommen gefunden werden. Deshalb erschien es vielen auch logisch, daraus zu folgern, dass Sein Kommen, Sein Tod und Seine Auferstehung nur deshalb erfolgt seien, um das Volk von den Qualen der Hölle zu erretten und es beim Tode in den Himmel gelangen zu lassen. Aber der Messias wird zu Gottes eigener Zeit ein irdisches Königreich aufrichten und alle Familien der Erde segnen, wie wir noch sehen werden.

Da denkende Menschen sich mehr und mehr von dem Gott der ewigen Qual des finsteren Mittelalters abwenden, so möchten sie vielleicht auch wissen, warum beinahe zweitausend Jahre vergangen sind, seit Jesus Seine Jünger verliess, und warum die Welt heutzutage noch mehr unter der Herrschaft der Selbstsucht steht und weniger Glauben an den Messias hat als je zuvor. Denkende Menschen erheben die Frage: Wenn Jesus wirklich die Welt bekehren und vom Höllenfeuer erretten will, warum ist denn da so wenig Fortschritt in dieser Hinsicht zu bemerken? Ferner, wenn es wirklich das Ziel des Messias ist, ein irdisches Königreich aufzurichten und in diesem das Volk mit Leben und Wohlergehen zu segnen, Warum ist es denn bisher noch nicht geschehen?

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