Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Krisen im Leben von Petrus

Lesedauer: 18 Minuten

„Simon Petrus antwortete ihm: Herr, zu wem sollten wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens; und wir haben geglaubt, und erkannt ,daß du der Heilige Gottes bist.” – Johannes 6:68 und 69

Der Apostel Petrus ist eine der schillerndsten und fesselndsten Charaktere im Neuen Testament. Er war unter denen, die zuerst Jünger des Herrn wurden. Es war Andreas, der Bruder des Petrus, der ihn zuerst Jesus vorstellte. Dies geschah kurz nachdem Jesus von den vierzig Tagen der Meditation in der Wüste zurückkehrte, während der er auch von dem Teufel versucht worden war. – Johannes 1:35 – 42 und Matthäus 4:1 – 11

Wenn wir all die Erfahrungen des Petrus in seiner Gesellschaft mit Jesus während der folgenden dreieinhalb Jahre betrachten würden, würde dies bedeuten, über den größten Teil der Geschichte unseres Herrn während dieser Zeit zu berichten. Petrus war nicht nur einer der zuerst Berufenen, sondern wurde auch einer von den drei besonderen Gefährten Jesu, der die Ehre und das Vorrecht mit Jakobus und Johannes teilte, die sowohl Brüder im Fleisch als auch im Geist waren.

Diese drei waren zusammen mit Andreas, dem Bruder des Petrus, Fischer, und an dem Fischereigeschäft am See von Galiläa, der auch als Tiberiassee bekannt wurde, beteiligt. – Johannes 6:1 Es wird vermutet, daß diese vier ihre Tätigkeit als Fischer fortsetzten, nachdem sie Jünger Jesu geworden waren. Sie verbrachten auch gern einen beträchtlichen Teil dieser Zeit mit Jesus, um näher mit seinem Dienst verbunden zu sein.

Das Ende ihres Fischereigeschäftes

Die erste Erfahrung, die wir betrachten werden, stand in einem Zusammenhang mit Petrus und den anderen drei Jüngern und Fischen. Der Bericht wird uns in Lukas 5:1 – 11 und in Matthäus 4:18 – 22 gegeben. Es ist die Geschichte, in der Jesus einer Volksmenge am Ufer des Sees predigte. Um einen wünschenswerten und geeigneten Platz zu finden, von dem aus er seine Botschaft mitteilen konnte, stieg er in das Boot von Simon Petrus, den er gebeten hatte, sein Boot ein wenig weg vom Seeufer zu rudern. Und er „lehrte die Volksmengen vom Boot aus.” – Lukas 5:3

Als er seine Predigt beendet hatte, wandte er sich an seine Jünger, um ihnen einige besondere und tiefere Lektionen zu erteilen. Er gab Petrus zu verstehen, daß er in tieferes Wasser hinausfahren und dort sein Netz auswerfen sollte. Petrus erwiderte, daß sie die ganze Nacht gefischt aber nichts gefangen hätten, daß sie aber aufgrund seines Wortes das Netz noch einmal auswerfen würden. Das Ergebnis war erstaunlich. Sie fingen nun eine so große Menge von Fischen, daß das Netz riß, und sie riefen ihre Partner, Jakobus und Johannes, daß diese ihnen helfen sollten. Beide Boote wurden so übervoll, daß sie zu sinken begannen. – Lukas 5:4 – 7

Diese wunderbare und herrliche Botschaft vom Königreich, die mit der Demonstration der Kraft Jesu verbunden war, war zu viel für Petrus. Der Bericht erzählt uns, daß er sich Jesu zu Füßen warf und die überraschende Bitte aussprach: „Geh von mir hinaus! Denn ich bin ein sündiger Mensch, Herr.” – Lukas 5:8

Hier gab es einen, der sich seiner eigenen Unvollkommenheit sehr bewußt und von der Vollkommenheit des Meisters tief beeindruckt war. Petrus zweifelte an seiner eigenen Fähigkeit, dem Vorbild eines Jüngers Jesu zu entsprechen und fühlte sich unwürdig, mit ihm verbunden zu sein. Dies war jedoch genau die Haltung der Ehrenhaftigkeit und Demut, die für Petrus nötig war, wie sie auch für alle zu erlangen nötig ist, die Jünger Jesu sein möchten, bevor der Herr sie gefahrlos und wirkungsvoll in seinem Werk gebrauchen kann. Dies erkennend antwortete Jesus dem Petrus und ebenso seinen Gefährten: „Fürchte dich nicht! Von nun an wirst du Menschen fangen!” – Lukas 5:10

Wie lieblich müssen diese Worte für den ungestümen Petrus geklungen haben. Auf welche großartige Weise beeindruckten sie diesen Jünger, der den Herrn gebeten hatte, von ihm wegzugehen. In seinem Herzen fühlte Petrus zweifellos eine tiefere Hingabe für den Meister als zuvor und ein ernsthafteres Verlangen, mit ihm verbunden zu sein. Ganz sicher sollte Petrus diese wichtige Erfahrung bei vielen nachfolgenden Gelegenheiten im Gedächtnis behalten.

Das scheint für jene vier Jünger das Ende des Fischereigeschäftes gewesen zu sein, bis zu einer Zeit, ein paar Jahre danach, die wir später bei unserem Studium der Erfahrungen von Petrus betrachten werden. Jetzt wird uns jedoch gesagt, „Und als sie die Boote an Land gebracht hatten, verließen sie alles und folgten ihm nach.” – Lukas 5:11 Danach verbrachte Petrus nicht mehr nur einen Teil seiner Zeit mit dem Meister und seinem Werk, sondern entwickelte eine solch völlige Hingabe, daß er später sagen konnte: „Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt.” – Matthäus 19:27

Lektionen aus diesen frühen Erfahrungen

Wir finden in diesem frühen Bericht über jene Jünger Lektionen, die wir auf unser Leben anwenden können. Ähnlich wie bei ihnen mag es in unserem Leben eine Zeit gegeben haben, nachdem wir des Herrn Jünger wurden, in der wir gegenüber dieser neuen Berufung noch eine geteilte Aufmerksamkeit zeigten. Vielleicht befaßten wir uns in unseren Gedanken nicht völlig mit den himmlischen Dingen und verfolgten noch bis zu einem bestimmten Grad selbstsüchtige Ziele und Wunschträume, die keinen geistigen Gewinn bringen. – Matthäus 6:19 und 20, Kolosser 3:1 und 2

Wir mögen uns wundern, wie es nach seiner anfänglichen Vorstellung bei Jesus und der Annahme als ein Nachfolger für Petrus möglich war, sein Fischereigeschäft fortzusetzen. Warum hatte er nicht schon vor dieser wunderbaren Demonstration gefühlt, daß in des Meisters Gegenwart zu sein und in seinem Dienst zu stehen ein so fabelhaftes Vorrecht sein würde, alles zu verlassen und ihm sogleich von Anfang an zu folgen?

Wir könnten diese Frage an uns selbst richten und uns daran erinnern ob, nachdem wir eine volle Weihung gegenüber Gott gemacht hatten, eine Zeit verging, bevor wir wahrhaftig zu verstehen begannen und ein Leben voller Hingabe führten, welches eine solche Vereinbarung erfordert. Noch weiter unsere Selbstprüfung fortführend könnten wir fragen, ob wir selbst jetzt die Lektion gemeistert haben, die Petrus und seine Gefährten an jenem Tag in dem Boot mit Jesus lernten, und ob wir in unseren Herzen und so völlig wie nur möglich von unserem Leben wirklich sagen können: „Jesu alles, alles Jesus: Tag und Stunden meiner Zeit.” – Zionslied 35

Ein anderer Gedanke, der bei Betrachtung dieser Anweisung zu einem völlig ausfüllenden Dienst entstehen mag, ist der, daß Petrus selbst völlig „gefischt” werden mußte, bevor er ein erfolgreicher Menschenfischer sein konnte. Die harten Spitzen der Wahrheit mußten zuerst sein Herz erreichen und seine Hilflosigkeit und Unwürdigkeit offenbaren. Er mußte wahrhaftig „arm im Geist” werden, bevor er sicher verwendet werden konnte. Er mußte „murren”, bevor er getröstet werden konnte, um dann als einer der besonderen Repräsentanten des Herrn an der Tröstung anderer teilhaben zu können. – Matthäus 5:3 und 4

Dies ist heute nicht weniger wahr. Wer vom Herrn in seinem Dienst verwendet werden möchte, muß zuerst sein eigenes Herz und seine eigenen Sinne gegenüber den Anweisungen des Herrn völlig öffnen. Paulus zeigt dies in seinem Brief an Timotheus, in welchem er sagt, daß jemand, der als Ackerbauer sich müht, „als Erster an den Früchten Anteil haben muß”. – 2. Timotheus 2:6 Denjenigen, die wie Petrus geantwortet haben, gibt unser gnädiger Herr die gleiche tröstliche Versicherung, welche er Petrus gab, und die Verheißung, daß wir an seinem Dienst teilhaben werden, sowohl jetzt als auch in der Zukunft.

„Du bist der Christus”

Über das nächste Ereignis, das im Leben von Petrus von höchster Wichtigkeit war, und das wir nunmehr betrachten werden, wird in Matthäus 16:13 – 23 berichtet. Der Bericht spricht über eine Unterhaltung, die zwischen Jesus und seinen Jüngern stattfand, als sie durch den nördlichen Teil Israels wanderten, und nach „Cäsarea Philippi” kamen. Jesus führte schon seit mehr als zwei Jahren seinen Dienst aus und fragte seine Jünger, was wohl das Ergebnis seines Auftretens gewesen war: „Was sagen die Menschen, wer der Sohn des Menschen ist?”

Ihre Antwort war unbestimmt und nicht ermutigend: „Einige sagen Johannes der Täufer; andere aber: Elia; und andere wieder: Jeremia oder einer der Propheten.” – Matthäus 16:14 Wie bemerkenswert, daß die Jünger keinen von der Volksmenge, denen Jesus gepredigt hatte, herbeirufen konnten, die die Tatsache erkannt hatten, das er weit größer war, als irgendeiner von diesen berühmten Dienern.

Es ist schon immer ein schwieriges Unterfangen gewesen, gefallenen und unvollkommenen Menschen eine neue Idee zu vermitteln. Es ist gut, uns der dürftigen Resultate zu erinnern, die in der Feststellung der Jünger zutage traten. So werden wir nicht entmutigt sein, wenn unsere herrliche Botschaft von der Nähe des Königreichs Gottes auf taube Ohren trifft oder nur zu einer unbestimmten vom Unglauben geprägten Antwort führt. Wir sollten vielmehr ermutigt werden, denn wir befinden uns noch in dem Zeitalter, in welchem wir „im Glauben wandeln und nicht im Schauen”, und zur gegenwärtigen Zeit „der Glaube nicht aller Menschen Sache ist”. – 2. Korinther 5:7 und 2. Thessalonicher 3:2 Wir befinden uns in der Gesellschaft des Meisters und seiner Jünger. Und als solche müssen wir am Ende dieses Zeitalters unseren Eifer im Dienen, unseren Gehorsam und unsere Treue bei der Verkündigung des Evangeliums, unter Beweis stellen, wie sie dies am Anfang des Zeitalters getan haben.

In unserer Erzählung richtete sich Jesus’ Frage an die Jünger, wen sie erwarteten, wer er sei, dann mehr auf die Person. Dies war die Gelegenheit zu dem großen Bekenntnis von Petrus: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!” Das Lob, das Petrus von Jesus in Erwiderung auf seine Erklärung bekam, ist allen Bibelforschern bekannt: „Fleisch und Blut haben es dir nicht geoffenbart, sondern mein Vater, der in den Himmeln ist.” Jesus war nicht nur ein vollkommener Mensch, sondern war der lang verheißene Messias, der Sohn Gottes. Die Jünger wurden nun überzeugt von seinem wahren Ursprung und seinem Amt. Sie wurden vorbereitet, diese unglaublich wichtigen Tatsachen zu bezeugen. – Matthäus 16:15 – 17

Er mußte zuerst leiden und sterben

Dieser Einblick in den wahren Charakter ihres Meisters war nur ein Teil der Mitteilungen, die er seinen Jüngern noch in der Kürze der verbleibenden Zeit machen konnte, die er mit ihnen im Fleisch verbringen würde. So lesen wir: „Von der Zeit an begann Jesus seinen Jüngern zu zeigen, daß er nach Jerusalem hingehen müsse und von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten vieles leiden und getötet und am dritten Tag auferweckt werden müsse.” – Matthäus 16:21

Es überrascht uns nicht, daß die Feststellung, die Jesus machte, nicht mit der Idee, die Petrus hatte, was nach den Schriften das Schicksal für Jesus sein würde, übereinstimmte, die in den Schriften für Christus, den Messias, aufgezeichnet waren. Wir lesen, daß Petrus, der nie zögerte sich auszudrücken, Jesus sogleich beiseite nahm, „und anfing ihn zu tadeln, indem er sagte: (Gott) behüte dich, Herr! Dies wird dir keinesfalls widerfahren”.- Matthäus 16:22

Dies war eine gutgemeinte Anstrengung von Seiten des hingebungsvollen Petrus, Jesus von dem Lauf abzuhalten, von dem er wußte, daß er von den Propheten des Alten Testaments vorhergesagt und von wesentlicher Wichtigkeit bei der Vollendung des Planes Gottes war. Jesus reagierte augenblicklich und entschieden: „Er aber wandte sich um und sprach zu Petrus: Geh hinter mich, Satan! Du bist mir ein Ärgernis, denn du sinnst nicht auf das, was Gottes, sondern auf das, was der Menschen ist.” – Matthäus 16:23

Was müssen jene strengen Worte des Tadels für eine Prüfung für Petrus gewesen sein, die seine Demut als ein Jünger, der jetzt nur ein Jünger des Meisters war, auf die Probe stellten. Nur eine kurze Zeit zuvor bekam er das höchste Lob des Neuen Testaments mit der Versicherung, daß Gott ihm die Identität von Jesus offenbart habe. Jetzt wurde er jedoch mit Satan, dem Feind Gottes, personifiziert.

Wir mögen uns wundern, warum Jesus Petrus so streng tadelte. Wenn wir über die Umstände und das Gespräch nachdenken, so erkennen wir, daß Petrus’ gutgemeinte Bemerkung tatsächlich wie die des Satans in der Wüste war. Es war nämlich eine Anstrengung, Jesus von seinem Lauf der Treue gegenüber Gottes Plänen abzubringen, welche die Übergabe seines menschlichen Lebens als ein freiwilliges Opfer einbezog.

Kein Fortschritt konnte in dem Verständnis von Petrus erfolgen, so lange er glaubte, daß Jesus der Christus war, der Sohn Gottes, und zur gleichen Zeit, daß er Verfolgung, Leiden und den Tod vermeiden sollte. Dieser grundsätzliche Irrtum, daß es unter Vermeidung von Opfer und Tod möglich sein würde der Christus zu sein, oder ein wahrer Nachfolger Christi zu sein, mußte durch den Meister mit deutlichen Worten widerlegt werden. Dies geschah nicht nur zum Nutzen von Petrus, sondern seitdem auch zum Schutz und zur Führung der Nachfolger des Herrn.

Später, als Jesus wiederum gegenüber den Jüngern von seinem bevorstehenden Tod sprach, wurden sie „bestürzt” und „außerordentlich betrübt”. „Und sie verstanden nichts von diesen Worten”, was der Grund für Jesu Entschlossenheit war, sich seinen Feinden auszuliefern. – Markus 10:32, Matthäus 26:22 und Lukas 18:34 Es geschah mit den Erklärungen, die Jesus ihnen während seiner Erscheinungen nach der Auferstehung gab und durch die spätere Erleuchtung durch den Heiligen Geist, die ihnen am Pfingsttag gegeben wurde, mit der den Jüngern das genaue Verständnis hinsichtlich dieser Ereignisse übermittelt wurde. – Lukas 24:25 – 27, 44 – 46; Apostelgeschichte 1:8 und 2:1 – 4 Nachfolgend liefert uns Petrus mit seinem Verhalten reichliche und überzeugende Beispiele, daß er demütig die ernüchternde Lektion gelernt hatte, die ihm vor Monaten von seinem Meister in Cäsarea Philippi erteilt worden war.

Die Prüfung im Garten Gethsemane

Wir erkennen, daß Petrus nur Stunden vor dem Verrat an Jesus der Ankündigung des Herrn widersprach, daß sie sich alle in dieser Nacht an ihm „ärgern” würden. Prahlerisch erwiderte Petrus Jesus: „Selbst wenn ich mit dir sterben müßte, werde ich dich nicht verleugnen. Ebenso sprachen auch alle Jünger.” – Matthäus 26:31 – 35 Diese lieben Nachfolger Christi mußten eine große Lektion lernen, obwohl sie noch nicht imstande waren, diese praktisch anzuwenden, bis „sie mit Kraft aus der Höhe bekleidet wurden” durch die Zeugung des Heiligen Geistes. – Lukas 24:49 Trotzdem hatten sie beschlossen, ihre Treue gegenüber dem Meister zu bekennen, sogar bis in den Tod.

Ein anderes Ereignis der Erfahrungen, das Petrus betrifft, trug sich während jener verhängnisvollen Nacht im Garten Gethsemane zu. In Lukas 22:35 – 38 wird uns über Anweisungen von Jesus an seine Jünger berichtet, als sie den Obersaal verließen. Unter anderem wurden sie darauf vorbereitet, sich mit Schwertern zu versehen. Er offenbarte ihnen, daß das, was geschrieben steht, noch an ihm erfüllt werden mußte: „Und er ist unter die Gesetzlosen gerechnet worden; denn auch das, was mich betrifft, hat eine Vollendung.” Die Jünger erwiderten, daß sie zwei Schwerter besäßen. „Er aber sprach zu ihnen: Es ist genug.”

Wir halten inne, die bemerkenswerte Feststellung des Herrn zu erwägen, daß er nun den Höhepunkt seiner irdischen Erfahrungen erreicht hatte, und daß die Prophezeiung bald ihre Erfüllung finden würde, welche besagte, daß er sich zu den Verbrechern zählen ließ. – Jesaja 53:12 Was für ein herrliches Zeugnis über ein Leben vollkommener Hingabe und Treue gegenüber jeden einzelnen Abschnitt des göttlichen Willens für ihn, wie er es in den Schriften erkannt hatte. Es geschah um der Gnade und der Stärke wegen, daß der Meister diese Endprüfung empfing, die ihn im Gebet in jener Nacht in Gethsemane quälte. – Lukas 22:41-44

Nachdem er durch den Dienst eines Engels gestärkt worden war, näherte sich die von Judas angeführte jüdische Volksmenge, um Jesus gefangenzunehmen. Petrus hatte zweifellos des Herrn Anordnung hinsichtlich der Schwerter im Sinn. Er fragte: „Herr, sollen wir mit dem Schwert dreinschlagen?” Und ohne auf die Antwort zu warten, schlug der ungestüme Jünger „den Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm das rechte Ohr ab”. – Lukas 22:49 und 50

Nun wurde Petrus und seinen Gefährten eine andere wichtige Belehrung erteilt, die für sie wie auch für alle Jünger des Herrn das ganze Zeitalter hindurch von weitreichender Bedeutung sein sollte und besonders für uns, die am Ende des Zeitalters leben. Sie mögen die Mittel gehabt haben, Leiden zu vermeiden, Ungerechtigkeit und Verfolgung zu widerstehen, aber sie machten keinen Gebrauch davon. Es war Gottes Wille, zu leiden. Es war der Vater, der den Kelch für Jesus in jener Nacht füllte und ihm zu trinken gab. Entsprechend lesen wir in dem Bericht des Johannes: „Da sprach Jesus zu Petrus: Stecke dein Schwert in die Scheide! Den Kelch, den mir der Vater gegeben hat, soll ich den nicht trinken?” – Johannes 18:11 Dann heilte Jesus die Wunde, die das von Petrus geführte Schwert geschlagen hatte mit der Feststellung: „Stecke dein Schwert wieder an seinen Ort! Denn alle, die das Schwert nehmen, werden durchs Schwert umkommen.” – Matthäus 26:52

Wir haben keinen Bericht über eine Erwiderung von Petrus auf des Herrn Tadel, aber wir haben den Beweis seiner späteren herzlichen Annahme dieser neuen Idee. Nach Pfingsten, als Petrus und die anderen Apostel ins Gefängnis geworfen und auf Anordnung des Sanhedrin geschlagen wurden, gingen sie aus dem hohen Rat fort, „voller Freude, daß sie gewürdigt worden waren, für den Namen Schmach zu leiden”. – Apostelgeschichte 5:29, 40 und 41 Später lesen wir von Petrus’ deutlicher Feststellung dem Meister zu folgen und die Anweisungen zu beachten, die er in jener Nacht im Garten Gethsemane gab und veranschaulichte. Die Ermahnung, die er Petrus gab, besteht für die Geschwister darin, uns nicht mit Schwertern zu wappnen, sondern mit „der selben Gesinnung”, die in Jesus war. – 1. Petrus 2:19 – 24 und 4:1

Die am meisten zu Herzen gehende Prüfung des Petrus

Wir kommen nun zu den vielleicht traurigsten Stunden in der Geschichte des menschlichen Geschlechts. Der Sohn Gottes, der völlig vom Geist der Demut beherrscht wurde und den Geist der Demut vollkommen offenbarte, Bescheidenheit, Gnade und Liebe, ist nun Gliedern der menschlichen Familie zur Prüfung überliefert, an deren Erschaffung er mitbeteiligt gewesen war. Dort brachten die Repräsentanten unseres Geschlechts von Stolz, Eifersucht und Haß motiviert falsche Zeugen, die gegen ihn aussagten und ihn zum Tod verurteilten. Außerdem waren jene, die die Schuld an jenem unvergleichlichen Unrecht trugen nicht die unwissenden und gottlosen Elemente der Gesellschaft, sondern die am meisten erleuchtete Gruppe der auserwählten Nation Israel – ihre religiösen Führer.

Petrus war dort in jener Nacht im Palast des Hohenpriesters. Seine Liebe für den Meister gab ihm den Mut, ihm in die Gegenwart seiner Feinde zu folgen. Einer der dort Anwesenden wies auf ihn als ein Gefährte der Gesellschaft Jesu hin. Dann, in der unmittelbaren Gegenwart des Meisters, den er liebte, verleugnete Petrus sogar ihn zu kennen. Was für eine erstaunliche Kombination von Werten wir in Petrus finden. Hier hatten ihn seine Liebe und sein Mut in Gefahr gebracht. Jedoch, was auch die Ursache dazu war, verleugnete er ihn mit einem Schwur, denjenigen, dem er vor wenigen Stunden versichert hatte, „wenn sich alle an dir ärgern werden, ich werde mich niemals ärgern. … Selbst wenn ich mit dir sterben müßte, werde ich dich nicht verleugnen.” – Matthäus 26:33 – 35

Jesus erschien von Soldaten bewacht, und er blickte Petrus an. – Lukas 22:61 Wie muß ihm dieser Blick ins Herz gedrungen sein. Es war so weit zweifellos der kritischste Augenblick all seiner Erfahrungen mit dem Meister. Würde er Reue zeigen oder würde er am Ende wie Judas Ablehnung gegenüber seinem Meisters zeigen? Wenn wir dort gewesen wären, wie atemlos würden wir darauf gewartet haben, die Reaktion von Petrus zu sehen. Jesu Blick war ohne Zweifel voller Sehnsucht für seinen schmerzlich bedrückten Jünger, der in Gefahr war, „wie Weizen” gesichtet zu werden, wie Jesus am Abend zuvor im Obersaal gesagt hatte. – Matthäus 26:31

Als der Hahn krähte, erinnerte sich Petrus, daß Jesus ihn gewarnt hatte: „bevor der Hahn kräht, wirst du mich drei Mal verleugnen”. Petrus verließ den Palast. Gott sei Dank, daß er nicht wie Judas hinausging, um sich zu erhängen. Er ging auch nicht hinaus, um sich mit dem Gedanken zu trösten, daß er unter großer Belastung gestanden hatte, und damit nach einer Entschuldigung für seine Verleugnung des Meisters suchte. Petrus „ging hinaus und weinte bitterlich”. – Matthäus 26:75 Petrus hatte diesen großen Höhepunkt der Prüfung erfolgreich beendet. Der Prozeß der Erniedrigung hatte wahrhaft begonnen, ein lebendiger Schritt in Vorbereitung auf das große apostolisch Werk, das bald beginnen sollte, wenn die Jünger mit dem Heiligen Geist bekleidet sein würden.

Liebst du mich?

Dieser Prozeß der Erniedrigung wurde kurze Zeit später fortgesetzt, nach der Auferstehung Jesu von den Toten. Noch nicht völlig bewußt über den Lauf, den sie verfolgen sollten, beschäftigten sich Petrus und die anderen Jünger wieder mit dem Fischen. Wie es drei Jahre zuvor geschehen war, fischten sie die ganze Nacht und fingen nichts. Dann gab ihnen ein Fremder vom Ufer aus den Rat ihr Netz auf der rechten Seite auszulegen mit der Versicherung, daß sie dort Fische fangen würden. Und wiederum fingen sie eine wunderbare Menge Fisch. Überzeugt, daß der Herr am Ufer stand, konnte Petrus nicht länger warten und stürzte sich in den See, um zu ihm hinzuschwimmen. – Johannes 21:1 – 7

Später, nach dem Mahl, führte der auferstandene Herr, der an dem Mahl als Gast teilnahm, ein Gespräch mit Petrus. Jesus fragte Petrus dreimal „Liebst du mich?” Und Petrus antwortete: „Herr, du weißt alles; du erkennst, daß ich dich lieb habe.” Petrus antwortete auf die Aufforderung des Herrn: „Weide meine Lämmer … weide meine Schafe”. Der auferstandene Herr erinnerte dann Petrus daran, daß er bisher gewohnt war, sich selbst zu gürten, daß aber die Zeit kommen würde, in der „ein anderer ihn gürten und hinbringen würde, wohin er nicht wollte”. Der Bericht stellt ferner fest, daß Jesus Petrus andeutete, auf welche Art er sterben sollte – durch Kreuzigung. Es wird vermutet, daß Petrus auf diese Weise „Gott verherrlichen sollte”. Nachdem er völlig erniedrigt worden war, konnte Gott damit beginnen, ihn zu ehren und als Apostel zu benutzen. – Johannes 21:15 – 19

Völlig vorbereitet

Jahre danach weist Petrus auf dieses Gespräch hin, das am Seeufer stattfand. Die Zeit ist gekommen, zu sagen, „ich weiß, daß das Ablegen meines Zeltes bald geschieht, wie auch unser Herr Jesus Christus mir kundgetan hat”. Er war nun auf jene letzte Prüfung völlig vorbereitet. In der Tat scheint der Bericht zu zeigen, daß es ihm wenig ausmachte, und seine größere Sorge war, in Treue seinen Dienst unter des Herrn Nachfolgern zu vollenden, an die er schrieb, daß er sie immer an das Evangelium erinnern würde, und den Wandel, der sicherstellen würde „ihre Berufung und Erwählung festzumachen”, obwohl sie diese Dinge kannten, über die er schrieb, und die sie in „der gegenwärtigen Wahrheit befestigen würden”. – 2. Petrus 1:10 – 14

Tatsächlich fühlte Petrus die Notwendigkeit damit fortzufahren, die Geschwister aufzurütteln, indem er sie an diese Dinge erinnerte, „so lange er sich noch in diesem Zelt befand”. Sogar auf seinen Dienst jenseits des Fleisches blickend schreibt er: „Ich werde aber darauf bedacht sein, daß ihr auch nach meinem Abschied jederzeit imstande seid, euch diese Dinge ins Gedächtnis zu rufen.” – 2. Petrus 1:15

Eine Inspiration für uns

Kephas oder Petrus war der Name, den Jesus dem Simon gab, als dieser das erste Mal zu ihm kam. Er bedeutet „Fels”. – Johannes 1:42 Wie wenig schien er den Namen in einigen der Prüfungen zu verdienen, die der Herr ihm auferlegte. Jesus sah jedoch in ihm das belebende Prinzip der Ehrfurcht vor Gott. Er liebte Petrus, und Petrus liebte seinen Meister. Jesus konnte auf die Entwicklung des Petrus geduldig und hoffnungsvoll warten. Er betrachtet und behandelt uns in gleicher Weise, und er gibt uns Gelegenheiten ähnlich das Gold im Charakter unserer Geschwister zu erkennen. Er wünscht, daß wir an ihrer Ermutigung teilhaben, wie er sie durch kritische Lebenserfahrungen bringt, bis ihr Charakter völlig entwickelt ist.

Am Anfang war der Charakter des Petrus komplex und einer, der manchmal menschlichen Impulsen und Anordnungen widersprach. Der Herr führte ihn jedoch seine Erfahrungen überwaltend, indem er ihm durch Sein Wort und Seine Vorsehung in einer solchen Weise Anweisungen gab, daß er jene Konfliktsituationen, soweit es sein Herz betraf, überwand. Die neuen Impulse und die gottähnlichen Eigenschaften wurden allmählich in einen felsähnlichen festen und unerschütterlichen Charakter kristallisiert, zubereitet zu einem „lebendigen Stein” für den Tempel Gottes. – 1. Petrus 2:4 und 5

Wie herrlich ist es, dieses Wachstum des Petrus an Gnade zu beobachten und seinem letztlichen Erfolg zu betrachten! Wir freuen uns auch, an die Heiligen dieses Zeitalters zu denken – die nur „eine kleine Herde” sind, die ähnlich durch unbegrenzte Liebe und Gnade Gottes von ihm „erkauft” den göttlichen Charakter entwickelten, „im Feuer geläutertes Gold”. – Lukas 12:32 und Offenbarung 3:18 Wie Jesus deutlich zeigt, sind die Kosten eines solchen Charakters: Opfer, Trübsal, Tod des Fleisches mit seinen Wünschen und Ambitionen. Der herrlichste Gedanke ist jedoch der, daß es für uns noch möglich ist, dieses Gold von solch unvorstellbar hohem Wert zu „kaufen”. Möge unsere Betrachtung dieser Ereignisse im Leben des Petrus uns inspirieren und ermutigen in der gleichen Weise voran zu drängen, bis auch wir „unsere Berufung und Erwählung festgemacht haben”.