Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Aus Worten gerechtfertigt oder verdammt werden

Lesedauer: 11 Minuten

„Denn aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinen Worten wirst du
verdammt werden.” – Matthäus 12:37

Das Wort „gerechtfertigt”, das hier von unserem Herrn verwendet wird, ist nicht die Rechtfertigung, auf die im Neuen Testament hingewiesen wird. Die „Rechtfertigung durch Glauben”, von der Paulus schreibt, ist die Reinigung vor Gott derjenigen, die von Herzen Jesus als ihren Erretter angenommen haben. „Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus.” – Römer 5:1 Unsere Rechtfertigung besteht auf der Grundlage unseres Glaubens an Gott. Wir können nicht ohne Glauben in Seine Familie kommen. Der Apostel Jakobus erklärt, daß ein lebendiger Glaube sich durch Werke offenbart. Und Gott hat es für notwendig befunden und in Seinen Anordnungen gezeigt, damit wir unseren Glauben durch solche guten Werke kundtun, die zu verrichten wir imstande sind. So bringen uns Glaube und Werke zusammen zur Charakterähnlichkeit Christi, um auf diese Weise Teilhaber an seiner Auferstehung zu werden. Wenn wir nur Glauben haben, aber keine Werke, werden wir niemals das Ziel erreichen. Wenn wir alle Werke tun, aber keinen Glauben haben, werden wir ebenso fehlgehen.

Aber mit der Feststellung „aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinen Worten wirst du verdammt werden”, spricht der Herr hier überhaupt nicht die Kirche an. Keiner wurde bis zu Pfingsten zur völligen Rechtfertigung und Zeugung durch den Heiligen Geist angenommen, was einige Zeit nach dieser geäußerten Feststellung geschah. Diese Worte wurden gegenüber den Pharisäern als Tadel geäußert. Das Wort „gerechtfertigt” wird hier in einem begrenzten Sinn benutzt. Zum Beispiel könnten wir von irgendeiner Handlung, die wir getätigt haben, sagen: Ich fühlte mich gerechtfertigt, diese Richtung einzuschlagen. Jesus benutzte hier dieses Wort in einer ähnlichen Weise. Er richtete seine Worte an solche, die sich zu einer besonderen Verwandtschaft mit Gott unter dem Gesetzesbund bekannten, und die behaupteten, besonders heilig zu sein. Die Juden waren nicht zum Leben gerechtfertigt, sondern zur Gemeinschaft mit Gott. Und nun befanden sie sich in ihrer Prüfungszeit: Würden sie sich als würdig erweisen?

Sie erkannten nicht den Tag ihrer Heimsuchung

Wir lesen, daß sie nicht bemerkten, daß sie sich in einer Prüfungszeit befanden, – daß sie unter ein bestimmtes Gericht Gottes gekommen waren, ob sie als ein Volk als Seine Diener fortbestehen könnten oder nicht. „Sie erkannten nicht den Tag ihrer Heimsuchung.” Unser Herr sagte, als er in Jerusalem einritt: „Siehe, euer Haus wird euch öde gelassen werden.” Sie waren als das Haus der Diener des Fortbestehens der besonderen Gnade jener Zeit nicht für würdig befunden worden. Für dreieinhalb Jahre wurde ihnen eine Art von Gunst erwiesen, daß das Evangelium in ihrer Mitte gepredigt wurde. Aber das Evangelium richtete sich nicht an die Nation, sondern nur an die „wahren Israeliten” unter ihnen, den treuen Überrest. Nach dreieinhalb Jahren, am Ende der „siebten Woche”, wurde den Juden des Herrn Gunst entzogen, und von der Zeit an den Nationen die Tür geöffnet. Und seitdem haben die Juden keinen Vorzug gegenüber anderen gehabt.

Die Pharisäer beteuerten eine völlige Weihung gegenüber Gott und große Heiligkeit. Jesus hielt ihnen vor, daß sie ihre Gebetsriemen breit und ihre Quasten groß machten, den ersten Sitz in den Synagogen beanspruchten, zum Schein lange Gebete hielten; und daß sie selbst die kleinsten Samen verzehnteten, die Minze, den Anis und den Kümmel, aber die wichtigeren Dinge des Gesetzes beiseite ließen und nur eine äußere Form bei der Befolgung des Gesetzes zeigten. – Matthäus 23:5 ,6, 14 und 23 – 25 Er erklärte, daß das Gesetz forderte, daß sie ihren Nächsten lieben sollten wie sich selbst. Und er klagte sie an, daß sie „die Häuser der Witwen verschlingen” und bereit sein würden, Nutzen aus der Tatsache zu ziehen, daß diese keinen natürlichen Beschützer hatten. Er sagte ihnen, daß es töricht wäre, zu denken, daß sie mit langen Gebeten, die sie an den Straßenecken verrichteten, das Gesetz erfüllen würden.

Worte sind ein Inhaltsverzeichnis des Herzens

„Aus deinen Worten wirst du verdammt werden.” Es bedeutete in diesem Fall, daß sie Gottes besondere Gunst verlieren sollten. Durch ihre Worte erwiesen sie sich selbst als unehrenhaft. Sie nahmen die guten Werke Jesu wahr, aber aus Neid und Trotz sprachen sie auf jede Weise schlecht über ihn und kreuzigten ihn. Alles, was sie gegen ihn sagten, offenbarte ihren wirklichen Herzenszustand. Sie erwiesen sich selbst als der Gunst Gottes unwürdig. Wir sollten jedoch nicht denken, daß die Juden unter Gottes ewige Ungunst kamen. Während dieses Evangelium-Zeitalters sind sie unter besondere Züchtigungen gekommen; sie erlitten viele Verfolgungen, aber ihr Glaube an Gott hat ihnen diese Verfolgung gebracht.

Der Zorn Gottes kam während jener vierzig Jahre, die das Jüdische Zeitalter beendeten, „bis zum Äußersten” über sie. Am Ende des Jahres 70 n. Chr. zerbrach die Nation in Stücke. Aber das Volk blieb sehr lebendig. Und sie sollen nun bald völlig in die Gunst Gottes zurückkehren; denn sie sind noch „Geliebte um der Väter willen”. Sie haben noch Teil an der Anordnung, die von Beginn an getroffen wurde, und so war ihre Verdammung keine ewig andauernde Verdammung. Aber sie haben ihren Hauptsegen verloren.

Hätten sie gesagt, wir sind noch nicht fähig zu erkennen, daß dieser der Messias ist, aber wir sind davon überzeugt, daß es eine auf wunderbare Weise in ihm wirkende Macht gibt; – hätten sie solche Worte benutzt, so hätte dies gezeigt, daß sie den Wunsch gehabt hätten, den rechten Weg zu erkennen. Gott hätte ihnen diesen gezeigt, wie Er einigen anderen gezeigt wurde – besonders nach Pfingsten. In solch einem Fall hätte es sein können, daß sie durch ihre Worte und ihr Verhalten gerechtfertigt worden wären. Sie sprachen aber jene Worte nicht aus, weil sie nicht die rechte Herzensstellung hatten; „Denn aus der Fülle des Herzens redet der Mund.” Ihre Herzenshaltung zeigte sich in ihren Worten; die Gunst gegenüber ihrer Nation wurde beendet.

Was bedeutet, redet Böses über niemanden

Der Apostel Paulus sagt: „Redet Böses über niemanden!” Er sagt nicht, sagt nichts Böses über ein Glaubensbekenntnis. Über einige Glaubensbekenntnisse sollte sehr kritisch gesprochen werden. Es würde dem Volk guttun, denen, die in ihm gebunden werden. Paulus sagt nicht, daß wir nichts Schlechtes über ein schlechtes Prinzip sagen sollten, sondern bringt die Sache auf die Einzelperson. Die Bibel spricht über die Menschheit als Böses-Denkende, als Böses-Sprechende, als Übeltäter; sie stehen in diesem Sinn alle unter dem Fluch. Und zu sagen, daß die ganze Welt Sünder sind, ist kein böses Reden; denn alle erkennen dies als eine Tatsache. Es ist wahr und jede Person sollte wissen, daß alle Menschen Sünder sind. Die Sünde herrscht vor.

Aber wenn es um Einzelpersonen geht, so bewegen wir uns auf gefährlichem Boden. Jesus bezeichnete die Pharisäer als Heuchler und getünchte Gräber. Er bezeichnete damit keine Einzelperson, sondern er sprach Böses über ein System und über eine Klasse. Wenn wir zum Beispiel auf Taschendiebe aufmerksam machen, so äußern wir nicht notwendigerweise einen Verdacht gegen irgendjemand in unserer Nachbarschaft. Wenn wir uns aber eine Einzelperson aussuchen und schlecht von ihr sprechen, so befinden wir uns den Schriften nach auf dem Boden des Unrechts, ausgenommen, es würde sich um eine Angelegenheit handeln, die dies notwendig macht. Wenn du einen Taschendieb kennst, so ist es angebracht, dafür zu sorgen, daß er festgenommen wird. Wenn du aber weißt, daß zu einer Zeit eine bestimmte Person ein Taschendieb war, so ergibt sich nicht notwendigerweise, daß er es auch jetzt ist; er mag sich geändert haben.

Wenn daher ein Rat hinsichtlich von Taschendieben erteilt werden soll, wäre es nicht rechtens, diese oder jene Person namentlich besonders zu erwähnen, es sei denn, daß wir eine zutreffende Kenntnis darüber haben. Es gibt einige, die hinter Gefängnisgittern waren und heute der Wahrheit und Gerechtigkeit dienen. Und so verhält es sich bei einigen, die aus dem Gefängnis gekommen sind. Einen Vorwurf gegen jemand zu erheben oder ihn wegen eines bestimmten Fehlverhaltens in seinem früheren Leben zu brandmarken, ist nicht richtig. Es ist nicht richtig, das vergangene Fehlverhalten von irgendjemandem weiter hervorzuheben, und ihn daran zu hindern, zukünftig einen ehrenhaften Wandel zu zeigen. Es wäre besser, wenn wir äußern würden, nun bist du frei, und ich glaube, du wirst bestimmt das Rechte tun. Dies würde eine gute Wirkung hinterlassen, ihn erkennen zu lassen, daß jemand, der über seine Vergangenheit weiß, ihm helfen würde. Aber wenn er kein Versprechen machen würde, zukünftig das Rechte tun zu wollen, dann würden wir uns frei fühlen, andere zu warnen, vor ihm auf der Hut zu sein. Wenn er willens wäre, das Rechte zu tun, sollten wir in jeder möglichen Weise mit ihm zusammenarbeiten.

In der Welt wird viel Böses geredet

Es gibt keinen Zweifel darüber, daß viel böses Reden getätigt wird; die Welt ist voll davon. Ein Geschäftsmann wird oft von einem anderen sagen: „Ich traue ihm nicht über den Weg.” Dies ist eine Redensart, mit der man ausdrücken will, wie wenig Vertrauen man in jemanden besitzt. Die Welt ist nicht in die Schule Christi gegangen; es ist daher die Kirche, die besonders angewiesen wurde, von niemandem etwas Böses zu reden. Es ist für unser gefallenes Fleisch ganz natürlich, fast allem aus dem Weg zu gehen und zu versuchen, irgendetwas auszudenken, das uns rechtfertigen könnte, etwas Unvorteilhaftes über einen anderen zu sagen. Es erscheint so, daß sogar des Herrn Volk oft darüber überlegt hat, welche Entschuldigung es für sein schlechtes Reden finden könnte, um sich doch nicht als verdammt zu fühlen.

Das menschliche Herz ist sehr trügerisch

Es ist zu vermuten und anzunehmen, daß jedes Kind Gottes ein Herz besitzt, das begierig ist, den Willen Gottes zu tun, und daß daher keiner von ihnen wünschen würde, etwas zu tun, das im Gegensatz zu des Herrn Willen geschieht. Aber es gibt etwas in dem gefallenen menschlichen Herzen, was sehr trügerisch ist, – entschlossen zu sein, eine Sache so durchzuführen, wie es gewöhnlich in der Welt geschieht. Wir kennen Menschen in der Welt, die nicht darüber nachdenken, was sie alles über andere Leute sagen. Sie sagen es oft mit flüsternder Stimme, wissend, daß die Person, der sie es berichten, es in fünf Minuten flüsternd irgendjemandem weitererzählen wird. Selbst wenn sie nicht sicher sind, ob das, was sie weitersagen, auf Wahrheit beruht, ist es „zu gut”, um für sich behalten zu werden. Sie wünschen solch eine „feine Sache” mit anderen zu teilen. Sie bewegen es für eine Weile wie ein süßes Bonbon unter ihrer Zunge, um sich dann zu beeilen, es vor anderen auszuspucken, damit sie helfen, es weiterzutragen. Das Böse brennt darauf, sich weiter zu verbreiten.

Nun, würde jemand sagen, es ist nicht falsch, etwas, was über jemanden auf Wahrheit beruht, weiter zu verbreiten. Doch, es wäre falsch! Aber wenn ich Herrn A. nicht mitteile, daß Frau B. mir die Bezahlung einer Rechnung noch schuldig ist, mag er ihr vertrauen. Ich muß es anderen mitteilen, weil sie sich verschulden könnten. Ich will nicht sehr viel sagen: Ich werde nur mit den Schultern zucken und den Kopf schütteln und sagen, du solltest besser vorsichtig sein, oder du wirst „gebissen”! Und wenn es ein Zehncentstück wäre, welches die Person schuldet, so wäre doch der Wert der Verletzung des Vertrauens sehr viel größer.

Haben wir Kenntnis von etwas, das wir mitteilen könnten, und es ist „schmerzhaft”, dies weiterzugeben? Wenn dies so ist, so sollten wir vor dem Herrn im Gebet erscheinen und ernsthaft danach trachten, der Aufforderung des Apostel Paulus zu folgen: „Alle Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und Lästerung sei von euch weggetan, samt aller Bosheit! Seid aber zueinander gütig, mitleidig und vergebt einander, so wie auch Gott in Christus euch vergeben hat!” – Epheser 4:31 und 32

Was für des Herrn Volk wichtig ist

Wir glauben, daß diese Sache, Böses zu reden, eine der Schwierigkeiten der Christen ist, – zu erkennen, wie und wann und wo wir Frieden halten sollten gegenüber dem Ruf von anderen. Wir wissen von einem Bruder, der im Gefängnis gewesen und entlassen worden ist. Er sagte, daß er froh war, heraus zu kommen. Danach gefragt, ob er irgend jemandem davon erzählt habe, daß er im Gefängnis gewesen ist, antwortete er mit „Ja”. Nun, der Rat ist, dies besser nicht noch einmal zu erzählen. Nur sehr wenige vom Volk Gottes würden ihm vertrauen, wenn sie es wüßten. Es ist sinnvoll, zu denen zu gehen, denen er dies mitgeteilt hat und sie darum zu bitten, daß sie es niemandem gegenüber erwähnen. Es ist ein Wesenszug unserer gefallenen Natur, diese Dinge zu verbreiten.

Böses reden definiert

Natürlich gibt es Menschen, die töricht handeln, die sowohl unvorteilhafte Dinge über sich als auch über andere weitererzählen würden. Aber die meisten Leute würden nicht willens sein, irgendetwas Herabsetzendes über sich selbst mitzuteilen, und wir sollten hier anhalten und nachdenken: Sollte ich irgendetwas Nachteiliges über irgendjemand weitersagen? Wenn die Umstände umgekehrt wären, wenn ich an seiner Stelle wäre und er an meiner, würde ich dann wünschen, ihm dies über mich mitzuteilen?

Aber wie würde es sein, wenn wir einen Menschen beobachten würden, der einem anderen in die Tasche greift? Dann würden wir uns völlig im Recht sehen, alle notwendigen Schritte zu unternehmen, ihn festzunehmen, weil wir denken würden, daß es sowohl das Allerbeste für jenen Menschen als auch für andere wäre. Wir würden denken, daß es richtig wäre, zu rufen: „Taschendieb!, Taschendieb!” und ihn festzunehmen.

Nach unserem Verständnis bedeutet Böses zu reden das Mitteilen von irgendetwas, das für den Anderen verletzend sein würde, in einer Weise und unter Umständen, die, wenn es uns persönlich betreffen würde, wir es als unfreundlich und verletzend empfinden würden. Stellen wir uns vor, wir haben gesichert von jemandem in Erfahrung gebracht, der unrechte Dinge tat, und wir haben ihm geschrieben und ihn darauf hingewiesen, daß, wenn er solch eine Richtung weiterhin einschlagen wird, es unsere Pflicht sein wird, in dieser Angelegenheit etwas zu unternehmen. Wenn er uns jedoch davon überzeugen kann, daß er seine Einstellung zu ändern beabsichtigt, wir nichts unternehmen würden. Auf diese Weise sind in vielen Fällen Personen davor bewahrt worden, anderen Böses anzutun, und es wurde denen erspart, die Sache, von denen sie und vielleicht niemand sonst in der Welt Kenntnis hatte, öffentlich zu machen.

Wir benötigen für solche Dinge die Hilfe „von Oben”. Und wir glauben, daß diese Haltung eine nötige Entwicklung des christlichen Charakters darstellt. Wenn wir wirklich das Gute für unseren Nächsten wünschen, und das Gute für uns selbst, wenn wir wünschen, so ehrenhaft mit ihm umzugehen, wie wir dies von ihm im Umgang mit uns wünschen, dann müssen wir dem Sprichwort folgen: „Was du nicht willst das man dir tu‘, das füg‘ auch keinem andern zu.”

Viel böses Reden würde vermieden, wenn wir uns dessen erinnern würden, was die folgenden Worte auszudrücken suchen, die wir in einer weltlichen Zeitschrift fanden. Die Empfindung ist heilsam und der Schrift entsprechend.

„Tu‘ alles Gute, das du kannst,
Mit allen Mitteln, die du hast,
Auf jede Weise, wie du kannst,
An allen Orten, wo du kannst,
Zu aller Zeit, die du kannst,
So lange, wie du kannst.”

Paulus umreißt den gleichen Gedanken mit den kurzgefaßten biblischen Worten: „Laßt uns also nun, wie wir Gelegenheit haben, allen gegenüber das Gute wirken!” – Galater 6:10