Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Das Hochzeitsfest (Matthäus 22:1-14)

Lesedauer: 12 Minuten

„Jerusalem, Jerusalem, die da tötet die Propheten und steinigt, die zu ihr gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Brut unter die Flügel, und ihr habt nicht gewollt!” – Lukas 13:34

Hier haben wir ein weiteres Gleichnis über das Reich Gottes vor uns. Es ist eine Lektion darüber, daß Gottes Verheißungen und Seine Vorsorge für Israel unter dem Gesetzesbund alle darauf gerichtet sind, die Israeliten zu rüsten und vorzubereiten, damit sie Gottes heiliges Volk werden, und besonders, damit beim Kommen Christi eine genügende Anzahl vorhanden ist, daß die auserwählte Kirche, die Miterben des Messias in seinem Reich, eine Braut, vorhanden ist. Das Gleichnis offenbart, daß nur wenige von ihnen aufrichtige und „wahre Israeliten” waren- zu wenige, um die Königreichsklasse zu bilden. Deshalb erging der Ruf des Evangelium-Zeitalters, durch den aus den Nationen eine ausreichende Anzahl untadelige Charaktere ausgewählt werden, um mit dem jüdischen Überrest Miterben im Reich des Messias zu werden.

Dieses Reich, auch Reich Gottes genannt, wird kein irdisches, sondern ein himmlisches Reich sein, dessen Regent, der verherrlichte Christus, auch kein irdischer, sondern ein himmlischer König der höchsten Daseinsstufe, der göttlichen Natur, sein wird. Dieses Königreich, das Gott und die himmlische Herrschaft oder Regierung repräsentiert, wird zur Austilgung der Sünde unter den Menschen errichtet. Sein erstes Werk wird das Binden Satans sein, des Fürsten dieser Welt. Danach werden alle Akteure der Finsternis beseitigt. Dieses Umstürzen wird zunächst eine große Drangsalszeit mit sich bringen. So wie dann die Herrschaft der Gerechtigkeit zunimmt, wird danach der Fluch in jeder Form den Segnungen des Messianischen Reiches weichen, bis er gänzlich hinweggetan sein wird, genauso wie alles Seufzen, Weinen und Sterben.

Bevor aber dieses himmlische Reich aufgerichtet wird, erfüllt sich ein Teil des göttlichen Plans und Seiner Anordnungen, daß nämlich aus den Menschen eine Brautklasse gefunden wird. Damit sind die Geistgezeugten und Gottes Helfer gemeint, in denen Er wirkt durch die außerordentlich großen und kostbaren Verheißungen der Schrift und durch Seine Einflußnahme. So werden sie in ihrem Denken umgewandelt und zubereitet für ihre Auferweckung als Neugeborene, in der sie verwandelt werden „in einem Nu, in einem Augenblick” aus der irdischen zur geistigen Natur. Dergestalt werden sie in die Freuden ihres Herrn eingehen und seine Miterben, seine Brautklasse in seinem Reich sein.

Bedeutung des Gleichnisses

Auf die Bildung dieser Klasse wartet die Welt seit Jesu Tagen, als er durch seinen Tod einen neuen Weg zum Leben eröffnet hat und der Fürsprecher vor dem Vater wurde für all die Menschen, die den Wunsch haben, seine Jünger, seine Miterben, seine Braut zu werden.

Unsere Ausführungen betreffen das Projekt „Königreich” zur Zeit des Wirkens unseres Herrn auf der Erde. „Er kam in das Seinige, und die Seinigen nahmen ihn nicht an; so viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden.” – Johannes 1:11 und 12

Jahwe selbst ist der König, der für Seinen Sohn ein Hochzeitsfest ausgerichtet hat und vor Grundlegung der Welt geplant hat, daß Christus in Seinem Reich Miterben zugesellt werden. Diese Hochzeit konnte natürlich erst stattfinden, als der Sohn des Königs in die Welt gekommen war und für seine Nachfolger und für sein Reich, dessen König er sein sollte, die Bahn freigemacht hatte.

Zur gegebenen Zeit sandte Gott Seine Diener und ließ die Geladenen zur Hochzeit bitten; sie aber wollten nicht kommen. Johannes der Täufer und seine Jünger leisteten Vorarbeit und machten das jüdische Volk darauf aufmerksam, daß der Sohn des Königs in ihrer Mitte war. Er sagte. „… mitten unter euch steht, den ihr nicht kennt.” – Johannes 1:26 Und er sagte auch: „Der die Braut hat, ist der Bräutigam; der Freund des Bräutigams aber, der da steht und ihn hört, ist hoch erfreut über die Stimme des Bräutigams; diese meine Freude ist nun erfüllt.” – Johannes 3:29 Johannes freute sich, die Stimme des Bräutigams zu hören. Vorausschauend sagte er, daß die Berufung der Brautklasse da war, wenngleich er selbst kein Mitglied dieser Klasse sein konnte.

Die Botschaft nicht ernst genommen

Dann wurden nochmal andere Diener ausgesandt. Jesus schickte seine Helfer zu den Juden und ließ sagen: „Saget den Geladenen: Siehe, mein Mahl habe ich bereitet, meine Ochsen und mein Mastvieh sind geschlachtet, und alles ist bereit; kommt zur Hochzeit.” – Matthäus 22:4

Wurde aber die Botschaft von Jesus und seinen Jüngern angenommen? Nein! Unter der Führung der Schriftgelehrten und Pharisäer, der Theologen jener Zeit, bagatellisierte das Volk die Mitteilung und setzte einfach seinen Weg fort, der eine auf seinem Bauernhof, der andere in seinen Handelsgeschäften, und sie sagten: Wir glauben nicht an die Botschaft vom Königreich. Manche benahmen sich noch schlimmer. Sie bedrängten bösartig und gehässig jene Knechte und brachten sie um.

Diese Ungläubigen, die zum Fest eingeladen worden waren, ermordeten nicht nur Jesus selbst, sondern auch seine treuen Nachfolger wurden mißhandelt und getötet.

Schließlich erzürnte Jahwe über dieses Volk Israel, wie wir aus einem anderen Gleichnis sehen; er sandte seine Heerscharen, vernichtete jene Mörder und zerstörte ihre Stadt. Bekanntlich war es die römische Streitmacht unter Titus, die im Jahr 70 n. Chr., die dieses nicht schlechter ausführte als Jahwes Armee, denn Gott kann den Zorn der Menschen zu Seinem Ruhm verwenden, und Er wird zu Seinem Botschafter oder Diener einsetzen, wen Er will.

Nationen zur Hochzeit berufen

Inzwischen sagte Gott zu Seinen Dienern, den Aposteln und durch sie zu anderen: Die Hochzeit ist vorbereitet, aber das jüdische Volk, das ausdrücklich eingeladen war, hat sich als der Ehre nicht würdig erwiesen. Geht daher an die Straßen und bittet zum Hochzeitsfest, wen immer ihr da findet. Da gingen die Knechte an die Straßen und sammelten so viele sie fanden ein und brachten sie herbei. Auf diese Weise war das Fest voll mit Gästen.

Straßen stehen für viele Menschen im öffentlichen Raum für die ganze Welt. Die Gesandten des Herrn sollten sich nicht mehr auf die Juden beschränken, sondern sollten jedermann, gleichgültig aus welchem Volk, welcher Herkunft und Sprache, darüber belehren, daß Gott jetzt eine kleine Schar aus der Welt herausruft, die die Gerechtigkeit liebt, und die Nachfolger des Lammes werden soll und bei Erfüllung der Voraussetzungen Miterbe des Erlösers in Seinem Reich. Dabei ist festzuhalten, daß diese Gesandten nicht alle Leute auf den Straßen mitnehmen sollten, sondern nur alle, die sie in der Öffentlichkeit antrafen, denen sie das große Vorrecht der offenen Tür zum Hochzeitsfest eindringlich nahebringen sollten.

Diese Leute waren nicht alle fromm und gut; manche waren schlecht. Die Apostel erklären das und sagen, daß Gott nicht viele bedeutende, nicht viele reiche Leute ausgewählt hat, auch nicht viele edle, sondern hauptsächlich die armen Leute und die sehr Mittelmäßigen dieser Welt. Die Apostel sprechen, bezogen auf unser Thema, von dem Personenkreis, den der Herr in der Welt sucht. Gleichgültig wie armselig, wie gleichgültig wie unbedeutend, gleichgültig wie von Haus aus unwürdig – wer bereit ist, die Gnade Gottes anzunehmen, der wird für die Hochzeit passend gemacht durch das ihm übergestreifte Hochzeitskleid, die Gerechtigkeit Christi.

Wie vornehm oder würdig auch viele von Natur aus sind, so sind sie doch nicht gerüstet für die Gegenwart des Königs. Wer am Fest teilnimmt, muß das Hochzeitskleid tragen, das heißt, er muß mit dem Verdienst von Christi Gerechtigkeit bedeckt sein. So ist kein Mangel an Hochzeitsgästen, alle die der König vorgesehen hatte, und alle Plätze sind besetzt. So und auch mit anderen Beispielen zeigt der Herr, daß die Anzahl der Auserwählten feststeht, und daß bei Erreichen dieser Zahl der Ruf aufhören wird.

Das Kontrollieren der Gäste

Dem ohne Zweifel durch göttliche Vorsehung eingerichteten Brauch zufolge legte jeder Hochzeitsgast ein weißes Hochzeitsgewand an, das seine eigene Kleidung bedeckte. So waren alle Anwesenden auf gleichem Fuß hinsichtlich ihrer Würde, denn alle waren Gäste des Gastgebers. So werden alle, die zu dem durch Christus ermöglichten großen Fest kommen, dies nicht durch irgendwelche persönliche Ehrenhaftigkeit im Fleisch erreichen, sondern durch das Bewußtsein, daß ihnen ein großer Mangel an Verdienst anhaftet, um Gott annehmbar zu sein. Und alle müssen das Verdienst Christi anerkennen, das sie der Ehre wert macht, die sie durch ihr Annehmen der Einladung anstreben.

Jeder Gast wurde beim Betreten des Hauses mit dem Oberkleid versorgt, das er sogleich anlegen sollte, denn jeder ohne dieses Hochzeitskleid hätte sich als respektlos dem Gastgeber gegenüber ausgewiesen, der das Kleid bereitgestellt hatte. In der Tat, wer beim Hochzeitsfest ohne das weiße Gewand erschienen wäre, bei dem müßte man denken, er habe es ausgezogen, denn ohne es hätte niemand eintreten dürfen. Dieses Bild vermittelt uns das Gleichnis. Dort wurde nämlich ein Gast vorgefunden, der das Hochzeitskleid nicht anhatte, jemand also, der unter Geringschätzung des Hausherrn sein Überkleid ausgezogen haben mußte, und der damit gegen die Bedingung für seine Anwesenheit verstieß.

Die Worte „als der König hereinkam” sagen aus, daß dem Fest eine Kontrolle vorausging. Da der König im Gleichnis Jahwe selbst ist, würde das bedeuten, daß Gott durch die Anwendung der göttlichen Gerechtigkeit in gewisser Weise bei jedem einzelnen zur Kenntnis nimmt, ob jener etwa nur Loyalität bekundet und doch das Verdienst von Christi Tod mißachtet. In diesem Fall kann auch der Text so verstanden werden, daß Christus der König ist, denn bei seinem Kommen wird er vom Himmlischen Vater inthronisiert mit königlicher Autorität und Macht, wie es unser Herr selbst darstellt in den Gleichnissen von den Pfunden und den Talenten. Nach seinen Worten wird er bei seinem zweiten Kommen all jene kontrollieren, die sich als seine Diener ausgeben, alle die das Hochzeitsfest feiern wollen.

In dem Mann, der ohne Hochzeitskleid in der Gegenwart des Königs aufgefunden wurde, können wir einen Vertreter einer Klasse sehen und nicht nur eine Einzelperson. Und wir werden diese Art Klasse auch heute antreffen, nämlich Leute, die bekunden, Nachfolger Christi zu sein, die auch angeben, daß sie auf die Hochzeit des Lammes warten, und die auch hoffen in die Freuden ihres Herrn einzugehen, die uns aber sagen, daß sie nicht mehr an das Verdienst von Christi Opfer für ihre Beziehung zum Vater vertrauen. Diese Leute haben Jesus als ihren Heiland, als ihren Erlöser, als den Versöhner für ihre Sünden abgelehnt. Sie akzeptieren ihn nur als ihren Lehrer und übernehmen zudem offensichtlich nur einen Teil seiner Lehren.

Sie sind erkennbar ungeeignet, Glieder der Braut Christi zu sein, denn dieser Personenkreis der Braut umfaßt nur die Loyalen, nur die Treuen. Das Gleichnis zeigt, daß all diejenigen, die das Verdienst von Christi Opfer ablehnen, von der Königreichsklasse ausgeschlossen werden. Sie können nicht sagen, wie sie, ohne das „Hochzeitskleid” zunächst übergestreift zu haben, hineingekommen sind; ohne Kleid gewiß nicht. Niemals konnte jemand in die Gemeinschaft des Geistes in der Kirche, die die Braut Christi ist, eintreten, ohne zuerst das Hochzeitskleid von Christi Verdienst, das seine Unvollkommenheit zudeckt, angelegt zu haben. Man wird also davon ausgehen, daß sie ihr Hochzeitskleid ausgezogen haben. Diese Gäste werden ohne Ausnahme hinausgeworfen. Der König sagte zu den Dienern: „Bindet ihm Füße und Hände, nehmet ihn und werfet ihn hinaus in die äußere Finsternis; da wird sein das Heulen und das Zähneknirschen.”

Die äußere Finsternis

Als unsere Gedanken voll waren von wirren Vorstellungen von den dunklen Zeitaltern, haben wir in diese und andere Schriftstellen Dinge hineingelesen, die sie nicht enthalten. Wir haben angenommen, daß die durch jenen Mann dargestellte Klasse in die ewige Qual geworfen würde, wo sie in alle Ewigkeit leiden würde. Wenn wir aber nun die Schriftstelle genauer untersuchen, sehen wir, daß alle diese Hochzeitsgäste aus der Finsternis der Welt außen ins Licht des Hochzeitssaales gekommen sind. So bedeutet das Hinauswerfen eines Gastes nur, ihm das Wissen und die durch das Licht das Raumes versinnbildliche Freude wegzunehmen.

Was die Welt außen anbelangt, so wissen wir, daß Apostel Johannes sagt, daß die ganze Welt „in dem Bösen”, in Finsternis liegt. Wir wissen auch, daß, sobald die Brautklasse vollständig ist, eine schlimme Zeit der Drangsal die Welt für die späteren Segnungen des Messianischen Reiches vorbereiten wird. In dieser Drangsal wird bei allen in der Finsternis Befindlichen Weinen und Zähneknirschen sein, sowie Unzufriedenheit, Angst, Enttäuschung und Ähnliches, und daß viele ihrer auf schwankender Grundlage basierenden Hoffnungen und Erwartungen zunichte werden.

Unser Herr schloß das Gleichnis mit den Worten: „Denn viele sind Berufene, wenige aber Auserwählte.” Das bedeutet nicht, wie wir früher geglaubt haben, daß nur eine kleine auserwählte Schar Gnade von Gott in der Zukunft erfahren wird und die übrige Menschheit ewig gequält wird. Wir müssen beim Lesen den Zusammenhang berücksichtigen. Das jüdische Volk war zur Hochzeit gerufen oder eingeladen, und es hat versagt, mit Ausnahme der wenigen „wahren Israeliten”. Viele Jahrhunderte lang ist die Botschaft auf den Straßen verkündet worden, zu einem Heidenvolk nach dem andern, bis viele den Ruf des Evangelium-Zeitalters deutlicher oder weniger deutlich gehört haben. Doch nur wenige haben ihn angenommen und sind daher in den Stand von Auserwählten gekommen. Und unter denen, die den Zustand des Auserwähltseins erreicht haben, gibt es immer noch eine Klasse, die die Gunst nicht richtig zu schätzen weiß; sie wird hinausgeworfen oder zurückgewiesen.

An anderer Stelle machte der Herr auf den Gegenstand aufmerksam, als er sagte: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde, denn es hat eurem Vater wohlgefallen, euch das Reich zu geben.” – Lukas 12:32 Die Kleine Herde, bestehend aus Juden und Leuten aus den Nationen, wird durch ihre Treue Gottes auserwähltes Volk werden, Seine Kirche, die Braut Christi. Dieser Personenkreis wird später zusammen mit ihrem Herrn Gottes ausführendes Organ sein, um auch alle Nicht-Auserwählten mit den herrlichen Dingen der Wiederherstellung zu segnen, und zwar mit allen Segnungen und guten Dingen, die durch Adams Ungehorsam und Fall verloren gegangen sind. „Wenn ihr aber Christi seid, so seid ihr dann Abrahams Same und nach Verheißung Erben.” – Galater 3:29