Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

In die Wüste getrieben

Lesedauer: 10 Minuten

Markus 1:9 – 11 und Matthäus 4:1 – 11

„Denn worin er selbst gelitten hat, als er versucht wurde, vermag er denen zu helfen, die versucht wurden.”

Hebräer 2:11

Unsere heutige Betrachtung ist eine höchst interessante. Sie weist auf die Zeit hin, da Jesus das Alter von 30 Jahren erreichte und sich folglich Gott als das Sündopfer der Welt ohne Fehl darstellen durfte. Der Apostel Paulus zitierte die Worte des Propheten als auf ihn anwendbar: „Siehe, ich komme, um deinen Willen, oh Gott, zu tun”, wie es in der Rolle des Buches von mir geschrieben steht. Ich stelle mich jetzt dar, um das Gegenbild, der Erfüller jeder Weissagung zu werden, welche die göttliche Weisheit hat berichten lassen, und das Gegenbild von jedem Teil des Gesetzes, der sich auf mich bezieht.

Dort wurde der Erlöser das gegenbildliche Passahlamm, der gegenbildliche Stier des Sündopfers vom Versöhnungstage. Dort gab er sein Leben hin, um des Vaters Willen zu tun; dort starb er als der Mensch Jesus; dort wurde er als der gegenbildliche Stier getötet; Dort wurde er vom Heiligen Geist gezeugt, und wurde der gegenbildliche Priester – der Opferer. Während der folgenden dreieinhalb Jahre seines Amtes führte er diese Weihung aus und vollendete sie auf Golgatha, als er rief: „Es ist vollbracht!”

Vom Geist getrieben – in Versuchung

Als Jesus die Zeugung des Heiligen Geistes bei seiner Taufe empfing, war es die Zeugung zur göttlichen Natur, und dadurch kam große Erleuchtung in seinen Geist, wie die Worte sagen: „Er sah die Himmel sich öffnen.” Von da an konnte er Gottes Einrichtungen und Absichten in Bezug auf ihn so klar erkennen, wie es ihm vor seiner Weihung nicht möglich war. Und so ist es mit allen, die in seinen Schritten nachfolgen. Die tiefen Dinge Gottes werden ihnen nach und nach in dem Maße geoffenbart, in dem sie dazu fähig sind, sie aufzunehmen – aber nie früher, als bis sie dem Herrn ihr Weihegelübde gemacht haben. Für seine Nachfolger, wie für ihn, kommt die Prüfung oder Versuchung der Treue besonders nach der Weihung, mehr als vorher: Daher die Bedeutung der Vorschrift Jesu: Setze dich zuvor nieder und berechne die Kosten, ob du das Nötige zur Ausführung hast. – Lukas 14:28 – 33
Der Vater gibt auch uns, wie unserem Heiland, eine klarere Einsicht in unsere Prüfungen und Verantwortlichkeiten, und ebenso eine klarere Erkenntnis der Herrlichkeit, welche für die Gläubigen folgen sollen. Für Jesus war das Öffnen der Himmel – die Erleuchtung seines Geistes in Bezug auf Gottes Plan – eine viel wundervollere Sache, als sie es für uns ist, denn mit der Vollkommenheit seines Verstandes und Herzens war er dazu imstande, in einem Augenblick die Länge und Breite und Höhe und Tiefe seines Unternehmens in einer Weise zu erkennen, wie es bei uns nach Jahren des Fortschritts und des Studiums nur teilweise der Fall ist. Der Meister erkannte sofort die volle Bedeutung der Opfer des Versöhnungstages, des getöteten Passahlammes, der Weissagungen, die von ihm redeten, daß er wie ein Lamm zur Schlachtung geführt werden müsse, und des Vorbildes, das ihn als das Gegenbild der ehernen Schlange darstellte, erhöht zur Heiligung des Geschlechtes Adams, das von der Sünde gebissen ist.

Als diese Gedanken anfingen, des Heilands Geist zu erfüllen, wurde er zunächst vom Geist (seinem eigenen Geist oder Sinn) getrieben, eine Weile in die Einsamkeit zu gehen und von Neuem die volle Bedeutung des Gesetzes und der Propheten und seine eigenen Verpflichtungen nach dem Bunde, welchen er soeben eingegangen war, zu studieren. Vierzig Tage und Nächte ließ ihn sein intensiver Ernst beinahe alles andere vergessen. Es scheint, daß er weder aß noch schlief, bis die vierzig Tag um waren; dann „hungerte ihn”. Dann war es, daß der Widersacher als Versucher erschien – in dem Augenblick seiner körperlichen Schwäche, als Resultat des Fastens – in dem Augenblick, in dem seine Seele überwältigt war von der Erkenntnis der Bedeutung des großen Vertrages, den er geschlossen hatte, und was es ihn kosten würde, seine Bedingungen zu erfüllen. Es war die schwerste Prüfung, die sich denken läßt. Würde der Erlöser Gott treu bleiben – dem göttlichen Plan und seinem Bund der Weihung, bis in den Tod? Oder würde er empfinden, daß der Vater einen zu bitteren Kelch für ihn bereitet hatte – daß Gott die Prüfungen der Treue und des Gehorsams zu schwer gemacht hatte, und daß es weder gerecht noch liebevoll gewesen sei, ihn einen solchen Vertrag eingehen zu lassen?

Wie froh sind wir, die Treue zu sehen, die über jede Versuchung triumphierte! Mit den Engeln rufen wir aus: „Würdig ist das Lamm, das geschlachtet worden!” Nicht nur in dem Sinne, daß er seinen Willen weihte, sondern daß er seine völlige Unterwerfung und Erstorbenheit, nach dem Fleische, bewahrte, treu selbst bis zu Golgatha und dem Tod am Kreuze. Ihm sei Herrlichkeit, Ehre, Herrschaft und Macht in Ewigkeit!

Verflucht gleich wie wir

Der Heiland wurde weder durch die Gewohnheiten eines Trunkenboldes versucht, noch durch die Schwächen der Schwelger und Wüstlinge, noch sind das Versuchungen, die uns, seinen Nachfolgern nahetreten. Wir müssen bedenken, daß die Schrift zwischen uns und der Welt klar unterscheidet: „Ihr seid nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin.” „Verflucht, gleich wie wir”, bedeutet daher, daß die Versuchungen und Prüfungen, die Jahwe über Sein geweihtes Volk kommen läßt, von derselben Art sind, wie Er sie über unseren Erlöser kommen ließ.

Es ist daher wichtig, daß wir den Charakter unserer Prüfungen beachten. Gott prüft uns nicht, um zu sehen, ob unser Fleisch vollkommen ist oder nicht, denn Er weiß von jeher, daß unter den Menschen kein Gerechter ist, auch nicht einer. Des Vaters Prüfungen für die, welche Er als Söhne annimmt, sind Prüfungen der Treue für Ihn, Treue für die Prinzipien der Gerechtigkeit, Treue für die Wahrheit, Treue für Gottes Methoden – eine Weigerung, um unseren eigenen Weg zu gehen oder unsere eigene Ehre oder unsere Bequemlichkeit zu suchen auf Kosten der Wahrheit oder der göttlichen Methode.

Die drei Versuchungen Jesu

Als der Meister am Ende der vierzig Tage des Bibelstudiums vom Fasten schwach war, erschien der Widersacher – nicht als ein Feind und Teufel der Finsternis, sondern als ein Freund, „als ein Engel des Lichts”. – 2. Korinther 11:13 – 15 Er zeigte Interesse für des Heilands Wohlergehen und auch Interesse für sein Werk und sagte: Du bist hungrig, Mensch, und das ganz unnötigerweise. Weißt du nicht, daß die heilige Kraft, die vor vierzig Tagen auf dich kam, mehr als ausreichend ist für alle deine Bedürfnisse? Weißt du nicht, daß du jetzt sogar diesen Steinen befehlen kannst, daß sie Brot werden, und darum nicht nötig hast, hungrig zu sein? Mach’ das, bitte, sogleich, ehe wir eine Unterredung haben, denn ich habe ein großes Interesse an dir. Ich kenne dich sehr gut aus langer Vorzeit, als wir in Gemeinschaft waren, vor meinem Fall.

Aber Jesus antwortete: Die Kraft, die ich erhalten habe, soll ich nicht dazu verwenden, um meinem eigenen Fleische zu dienen. Ich habe sie vielmehr erhalten, weil ich mein Fleisch dem Tode geweiht habe. Die göttliche Kraft, die ich besitze, darf ich in jeder Weise zu des Vaters Verherrlichung gebrauchen, aber nicht zur Selbstbefriedigung, wie berechtigt diese auch scheinen mag. Außerdem ist mein ewiges Leben nicht vom Brot abhängig, noch von der Erhaltung dieses physischen Leibes! Vielmehr ist meine Hoffnung auf Gott und auf Seine Verheißung gegründet, daß, wenn ich treu bin in dem Gebrauch dieser heiligen Kraft, die Er mir gegeben hat – treu meiner Weihung in den Tod -, Er mir eine Krone des Lebens geben will – Herrlichkeit, Ehre, Unsterblichkeit.

Als diese Versuchung fehlschlug, versuchte Satan eine andere. Wir nehmen an, daß er unseren Herrn im Geiste nach Jerusalem und zum Tempel führte und sagte: Wenn du auf die Zinne des Tempels steigen und dich herabstürzen würdest, so würde es ein Beweis für das Volk sein, daß du der Sohn Gottes bist, und es würde die schnellste Methode sein, sie von deiner Mission zu überzeugen und ihre Anhänglichkeit und Ergebenheit zu gewinnen und sie zu deinen Jüngern zu machen und so deine Mission zu erfüllen. Ich will dir die Weissagung nennen zum Beweis, daß das Gottes Absicht für dich war: „Er wird seinen Engeln über die befehlen, … auf den Händen werden sie dich tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.” – Psalm 91:12 Aber Jesus lehnte auch diesen Vorschlag ab.

Wenn er von einem zornigen Pöbel von der Zinne heruntergestürzt worden wäre, ehe seine Zeit gekommen war, so hätte des Vaters Macht sicherlich eingegriffen, daß er nicht verletzt worden wäre; aber freiwillig die Naturgesetze übertreten, und Gottes Schutz vor den natürlichen Folgen seines eigenen Tuns erwarten, hieße Gott versuchen; das wollte Jesus nicht tun.

Auch die dritte Versuchung war eine geistige Darstellung. Ein hoher Berg, als Symbol, ist ein großes Königreich. Von keinem Berge der Welt aus könnten alle Königreiche der Welt gesehen werden, denn die Erde ist rund; aber Satan führte Jesu sein eigenes Königreich vor Augen. Satan sagte: Du erkennst natürlich, daß ich der Fürst dieser Welt bin, daß ich der Gott dieser Welt bin, und daß ich jetzt tatsächlich durch Unwissenheit und Aberglauben die Herrschaft über die Massen habe. Ich will dir einen Vorschlag machen. Ich bekenne, daß ich meiner in die Welt gebrachte Herrschaft der Sünde und des Todes müde bin. Ich würde lieber das Königreich mit dir teilen und es aufgerichtet und gesegnet sehen. Mit anderen Worten, ich schlage dir ein Bündnis vor – wir verbinden uns, um die Menschheit aus dem Zustand der Sünde und des Todes herauszubringen. Was meinst du dazu? Ich auf geistiger Stufe und du auf menschlicher Stufe werden vollständig die Herren der Situation sein, denn du siehst, daß ich die Macht in Händen habe und die Sache mit Leichtigkeit zu unseren Gunsten wenden kann. Und so wird die Welt bald gesegnet werden. So wirst du die glorreiche Verwirklichung deiner Hoffnungen erlangen, und das ohne die schrecklichen Prüfungen, Leiden, Erfahrungen usw., welche du jetzt voraussiehst, wenn du Gottes Anordnungen folgst, wie die Weissagungen sie aussprechen. Komm, wir wollen uns verbinden und zusammen wirken. Ich werde die Dinge schnell in deine Bahn leiten; der Sieg wird mit der Stunde unseres Bündnisses beginnen!

Unser Herr wehrte sich dagegen, auch nur einen Augenblick daran zu denken, daß er die himmlische Herrlichkeit verlassen hatte, um des Vaters Willen zu tun, und nun aus Furcht vor dem Kreuz und der Schande und dem Tode zum Verräter an seinem Bunde werden sollte, um in eine Verbindung mit dem großen Erzfeind der Gerechtigkeit einzutreten – mit Satan. Er antwortete: „Gehe hinweg, Satan! Denn es steht geschrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen. Ich will dir in keinem Sinne des Wortes dienen, noch mit dir gemeinsam handeln.” Dann verläßt ihn der Teufel. Soweit wir wissen, hielt Satan es nicht der Mühe wert, einen weiteren Angriff auf den Heiland zu unternehmen. Dann traten nach Gottes Einrichtung Engel zu dem hungernden Überwinder und dienten ihm – stärkten ihn, belebten ihn.

Des Herrn Nachfolger sollten beachten, daß es dieselben Versuchungen sind, mit denen der Widersacher sie angreift:

  1. Er will ihr Freund und Helfer sein und will sie dahin bringen, daß sie ihren Bund des Opferns verletzen durch Bitten um körperliche Heilung, leibliche Segnungen, die sie eingewilligt haben zu opfern.
  2. Er möchte ihnen einen wilden, törichten Weg eingeben, um die Welt durch große Heldentaten oder Gebetsproben für Gott zu gewinnen.
  3. Er möchte, daß sie einen Kompromiß mit der Welt und ihrem Geist und ihren Methoden eingehen, durch Kirchenvereinigungen und auf andere Weise.

Wir sollen dem Widersacher mutig widerstehen, damit er uns dauerhaft verläßt, weil er keine Hoffnung sieht, uns zu gewinnen.