„Simon, Simon! Siehe, der Satan hat euer begehrt, euch zu sichten wie den Weizen. Ich aber habe für dich gebetet, daß dein Glaube nicht aufhört.”
Lukas 12:31 und 32
Als sich die Zeit des Passah näherte, sagte unser Herr nicht nur „Meine Seele ist sehr betrübt, bis zum Tod” und brachte sein Flehen „mit starkem Geschrei und Tränen dem dar, der ihn aus dem Tod retten kann”, sondern er zeigte zusätzlich eine große Fürsorglichkeit für seine lieben Nachfolger und versuchte in ihnen ein besonderes Verständnis der Stunde der Versuchung wachzurütteln, in die sie eintraten, indem er sagte: „Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt!” Dies war nicht nur die Zeit höchster Versuchung unseres Herrn in seinen irdischen Erfahrungen, sondern auch die höchster Versuchung für seine Apostel und besonders für Judas und Petrus. Beide waren herausragend unter den Aposteln, der eine als Kassenwart und Einkäufer der kleinen Gruppe und der andere als ein besonders kühner Verfechter der Sache des Herrn, als Sprecher der Zwölf, der ihren Glauben an Jesus als ihren Messias verkündet und der öffentlich erklärt hatte, daß wenngleich alle den Herrn verlassen würden, er dies nicht tun würde. Vom menschlichen Standpunkt betrachtet hätte vermutet werden können, daß irgendeine Versuchung, die über jene dreizehn Personen kommen sollte, über die schwächeren und weniger Hervorragenden kommen würde, und nicht über die drei Prominentesten von ihnen.
Drei wurden versucht – mit unterschiedlichen Ergebnissen
Wir können aus dem Lauf der drei, die auf besondere Weise versucht wurden, manche wertvolle Lehre ableiten. Unseres Herrn Weg war der richtige, Demut, Ehrfurcht, eine Wertschätzung hinsichtlich der Prüfungen zu zeigen, die zur Wachsamkeit und zum Gebet führten. Er durchlebte sie und ging aus den Prüfungen in jeder Weise stärker hervor. Und an dem Tag seiner öffentlichen Anklage vor den Priestern und Pilatus, als er vor der Menge gekreuzigt wurde, war er der Ruhigste unter den Ruhigen, denn Gott hatte ihn gestärkt. Er ist unser Musterbeispiel, denn auch unser Lauf sollte ein ähnlicher sein, Gefahren nicht zu verleugnen, nicht prahlerisch von unserem Mut und unserer Kraft zu reden, sondern sich auf den Arm des Herrn zu lehnen und durch Seine Gnade als Überwinder hervorzugehen.
Wir erinnern uns gut an den Fall des Petrus, der ein guter Mensch mit einem festen Charakter war, aber seine Gefahr nicht erkannte. Daher war er nicht auf die Verführungskünste des Satans vorbereitet, durch die er ihn in eine so schwierige Situation brachte, daß ihn sein gerühmter Mut verließ, seine erwünschte Stärke des Charakters verschwand, und er seinen Herrn sogar mit einer Selbst-Verfluchung und einem Schwur verriet. Was für eine Lektion menschlicher Schwäche zeigt sich uns hier – und wie wir überrollt und verstrickt werden können von den Listen des Teufels. Wie sehr benötigt ein jeder von uns zu wachen und zu beten, auf daß wir nicht in Versuchung geraten – damit wir der Versuchung nicht erliegen. Wie sehr sollten wir uns ein jeder an das Gebet des Herrn erinnern, „Verlaß uns nicht in der Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen”.
Es war eine verhängnisvolle Zeit für Judas. Wenn der Widersacher den von Herzen treuen Petrus beeinflussen, betrügen und fehlleiten konnte, weil er im Wachen und Beten nicht auf der Hut war, was können wir dann erwarten, was er bei Judas zu bewirken imstande war, dessen Herz nicht rechtens war, der selbstsüchtig seinen Vorteil suchend, ehrgeizig und habgierig war? Wir dürfen uns nicht wundern, daß Satans Sieg über Judas schon bald vollständig war – der schnell in die Falle des Widersachers ging und sein Herz und seine Energie zum Verrat seines Meisters benutzte – für dreißig Silberstücke. Sein Fall war sehr unterschiedlich von dem des Petrus, der loyal und treu, aber für einen Augenblick lang verwirrt, nicht wachsam und furchtsam war. Die Beweggründe dieser zwei Menschen sind sehr unterschiedlich, denn obwohl die Gefahr die gleiche war, zeigten ihre Herzen einen unterschiedlichem Zustand.
„Gebt acht auf euch selbst”
Ist es nicht auch so bei den Nachfolgern des Herrn? Ist dies nicht das Geheimnis der unterschiedlichen Resultate bei Versuchungen, wie sie sicherlich über einen jeden von uns kommen? Die Judas-Klasse von heute sind immer solche, die, wenn Versuchung kommt, sich ihr zuwenden, sie in Betracht ziehen und dem Geist des Ehrgeizes oder sonst falscher Verlockung anheimfallen und davon verschlungen werden. Und auch die Petrus-Klasse ist seitdem unter uns. Und auch heute können diejenigen, die von Herzen aufrichtig aber zeitweise nicht genug wachsam und im Gebet auf der Hut gegen die Verlockungen des Widersachers sind, von einem Augenblick überrascht werden, in welchem sie nicht nur gegenüber dem Herrn einen Mangel an Respekt vermissen lassen können, sondern auch auf ihre eigenen Herzen und ihr Gewissen achtzugeben. Der Unterschied zwischen diesen zwei Klassen ist der des Herzenszustandes. Die der Petrus-Klasse tun Dinge, die sie nicht zu tun wünschen, oder sie unterlassen es, jene Dinge zu tun, die sie wirklich tun möchten. Ihre Schwierigkeit liegt offensichtlich an der Schwäche ihres Fleisches, der Macht des Widersachers, und daß sie sich nicht auf die Hilfe verlassen, den Beistand, den der Herr ihnen für die Zeit ihrer Not verheißen hat.
Die Judas-Klasse kennzeichnet solche, die in ihrem Herzen nicht loyal sondern selbstsüchtig sind, und die von Herzen in das Schema des Widersachers eintreten. Ihren falschen Weg verfolgen sie nicht im Gegensatz zu ihrem eigenen Willen, sondern in Übereinstimmung mit demselben. Aus Gottes Sicht ist der Unterschied darin zu sehen, daß während beide, sowohl Petrus wie auch Judas, bereuten, der eine in die göttliche Gunst wieder angenommen wurde, der andere jedoch nicht. Derjenige, der nur verstrickt wurde, aber von Herzen nicht untreu war, wurde wiederhergestellt und gesegnet. Der andere, Judas, der nicht gewissenlos war, wie seine später geäußerte Reue zeigt, der aber ohne echte Loyalität des Herzens war, die in der Sicht des Herrn notwendig ist, war in Anbetracht seiner intimen Bekanntschaft mit dem Herrn unentschuldbar.
Unseres Herrn Worte in unserem Leittext versichern uns, daß wegen des Unterschieds in den Herzen der zwei Menschen, er nur der Fürsprecher des Einen von beiden vor dem Vater sein konnte, aber nicht der des Anderen. Er konnte für den Einen eintreten und ihn vertreten, dessen Herz ihm gegenüber treu aber er gleichwohl schwach im Fleisch war, wie sorglos er auch gegenüber der göttlichen Vorsorge zu seinem Schutz gewesen sein mag. Er war noch einer der Glieder des Herrn und unterlag daher in seinem Wohlergehen der Aufsicht und dem Interesse des Hauptes. Er war noch eines der Glieder des Herrn verlobter Jungfrauenkirche, die er liebte und für die er sein Leben dahingab, und für die er daher passender Weise als der Bräutigam im Gebet eintreten konnte und dies auch tat.
Aber im Fall von Judas, der sein Herz durch Selbstsucht entfremdet und der jede Wertschätzung für den Herrn und die Liebe für ihn, die er zu Beginn seines Dienstes besaß, offensichtlich hatte absterben lassen, war dies nicht zutreffend. Es wird uns gesagt, daß in jenes Herz, das sich so völlig vom Herrn zurückgezogen hatte, der Satan einzog. Durch solch ein willkürliches Zurückziehen seines Herzens von der Stärkung und Weihung vom Herrn und mit gleichzeitig willentlicher Absicht zur Selbstsucht, wurde er ein Werkzeug des Widersachers. Wie unser Meister auch sagte: „Denn es ist zwar notwendig, daß Ärgernisse kommen” – daß er gekreuzigt werden sollte – „Doch wehe dem Menschen, durch welchen das Ärgernis kommt.”
Ähnliche Zustände heute
Nach unserer Erfahrung ist die Zeit des Passahs immer eine Zeit besonderer Gefahr gewesen, besonderer Bedrängnis für das geweihte Volk des Herrn. Aus einem uns unbekannten Grund scheint es dem Widersacher gestattet zu sein, zu dieser Zeit besondere Macht zu besitzen. Wir haben immer wieder bemerkt, daß wenn wir uns der Passahzeit nähern, Satans Aktivität offenbar geworden ist durch eine Art von einem Angriff auf die Wahrheit und durch eine Art von besonderer Trübsal oder Prüfung der Freunde, die mit uns in Verbindung sind. Obwohl wir im Voraus wissen, daß keiner von des Herrn treuen Jüngern vom Widersacher aus Seiner Hand gerissen werden kann, können wir uns trotzdem vorstellen, daß wir bis zu einem gewissen Grad die Gefühle unseres Herrn mitempfinden können, als er die Jünger ermahnte, zu wachen und zu beten, damit sie nicht in Versuchung kommen würden.
Natürlich wußte Jesus, wer ihn verraten würde und war daher über die Richtung, die Judas nahm, nicht überrascht oder beunruhigt. Und doch muß der Gedanke, daß einer, der mit ihm das Brot gegessen hatte „seine Ferse gegen ihn aufheben würde” und sein Feind werden solle – einer, der sein Gefährte, Helfer und vertrauter Freund gewesen war, einen traurig machenden Einfluß auf unseren lieben Meister gehabt haben. – Johannes 13:18, Psalm 41:9 Denn dieser konnte ganz gewiß sogar mit seinen bittersten Feinden Mitleid empfinden, wie auch mit denen, die wie Petrus zuerst den Angriffen des Widersachers nicht widerstehen, aber später durch die göttliche Gnade und Hilfe wiederhergestellt werden können.
Weil der Leib Christi eine Einheit ist, und weil unser Herr erklärte, was auch immer einem der geringsten seiner Glieder angetan würde, ihm angetan würde, ergibt sich daraus, daß die Judas-Klasse und die Petrus-Klasse das ganze Evangelium-Zeitalter hindurch bis zum gegenwärtigen Augenblick den Herrn in dem Verhältnis verleugnet haben, in welchem sie seine Glieder verraten oder verleugnet haben. Wir sollten daher die Bedeutung dieser Feststellung gegenüber Petrus beachten: „Ich habe für dich gebetet, daß dein Glaube nicht aufhört.”
Denn für alle der Petrus-Klasse ist der Herr das Haupt, der Repräsentant, der Fürsprecher vor dem Vater. Ohne seine Hilfe, ohne für uns zu erscheinen und für uns das Verdienst seines eigenen Opfers anzuwenden, könnte keiner von uns bestehen, alle würden als unwürdig bezeichnet, als nicht in der Lage an den großen Segnungen teilzuhaben, zu denen uns Gott eingeladen hat mit Jesus teilzuhaben. Und wie der Meister für solche betete, eintrat, und deren unbeabsichtigten Unvollkommenheiten wiedergutmachte, so sollten alle, die seinen Geist haben, großzügig, freundlich, mitfühlend und der Petrus-Klasse behilflich sein. Aber wie der Meister keine solchen Worte des Mitgefühls für Judas hatte, den offenen und vorsätzlichen Feind und Verräter, so gibt es gleichfalls, was auch immer unsere traurigen Gefühle für jene sein mögen, keinen Raum für irgendeinen Ausdruck von Sympathie für die Zusammenarbeit in ihren bösen Werken; wie es auch für die Apostel eine Teilnahme an seinen bösen Werken bedeutet hätte, wenn sie mit ihm zusammengearbeitet hätten.
„Euch zu sichten wie den Weizen”
Wie viel Mitgefühl wir jedoch für Petrus und andere von ähnlichem Charakter und ähnlicher Erfahrung haben, und wie sehr wir uns auch mit ihm freuen, daß der Herr für ihn betete, so daß seine Sorglosigkeit hinsichtlich des Wachens und Betens nicht in seinem Verderben und mit seinem Verlust der Beziehung zu dem Herrn resultierte, sollten wir dennoch danach streben, nicht zu der Petrus-Klasse zu gehören, sondern zu der Klasse, die von unserem Herrn selbst dargestellt wird. Wir wollen von denen sein, die wachen und beten und treu sind, die nicht von des Widersachers Versuchungen der gegenwärtigen Zeit überwunden werden können.
Wir sind in der „Erntezeit”, in der die Trennung des Weizens vom Unkraut fällig ist, und mehr als das, die Trennung der Spreu vom Weizen, die ebenso fällig ist – in einem Prozeß der Sichtung. Während dieses Bild bis zu einem gewissen Grad auf die Erfahrungen der Kirche in der Vergangenheit zutreffend sein mag, sind wir sicher, daß es besonders auf die Kirche am „Ende des Zeitalters” anzuwenden ist – auf diejenigen, die am Ende oder in der Ernte des jüdischen Zeitalters lebten – und auf jene, die jetzt am Ende oder in der Ernte des Evangelium-Zeitalters leben. Und unser Herr ist zufrieden über diese Sichtungen, die anscheinend notwendig sind, damit die Judas-Klasse völlig ausgesiebt und die Petrus-Klasse von ihren eigenen Schwächen und der Erkenntnis, daß sie ohne des Herrn stützende Gnade gänzlich zu Fall kommen würden, so gründlich beeinflußt werden kann. Diese Lektionen können sich für sie als nutzbringend erweisen, immer mehr Sanftmut, Wachsamkeit, Gebetsbereitschaft und Vertrauen in unser allmächtiges Haupt zu entwickeln.
Wir erinnern in diesem Zusammenhang an die Worte unseres Herrn, die zeigen, daß die Gegenwart eine Zeit der Bedrängnis sein wird, „um die zu versuchen, die auf der Erde wohnen”. – Offenbarung 3:10 Wir erinnern uns auch an die Feststellung des Apostels, daß es eine Zeit feuriger Prüfungen für jene sein wird, die von der wahren Kirche sind, wenn er sagt: „und wie das Werk eines jeden beschaffen ist, wird das Feuer erweisen”, und er versichert uns, daß nur das Gold, das Silber und die kostbaren Steine des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe der feurigen Prüfung standhalten werden. – 1. Korinther 3:13
„Das Feuer jenes Tages”
Wer die vollkommene Liebe nicht erreicht hat, wird das „Feuer” dieses Tages, die Sichtung dieses Tages, offenbaren – der Herr wird die Fehlerhaften absondern. Es mag uns Kummer bereiten, wenn irdische Bande durchtrennt und sehnliche Hoffnungen vernichtet werden. Trotzdem ist des Herrn Botschaft zum Thema für uns bildlich in dem Gebot dargestellt, das Er Aaron und seinen Söhnen gab, als zwei von den Unterpriestern umkamen, weil sie fremdes Feuer vor dem Herrn opferten, das Er ihnen nicht befohlen hatte. – 3. Mose 10:1 Als des Herrn Mundstück erklärte Mose, daß die Überlebenden in der Priesterschaft keine Trauer oder Wehklage für diejenigen zeigen sollten, die der Herr abgeschnitten hatte. Wenn sie ein Klagegeschrei angestimmt hätten, so würde dies gegenüber dem Herrn bedeutet haben, Seine Weisheit und Gerechtigkeit und Liebe in dieser Sache nicht wertzuschätzen. – 3. Mose 10:6
Wie gründlich werden die Prüfungen sein, die unsere Liebe und Treue gegenüber dem Herrn unter Beweis stellen. Seine göttlichen Anordnungen werden in unseres Herrn Prophezeiung, die unseren Tag betrifft, angedeutet, als er sagte, daß die Sichtung solcher Art sein würde, „wenn möglich, auch die Auserwählten zu verführen”. Es wird nicht möglich sein, die Auserwählten zu verführen, weil für diese unser herrliches Haupt bürgen wird. Sie sind seine Nachfolger, sie sind seine Verlobten, sie sind seine Glieder. Er ist ihr Haupt und Repräsentant und Botschafter. Er tritt für sie ein, fleht und betet für sie, und ihr Glaube wird nicht erlahmen, weil sie sein sind, weil – wie unvollkommen sie auch dem Fleisch nach sein mögen – sie von Herzen vollkommen sind, gänzlich treu gegenüber ihm, seiner Sache, und gegenüber ihren Mitpilgern.
So lassen wir wiederum die Worte des Meisters ertönen, was wir schon zuvor in dieser Zeit des Jahres getan haben, „Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt.” Unsere Worte, wie die des Meisters, sind auf zwei Klassen anzuwenden – einige werden die Warnung auf die leichte Schulter nehmen und sich selbst der Gefahr preisgeben, andere werden die Warnung, die aus dem Mund des Meisters kommt, beachten, und für sie wird sie ein Teil der Macht Gottes zu ihrer Bewahrung sein.