Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Frage Q698:1 (Stiftshütte – Geistgezeugte im Vorhof)

Lesedauer: 6 Minuten

Frage von 1912: Ist jeder geistgezeugt, der sich in diesem Evangelium-Zeitalter im Vorhofzustand befindet?

Antwort:

„Nein. Niemand ist geistgezeugt, wenn er in den Vorhof eintritt, denn dafür ist die Geisteszeugung nicht erforderlich. Dabei sind wir keine Gegner von Andersdenkenden. In der Stiftshüttenabhandlung legen wir unsere Meinung dar, und dort heißt es, daß der Vorhof ein Ort der Rechtfertigung ist, und daß sich die dort anwesenden Menschen in einem Zustand sogenannter Rechtfertigung befinden.

Diese Rechtfertigung ist eine tatsächliche oder versuchsweise. Wo liegt der Unterschied? Die tatsächliche Rechtfertigung kann als eine reale oder eine nach bestem Wissen bezeichnet werden. Jesus war z. B. tatsächlich vollkommen und von Gott als vollkommen bestätigt, und das nicht, weil etwas mit ihm geschehen ist, oder weil ihm etwas zugerechnet wurde. Er war tatsächlich vollkommen, gerecht und makellos in Gottes Augen, denn es war keine Sünde an ihm. Aber keiner von uns, seinen Nachfolgern, ist in dieser Verfassung, denn wir sind alle „von Natur Kinder des Zorns . wie auch die übrigen.” – Epheser 2:3 Deshalb können wir nicht von uns sagen, daß wir diesen Zustand besitzen.

Wir blicken zurück zu Abraham und lesen, daß Abraham aus Glauben gerechtfertigt war. War das eine tatsächliche Rechtfertigung? Konnte er „recht” werden für Gott, indem er glaubte? Dann denken wir noch an die andere Schriftstelle, in der es heißt, daß niemand durch Gesetzeswerke gerechtfertigt werden kann, und daß irgendjemands Rechtfertigung einzig durch Glauben an Christus erfolgen kann. Demnach war Abraham nicht tatsächlich gerechtfertigt.

Auf welche Weise hat Abraham dann diesen Zustand erreicht, und was war das Ziel dessen?

Er war gerechtfertigt, um Gottes Gnade zu erhalten und Gottes Freund zu sein und um Geheimnisse zu kennen, die Gott Seinem Freund mitteilte und nicht einem Feind. Abraham glaubte Gott, wurde als Freund und als so sehr „recht” als irgend möglich betrachtet, unter Berücksichtigung der Tatsache, daß Christus noch nicht für die Sünden der Welt gestorben war.

Wenden wir uns wieder unserer eigentlichen Frage zu: Angenommen, ein Sünder, ein weltlich gesinnter Mensch, jemand, der einen sündigen Lebenswandel führt, sagt: Ich will mich Gott annähern. Ich sehne mich nach Gott. Ich habe erfahren, daß ewiges Leben möglich ist, und daß Gott willens ist, es manchen Leuten zu geben. Ich bin mein bisheriges Leben leid und bin sündenbeladen und unvollkommen; ich möchte zu Gott kommen. Solch ein Verlangen ist der erste Schritt zur Rechtfertigung.

Zu den Gott-Suchenden kann man sagen: „Nahet euch Gott, und er wird sich euch nahen.” Wenn jemand sich nach diesem Ziel ausstreckt und dorthin erste Schritte unternimmt, fängt für ihn der Zustand eines Gerechtfertigten an. Jesus berichtete von den zwei Männern, die in den Tempel gingen, um zu beten: ein Pharisäer und ein Zöllner. Und er sagte, daß der Zöllner gerechtfertigt vor dem Pharisäer in sein Haus zurückging. Was heißt das? Nun, er war weiter in seinem Status eines Gerechtfertigten als der Pharisäer. Beide waren teilweise gerechtfertigt, so wie alle Juden, deren Verbindung zu Gott durch die Versöhnungstagsopfer bedingt war. Sie machten von ihrem Vorrecht Gebrauch und näherten sich Gott im Gebet, und mancher war im Status eines Gerechtfertigten weiter vorangeschritten und von Gott annehmbar. Das ist die Bedeutung des Wortes „Rechtfertigung”: von Gott gutgeheißen. Abraham wurde von Gott anerkannt, weil sein Handeln so gut war als irgend möglich. Auch die beiden zuvor erwähnten Männer im Tempel waren im Zustand der versuchsweisen Rechtfertigung.

Der einzige Weg sich Gott zu nahen ist, anzuerkennen, daß wir Sünder sind, und daß Gott ein Sündopfer vorgesehen hat, dessen Symbol der erzerne (kupferne) Opferaltar war, nicht weit vom Eingang in den Vorhof entfernt. Daher bedeutet, sich Gott zu nahen, daß man Glauben an das Opfer Christi hat, was als gegenbildliche Tür bezeichnet werden kann. Am Wasserbecken findet die Reinigung des Gottsuchenden statt, wodurch er äußerliche Gott nicht wohlgefällige Dinge ablegt und daraus Nutzen zieht. Ein Mensch kann wohl dadurch keine eigene Rechtfertigung erreichen, doch er bemüht sich, sein Handeln auf Gottes Vorgaben auszurichten, und kommt so in den Zustand der vorläufigen Rechtfertigung. Gottes Plan gemäß kann die Rechtfertigung erst dann vollständig sein, wenn ein weiterer Schritt getan wird. Nach dem Beachten des Wasserbeckens und der Reinigung dort und dem Wahrnehmen des Opfers muß noch mehr getan werden.

Das Beste, was man tun kann, ist, sein Herz in der Taufe rückhaltlos Gott zu übergeben und nichts zurückzuhalten. Im Stiftshüttenvorbild wird dies durch das Anbinden des Bockes am Eingang des Heiligtums dargestellt. Mehr kann man nicht tun. Den nächsten Schritt tut der Hohepriester, indem er die Person als sein Leibesglied annimmt, für das er vor dem Vater als Mittler eintritt. Danach würde Gottes Annahme erfolgen. Das ist alles, was man tun kann; alles übrige ist Sache des Herrn. Wir dürfen davon ausgehen, daß die vorgesehene Zahl der Leibesglieder noch nicht erreicht ist, der Herr gerne jemand aufnimmt, und daß auch das Wohlgefallen das Vaters gegeben ist. Nachvollziehbar wird dies uns Menschen durch ein klareres Verständnis der geistigen Dinge und den Wunsch, das Leben in seinem Dienst niederzulegen und jede Gelegenheit zu ergreifen, um der Gerechtigkeit willen Leiden auf uns zu nehmen.

In der Abläufen der Stiftshütten-Vorbilder schlachtet der Priester den Bock, nimmt ihm das Leben und macht ihn zu einem Teil seines eigenen Opfers. Wenn dieses Opfer dargebracht wird, bedeutet dies die Annahme durch Jesus. Zugleich erfolgt die Zeugung durch den Heiligen Geist und die Einordnung als Neue Schöpfung durch den Vater. So tritt die Person durch den Vorhang ins Heilige ein. Diesen Vorhang zu durchschreiten bedeutet den Tod des eigenen Willens, so wie mit dem Durchschreiten des zweiten Vorhangs der Tod des Leibes symbolisiert wird. Wir gehen durch den ersten Vorhang, sobald unser Wille in seinen Tod geweiht wird; so werden wir in der Taufe in seinen Tod begraben und kommen auf der anderen Seite als Neue Schöpfungen hervor. Der erste Vorhang stellt also unseren Tod dar soweit unser Wille betroffen ist, und er repräsentiert die Tatsache, daß Gott uns als Neue Schöpfungen durch Glauben angenommen hat, so daß wir als solche Zugang zu den geistigen Dingen haben. Jeder, der diesen Schritt tut, wird als Leibesglied des großen Hohenpriesters, als Glied der Kirche geführt, und er sitzt, wie der Apostel sagt, in himmlischen Räumen, im Heiligen. Dabei ist jedoch zu beachten, daß unsere Rechtfertigung erst dann vollständig ist, wenn der Hohepriester unser Opfer angenommen hat und uns durch Gott annehmbar macht.

Wer durch den ersten Vorhang geht, ist, so wie wir die Dinge sehen, ein königlicher Priester, und es steht uns nicht an zu entscheiden, ob jemand würdig oder unwürdig ist. Wenn jemand durch diesen Vorhang geht, tut er den Schritt, der ihn zum Priester macht; es ist der einzige Schritt, zu dem er eingeladen wird; andere Schritte kommen nicht infrage. So sagt der Apostel Petrus: „Ihr seid ein königliches Priestertum, eine heilige Nation, ein Volk zum Besitztum.” Petrus traf damit keine Unterscheidung und behauptete, jemand gehöre etwa zur Großen Schar. Diese Entscheidung wird zu gegebener Zeit vom Herrn getroffen, und er wird aufzeigen, daß der eine oder der andere nicht treu genug war und somit nicht zur Kleinen Herde der Priester, sondern zur Klasse der Leviten gehört. Diese Entscheidung wird am Ende dieses Zeitlaufs getroffen, und sie ist nicht unsere Sache.

Ein Bruder ist vielleicht sehr eifrig und tatkräftig, soweit wir das beobachten, doch Gott sieht vielleicht dessen unehrenhafte Beweggründe. Ein anderer ist dem Anschein nach gerade nicht voll Tatkraft, doch Gott sieht, daß dieser handelt so gut er kann. Deshalb sollen wir nicht richten, sondern diese Dinge dem Herrn überlassen und selbst mit allen unseren Kräften kämpfen und einander siegen helfen, und am Ende des Zeitalters wird der Herr entscheiden, wer würdig ist, mit ihm als Priester auf dem Thron zu sitzen, und wer zu der vor dem Thron dienenden Klasse gehört.”