Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Das Reich der Himmel ist nahegekommen

Lesedauer: 7 Minuten

„Umsonst habt ihr empfangen, umsonst gebet.” – Matthäus 10:8

Jesus hatte schon mehr als ein Jahr gepredigt, als er zwölf seiner Nachfolger dazu bestimmte, seine Repräsentanten – Apostel – zu sein und sie aussandte. Zwei und zwei sollten sie Judäa durchqueren. Sie waren nicht vom Vater beauftragt und hatten noch nicht den Heiligen Geist aus der Höhe empfangen, was erst etwa zwei Jahre später an Pfingsten geschah. Der Heilige Geist war nicht verfügbar, denn Jesus war noch nicht verherrlicht. – Johannes 7:39 Doch durch den Heiligen Geist ohne Maß, der auf Jesus bei seiner Taufe gekommen war, übertrug er diesen Aposteln seine besonderen Kräfte, damit sie die Kranken heilen, Dämonen austreiben, usw. konnten. Es war aber nicht ihr oder sein Auftrag, hauptsächlich körperliche Gebrechen zu heilen. Sie sollten verkündigen, dass der Herr Jesus der König ist, der lang erwartete Messias, und sie sollten den Leuten sagen, dass die Zeit nahe herbeigekommen ist für die Errichtung seines Reiches als Mittler, und das in Verbindung mit ihrem Volk. Diese Kunde wäre mit der Erwartung aller Juden in Übereinstimmung gewesen. Jahrhundertelang warteten sie schon auf die Erfüllung der Abraham gegebenen Verheißung, dass durch sie alle Geschlechter der Erde gesegnet werden sollten. Die Wunder von Jesus und den Aposteln sollten aufmerksam machen auf die Verkündigung: „Das Reich der Himmel ist nahe gekommen.” – Matthäus 3:2 Diese Botschaft, genauso wie die von Johannes dem Täufer, war dazu angetan, alle „wahren Israeliten” wachzurütteln und ihre Aufmerksamkeit auf Jesus als den König zu lenken. Sie waren ausdrücklich gewarnt worden, dass ihre Botschaft nicht für die Nationen bestimmt war, nicht einmal für das Mischvolk, die Samariter. Echte Juden, und sie allein, waren aufgerufen, mit Herz und Verstand bereit zu sein für die Teilhaberschaft am Reich und an seinen Herrlichkeiten. Ihr Auftrag richtete sich allein an „die verlorenen Schafe des Hauses Israel.” – Matthäus 3:6

Auf ihren Weg sollten die Jünger kein Gepäck mitnehmen, weder Geld noch Wechselkleider. Sie sollten die Lektion der gänzlichen Abhängigkeit vom Meister, der sie ausgesandt hatte, lernen; und sie sollten auch nicht als Bettler von Haus zu Haus gehen. Sie sollten im Gegenteil angemessen der Würde ihrer Aussendung und Ihres Dienstes für Gott und als Gesandte des Messias diesen Dienst wertschätzen und in jedem Dorf nach den würdigsten, den heiligsten, den frömmsten Leuten forschen, denn die wären die Richtigen, die sich besonders für ihre Botschaft interessieren, seien sie arm oder reich. Und wer von diesen Leuten ihre Verkündigung aufnahm, würde sie sehr gerne als Abgesandte des Königs, dessen Reich sie ankündigten, behandeln. Ihr Aufenthalt an jedem Ort sollte der von Gästen sein, bis sie bereit wären weiterzuziehen. Wenn sie in ein Haus gingen, sollten sie den Hausherrn auf eine ganz bestimmte Weise grüßen und ihm den Zweck ihrer Berufung erklären. Wenn sie herzlich und in Frieden aufgenommen würden, dann würde der Segen auf jenem Haus bleiben. Im anderen Fall sollten sie ihr Vertrauen und ihre Heiterkeit nicht verlieren und weitergehen und nach jemand Ausschau halten, der würdiger ist, die Botschaft und sie als deren Repräsentanten wertzuschätzen. Wer sie aufnehme, werde gesegnet werden; wer sie ablehne, werde ein großes Vorrecht verlieren.

Evangelium und Königreich

Viele wundern sich sehr, warum es unser Herr und die Apostel für passend hielten, das Reich der Himmel für nahe gekommen zu erklären, wo es bekanntlich noch nicht da war, und wo seine Nachfolger auf seine Weisung hin immer noch beten: „Dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel also auch auf Erden.” Diese Aussagen zu verstehen liefert den Schlüssel für die richtige Einschätzung vieler Teile der Schrift, die jetzt missverstanden werden. Daher müssen wir den Gegenstand ausführlicher betrachten.

Viele Jahrhunderte wartete Israel auf die Erfüllung von Gottes Verheißung, dass es so groß werden würde, dass sich durch sie die göttlichen Segnungen auf jedes Volk erstrecken würden. Durch die Apostel ließ der Herr andeuten, dass Gottes Zeit gekommen war, alle dem jüdischen Volk gemachten Verheißungen, wenn sie dazu bereit wären, umzusetzen. Um bereit zu sein, müssen sie ein heiliges Volk sein. Und um sie zu unterweisen und vorzubereiten, wurde durch Moses Jahrhunderte vorher der Gesetzesbund mit ihnen geschlossen. Und jetzt, unmittelbar vor Jesu Wirken, hatte Johannes der Täufer ihnen Erneuerung, Umkehr, Einklang mit dem Gesetz gepredigt, damit sie für die Aufnahme des Messias bereit sein sollten. Wohl waren sie als Volk die am meisten religiös orientierte Nation in der damaligen Welt, doch wenige Juden waren „wahre Israeliten”, wenige waren von Herzen Gott ergeben und uneingeschränkt eins mit den Grundsätzen der Heiligkeit. Infolgedessen war, statt dass das ganze Volk für Gottes Werk bereit war, nur ein kleiner Überrest unter ihnen gottesfürchtig und nahm die Verkündigung an. Als Jesu Sendung zu Ende war, hatten sich ungefähr fünfhundert Leute dieser Art gefunden; die Masse aber schrie: „Kreuziget ihn!” – während der gottlose Pilatus fragte: „Warum? Was hat dieser Mensch Böses getan?” Daher ist es völlig offensichtlich, dass Israel nicht bereit war, von Gott für die Segnung der anderen Nationen gebraucht zu werden.

Gott aber wusste das im voraus, und Er verkündigte durch die Propheten, dass nur ein Überrest für wert befunden werden würde. Die Nationen als Ganzes betreffend sagte unser Herr: „Das Reich Gottes wird von euch weggenommen und einer Nation gegeben werden, welche dessen Früchte bringen wird.” – Matthäus 21:43 Und übereinstimmend damit sagte er fünf Tage vor seiner Kreuzigung: „Siehe, euer Haus wird euch öde gelassen; denn ich sage Euch: Ihr werdet mich von jetzt an nicht sehen, bis ihr sprechet: Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn.” – Matthäus 23:38 und 39

Die Vorrechte oder Chancen des Königreichs, die zunächst dem fleischlichen Israel angeboten wurden, sind auf das geistige Israel übertragen worden, das an Pfingsten ins Leben gerufen wurde. Alle „wahren Israeliten” des fleischlichen Hauses hatten das Vorrecht, Glieder des geistigen Hauses zu werden, geistgezeugt zu werden und Aufnahme in den Leib Christi, die Kirche, zu finden. Von dieser Kirche sagt Petrus: „Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, eine heilige Nation, ein Volk zum Besitztum.” – 1. Petrus 2:9

Nachdem so viele Juden, wie es seinerzeit möglich war, für einen Platz im geistigen Israel für würdig gefunden waren, wurde das übrige, nominelle Israel bis zur Vollendung des geistigen Israels aus der Gunst Gottes herausgenommen, bis dann nach der göttlichen Verheißung ihnen Seine Gunst wieder zuwenden wird. – Römer 11:25 und 26 In der Zeit bis dahin ergeht durch die treuen Leibesglieder des Herrn die Einladung an alle Nationen, und die Menschen, die den Geist der Ergebenheit zu Gott, den Geist von „wahren Israeliten” haben, werden herausgesucht. Diese werden zusammen mit den gefundenen Juden als Angehörige desselben Königreiches angenommen werden. Unter diesen geistigen Israeliten befinden sich alle Arten von Menschen, so dass ein nach Millionen zählender nomineller Leib oder eine Kirche dem Anschein nach besteht und auch ein echter Leib oder eine echte Kirche, die darin verstreut ist.

So wie Jesus am Ende des jüdischen Zeitalters gekommen ist, um sein Volk zu überprüfen und sein Reich aufzurichten, wenn etwa genügend Würdige gefunden werden konnten, so wird er es am Ende des Evangeliumszeitalters machen; er wird zum geistigen Israel kommen, um die Heiligen zu finden. Die Schrift gibt uns Gewissheit, dass vom Anfang bis zum Ende, von Pfingsten bis zum Ende dieses Zeitalters, eine genügende Anzahl von Heiligen vorhanden sein wird, um die auserwählte Kirche Christi zu bilden, die von Gott bestimmt ist, Königin und Miterbin im Millenniumsreich zu sein, das dann aufgerichtet wird und das Segnungswerk für die Welt beginnt. Wenn Gottes geistiges Reich eingesetzt ist, dann wird nach dem Zeugnis der Schrift in Römer 11:25 – 32 Gottes Gunst zum fleischlichen Israel zurückkehren, und es wird das erste Volk sein, das unter der neuen Weltordnung gesegnet wird. Diese Ordnung wird von Dauer sein, und durch die Angehörigen dieses Volkes, die sich dann in Harmonie mit Gott befinden, wird sich der Segen auf jede Nation ausbreiten.

Erträglicher für Sodom

Die Sodomiter waren schlecht und verdorben, doch in der Beurteilung durch den Herrn waren sie weniger böse als diejenigen, die, nachdem sie das Evangelium verstanden haben, es ablehnen. Dieses Vorgehen trifft auf viele Leute und viele Städte unserer Tage zu, wie damals auf Kapernaum. Der Herr versichert uns, dass dann, wenn der große Millenniumstag oder Gerichtstag der ganzen Welt Gelegenheit für ewiges Leben oder ewigen Tod gibt, dies für die Sodomiter erträglicher sein wird als für viele andere. In dem Maß, wie jemand zu einer Erkenntnis Christi gekommen ist, ist er auch verantwortlich. Der Tod Christi sichert für Adam und sein ganzes Geschlecht uneingeschränkt die eine Möglichkeit zur Errettung, und nur die. Die Mehrheit ist in heidnischer Finsternis ohne eine Chance gestorben, und in christlichen Ländern haben viele ihre Chance ignoriert, wie es auch die Leute von Kapernaum getan haben. Alle müssen zu einer vollen Erkenntnis ihrer Vorrechte in Christo gelangen, und dann werden alle Verweigerer vernichtet werden. – Apostelgeschichte 3:23, 1. Timotheus 2:4 und Matthäus 20:28

An uns ist es, Nachfolger Jesu und der Apostel zu sein, in ihren Fußstapfen der Hingabe zu wandeln und so unsere Berufung und Erwählung fest zu machen zu einem Anteil mit dem Messias in seinem Reich, das im Millennium Israel und alle Geschlechter der Erde segnen wird durch die Handhabung von Belohnung und Strafe, was mit dem Begriff ‚Gericht‘ bezeichnet wird. Die Schrift stellt unmissverständlich dar, dass die Israeliten und die Sodomiter an diesem Werk der Aufrichtung und Wiederherstellung beteiligt sein werden. – Hesekiel 16:50 – 55 und Apostelgeschichte 3:19 – 21