Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Vom Tempel Gottes zum Tempel des Herodes

Lesedauer: 17 Minuten

Nachdem Jahwe am Berg Sinai die Israeliten zu Seinem Bundesvolk gemacht hat, teilt Er Mose auf dem Berg mit, daß Er unter ihnen wohnen will. Mose empfängt besondere Anweisungen zum Bau eines Heiligtums, in welchem der Ewige während der Wanderung durch die Wüste bei ihnen sein kann, als heiliger Gott unter Seinem geheiligten Volk. – 2. Mose 25:8

So entsteht nach der genauen Anweisung Gottes ein transportables „Heiligtum”, das wir als „Stiftshütte” bezeichnen, in dessen „Allerheiligsten” sich die „Bundeslade” befand, mit dem Scheckina-Licht, daß die Gegenwart
Gottes im Heiligtum vorschattete, wie auch den Gesetzestafeln und dem Stab Aarons, der gesproßt hatte.

Das bewegliche Heiligtum mit seinem Inventar begleitete Israel auf ihrer vierzigjährigen Wanderschaft, bis sie im verheißenen Land Kanaan seßhaft geworden waren und in festen Häusern wohnten.

Dann sagte der König David zu Nathan, dem Propheten: „Siehe doch, ich wohne in einem Haus aus Zedern, während die Lade
Gottes in dem Zelt wohnt. Und Nathan sagte zum König: Geh hin, tu alles, was du im Herzen hast, denn der HERR ist mit dir.” – 1. Samuel 7:1 – 3

Gott aber läßt David durch Nathan Seinen Entschluß mitteilen: „Wenn deine Tage erfüllt sind und du dich zu deinen Vätern gelegt hast, dann werde ich deinen Nachwuchs, der aus deinem Leib kommt, nach dir aufstehen lassen und werde sein Königtum befestigen. Der wird meinem Namen ein Haus bauen. Und ich werde den Thron seines Königtums festigen für ewig.” – 2. Samuel 7:12 und 13

David hatte mehrere Söhne, doch die Bibel zeigt uns, daß Gott Salomo im Sinn hatte, der unseren Herrn als „Friedefürst” vorbildlich darstellte – der „dem HERRN ein Haus bauen sollte”. – Jesaja 9:6

Der Thron des Königtums des natürlichen Salomo wurde, wie wir wissen, nicht auf ewig gefestigt, weil Salomo in späteren Jahren dem Götzendienst verfiel und gegen Gottes Gebote verstieß. Und auch das Tempel-Heiligtum, das Salomo nach Gottes Anweisungen für Jahwe baute, hatte keinen ewigen Bestand, denn als das Bundesvolk untreu wurde und zum Götzendienst neigte, ließ Gott die Babylonier gegen Israel aufstehen, die Jerusalem einnahmen und den Tempel zerstörten.

Salomo anerkannte bei der Einweihung des Heiligtums, daß dieser von Menschenhand gebaute Tempel nur eine symbolische Bedeutung haben konnte, denn er stellte freimütig fest: „Ja, sollte Gott wirklich auf der Erde wohnen? Siehe, der Himmel und die Himmel der Himmel können dich nicht fassen; wie viel weniger dieses Haus, das ich dir gebaut habe!” – 1. Könige 8:27

Der von Salomon erbaute Tempel

Wenn wir uns mit dem biblischen Bericht über den Bau des Tempels beschäftigen, den Salomo dem Herrn in Jerusalem baute, so dürfen wir voraussetzen, daß auch hier alles entsprechend dem Urbild hergestellt wurde, das Jahwe dem Mose auf dem Berg als Weisung für den Bau Seiner Wohnung bestimmt hatte. –

2. Mose 24:8 und 9 Und wir bemerken auch, daß der Tempel in Erfüllung des Gegenbildes an der gleichen Stelle gebaut werden mußte, an der Abraham seinen Sohn Isaak opfern sollte, auf der Tenne, die David von Ornan kaufte, um Jahwe dort einen Altar zu errichten. – 1. Mose 22:1 und 2, 2. Chronik 3:1

Es entsteht hier die Frage, warum es von so großer Bedeutung war, auch hier alles ganz genau nach dem Urbild zu gestalten, das Gott dem Mose auf dem Berg gezeigt hatte. Und es zeigt sich, daß auch den Apostel Paulus diese Frage im Hebräerbrief beschäftigt haben muß, wenn er mit Bestimmtheit erklärt, daß diese alle „ein Abbild der himmlischen Dinge” waren, die uns, den Nachfolgern Jesu Christi, zu einem besseren Verständnis der Gegenbilder und ihrer Erfüllung dienen sollten. – Hebräer 8:5

So ist es ungewöhnlich, wenn wir erfahren, daß die Steine, aus denen der Tempel entstehen sollte, im entfernten Steinbruch gebrochen, bearbeitet und poliert wurden, um danach passend an die richtige Stelle im den Tempel eingesetzt zu werden. – 1. Könige 6:7 Aber auch diese vorbildliche Handlung beim Bau des ursprünglichen Tempels findet, wie wir glauben, ihr Gegenbild in der Bearbeitung der „lebendigen Steine”, um sie hier passend für den wahren Tempel, die Kirche, zu machen. Selbst die Verwendung von Zedernholz vom Libanon für den Tempelbau könnte von vorbildlicher Bedeutung gewesen sein, wenn wir daran denken, daß die Zeder symbolisch gesehen „ewiges, menschliches Leben” darstellt, wie auch Psalm 92:12 zu verstehen gibt.

Auch die Bauzeit von exakt sieben Jahren, in der der Tempel vollendet wurde, kann nicht zufällig gewesen sein, wenn wir daran denken, daß die heilige Zahl „sieben” in der Bibel für Vollendung und Vollkommenheit steht. Und sicherlich war es auch von größerer Bedeutung, daß der Tempel schon einen Monat vor seiner Vollendung eingeweiht und angenommen worden ist. – 1. Könige 5:24 und 25, 1. Könige 6:38, 1. Könige 6:37 und 38 sowie 8:2

Alles dies gibt uns zu verstehen, daß Gottes Geist den Bau des Tempels in der Weise begleitetet und überwacht haben muß, daß dieses aus Holz und Stein entstehende Bauwerk als Vorbild für den geistigen Tempel dienen konnte, – der „nicht mit Händen gemacht ist”, was der Apostel Paulus auch, wie zuvor erwähnt, in seinen Briefen deutlich zum Ausdruck bringt, wenn er sagt, daß „diese Dinge für uns geschehen sind” und daß sie „dem Abbild und Schatten der himmlischen Dinge dienen”. – 1. Korinther 10:6, Hebräer 8:5

Als schließlich die Bundeslade in den Tempel ins Allerheiligste gebracht wurde, und die Priester aus dem Heiligen hinausgegangen waren, „… erfüllte die Herrlichkeit des HERRN das Haus des HERRN”. – 1. Könige 8:10 und 11, 1. Chronik 7:1 und 2 Jahwe hatte damit dem König Salomo vor dem ganzen Volk die Bestätigung gegeben, daß er alles genau nach dem Willen Gottes ausgeführt hatte.

Der geistige Tempel Gottes

Der Apostel Paulus geht in seinem Brief an die Korinther auch näher auf das Verhältnis dieser Schattenbilder zu den himmlischen geistigen Dingen ein, wenn er im Rückblick auf den aus Holz und Stein erbauten Tempel erklärt: „Wißt ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wenn jemand den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben; denn der Tempel Gottes ist heilig, und der seid ihr.” – 1. Korinther 3:16

Mit diesen inspirierten Worten zeigt der Apostel, daß der Tempel, den Salomo in Jerusalem auf dem Berg Zion bauen ließ, vorbildlich von der Kirche, als dem geistigen Haus spricht, in welchem Gott durch Seinen Heiligen Geist wohnt. Und auch der Apostel Petrus vergleicht diesen Tempel mit dem geistigen Haus, dessen Grundstein Jesus Christus ist, und er stellt fest: „Zu ihm kommend als zu einem lebendigen Stein, von Menschen zwar verworfen, bei Gott aber auserwählt, kostbar, laßt euch auch selbst als lebendige Steine aufbauen, als ein geistliches Haus [als ein geistiger Tempel], ein heiliges Priestertum, um Opfer darzubringen, Gott hochwillkommen durch Jesus Christus.” – 1. Petrus 2:4 – 6

Schon der Prophet Haggai hatte prophetisch von einem „zukünftigen Haus” gesprochen, dessen Herrlichkeit größer sein würde, als die Herrlichkeit des von Salomo errichteten Tempels, wenn er feststellt: „Größer wird die Herrlichkeit dieses künftigen Hauses sein, als die des früheren [das heißt des Salomonischen Tempels]”. – Haggai 2:9

Als der herrliche Tempel, den Salomo für den Herrn in Jerusalem gebaut hatte, durch die Babylonier zerstört wurde, endete die Freiheit der Israeliten als eine unabhängige Nation, und sie blieben siebzig Jahre lang Gefangene in Babylon, bis Jahwe den Persischen König Kyrus zum Herrscher machte, und ihn mit der Befreiung des Volkes und dem Wiederaufbau des Jerusalemer Tempels beauftragte, wie wir im Buch Esra lesen: „Und im ersten Jahr des Kyrus, des Königs von Persien, erweckte der HERR, damit das Wort des HERRN aus dem Mund Jeremias erfüllt wurde, den Geist des Kyrus, des Königs von Persien, daß er durch sein ganzes Reich einen Ruf ergehen ließ, und zwar auch schriftlich: ’So spricht Kyrus, der König von Persien: Alle Königreiche der Erde hat der HERR, der Gott des Himmels, mir gegeben: Nun hat er selbst mir [den Auftrag] gegeben, ihm in Jerusalem, das in Juda ist, ein Haus zu bauen’.” – Jeremia 29:10 und Esra 1:1 – 4

Serubbabels Tempelerneuerung

Das Buch Esra berichtet von den oft unterbrochenen Anstrengungen, den zerstörten Tempel zu seinem ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, die von den Kundgebungen des Jubels und der Freude seitens des Volkes begleitet wurden. Das Volk jubelte und weinte, als seine Fundamente gelegt wurden, und als der Tempel eingeweiht wurde, der mit dem Namen von Serubbabel eng verbunden ist, der im Auftrag von Kyrus handelte. Weil aber zur Vollständigkeit des Tempels die Bundeslade fehlte, die mit der Zerstörung des Tempels für immer verlorengegangen war, können wir feststellen, daß der menschliche Versuch, den ursprünglichen vollkommenen Zustand des Tempels, in welchem Gott bei Seinem Volk wohnen wollte, wiederherzustellen nicht mehr möglich war.
Es zeigte sich auch entsprechend, daß bei der Einweihung des äußerlich wiederhergestellten Tempels das Zeichen der Annahme von Seiten Gottes ausblieb, denn in keinem der biblischen Berichte wird erwähnt, daß die Herrlichkeit Gottes diesen durch Serubbabel wiederhergestellten Tempel bei seiner Einweihung erfüllt hätte, wie dies bei dem ursprünglichen Salomonischen Tempel der Fall gewesen war. – 1. Könige 8:10 und 11

Warum ließ Gott die Bemühungen, den zerstörten Tempel zu seiner ursprünglichen Bestimmung wiederherzustellen, zu, wenn Er den äußerlich wiederhergestellten Tempel nicht mehr als Seine Wohnstätte bei den Menschen ansehen konnte?

Wollte der Himmlische Vater Seinem geistigen Volk hinsichtlich des geistigen Tempels eine in die Zukunft weisende vorbildliche Lehre erteilen, was mit dem geistigen Tempel geschehen würde, nachdem die Apostel entschlafen wären, und der „Mensch der Sünde” sich in denselben gesetzt und ihn verunreinigt und für den Heiligen Gott unbewohnbar gemacht haben würde?

Wollte Gott uns zu verstehen geben, daß im Lauf der Geschichte innerhalb der jungfräulichen Kirche ein antichristliches, päpstliches System entstehen und sich in den Tempel Gottes setzen und diesen zu einer Behausung von Dämonen machen würde, was nicht von Menschenhand zu beseitigen war? Und wenn diese Vorstellung zutreffend ist, so können wir uns vorstellen, daß jeder Versuch von Menschen, das Rad der Geschichte zurück zu drehen und den inzwischen verunreinigten Tempel zur symbolischen Wohnstätte Jahwes wiederherzustellen, fehlschlagen mußte.

In der Realität erkennen wir in der Reformation im 16. Jahrhundert einen solchen menschlichen Versuch der Reinigung und Wiederherstellung des „Tempels”, den Dr. Martin Luther und andere begannen, als sie gegen die Irrlehren Roms Protest erhoben, um die inzwischen völlig verweltlichte Kirche zu reinigen und zu reformieren. Aber wir wissen auch, wohin ihr zu Anfang erfolgreicher Protest führte, der allmählich in Anpassung an das päpstliche System und dem Streben nach eigener Selbsterhöhung und Machtausübung ausartete und unter Beibehaltung vieler Irrtümer des Päpstlichen Systems. „Wir haben Babylon heilen wollen”, prophezeite schon Jeremia in prophetischer Vorausschau, „aber es war nicht zu heilen.” – Jeremia 51:9 nach der Luther-Übersetzung

Somit scheint Serubbabels geschichtlicher Versuch, den Tempel Salomos zu seinem ursprünglichen Zustand wiederherzustellen von Gott zugelassen zu sein, um als Vorbild für den menschlichen Versuch der Reformation zu dienen, die Wahrheit wiederherzustellen, was nach Gottes Vorherwissen und in Ausführung Seines größeren Wiederherstellungsplanes aber nicht sein konnte.

Namen haben oft eine tiefere Bedeutung, und dies scheint auch in gewisser Hinsicht auf den Namen „Serubbabel” zuzutreffen, der „Sproß Babels” bedeutet, was auf seine Geburt in Babylon hinweisen sollte.

Der Umbau des Tempels durch den König Herodes

Die Bibel erwähnt drei unterschiedliche materielle „Tempel”, den ursprünglichen Tempel, den Salomo errichten ließ, den zerstörten Tempel, den Serubbabel erneuern ließ, und den umgebauten und erweiterten „Tempel des Herodes”, die alle auf den biblischen Ursprungsgedanken zurückgehen, daß Gott vorbildlich unter Seinem Volk wohnen wollte. Zuerst wurde Mose dazu aufgefordert, Gott nach bestimmten und genauen Vorschriften ein „Heiligtum” zu bauen, daß wir als „Stiftshütte” bezeichnen, danach der König Salomo, der gleichfalls ein Bild unseres Herrn ist, wenn auch in einem anderen Bereich, dann der König Kyrus, als Israel in babylonischer Gefangenschaft war. Salomo wie auch Kyrus, die beide, wenn auch auf verschiedene Weise, Christus darstellen, wurden von Gott zum Bau des Tempels aufgefordert und handelten im Auftrag Gottes und nach Seiner Anweisung.

Die Geschichte berichtet aber auch von dem Jerusalemer Tempel, der zur Zeit der Römerherrschaft nach dem Willen von Herodes äußerlich prächtig umgestaltet wurde, ohne daß Gott seinem Erbauer einen Auftrag dazu erteilt hätte. Und von nun an trifft es sinngemäß völlig zu, daß dieses von Menschen bewunderte Bauwerk als der „Tempel des Herodes” zu bezeichnen ist – und nicht mehr als der „Tempel Gottes”.
Geschichtliche Berichte sehen den Grund zum Bau dieses Tempels darin gegeben, daß Herodes, der von seiner Abstammung her kein echter Jude war und dazu noch mit den Römern, den Feinden der Juden, zusammenarbeitete, sich bei den Juden dadurch beliebt machen wollte, daß er ihren geliebten Tempel zu einem äußerlich prächtigen Bauwerk umbaute, das zu jener Zeit größte Bewunderung unter den Menschen erregte. Im Rienecker-Bibellexikon lesen wir darüber folgendes: „Um die Juden für sich zu gewinnen, begann Herodes der Große einen völligen Umbau des Tempels in unerhörter Pracht. Der Tempel wurde Stück für Stück abgebrochen und neu aufgebaut, im Innern nach den alten Maßen, aber von größerer Höhe ohne daß der tägliche
Gottesdienst dadurch gestört wurde. Bei der neuen Anlage lag ein Vorhof terrassenförmig über dem anderen, und über allem erhob sich das Tempelgebäude.” – Rieneckers Bibellexikon, Seite 1377

Während der Versuch „Serubbabels” den ursprünglichen Tempel wiederherzustellen uns gedanklich an die Reformation erinnert, an den menschlichen Versuch das verunreinigte Heiligtum Gottes, den Tempel von seinen Irrlehren zu reinigen und zu seinem ursprünglichen Stand wiederherzustellen, scheint der Tempel des „Herodes” uns eher an die späteren Bemühungen des in der Offenbarung gezeigten „Tieres” zu erinnern, weltliche Herrschaft wieder zu erlangen, um mit den „zehn Königen” und mit der Unterstützung ihrer Töchter-Systeme zu herrschen, wie dies Johannes auf Patmos in einer Vision gezeigt wurde. – Offenbarung
17:9 – 14

Der jüdische Historiker Josephus, der ein Zeitgenosse der Entstehung und Zerstörung des Herodes-Tempels war, erklärt in seinem geschichtlichen Werk „Altertümer” rückblickend auf den Umbau des Tempels wörtlich: „Er [Herodes] ließ also zuerst die alten Fundamente durch neue ersetzen und erbaute dann auf diesen den Tempel selbst, hundert Ellen lang und hundertzwanzig Ellen hoch.” – Zitat aus „Altertümer” Seite 358

Wir können an Hand der Schrift belegen, daß diese Aussage, die Josephus über die Umgestaltung des natürlichen Tempels durch Herodes machte, sich auch auf den geistigen Tempel anwenden läßt, von dem Paulus im 1. Brief an die Korinther, in 3:11 mit Nachdruck sagte: „Denn einen anderen Grund [ein anderes Fundament] kann niemand legen, außer dem der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.”

Und der Apostel erweitert diese fundamentale Aussage in seinem Brief an die Epheser mit den erläuternden Worten: „Ihr seid aufgebaut auf der Grundlage [dem Fundament] der Apostel und Propheten, wobei Jesus
Christus selbst Eckstein ist. In ihm zusammengefügt, wächst der ganze Bau zu einem heiligen Tempel im Herrn, und in ihm werdet auch ihr mit aufgebaut zu einer Behausung Gottes im Geist.” – Epheser 2:20

Unser Herr Jesus spricht in Matthäus 7:24 – 27 in Form eines Gleichnisses von zwei unterschiedlichen Häusern, die jedes auf verschiedenen Grundlagen oder Fundamenten errichtet wurden, von denen nur das Haus dem Sturm widerstehen konnte, das auf den Fels, das heißt auf Jesus Christus, gegründet wurde.

Man kann sagen, daß der falsche Anspruch des Papsttums auf dem „Stuhl Petri” zu sitzen und Christi Stellvertreter auf Erden zu sein, in doppelter Hinsicht unbiblisch ist – zum einen, weil er Jesus Christus die Ehre nimmt, die der Himmlische Vater Seinem Sohn gegeben hat, mit Ihm auf Seinem Thron zu sitzen, und zum anderen, daß nicht mehr die zwölf Apostel allein die Grundlage des geistigen Tempels bilden sollen, wie dies auch in einer vorbildlichen Bildersprache im Alten wie im Neuen Testament zahlenmäßig genau festgelegt wird. – 2. Mose 39:14, Josua 4:3 und Offenbarung 21:14

Diesem Haus, das auf dem Felsen gebaut war, entsprach die jungfräuliche Kirche zur Zeit der Apostel. Als aber später „der „Mensch der Gesetzlosigkeit offenbar wurde, der Sohn des Verderbens, der sich widersetzt und sich überhebt über alles, was Gott heißt oder Gegenstand der Verehrung [ist], so daß er sich in den Tempel setzt und sich ausweist daß er Gott sei”, – da wurde die fundamentale Grundlage des „geistigen Hauses Gottes” durch diesen verändert. – 2. Thessalonicher 2:3 – 5

Die fundamentale Lehre unseres Glaubens ist die Lehre vom Lösegeld, daß unser Herr ein für allemal zur Erlösung des Menschen gegeben hat, und das nicht wiederholbar ist und die Lehre, daß niemand zum Vater kommen kann als nur durch den Erlöser Jesus Christus. Und diese Fundamente unseres Glaubens wurden durch das Päpstliche System, als dem „Menschen der Sünde” verändert und durch Irrlehren ersetzt.

Maria, die Mutter Jesu, wurde mit in den Mittelpunkt des Erlösungsplanes gestellt, indem sie zur „Mutter Gottes” und zur „Mit-Erlöserin” erklärt wurde, während das Wort Gottes deutlich sagt: „Und es ist in keinem anderen das Heil; auch kein anderer Name unter dem Himmel ist den Menschen gegeben, in dem wir errettet werden müssen.” – Apostelgeschichte 4:12 In der Katholischen Kirche werden aber auch Gebete direkt an die „Heiligen” oder die so genannten „14 Nothelfer” gerichtet, die für Sünder Fürsprache bei Gott erwirken sollen.

Schon hier können wir deutlich erkennen, daß der Tempel, den Herodes baute – oder zutreffender gesagt nach eigenem Ermessen umbaute, nicht als ein Abbild des ursprünglich „heiligen Tempels” angesehen werden kann, sondern als ein geistiges Gegenbild der Veränderungen in und an dem Tempel, die durch den „Menschen der Sünde” veranlaßt wurden, der sich in den Tempel Gottes setzte und sagte, daß er Gott sei.

Ähnliches geschah nach dem Tod von Salomo, als sich zehn Stämme vom Haus Davids und vom Tempel Jerusalems lossagten und unter der Herrschaft von Jerobeam in Bethel einen anderen Tempel bauten, der nichts mehr mit dem Jerusalemer Tempel zu tun hatte, und in dem andere Götter angebetet wurden, was gleichfalls in Vorbildern zu uns spricht.

Wie und in welcher Weise der „geistige Tempel” verändert wurde

Josephus berichtet, daß Herodes, nachdem er die „alten Fundamente des Tempels” durch neue Fundamente ersetzt hatte, auf diesen den neuen erweiterten Tempel errichtete, dem er auch Nebengebäude hinzufügte, die der ursprüngliche Tempel nicht gehabt hatte, der allein der Verherrlichung Gottes diente. Er legte auch neue Maße in der Höhe und Breite für den Tempel fest, die das äußere Bild des Tempels veränderten und ihm, Herodes, als dem Baumeister dieses neuen, überaus prächtigen Bauwerks, die Bewunderung der Menschen jener Zeit sichern sollten.

Als die Jünger Jesus auf die äußere Pracht der Gebäude des Tempels aufmerksam machten, von der auch sie beeindruckt schienen, sagte Jesus prophetisch zu ihnen: „Seht ihr nicht dies alles? Wahrlich, ich sage euch: Hier wird nicht ein Stein auf dem anderen gelassen werden, der nicht abgebrochen werden wird.” – Matthäus 24:2

Und wir erinnern uns auch, wie der Herr gegenüber den Händlern und Taubenverkäufern reagierte, die in dem äußeren Tempelbezirk in einer dieser prächtigen Säulenhallen saßen, und was er zu ihnen sagte: „Es steht geschrieben: ’Mein Haus wird ein Bethaus für alle Nationen genannt werden; ihr aber habt es zu einer Räuberhöhle gemacht’.” – Markus 11:16 – 18

Wir sind überzeugt, daß die Antwort Jesu prophetisch vorausschauend war und dabei nicht allein den buchstäblichen Tempel des Herodes im Sinn hatte, der kurz nach seiner Vollendung durch die römischen Heerscharen zerstört wurde, sondern auch – und im besonderen – den geistigen Tempel, in den sich der „Mensch der Sünde” in der Zukunft setzen würde, und den er mit seinen Irrlehren entheiligen und verderben würde.

Die endgültige Vernichtung dieses durch das mystische Babylon verunreinigten Tempels soll in der Zeit der Anarchie durch einen „starken Engel” Gottes geschehen, wie uns in Offenbarung, Kapitel 18, in den Versen 20 und 21 mitgeteilt wird: „Und ein starker Engel hob einen Stein auf wie einen großen Mühlstein und warf ihn ins Meer und sprach: So wird Babylon, die große Stadt, mit Gewalt niedergeworfen und nie mehr gefunden werden.”

Die Verbindung von Kirche und Staat

Herodes wird nachgesagt, daß er durch raffiniertes politisches Taktieren mit der weltlichen Macht der römischen Kaiser zur Einsetzung in sein Königsamt kam, in welchem er stets abhängig von der Gunst des herrschenden „Pontifex Maximus” war und blieb. Der Name „Herodes” bedeutet „Heldensproß”, dem wir aber keine positive Bedeutung geben können, wenn wir daran denken, daß Herodes ein „Menschenmörder” war, der aus Herrschsucht die Kinder in Bethlehem umbringen ließ, wie auch die engsten Glieder seiner eigenen Familie.

„Pontifex Maximus” war ein römischer Titel der Cäsaren, die sich als Kaiser und Gott in einer Person betrachteten, den später auch die Päpste annahmen, die mit Hilfe weltlicher Macht die so genannte christliche Welt beherrschten. „Pontifex Maximus” soll „Oberster Brückenbauer” bedeuten, woraus wir sinngemäß eine Verbindung zwischen der verweltlichten Kirche mit den Herrschern dieser ungerechten Welt ableiten können. Es wird aber auch berichtet, daß die Bezeichnung „Pontifex Maximus” ursprünglich bis auf den Oberpriester Babylons zurückgeht, – was uns einiges zu sagen hat.

Ökumene und Weltkirche

Die Geschichte zeigt uns, daß mit Papst Johannes Paul II. eine nicht zu übersehende Veränderung im Verhalten des Vatikan eintrat, die darin bestand, daß der Papst in alle Hauptstädte der Welt reiste, um sich mit den herrschenden Mächtigen dieser Welt zu besprechen. Was gesprochen wurde blieb geheim. Biblisch gesehen scheint sich die Prophezeiung von Jesaja erfüllt zu haben: „Nimm die Zither, geh umher in der Stadt, vergessene Hure! Spiel so gut du kannst, sing Lied um Lied, daß man sich an dich erinnert!” – Jesaja 23:16

Wir können uns gut vorstellen, daß diese Reisetätigkeit der Vorbereitung einer bestimmten Sache diente, nämlich, der Vereinigung der „allein selig machenden Kirche Roms” mit der Protestantischen Kirche, die sich inzwischen der Römischen Kirche wieder angenähert hat, und zwischen denen es schon häufig „ökumenische Gottesdienste” gegeben hat.

Das größere Ziel gilt jedoch dem Zusammenschluß mit verschiedenen Religionen heidnischen Ursprungs zu einer gemeinsamen Weltreligion, in der nicht mehr Jesus Christus die einzige Grundlage ist, sondern auch Buddha, Mohammed, der Dalai Lama, Konfuzius und andere mit eingeschlossen werden. Aber „welche Gemeinschaft hat Christus mit Belial und welchen Zusammenhang der Tempel Gottes mit Götzenbildern”. – 2. Korinther 6:15 und 16, 2. Korinther 6:14 – 18, Offenbarung 17:9 – 14

Auch in der Offenbarung erteilt Gott durch Johannes den jetzt dringlichen Hinweis: „Geht aus ihr hinaus, mein Volk, damit ihr nicht an ihren Sünden teilhabt und damit ihr nicht von ihren Plagen empfangt!” – Offenbarung 18:4

Diese Aufforderung richtet sich an alle, die ihre Knie nicht vor Babylon gebeugt haben, denn der Himmlische Vater redet sie als „Sein Volk” an: „Geht hinaus von ihr mein Volk!” Wer dem Aufruf nicht folgt, zeigt damit an, daß er mit dem einverstanden ist, was Babylon lehrt und wie es handelt und wird mit ihm ins Gericht kommen, das dem antichristlichen System bevorsteht.

Nachdem der Apostel Johannes auf Patmos in verschiedenen Visionen Offenbarungen über die Entwicklung des antichristlichen Systems bis zu dessen Vernichtung bekommen hat, läßt der Herr ihn eine weitere Vision sehen, die den neuen Himmel und die neue Erde und das neue Jerusalem betrifft: „Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, aus dem Himmel von Gott herabkommen, bereitet wie eine für ihren Mann geschmückte Braut. Und ich hörte eine laute Stimme vom Himmel her sagen: Siehe das Zelt Gottes [oder die Wohnung, der geistige Tempel] bei den Menschen. Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott.” – Offenbarung 21:2 und 3

Und hier schließt sich der Kreis unserer Betrachtung mit dem Wunsch, daß die gesegnete Zeit des Königreichs bald kommen möge, in der Gott wieder inmitten Seines Volkes wohnen wird.