Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Mitknechte im Joch

Lesedauer: 9 Minuten

„Nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir, … denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.” Matthäus 11:29 und 30

Unser Herr richtete diese Worte an die Juden. Er predigte nicht zu denen aus den Nationen, denn die Zeit der Gnade für sie war noch nicht gekommen. Er war gesandt, „um die verlorenen Schafe aus dem Hause Israel” zu sammeln. Die Israeliten standen unter dem Joch Roms, mit dem natürlich nicht das Joch gemeint war, von dem der Herr sprach. Sie standen auch unter dem Joch ihrer Religion, dem Joch des Gesetzes.

Ein Joch bedeutet Knechtschaft. Wer ein Joch trägt, ist ein Knecht. Auf Ochsen legt man z. B. ein Joch, nicht um dieses zu tragen, sondern damit sie mit Hilfe des Jochs die Lasten tragen können, die man ihnen auflegt. Von daher wird es zum Symbol von Dienst, von Lastentragen. Das war bei den Israeliten der Fall; sie mußten alle Vorschriften des Gesetzes auf sich nehmen. Sie hatten gelobt, Gottes Knechte zu den Bedingungen dieses Gesetzesbundes zu werden. Aber es stellte sich heraus, daß sie so sehr außer Gleichgewicht und schwach waren, daß sie die Lasten des Gesetzes nicht tragen konnten. Kein Jude konnte diese Lasten aus dem Gesetzesbund tragen. „Da ist kein Gerechter, auch nicht einer.” Keiner war fähig, den Verpflichtungen von Gottes gerechtem Gesetz nachzukommen.

Unser Herr ist nicht gekommen, um das Gesetz abzuschaffen. Im Gegenteil, er pries das Gesetz und hielt es in Ehren. Er zeigte, daß dessen Forderungen weder unvernünftig noch ungerecht sind, auch wenn aufgrund der Unvollkommenheit kein Mensch fähig war es zu halten. Er selbst hielt das Gesetz in allen Stücken und bewies dadurch, daß das Befolgen die Möglichkeiten des Gehorsams seitens eines vollkommenen Menschen nicht übersteigt, sondern diesen Möglichkeiten durch und durch angepaßt ist. Das Gesetz zu halten stellte für ihn keineswegs eine zu schwere Last dar; er war imstande jeder einzelnen Forderung nachzukommen, und er tat es.

Doch jetzt lud er seine Jünger ein, sich einem anderen Joch zu unterwerfen, dem Joch der Knechtschaft ihm gegenüber. Er hatte eine neue Botschaft, die „frohe Botschaft”. Sie sprach von der Befreiung aus den Forderungen dieses Gesetzesbundes, den sie nicht tragen konnten, der aber angelegt war, „ein Zuchtmeister …. auf Christum hin” – Galater 3:24 – zu sein. Die Botschaft lehrte sie, wie sie an dieser wunderbaren neuen Einrichtung teilhaben können, die gerade erst begann und deren Haupt er selbst war. Diese Einrichtung stammte indessen vom Vater, doch der Sohn sollte Sein auserwählter Repräsentant sein. Die Nachfolger des Sohnes sollten an dieser Repräsentanz Anteil haben, indem sie dem Gesetzesbund gegenüber gestorben sind dadurch, daß sie an Jesus als ihren Messias glauben und mit ihm vereinigt werden. So wären sie für Gott annehmbar, erhielten die Zeugung durch den Heiligen Geist und würden Söhne Gottes.

Die Neue Schöpfung erfüllt den Gesetzesbund

Auf diesem Weg wären sie Partner des Messias insofern, als sie das Gesetz der Gerechtigkeit hielten, denn sie könnten dann unter diesem neuen Joch und unter diesen neuen Bedingungen Gottes Gesetz befolgen. Das neue Joch läge nicht auf der alten Schöpfung; diese hatte schon unter Beweis gestellt, daß sie die Anforderungen des Gesetzes nicht erfüllen konnte. Doch Gottes Plan sah vor, daß sie, um Neue Schöpfungen zu werden, tot sein müssen, und das nicht nur dem Gesetzesbund gegenüber, sondern in Bezug auf alle irdischen Interessen, Hoffnungen und Aussichten. Der Apostel sprach von ihnen, als er sagte, daß das Recht des Gesetzes in uns erfüllt ist, die wir nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist wandeln. – Römer 8:4

Wir kommen nicht nur den Anforderungen des Gesetzes nach, wir tun noch mehr. Wir legen unser Leben für die Brüder nieder. Das geht über das hinaus, was das Gesetz verlangt; es ist ein Akt der Neuen Schöpfung. Die alte Natur ist tot von Gottes Standpunkt aus. Das Handeln der Neuen Schöpfung geschieht aus dem alten Körper heraus, dessen Unzulänglichkeiten alle durch das Kleid von Christi Gerechtigkeit zugedeckt sind. So erfüllt die Neue Schöpfung aus Gottes Sicht das Recht des Gesetzes, denn sie hält treu am Herrn fest und erfährt beständig Reinigung durch das zugerechnete Verdienst des Blutes Christi für die Sündhaftigkeit ihres Körpers.

Das schwere Joch des Gesetzes für Israeliten

Nicht ohne Grund verwendet der Herr das Bild eines Joches den Juden gegenüber. Sie waren sich der Lasten des Gesetzes bewußt, unter denen sie als Volk lange geächzt hatten. Sie hatten gelernt, daß sie außerstande waren, ewiges Leben zu erlangen, das jedem unter der Bedingung vollkommenen Gehorsams den Gesetzesforderungen gegenüber prophezeit ist. 1.600 Jahre lang hatten sie versucht das Gesetz zu halten, und sie hatten es nicht geschafft. Sie dachten daran, daß Gott ihnen den Messias verheißen hatte, und sie wußten, daß Er irgendwie einen neuen Plan eröffnen würde; doch sie wußten nicht, wie und wann. Durch die Propheten hatte Gott ihnen vorhergesagt, daß Er ihr steinernes Herz wegnehmen und ihnen ein Herz aus Fleisch geben würde. So hatten die Treuen gewacht und gewartet und sich nach dem Messias und nach allen ihn betreffenden Verheißungen gesehnt. Und gottergebene ehrfürchtige Juden warten immer noch auf die Erfüllung jener Weissagungen.

Als aber Jesus kam, begann er ein Werk, das sie vorher nicht richtig verstanden hatten. Er präsentierte nicht den Neuen Bund, der durch die Propheten vorhergesagt war. – Jeremia 31:31 und 34, 32:38 und 41, Hesekiel 11:19, 36:25 – 30 Er nahm damals nicht ihre steinernen Herzen weg und gab ihnen Herzen aus Fleisch. Das sollte ein noch in der Zukunft liegendes Werk sein, das Werk seines Reiches, das dann in Macht und großer Herrlichkeit auf der ganzen Erde aufgerichtet werden soll.

Der Anfang der Neuen Schöpfung

Aber damals, vor diesem Vorhaben, war der Messias mit einer anderen Absicht gekommen, nämlich um ein Vorbereitungswerk zu tun. Er rief etwas Neues ins Leben: eine Neue Schöpfung. Und er lud so viele Juden als möglich ein, die in der echten Herzensverfassung waren, sich ihm anzuschließen, nicht auf den neuen Bund der Zukunft zu warten, sondern an diesem Vorhaben mit ihm zusammen teilzuhaben, ja, Söhne Gottes zu werden. „Nehmet auf euch mein Joch”, sagte Jesus. Und seine Botschaft fiel bei solchen auf fruchtbaren Boden, die ernsthaft bemüht gewesen waren, das Gesetz zu halten. „Kommet her zu mir, all ihr Mühseligen und Beladenen, und ich werde euch Ruhe geben.” – Matthäus 11:28 Das war ein neuer Gedanke. Er muß ihnen ziemlich seltsam vorgekommen sein, selbst dann, wenn sie seine bildhafte Darstellung völlig verstanden haben.

Auch wenn wir aus den Nationen sind und nie unter dem Joch des jüdischen Gesetzes standen, hatten wir doch, in anderer Weise, eine große Last, die auch wir nicht schleppen konnten, die Last von Sünde und Tod. Adam kam als erster unter diese Sündenlast, die einen so großen Fluch für die Welt mit sich brachte. Jeder von uns hat das Gewicht der Sünde und ihre ganzen furchtbaren und bitteren Begleiterscheinungen verspürt und getragen. So haben die Worte des Meisters, Worte voll Hoffnung und Trost, auch uns Freude und Auferbauung gebracht, und wir haben die angebotene Ruhe gefunden, eine Ruhe in ihm, unserem Mitknecht im Joch.

Wer auch immer mühselig und beladen ist, wer die Natur und die Bitternis der Sünde erlebt, wer sie kennt und fürchtet und gegen sie ankämpft, der ist eingeladen zum Herrn zu kommen. Ihm wird empfohlen, das Joch des Herrn auf sich zu nehmen und von ihm zu lernen. Er gibt ihnen die Gewißheit, daß sein Joch leicht ist, leicht in dem Sinn, daß man es tragen kann, und daß man sich damit nicht wundscheuert.

Das vollkommene individuell angepaßte Joch

Wir kennen Ochsen unter dem Joch, und wir denken dabei an das große hölzerne Joch auf ihrem Hals, das großen Druck auf Haut und Muskeln ausübt. An einem Joch, das dem Tier nicht individuell angepaßt ist, wird es sich wundscheuern und es wird unruhig werden, wohingegen ein gut angepaßtes Joch bequem ist und das Tier die Last leicht tragen läßt. Unser Herr sagt, daß sein Joch leicht, bequem und angenehm ist. Sein Joch ist sozusagen alles andere als starr. Es wird den verschiedenen Lebenslagen der jeweiligen Träger gerecht. Es ist breit für die Kräftigen, schmaler für die Kleinen und mittelstark für die Durchschnittlichen. Es ist ein Joch, unter dem sich die Größten, Bedeutendsten und Begabtesten in Gemeinschaft mit dem Herrn befinden, und für die Geringsten gilt das Gleiche. Der Herr wird für uns all das tragen, wofür uns die Kraft fehlt. Es gibt kein Joch, das jemand auf diese Weise befähigt, Lasten zu tragen, wie es dieses Joch tut. Richtig, man muß vollkommen sein, um dieses Joch zu tragen, und wir sind schwache und unvollkommene Kreaturen; doch wenn wir nur ein Zehntel Vollkommenheit und neun Zehntel Unvollkommenheit in uns haben, wird der Herr die fehlenden neun Zehntel für uns tragen. Wenn wir eine Hälfte Unvollkommenheit haben, wird er die tragen. So wird für die Schwächsten gesorgt, und auch die Stärksten erhalten, was sie brauchen. Darin liegt die wunderbare Chance des Evangeliumszeitalters.

Unser Herr sicherte dem Apostel Paulus zu: „… meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht.” – 2. Korinther 12:9 Alle Dinge werden für uns zum Guten mitwirken, weil wir ihn lieben, weil wir sein Joch auf uns genommen haben und Mitknechte im Joch mit ihm geworden sind. Wir freuen uns über das Vorrecht mit ihm zu leiden. Das Fleisch wird leiden, aber der Geist wird Freude empfinden. Wir werden nicht über unser Vermögen hinaus geprüft, Seine Last ist leicht. Der Herr hat es so eingerichtet, daß von keinem verlangt wird mehr zu tun, als er zu leisten imstande ist. Wenn wir die rechte Einstellung haben, werden wir mit Freude alles tun, was uns möglich ist. Wer zu solchem Tun nicht völlig bereit ist, wird vom Herrn auch nicht als treu angesehen werden. Die Last unseres Meisters ist leicht, wenn man sie mit allem Ernst und unter Anleitung der Wahrheit auf sich nimmt, und nur wer sie mit dieser Einstellung trägt, kann ein Mitknecht im Joch mit ihm sein.