Im ersten und zweiten Buch der Könige eilt den Herrschern Israels und Judas, die auf dem Thron Jahwes saßen, immer eine Beurteilung voraus, die uns vorweg darüber informiert, ob ihre Herrschaft „recht war in den Augen des HERRN”, oder ob sie „böse war in den Augen des HERRN”. Es gab auf dem Thron Jahwes sowohl „gute” als auch „weniger gute” Könige, wobei die als „böse” eingestuften Könige in einer Überzahl regierten. Es gab nur wenige, die „recht in den Augen des HERRN” waren und von ganzem Herzen danach strebten, Seinen Willen zur Ausführung zu bringen. Der Grund für die negativen Beurteilungen der meisten Könige lag darin, daß sie die Gebote Gottes nicht beachteten und ungehorsam waren und sich vor den fremden Göttern Kanaans niederwarfen und ihnen dienten.
Es kam aber auch vor, daß ein König zu Beginn seiner Herrschaft in den Wegen Gottes ging und dann mit der Zeit doch den verderblichen Einflüssen des weitverbreiteten Götzendienstes erlag und ungehorsam gegenüber Gott wurde, wie dies bei Saul, dem ersten König Israels, der Fall war. Und so verhielt es sich auch bei Salomo, dem Sohn Davids, der zu Beginn seiner Erwählung zum König Judas den Willen Jahwes in allem getan hatte, dem Gott eine sprichwörtliche Weisheit verliehen hatte, damit er Sein Volk in Gerechtigkeit richten konnte, der den Tempel Gottes errichten durfte, der großen Ruhm und Reichtum erlangte, und der schließlich doch aus der Gunst Gottes fiel. Die unbestechliche Schrift berichtet, daß er von seinen vielen heidnischen Frauen, die er alle liebte, zum Götzendienst und der Anbetung fremder Götter verleitet wurde und damit gegen das erste Gebot Gottes verstieß: „Du sollst nicht andere Götter haben neben mir!” – 2. Mose 20:3
Hiskia war einer unter den wenigen Königen Judas, die als „recht in den Augen des HERRN” bezeichnet wurden, weil er während seines ganzen Lebens von ganzem Herzen in den Wegen Gottes ging. Der Name Hiskia bedeutet „Meine Stärke ist Jahwe”, und nach diesem Motto handelte er auch. Seine Herrschaft beginnt mit einer Reinigung des Tempels und der Wiederherstellung des Gottesdienstes und einer Passah-Feier. Er läßt alle heidnischen Altäre niederreißen, die Ascherabilder, Sonnensäulen und Höhenheiligtümer, die sein Vorgänger auf dem Thron, Hoschea, eingeführt hatte. Die Bibel stellt Hiskia das wunderbare Zeugnis aus: „Er vertraute dem HERRN, dem Gott Israels, so daß unter allen Königen von Juda seinesgleichen nach ihm nicht war noch vor ihm gewesen ist.” – 2. Könige 18:5
Man sollte meinen, daß dem Sohn, der Hiskia auf dem Thron folgte, dem ein so überwältigendes Beispiel der Treue zu Gott und Seinen Prinzipien vorgelebt wurde, begeistert dem Beispiel seines Vaters folgen würde, aber ganz das Gegenteil trat ein.
Manasse, der Sohn Hiskias, war nicht nur einer unter vielen Königen, denen die Schrift bezeugt, daß ihre Herrschaft „böse war in den Augen des Herrn”. Vielmehr ist es so, daß derjenige, der den Bericht über Manasse in den Büchern der Könige und der Chronik ließt, zu der Beurteilung kommen muß, daß er von allen der böseste und schlimmste König gewesen sein muß, der auf den Thron Jahwes gelangte und 55 Jahre über Juda herrschte. Während sein Vater Hiskia alle Anstrengungen gemacht hatte, die fremden Götter wegzutun, die sein Vorgänger auf dem Thron von Juda, Hosea, eingeführt und angebetet hatte, machte Manasse alle Anstrengungen, den Götzendienst auf vielfältige Weise wieder einzuführen und den heiligen Namen Jahwes, des wahren und einzigen Gottes Israels, auf jede Weise zu entehren.
Es ist keine ungewöhnliche Lebenserfahrung, die wir hier machen, daß gottesfürchtige Väter Söhne zeugen können, die von Gott nichts wissen wollen oder sogar zum Bösestun neigen, wie es auch umgekehrt möglich ist, daß weniger gute und ungläubige Väter Söhne zeugen können, die gottergeben und in allem das Gute zu tun bestrebt sind.
Gott beurteilt aber jeden Menschen individuell und vorurteilsfrei allein nach dem, was er persönlich getan oder nicht getan hat und nicht nach dem, was sein Vater, der ihn gezeugt hat, vor ihm getan oder nicht getan hat, wie dies bei den Menschen oft der Fall ist. Sein Prinzip gilt für alle: „Die Seele, welche sündigt, die soll sterben”. – Hesekiel 18:20 Was die Väter und deren Sünde betrifft, sagt die Schrift in Bezug auf die Söhne, daß man im Reich Gottes nicht mehr sagen wird: „die Väter haben unreife Trauben gegessen, und die Zähne der Söhne sind stumpf geworden, sondern jeder wird wegen seiner Schuld sterben.” – Jeremia 31:29 und Hesekiel 18:2
Manasses umfangreicher Götzendienst
Wir wollen aber zunächst erfahren, was die Heilige Schrift über Manasse, den König von Juda, berichtet. Wir finden die Berichte in 2. Könige 21:1 – 9 und 2. Chronik 33:1 – 9: „Zwölf Jahre war Manasse alt, als er König wurde, und er regierte 55 Jahre in Jerusalem; und der Name seiner Mutter war Hefzi-Bar. Und er tat was böse war in den Augen des HERRN, nach den Gräueln der Nationen, die der HERR vor den Söhnen Israel vertrieben hatte. Und er baute die Höhen wieder auf, die sein Vater Hiskia vernichtet hatte, und errichtete Altäre für den Baal und machte eine Aschera, wie sie Ahab, der König von Israel, gemacht hatte, und er warf sich nieder vor dem ganzen Heer des Himmels und diente ihnen. Und er baute Altäre im Haus des HERRN, von dem der HERR gesagt hatte: In Jerusalem will ich meinen Namen niederlegen. Und er baute für das ganze Heer des Himmels Altäre in den beiden Vorhöfen des Hauses des HERRN. Und er ließ seinen Sohn durchs Feuer gehen, und er trieb Zauberei und Beschwörung und ließ sich mit Totengeistern und Wahrsagegeistern ein. Er tat vieles, was böse war in den Augen des HERRN. Und er stellte das Götterbild der Aschera, das er gemacht hatte, in das Haus, von dem der HERR zu David und zu seinem Sohn Salomo gesagt hatte: In diesem Haus und in Jerusalem, das ich aus allen Stämmen erwählt habe, will ich meinen Namen für ewig niederlegen.”
Nachdem wir hier näher erfahren haben, mit welchem Eifer und in welchem Umfang der König Manasse den Götzendienst in Juda einführte und selbst den fremden Göttern diente, können wir nur den Eindruck bestätigen, daß Manasse mehr und nachhaltiger als alle übrigen gottlosen Könige gegen Gott und Sein Volk sündigte – und, was in den Augen Jahwes besonders verwerflich war, er verführte Gottes Volk zum Götzendienst, wie wir im Vers 9 lesen: „Und Manasse verführte sie mehr Böses zu tun als all die Nationen, die der HERR vor den Söhnen Israels ausgerottet hatte.”
Manasses gottloses Verhalten, das Volk zum Bösen und zum Götzendienst zu verführen, wiegt besonders schwer in der Beurteilung Gottes, wie wir dies schon bei Jerobeam, dem „bösen” König Israels, erkennen, von dem ebenso berichtet wird, daß er „das Volk zur Sünde verführte” oder böswillig anstiftete. – 1. Könige 15:34 und 2. Könige 3:3
Dennoch wäre es falsch, Jerobeam mit Manasse zu vergleichen und zu sagen, wie Jerobeam der Inbegriff des Bösen auf Seiten von Israel ist, so ist Manasse es auf Seiten von Juda. Es gibt im Leben und Handeln beider einen großen und bedeutsamen Unterschied, der darin besteht, daß Jerobeam Zeit seines Lebens unbelehrbar blieb und bewußt bis zum Ende seines Lebens nicht vom Bösestun ablassen wollte, während Manasse, nachdem er als ein Gefangener nach Babel gebracht wurde und in großer Trübsal war, sich demütigte und von Herzen Reue über das zeigte, was er zuvor getan hatte. Manasse war von da an wie vor ihm sein Vater Hiskia bestrebt, alle Götzenbilder zu vernichten und die Höhen niederzureißen und das Volk zu Gott zurückzubringen. Welch eine Umkehr im Leben von Manasse!
Es gibt ein Sprichwort, welches besagt, daß jemand „von Saulus zum Paulus” geworden ist, was ganz allgemein eine völlige Umkehr vom Bösen zum Guten anzeigen soll.
Dann lesen wir in 2. Könige 21:10 – 15: „Da redete der HERR durch seine Knechte, die Propheten, und sprach: „Weil Manasse, der König von Juda, diese Gräuel verübt (und) Schlimmes getan hat – mehr als alles, was die Amoriter getan haben, die vor ihm gewesen sind, – und auch Juda durch seinen Götzen zur Sünde verführt hat, darum, so spricht der HERR, der Gott Israels, siehe, ich will Unheil über Jerusalem und Juda bringen. … Und ich werde den Überrest meines Erbteils verstoßen und werde sie in die Hand ihrer Feinde geben, und sie werden allen ihren Feinden zum Raub und zur Plünderung werden, weil sie getan haben, was böse ist in meinen Augen, von dem Tag an, als ihre Väter aus Ägypten gezogen sind, bis auf den heutigen Tag”.”
Während der König Manasse der Verursacher all des Bösen ist, zu dem er Israel verführt hat, wendet sich diese Gerichtsbotschaft Gottes gegen das gesamte Volk Israel, aber seltsamerweise nicht direkt gegen ihn. Und auch der weiterführende Bibelbericht von Vers 16 bis zum Ende des Kapitels sagt nichts über ein vergeltendes Gericht Gottes über ihn aus.
„Manasse vergoß auch sehr viel unschuldiges Blut, bis er Jerusalem damit anfüllte von einem Ende bis zum andern; abgesehen von seiner Sünde, mit der er Juda zur Sünde verführte, zu tun, was böse war in den Augen des Herrn.”
Der Bericht über Manasse in 2. Könige schließt mit den nüchternen Worten: „Und Manasse legte sich zu seinen Vätern und wurde begraben im Garten seines Hauses, im Garten des Usa. Und sein Sohn Ammon wurde an seiner Stelle König.”
Manasses Umkehr
Was uns das 2. Buch der Könige zu verschweigen scheint, was aber wichtig zum völligen Verständnis der Geschichte des Königs Manasse ist, wird in 2. Chronik im Kapitel 33 in den nachfolgenden Versen 10 – 16 hinzufügend berichtet: „Und der HERR redete zu Manasse und zu seinem Volk, aber sie achteten nicht darauf. Da ließ der HERR den Heerobersten des Königs von Assur über sie kommen. Und sie nahmen Manasse gefangen und banden ihn mit ehernen Fesseln und führten ihn nach Babel. Und als er so bedrängt war, flehte er den HERRN, seinen Gott, an und demütigte sich sehr vor dem Gott seiner Väter und betete zu ihm. Und er ließ sich von ihm erbitten und erhörte sein Flehen und brachte ihn nach Jerusalem in seine Königsherrschaft zurück. Da erkannte Manasse, daß der HERR der (wahre) Gott ist. … Und er tat die fremden Götter weg und das Götzenbild aus dem Haus des HERRN und alle Altäre, die er auf dem Berg des Hauses des HERRN und in Jerusalem gebaut hatte; und er warf sie vor die Stadt hinaus. Und er baute den Altar des HERRN (wieder) auf und opferte auf ihm Heils- und Dankopfer. Und er befahl Juda, daß sie dem HERRN, dem Gott Israels dienen sollten. Aber das Volk opferte noch auf den Höhen, jedoch (nur) dem HERRN, ihrem Gott.”
Die Mitteilung, daß der König Manasse sich vor Jahwe sehr demütigte und mit ganzem Herzen zu dem einzigen und wahren Gott seiner Väter umkehrte, um fortan Seinen Willen zu tun, erfreut unsere Herzen sehr. Was uns dabei besonders auffällt, ist, daß Manasse „erkannte”, „daß der HERR der wahre Gott ist”. Dies geschah, nachdem Manasse eine positive Antwort auf sein Flehen, das wohl auf Gottes Barmherzigkeit gerichtet war, bekam, und er wieder nach Jerusalem zurückkehren konnte, und in seine frühere Herrschaft wiedereingesetzt wurde.
Manasse „erkennt” den wahren Gott Israels
Wenn wir uns fragen, was wohl „das Erkennen” des wahren Gottes seiner Väter bewirkt haben könnte, so scheint es die Tatsache gewesen zu sein, daß der große Gott des Universums auf die flehentlichen Gebete einging und ihm, der bisher ein hochmütiger Götzendiener und Gegner des Herrn gewesen war, antwortete. Vielleicht erinnerte sich Manasse, als er sich in höchster Not befand, der Aufforderung der Schrift: „Rufe mich an in der Not, [und er war in höchster Not, aus der ihn niemand befreien konnte] und ich will dich erretten und du sollst mich preisen!” Auch kommen uns die Worte des Apostels Paulus hier in den Sinn, die er als eine MillenniumsBotschaft verkündet: „Denn alle werden mich erkennen, vom Kleinsten bis zum Größten unter ihnen. Denn ich werde gegenüber ihren Ungerechtigkeiten gnädig sein, und ihrer Sünden werde ich nie mehr gedenken.”
In ähnlicher Weise hat der Ewige durch den Propheten Jeremia im Voraus über die Zeit der allgemeinen Wiederherstellung des Menschen verkündigt: „Dann wird nicht mehr einer seinen Nächsten oder einer seinen Bruder lehren, und sagen: Erkenne den HERRN! Denn sie alle werden mich erkennen von ihrem Kleinsten bis zu ihrem Größten, spricht der HERR. Denn ich werde ihre Schuld vergeben und an ihre Sünde nicht mehr denken.”
Was in einer zukünftigen Weise allen Menschen, vom Kleinsten bis zum Größten, versprochen wird, war hier persönlich an Manasse geschehen, daß Gott dem König, nachdem sich dieser vor Ihm sehr gedemütigt hatte, seine große Schuld vergab und ihn wieder in sein königliches Amt einsetzte.
Was Manasse in der Zeit seines Unglücks vor allem begriffen zu haben scheint, war auf der einen Seite seine große Schuld und auf der anderen Seite die Erfahrung, daß er es mit einem langmütigen und barmherzigen Gott zu tun hatte. Schon Mose, der das Angesicht Gottes zu sehen begehrte, war eine Antwort zuteil geworden, daß niemand Sein Angesicht sehen könnte, daß Er aber in einer Erscheinung Seinen heiligen Namen vor ihm offenbaren und an ihm vorüberziehen lassen wollte, was einer Offenbarung Seines liebevollen Charakters gleichkam.
„Jahwe, Jahwe, Gott, barmherzig und gnädig, langsam zum Zorn und reich an Gnade und Treue, … der Schuld und Sünde vergibt”. – 2. Mose 34:6
Offenbar hatte Manasse die Langmut Gottes mit ihm „erkannt” und die Gnade und Barmherzigkeit, die ihm mit der Vergebung seiner Sünde geschah, – ihm, der so viel Böses getan hatte. Die Offenbarung Gottes, mit der Er Seinen Namen an Mose vorüberziehen ließ, hat auch einen zweiten Teil, der uns über Jahwes unbeugsame Gerechtigkeit mit der Feststellung unterrichtet: „der Schuld, Vergehen und Sünde vergibt, aber keineswegs ungestraft läßt … .”
Wir erinnern uns daran, daß David, nachdem er seine Schuld im Fall von Bathseba erkannt und sich von Herzen vor Gott gedemütigt hatte und ihm daraufhin seine Schuld vergeben wurde, auch nicht ungestraft blieb. Ebenso verhielt es sich bei Davids zweitem Fehltritt, als er Israel zählen ließ. Gott vergab seine Sünde, als er sich vor ihm demütigte, aber er kam auch hier nicht ohne Strafe davon; Gott ließ ihn unter drei unterschiedlichen Strafen wählen, von denen eine an ihm vollzogen werden sollten. Und welche Wahl traf David!?
„Und David sagte zu Gad: Mir ist sehr angst! Laß uns doch in die Hand des HERRN fallen, denn seine Erbarmungen sind groß! Aber in die Hand der Menschen laß mich nicht fallen!” – 2. Samuel 24:14
Was schon David erkannt hatte, daß „Gott ein zerbrochenens und zerschlagenes Herz nicht verachten würde”, das erkannte auch der König Manasse. – Psalm 51:9 Er anerkannte und wertschätzte, daß „die Erbarmungen Gottes sehr groß sind, und daß sie denen sicher sind, die von ganzem Herzen bereuen und zu Gott umkehren, nicht nur in Worten, sondern auch in ihren Taten.” Daß Manasse es mit seiner Umkehr zu Gott ernst gemeint hatte, zeigt sein weiteres Handeln, daß er, nachdem er den wahren Gott erkannt hatte, den Gott aller Barmherzigkeit, mit Eifer die Götzenbilder vernichtete und das Volk zum wahren Gottesdienst aufforderte.
Sünde wird von Gott bestraft
Wir haben schon zuvor erwähnt, daß in dem 2. Buch der Könige nur von einem „Unheil” berichtet wird, daß Gott als Strafe über Israel und Juda bringen würde, aber nicht über die Bestrafung des Königs. Wir erfahren jedoch durch den Propheten Jeremia, daß das Volk von Juda „um der Sünde Manasses willen” bestraft wurde. – Jeremia 15:4 Wie das Volk zuvor Hiskia zum Guten gefolgt war, war es danach seinem Sohn Manasse zum Bösen gefolgt. – Sprüche 1:10 Und in diesem Sinn wurden sie „um Manasses willen” bestraft. Zu deutlich ist die Aussage der Schrift im Fall von David, daß Sünde nicht unbestraft bleiben kann. – 2. Samuel 12:14 Selbst unser Herr Jesus mußte an unserer statt die Strafe für unsere Sünde erleiden und den Kreuzestod sterben – damit uns um seinetwillen vergeben werden konnte.
Während das 2. Buch der Könige nichts Genaues über die Umkehr Manasses in der Gefangenschaft von Babel berichtet, enthält das 2. Buch der Chronik eine Mitteilung über die innere Einkehr und seine Umkehr zu Gott. Wir lesen im 23. Kapitel in den Versen 18 und 19 wie folgt: „Und die übrige Geschichte Manasses und sein Gebet zu seinem Gott und die Worte der Seher, die zu ihm redeten im Namen des HERRN, des Gottes Israels, [wovon in 2. Könige nicht berichtet wird] siehe, das ist (geschrieben) in der Geschichte der Könige von Israel. Sein Gebet aber, und wie Gott sich von ihm erbitten ließ, und all seine Sünde und Untreue und die Orte, an denen er Höhen gebaut und die Ascherim und die Götterbilder aufgestellt hatte, bevor er sich demütigte, siehe das ist geschrieben in der Geschichte der Seher.”
Das „Buch der Seher”
Wie wir zuvor gelesen haben, ist in den vorangehenden Zeilen von einem so genannten „Buch der Seher” die Rede. Einige denken, daß es sich dabei um ein prophetisches Buch handelt, das im Laufe der Zeiten verlorengegangen ist. Wir aber denken, daß es sich um eine imaginäre, unbestimmte Bezeichnung handeln könnte, welche die Zeugnisse aller Propheten beinhaltet. Die Schrift selbst sagt in 1. Samuel 9:9: „Vorzeiten sagte man in Israel, wenn man ging, Gott zu befragen: Kommt laßt uns zum Seher gehen; denn den man heute Prophet nennt, nannte man früher Seher.”
Es wird in dieser „Geschichte der Seher” von einem Gebet berichtet, in welchem der König sich vor Jahwe demütigte; und wie gern hätten wir den Wortlaut dieses innigen Gebets um Vergebung erfahren. – 2. Könige 17:13
Uns sind dagegen Gebete von anderen „Sehern” dem Wortlaut nach bekannt, wie Mose, David, Salomo, Hiskia, Esra, Nehemia, Elisa, Hiob, Jeremia, Daniel und Jonas und Habakuk, die von Gott erhört wurden.
So können wir uns auch geführt durch den Geist Gottes vorstellen, welche Worte des tief empfundenen Dankes und des Lobpreises Adam aussprechen wird, wenn er als letzter von der Gefangenschaft des Todes auferstehen wird, wenn er als wiedereingesetzter König der Erde seinen Nachkommen oder seinem Volk begegnen wird, wie zuvor Manasse, nachdem ihn Gott von der Gefangenschaft befreit und in sein vorheriges Königsamt wiedereingesetzt hatte.
Demütigung vor Gott führt zur Erhöhung
Für uns, die wir alle der Vergebung bedürfen, hat dieser Gedanke der Demütigung vor Gott und der Vergebung durch Gott Vorrang vor allem anderen. Daß unser langmütiger und barmherziger Himmlischer Vater selbst eine so große Schuld, wie die von Manasse vergeben konnte, gibt uns die Sicherheit, daß jede Sünde der Menschen, wie groß und schwer sie auch immer erscheinen mag, von Gott vergeben werden kann – wenn sie von ganzem Herzen bereut und Besserung versprochen wird.
Wie sehr erinnern uns Manasse und sein Volk an die Geschichte Adams und seines Geschlechts. Wie Adam, der aus „gutem Hause” kam, von seinem Schöpfer zum König über die Erde eingesetzt wurde, so wurde auch Manasse, der aus dem guten Hause Hiskias hervorging, zum König über das Volk von Juda gemacht. Und wie Adam durch seinen willigen Ungehorsam sich selbst und auch seinen Nachkommen sehr geschadet hat, denn er tat „was böse in den Augen Jahwes war”, als er sündigte, so geschah es auch bei Manasse, dem König von Juda. Der eine wie der andere übertrugen auf ihre Weise ihre Sünde auf das Volk.
Was aber die Geschichte des natürlichen Volkes Israel betrifft, war Manasse nicht der letzte „böse” König Judas auf dem Thron Jahwes. Gott ließ noch weitere Könige auf Seinem Thron zu, damit das Volk noch mehr bittere Erfahrungen mit dem selbstgewählten Königtum machen sollte. Gegenüber Zedekia, dem letzten bösen König auf dem Thron Jahwes, sprach der Ewige die in die Zukunft weisende Verheißung aus: „Und du, Unheiliger, Gesetzloser Fürst Israels, dessen Tag gekommen ist zur Zeit der Ungerechtigkeit des Endes! So spricht der Herr Jahwe: Hinweg mit dem Kopfbund und fort mit der Krone! Dies wird nicht mehr sein. Das Niedrige werde erhöht und das Hohe erniedrigt. Umgestürzt, umgestürzt, umgestürzt will ich sie machen; auch dies wird nicht mehr sein – bis der kommt, welchem das Recht gehört: dem werde ich’s geben.” – Hesekiel 21:30 – 32
Wir erinnern uns daran, daß sowohl Manasse als auch das Volk von Gott gewarnt und zur Umkehr von ihren bösen und götzendienerischen Wegen aufgerufen wurden, bevor sie das Unheil erreichte. – 2. Chronik 33:10
Aber die Warnungen Gottes stießen bei Manasse und dem Volk auf taube Ohren. Sie dachten nicht daran, von ihrem bösen und götzendienerischem Handeln abzustehen. Erst als Gott Manasse zur Strafe in die Hand seiner Feinde geraten ließ und niemand ihm beistehen konnte, kam er zu der Erkenntnis seiner großen Schuld vor Gott und demütigte sich. Ein Sprichwort sagt, daß „Einsicht der erste Schritt zur Besserung ist!”
Vielleicht dachte der entmachtete König, als er in eiserne Fesseln gezwängt auf dem Boden lag, an die weit in der Vergangenheit liegende Zeit seines Volkes, als es sich in der Knechtschaft in Ägypten befand und nach Gott um Befreiung und Errettung aus ihrer großen Trübsal schrie. Und er dachte auch daran, daß Gott ihre flehentlich vorgetragene Bitte erhört und sie aus der Knechtschaft Ägyptens befreit hatte. So demütigte sich der König und flehte Gott um Hilfe an und versprach die Umkehr von seinen bösen Wegen.
Oft ist es so, daß der Mensch erst dann, wenn er in große Schwierigkeiten gerät, wenn er in einer großen Trübsal nicht mehr ein und aus weiß und keine menschliche Hilfe erwarten kann, zur Einsicht und Überlegung kommt und nach Gott fragt. So verhielt es sich auch im Fall von Manasse, wobei wir lobend erwähnen können, daß, nachdem er sich vor Gott gedemütigt hatte, er bis zu seinem Lebensende Jahwe treu ergeben war und in Seinen Wegen ging.
Adam und Manasse
Man sagt, daß der Mensch aus Erfahrungen lernt. Diese Feststellung trifft auch auf den ersten Menschen Adam und seine Nachkommenschaft zu. Adam, der ebenso nach Gottes Willen ein König war, hatte, bevor er sündigte, keine Vorstellung darüber, welche schrecklichen Auswirkungen die Strafe für Sünde haben würde – sterbend sollst du sterben. Bevor er sündigte, kannte er keine Mühsal, keinen Schmerz, kein Leid. Er konnte in Eden noch keine Vorstellung davon haben, wie sich die Sklaverei der Sünde und die Gefangenschaft des Todes auf seine Nachkommen auswirken würde.
Ebenso verhielt es sich mit dem König Manasse, der, als er in Jerusalem glanzvoll regierte, keine Vorstellung davon haben konnte, wie es einem Gefangenen und Gebundenen im Land des Feindes ergeht, bis er selbst als Strafe für seine Sünden diese Erfahrungen am eigenen Leibe machen mußte.
Erst nachdem er diese Erfahrungen gemacht hatte, erkannte er die Sinnlosigkeit seines Lebens in Sünde, und „er erkannte, daß der HERR, der wahre Gott ist” und demütigte sich unter die barmherzige Hand des Herrn.
Wir bemerken, daß heute die große Mehrzahl der Menschen ungläubig ist und den wahren Gott der Gerechtigkeit und Barmherzigkeit noch nicht erkannt hat. Aber die Schrift verheißt uns, daß alle Menschen, ob gerecht oder ungerecht, aus dem Gefangenschaft des Todes auferweckt hervorkommen werden, zu einer günstigen Gelegenheit ewiges Leben zu erlangen. Der Herr wird sie prüfen, ob sie aus ihren Erfahrungen gelernt haben, und ob sie nunmehr bereit sind, in
Seinen Wegen zu gehen und Seinen Willen zu tun – wie dies gottlob bei Manasse der Fall war.
Wir erwarten, daß auch die große Mehrheit der Menschen, nachdem sie den Gott der Liebe und Barmherzigkeit erkannte haben, fortan in Seinen Wegen zu gehen und Seinen Willen freudig zu tun wünschen. – Gelobt sei unser barmherziger Gott für Seine Gnade der Vergebung und Errettung!