„Alle stolzen Herzen sind dem HERRN ein Gräuel.” – Sprüche 16:5
Stolz ist sehr betrügerisch und umgibt oder bedeckt sich häufig mit Demut. Aufgrund unserer eigenen Unvollkommenheiten ist es gut für uns, nicht zum Richter der anderen zu werden, sondern unser Urteil nur auf die äußeren Kundgebungen zu beschränken. Der Herr sagte: „Deshalb, an ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.” – Matthäus 7:20 Wir sollen das äußere Verhalten beurteilen, aber wir können nicht darüber hinausgehen und sagen, was im Herzen ist. Irrtümer in der Beurteilung eines anderen sind kein Gräuel für den Herrn. Er mag über Fehler mit mitleidigen Augen hinwegsehen. Die Menschen sind für jene Folgen nicht verantwortlich, die durch Vererbung auf sie gekommen sind. Ohne den Einzelnen zu richten mögen wir manchmal ein bestimmtes Verhalten erkennen, was Hochmut zu offenbaren scheint, jedoch kein Hochmut ist.
Wir haben Menschen gesehen, die einen großen Mangel an Selbstwertgefühl, einen großen Mangel an Eitelkeit besitzen, die aber eine ausgeprägtes Verlangen nach Anerkennung zeigen. Sie denken nicht so sehr an sich selbst, wünschen aber, daß andere an sie denken. Sie sagen: „Wenn die Menschen mich kennen würden, wie ich mich kenne, so würde ich einfach eine Null in der Welt sein.” Hier kommt ein bestimmtes Maß an Wahrheit zum Vorschein. Menschen mit wenig Selbstwertgefühl werden oft als stolz eingeschätzt, während dies in Wirklichkeit nicht der Fall ist. Solche Personen leiden einfach an den ungünstigen Umständen, in die sie hineingeboren wurden. Wir können nicht annehmen, daß der Herr sie verabscheuen würde. Sie sind sehr oft gering gegenüber sich selbst und demütig gegenüber dem Herrn eingestellt. Sie versuchen jedoch selbst in einer möglichst günstigen Weise zu erscheinen. Wir müssen zugeben, daß dies bis zu einem bestimmten Maß schicklich ist. Es ist für sie klug ihre natürlichen Schwachheiten zu überwinden. Sie sollten versuchen nüchtern über sich selbst zu denken (das heißt mit einem gesunden Sinn), und sie sollten versuchen, in ihrem Verhalten nicht zu übertreiben. Sie müssen mit Sanftmut handeln, wie auch fühlen und denken.
Es gibt eine andere Kategorie von Menschen, die ein großes Maß von Selbstwertgefühl besitzt, jedoch denkt: „Ich wünsche nicht, daß andere wissen, daß ich diese hohe Meinung über mich selbst habe, daher will ich dies verbergen. Ich will mich bemühen, sehr demütig zu sprechen. Die Schriften sagen, daß wir demütig sein sollten, wenn ich daher über irgendetwas rede, so will ich versuchen von diesem Standpunkt aus zu reden.” Solche Leute erlangen sehr häufig einen Glanz äußerlicher Demut. Einige denken wirklich, daß dies die richtige Art des Handelns und Denkens ist. Wenn sie in ihrem Verhalten aufrichtig sind, können wir nicht vermuten, daß der Herr sie verabscheuen wird.
Der Gedanke unseres Leittextes ist der, daß „die im Herzen Stolzen” die hochmütig gesinnten Menschen sind – jene, die sich hochmütig gegenüber andere fühlen und kein Mitgefühl zeigen, die von sich selbst höher denken als sie sollten und andere verachten. Das Herz eines solchen ist nicht das, was Gott oder irgendein anderer lieben könnte; es ist in des Herrn Augen ein Abscheu.
Warum Hochmut ein abscheulicher Charakterzug ist
Eine Gräuel ist das, was außerordentlichen Mißfallen erregt – was abstoßend ist – was eine Person nicht zu erwägen wünschen sollte – nicht hegen sollte – was man tadeln muß. Es muß irgendeinen Grund geben, warum Gott selbst so gegen den Hochmut ist. Wir bemerken, daß wirklich niemand etwas besitzt, auf das er stolz sein kann; wie der Apostel in 1. Korinther 4:7 zu verstehen gibt: „Denn wer gibt dir den Vorzug? Was aber hast du, das du nicht empfangen hast? Wenn du es aber auch empfangen hast, was rühmst du dich, als hättest du es nicht empfangen?” Was haben wir, das wir nicht vom Herrn empfangen haben? Wenn das, was wir auch immer empfangen haben, ein Geschenk ist, wo ist dann unser Recht darauf stolz zu sein? Nachweislich wäre das eine sehr falsche Einstellung des Geistes – auf Dinge stolz zu sein, die uns nicht zu eigen sind, uns nicht gehören, sondern ein Geschenk sind.
Es gibt daher für niemand einen Grund stolz zu sein; aber es gibt jeden Grund zur Dankbarkeit gegenüber dem großen Geber alles Guten. Und was für uns wahr ist, das ist es auch auf die Engel bezogen. Daher gibt es im ganzen Universum nichts, worauf irgendeine der Schöpfungen Gottes stolz sein könnte. Unter welchen Verhältnissen sie sich auch befinden, es ist nicht von ihnen selbst. Gott scheint die Bedingungen für Demut so eingerichtet zu haben, daß es keinen Grund für stolzes Benehmen geben könnte.
Stolz ist nur Selbstsucht, Selbstlob; und Selbstsucht ist ein anderer Name für Sünde. Sünde und Selbstsucht stehen daher im Gegensatz zum göttlichen Charakter und dem göttlichen Plan – im totalen Gegenteil zu diesem. Es ist daher richtig und passend, daß Gott den Stolzen verabscheut. Weil sie Seine Segnungen nicht richtig genutzt haben, konnten sie Seine Gunst nicht erlangen. Ob sie nun auf geistige Fähigkeiten stolz sind, auf körperliche Stärke, auf Reichtum oder Abstammung, oder stolz darauf, daß ihre „Urahnen Affen waren” spielt dabei keine Rolle. Alles dies ist Stolz und ein Abscheu gegenüber dem Herrn.
Die abscheulichste Form des Stolzes
Aber die abscheulichste Form des Stolzes ist Stolz in der Kirche – so als ob wir den Plan gemacht hätten und uns damit rühmen könnten. Wir sehen in der Tat, daß irgendjemand, der einen Plan erarbeitet, mit Recht darauf stolz sein kann. Aber wenn wir uns daran erinnern, daß keiner von uns den Plan geschaffen hat, sondern daß wir nur das Vorrecht haben, diesen zu erkennen, sollten wir um so mehr von Demut erfüllt sein und Tag für Tag versuchen, Seinen Namen besser zu verherrlichen für die Segnungen, die Er für die Welt bereithält.
Wir können nicht vermuten, daß irgendeine Art von Hochmut in Gottes Sicht abscheulicher sein könnte als Hochmut in der Wahrheit. Wenn jemand eine solche Richtung einschlagen und sie weiterverfolgen sollte, so würde es ihn offensichtlich aus dem Licht herausführen. Wir sehen dieses Prinzip gut in dem Fall von Satan dargestellt. Edel und großartig erlaubte er, daß Stolz in sein Herz kam und sagte: „Ich will mich über die anderen erheben; ich will mein eigenes Reich besitzen.” Und dieser Hochmut machte ihn zum Gegner Gottes. – Jesaja 14:12 – 17 Er ist in den Schriften bekannt als der Widersacher, der Satan und der Teufel.
Alle diejenigen, die den Geist des Hochmuts und des Stolzes haben, verfehlen zu erkennen, daß „jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk von oben herabkommt, von dem Vater der Lichter”. – Jakobus 1:17 Daher offenbart ein jeder solcher den Geist des Widersachers und nicht den Geist Gottes. Wenn diesem zu wachsen und Früchte hervorzubringen erlaubt wird, wird er schließlich zum Zweiten Tod führen. Es ist entsetzlich, die Natur der Versuchungen zu erkennen, die zu Gottes Volk kommt. Wir sollen aber ihre Herzen nicht richten, um zu bestimmen ob es ein Hochmut des Herzens ist oder nicht; denn es mag nur eine Täuschung für eine Zeit sein. Und obgleich sie hinsichtlich des „hohen Rufes” fehlgehen mögen, können sie einen Platz in der „Großen Schar” erlangen. Und wenn wir sehen, daß das Verhalten überhaupt nicht in Übereinstimmung mit dem ist, was wir von denen erwarten sollten, die mit der Wahrheit gesegnet sind, sollte es uns alle dazu bringen, unsere eigenen Herzen zu untersuchen, um zu sehen, in welchem Umfang wir die gleichen Merkmale des Hochmuts besitzen. – Jakobus 3:10