Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Die Sünde der Habsucht (Josua 7)

Lesedauer: 8 Minuten

„Wisset, daß eure Sünde euch finden wird.”

4. Mose 32:23

Erfüllt mit Glauben und im Hochgefühl des Sieges über Jericho schritten die Israeliten voran, Kanaan zu erobern. Späher wurden nach Ai gesandt. Bei ihrer Rückkehr gaben sie die Auskunft, daß der Ort klein ist, und daß eine Streitmacht von zwei- oder dreitausend Mann für seine Eroberung ausreichend sein würde. Tatsächlich erwarteten sie nach den Erfahrungen in Jericho, daß kein Israelit getötet werden würde, und daß ihre Feinde so von Schrecken erfüllt sein würden, daß sie sich wenig oder überhaupt nicht verteidigen würden. Doch in Ai ereignete sich gerade das Gegenteil. Sechsunddreißig Israeliten wurden getötet, und Israels Heer, das nun begriff, daß es hier nicht Gottes Gunst hatte, floh vor seinen Feinden.

Josua und seine Getreuen, die Ältesten Israels, hatten damit nicht gerechnet. Sie warfen sich vor der Bundeslade nieder, beklagten das Unglück und bekundeten besonders ihr Erschrecken über die Folgen, die die Niederlage auf ihre Feinde haben würden, und die diese ermutigen würde. Israel, Gottes Vorbild-Volk, wäre hingegen entmutigt.

Gebanntes oder geweihtes Gut

Meistens wird in den Übersetzungen der Schrift das Wort ‚gebannt’ gebraucht, wo ‚geweiht’ vorzuziehen wäre. Der Herr informierte Josua, daß Gottes Gunst nicht mit Israel war wegen dessen Untreue. Als Jericho eingenommen wurde, hat sich einer der Soldaten einen Teil der Kriegsbeute angeeignet. Aber nach Gottes Vorschrift war die gesamte Beute von vornherein geweiht. Daher war diese Tat ein Bruch ihres Gelübdes, und Israels Streitmacht konnte kein Segen zukommen, bis die Sache richtiggestellt war.

Damit das ganze Volk diese Lektion lernt, ordnete der Herr an, daß die Repräsentanten aller Stämme vor ihm erscheinen sollten, wo im Losverfahren der Stamm ermittelt werden sollte, zu dem der Schuldige gehörte. Auf die gleiche Art wurden die Familien dieses Stammes getestet, und man fand die Familie. So kam heraus, daß es Achan war, der schuldig war – und die Ursache für das Unglück.

„Und Josua sprach zu Achan: Mein Sohn, gib doch Jahwe, dem Gott Israels, Ehre und lege ihm ein Bekenntnis ab; und tue mir doch kund, was du getan hast, verhehle es mir nicht! Und Achan antwortete Josua und sprach: Fürwahr, ich habe gegen Jahwe, den Gott Israels, gesündigt, und so und so habe ich getan: Ich sah unter der Beute einen schönen Mantel aus Sinear und zweihundert Sekel Silber und eine goldene Stange, fünfzig Sekel ihr Gewicht, und mich gelüstete danach, und ich nahm sie; und siehe, sie sind im Innern meines Zeltes in der Erde vergraben, und das Silber darunter.”

Achans Strafe

Das Urteil über Achan lautete auf Tod durch Steinigung, und nach der Steinigung wurde die Leiche verbrannt, wodurch symbolisch ausgedrückt wurde, daß für ihn keine Hoffnung auf zukünftiges Leben bestand. Wir meinen nun, daß hier eine bekannte Versinnbildlichung gebraucht wurde, und daß Achan, als Mitglied von Adams Nachkommen genauso behandelt wird wie die Menschheit im allgemeinen und Teil hat am Loskauf durch Jesu Tod. So wurden auch die Sodomiter durch Feuer vom Himmel hingerichtet, und zwar als bildliche Darstellung für die Klasse, die den Zweiten Tod sterben wird. Niemand wird aber den Zweiten Tod sterben, ohne erst von der Verdammung des ersten, des adamischen Todes in gewisser Weise erlöst worden zu sein. Hier handelt es sich nur um Vorbilder oder Schatten der bewußt bösartigen Gruppe von Menschen und von der ewigen Vernichtung, gleich der von wilden Tieren, die über sie kommen wird.

So wie die Sodomiter kein Wissen über Jesus und auch keinen Segen durch ihn hatten, hatte dies auch Achan nicht. Wenn sie nun, erlöst durch das Verdienst aus Jesu Opfer, im Zeitalter des Messias aus dem Todesschlaf erwachen und ihr Verhalten „erträglicher” als das der Leute von Chorazin und Bethsaida sein wird, so geschieht das Gleiche mit Achan. Die Apostel sagen ja, daß diese vorbildlichen Geschehnisse aus der Vergangenheit als Beispiele für die Vernichtung dienen, die die Strafe ist für alle, die willentlich, bewußt und mit Einsicht die Wege des Herrn ablehnen. – 1. Korinther 10:11, Judas 7

Habsucht in unseren Tagen

Vielleicht gab es in der Weltgeschichte noch nie soviel Habsucht wie heutzutage. Wie vergleichsweise wenige in einer Stadt, in einem Land hätten wohl anders als Achan gehandelt! Wenn diese alle gesteinigt und verbrannt werden sollten, dann wäre die Erde ein einziger Scheiterhaufen. Niemand zittert vor Furcht vor einer solchen Bestrafung. Und doch teilt ein großer Teil der Menschen die Überzeugung, daß auf derartige Sünden die Strafe der ewigen Qual steht. Viele Leute, die ohne Zögern das Vorgehen von Josua und den Israeltiten, Achan zu steinigen, verurteilen, zögern nicht zu glauben, daß der Gott der Liebe, der Gott aller Gnade, der Vater des Erbarmens mit Achan und praktisch der ganzen Menschheitsfamilie zehn Mal schlimmer verfahre – mit allen, außer den Frommen, bei denen eine lebendige Beziehung mit ihrem Erlöser besteht.

Ach, wie verdreht sind doch die Gedanken geworden! Wir dürfen uns glücklich schätzen, daß jetzt das wahre Licht leuchtet, das in gewissem Umfang unsere Gespenster aus Irrtum und falschen Lehren vertreibt, die aus dunklen Zeitaltern auf uns gekommen sind, und die man fälschlich für die Lehren der Heiligen Schrift gehalten hat!

Habgier bei Geweihten

Wenn wir daran denken, daß der Jordan Weihung versinnbildlicht, und daß diejenigen, die bildlich den Jordan durchschritten haben, die Christen darstellen, die mit Gott einen Vertrag geschlossen haben und geistgezeugt sind, und wenn wir außerdem daran denken, daß die Kämpfe zur Eroberung Kanaans die geistigen Kämpfe der Geweihten und die Unterwerfung und Inbesitznahme der Herzensfestung darstellen, dann bekommt Achans Sünde eine neue Wucht und Bedeutung. Sie ist verwandt mit der Sünde von Ananias und Sapphira. Sie hatten ihr Grundstück für den Dienst des Herrn vorgesehen, das heißt geweiht, und sie versuchten einen Teil des geweihten Erlöses zurückzuhalten. So wollten sie den Herrn berauben und wollten ein Gut, das sie Ihm gegeben hatten, stehlen. Diese Art von Menschen wird offenbar durch Achan repräsentiert. Er hat nicht seine Geschwister, sondern den Herrn bestohlen und Dinge an sich gebracht, die Ihm geweiht waren.

Die Bezeichnung ‚Christ’ wird heute in einem sehr weiten Sinn gebraucht; sie meint ganz allgemein eine zivilisierte Person. Aber der Begriff ‚Christ’ gehört nur zu einer vergleichweise kleinen Anzahl von Menschen, nur zu solchen, die im Glauben an Jesu Botschaft ihr Leben niedergelegt haben und seine Jünger, seine Fußstapfennachfolger geworden sind. Sie haben seine Bedingungen akzeptiert: „Wenn jemand mir nachkommen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf und folge mir nach.” – Matthäus 16:24 Das ist die durch Israel vorgeschattete Klasse, die in das gegenbildliche Kanaan eingetreten ist, die den guten Kampf des Glaubens kämpft, und ihre ganze ‚Kriegsbeute’ als dem Herrn geweiht betrachtet.

Ihre Aufgabe ist es, ihre Treue genau zu erforschen. Jeder einzelne von ihnen sollte sich fragen: Behalte ich als mein Eigentum irgendetwas, das Gott geweiht war? Wenn sie etwas von dem, was dem Herrn übergeben worden war, zurückbehalten, sind sie in der Gefahr, zu dem gegenbildlichen Achan zu gehören. Sie stehen in der Gefahr, auf andere Glieder der Kirche einen verderblichen Einfluss auszuüben. Und nicht nur das: Sie sind auch in der Gefahr das zu erleben, was im Vorbild mit Achans Fall dargestellt wurde, nämlich in der Gefahr der endgültigen Auslöschung im Zweiten Tod, der ewigen Vernichtung.

Habsucht, die eigentlich Götzendienst ist

Der Apostel sagt: „Tötet nun … Habsucht, welche Götzendienst ist.” An die allererste Stelle setzt er die Sache, die mit Gier erworben worden ist, und wenn diese aus Gewinnstreben erworbene Sache gegen Gottes Willen steht, dann heißt das, daß sie höher eingeschätzt wird als Gott, dann wünscht man sie mehr als das Wohlwollen Gottes. So betrachtet ist heute die ganze Welt voll von Götzendienst. Die am meisten angebeteten Götzen sind Reichtum und Vergnügen. Sie nehmen die Zeit und die Aufmerksamkeit von beinahe jedermann in Anspruch. Zeit und Kraft, Ehre und Lebenskraft von Männern und Frauen werden sehr reichlich für diese ‚Götzen’ verschwendet. Im Gegensatz dazu bekommt der treue Gott, von dem jede vollkommene Gabe kommt, von der großen Mehrheit Seiner Geschöpfe nur dürftige Aufmerksamkeit. An Seine Gesetze, Sein Wohlgefallen und Seine Gnade denkt man kaum.

Was resultiert daraus? Hat die Anbetung des Mammons dem Herzen der Menschen echte Freude oder Frieden und Zufriedenheit gebracht? Haben das Streben nach Vergnügen und die Gier danach, die Zeit, Talente und Geld verschlungen haben, den Massen echte Freude gebracht? Diese Frage muß mit ‚nein’ beantwortet werden. Man trachtet nach Reichtum und legt sich dafür auf alle Weise krumm, doch er gewährt seine Gunst nur einer vergleichbar kleinen Zahl von Menschen, und selbst diese Begünstigten finden Bitterkeit unter ihre Süße gemengt. Besitz und Reichtum verschaffen nicht die Freude und den Frieden, den sie sich erhofft und an den sie geglaubt hatten. Reichtum hat Sorge, Verwirrung und immer größeren Hunger danach mit sich gebracht, und man ist ratlos, wie dieser befriedigt werden kann.

Genauso ist es mit dem Suchen und der Jagd nach Vergnügen. Wenn man es erreicht hat, bringt es offenbar nicht Freude, sondern Unzufriedenheit und Leere. Schließlich sind die Anbeter von Mammon und Vergnügen unglücklich. Die Welt bleibt im Vergeblichen, und dieser Zustand nimmt augenscheinlich zu, wie die Zeiten voranschreiten.

Der Mensch ist von Natur aus so angelegt, daß seine schönsten und edelsten Empfindungen, die ihm die höchste Zufriedenheit, Freude und Frieden, Ruhe und Glück bringen, sich dann einstellen, wenn er seinen Geist und seine Fähigkeiten auf Gott hin ausrichtet. Wie Apostel Paulus sagt, sollten alle Menschen ihr Fühlen nach Gott hin lenken und Ihn finden wollen. Aber viele von den edelsten aus Gottes Volk, die Ruhe und Frieden durch Erkenntnis der Längen und Breiten, Höhen und Tiefen der „Liebe Gottes, heilge Liebe” gefunden haben, helfen nicht nur nicht dazu, daß die Welt den wahren Gott findet, sondern sie führen sie in die Irre!

Die ungeheuerlichen Verdrehungen, die aus den dunklen Zeiten auf uns gekommen sind, weisen wir aus tiefster Seele von uns. Und doch kommt es vor, daß wir diese falschen Darstellungen von Gottes Wesen und Seinem Plan vor der Welt stützen, und damit bringen wir sie ab von Gott und der Bibel, und sie suchen Seelenruhe, Frieden und Freude in der Vergötterung von Geld und der Jagd nach Vergnügen, aus dem nur Enttäuschung erwächst. Wie lang dauert es noch, bis wir der Welt gegenüber offen bekennen, daß wir den monströsen Lehren unserer Glaubensbekenntnisse abgeschworen haben und uns die Aussagen der Schrift zu eigen machen, daß nämlich Gott die Liebe ist, und daß Er einen wunderbaren Plan hat, der durch Jesus dazu führt, daß alle Menschen, die es wollen, wiederhergestellt werden und Ruhe haben werden.