Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Wer ist weise?

Lesedauer: 15 Minuten

„Wer ist weise und verständig unter euch? Er zeige aus dem guten Wandel seine Werke in Sanftmut der Weisheit!“

Jakobus 3:13

Weisheit kann kurz beschrieben werden als die Fähigkeit, Wissen in der täglichen Lebensführung und bei Entscheidungen des Lebens richtig zu nutzen und anzuwenden. Eine Person kann über ein hohes Maß an Wissen in verschiedenen Bereichen verfügen und trotzdem nicht weise sein. Zum Beispiel kann jemand ein ausgezeichnetes Wissen über nationale und internationale Politik haben, aber kein weiser Staatsmann sein. Ein gewisses Maß an Wissen ist in jedem Bereich des menschlichen Strebens erforderlich. Um allerdings in einem bestimmten Bereich erfolgreich zu sein, muss man die Fähigkeit besitzen oder erwerben, das Wissen richtig zu nutzen. Das ist es, was Weisheit ausmacht.

Was für das menschliche Streben gilt, gilt auch für unsere Beziehung zu Gott und zueinander als Geschwister in Christus Jesus. Es ist wichtig, dass wir uns Wissen über die Pläne und Absichten Gottes aneignen. Darüber hinaus aber ist es grundlegend, dass wir dieses Wissen in unserem täglichen Dienst für den Herrn und sein Volk richtig anwenden. Paulus schrieb, dass die „Weisheit dieser Welt Torheit bei Gott“ ist. (1. Korinther 3:19) Wenn wir also nach Gottes Maßstäben weise sein wollen, ist es grundlegend, dass wir die Überlegenheit seiner Wege anerkennen und danach streben, uns von ihnen leiten zu lassen. Salomo schrieb: „Die Furcht [hebräisch: Ehrfurcht] des HERRN ist der Weisheit Anfang; und die Erkenntnis des Heiligen ist Verstand.“ (Sprüche 9:10)

Eine wahre Ehrfurcht vor dem Herrn wird sich in dem ernsthaften Wunsch äußern, seine Pläne und Absichten kennenzulernen, insbesondere was seinen Willen für uns als Einzelpersonen betrifft. Durch das Studium seines Wortes werden wir lernen, dass wir von Geburt an Teil eines gefallenen und sterbenden Geschlechts sind, welches durch die Sünde von Gott entfremdet ist, und dass wir deshalb vor ihm nicht in unserer eigenen Gerechtigkeit bestehen können. (Römer 3:10-12,23) Es erfordert Demut, dies anzuerkennen. Wenn wir das tun, werden wir uns über die Vorkehrung des Herrn freuen. Auf der Grundlage unserer Hingabe, seinen Willen zu tun, hat er diese getroffen, um uns durch Christus in seine Gunst aufzunehmen und uns mit dem Mantel seiner Gerechtigkeit zu bedecken. (Jesaja 61:10; Römer 5:21)

Die Annahme dieser Wahrheiten und unsere gehorsame Antwort darauf sind erste Schritte auf dem Weg der Weisheit. Der Geist der Demut vor Gott, der sich in der Hingabe an seinen Dienst äußert, muss uns jedoch erhalten bleiben. Er dient als eigentlicher Rahmen für jede Entscheidung, die wir treffen, und jede Handlung, die wir in unserem ernsthaften Wunsch, Gottes Willen zu erkennen und zu tun, ausführen. Das eigene Ich und seine Interessen haben keinen Platz im Leben eines Menschen, der danach strebt, von der himmlischen Weisheit erfüllt und geleitet zu werden. 

Gottes Wille für sein Volk in der heutigen Zeit ist, dass es sein Leben aufopferungsvoll in seinen Dienst stellt, so wie Jesus es tat. Diejenigen, die diesen Grundsatz angenommen haben und versuchen, sich von ihm leiten zu lassen, folgen dem Pfad der himmlischen Weisheit. In dem Maß, in dem sie sich zurückhalten, die Bedingungen ihrer Weihung auszuführen, sind sie unklug. Für die Welt scheint der Weg eines geweihten Christen töricht zu sein, aber wenn wir weise sind, werden wir nicht zulassen, dass die Welt und ihre Ansichten uns vom Weg des Opfers und des Dienstes abbringen.

Jesus Beispiel

Jesus ließ sich von der himmlischen Weisheit leiten, und sein Beispiel ist von großem Wert, um uns zu helfen, den Weg zu finden, den wir einschlagen sollten. Kurz vor dem Ende seines Lebens offenbarte Jesus seinen Jüngern, dass er nach Jerusalem geht, wo er viele Dinge zu erleiden habe und getötet werde. Die Jünger wussten um die Feindschaft, die in Jerusalem gegen Jesus herrschte, und Petrus kam zu dem Schluss, dass es ein Fehler war, dorthin zu gehen, zumal er wusste, was geschehen würde, wenn er es täte. Petrus sagte zu Jesus: „Gott behüte dich, Herr! Dies wird dir nicht widerfahren!“ Darauf antwortete der Meister: „Geh hinter mich, Satan! Du bist mir ein Ärgernis, denn du sinnst nicht auf das, was Gottes, sondern auf das, was der Menschen ist.“ (Matthäus 16:21-23) 

Jesus meinte natürlich nicht, dass Petrus tatsächlich Satan war. Indem er versuchte, Jesus davon abzubringen, nach Jerusalem zu gehen, um dort zu leiden und zu sterben, hatte Petrus eigentlich die Rolle eines Widersachers übernommen, um seinen Meister davon abzuhalten, sein Leben hinzugeben, wie er es im Bund beschlossen hatte. Damit hatte Petrus einen selbstsüchtigen menschlichen Standpunkt zum Ausdruck gebracht. Es war eine Haltung, die in weltlichen Kreisen im Allgemeinen als weise gilt.

Dann schärfte Jesus die Lektion weiter ein, indem er erklärte, dass dieser Weg des Opfers von denen angenommen werden müsse, die seine Jünger sein wollen. Er sagte: „Wenn jemand mir nachkommen will, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf und folge mir nach. Denn wer irgend sein Leben erretten will, wird es verlieren; wer aber irgend sein Leben verliert um meinetwillen, wird es finden.“ (Verse 24,25) Einem Menschen in der Welt zu sagen, dass er sein Leben nur retten kann, wenn er es verliert, würde sicherlich töricht erscheinen, doch für die Nachfolger des Meisters ist dies der Weg der wahren Weisheit.

Was für ein weiser Weg ist das! Aufgrund unserer Ehrfurcht vor Gott und unserer Bereitschaft, uns von ihm belehren zu lassen, haben wir gelernt, dass diejenigen, die mit Jesus leiden und sterben, mit ihm leben und herrschen werden. In der „Ersten Auferstehung“ werden sie zu „Herrlichkeit und Ehre und Unsterblichkeit“ erhoben. (Offenbarung 20:6; Römer 2:7) Dieser herrliche Lohn wird jedoch nur denen zuteil, die „treu bis in den Tod“ sind. (Offenbarung 2:10) Da dies wahr ist, wäre es sehr unklug, wenn wir uns nicht trauen würden, unser Leben hinzugeben dadurch, dass wir den Willen unseres himmlischen Vaters tun.

Paulus schrieb: „Ich ermahne euch nun, Brüder, (…) eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer, was euer vernünftiger Dienst ist.“ (Römer 12:1) Dem weltlichen Verstand würde es höchst unvernünftig erscheinen, den eigenen Körper als Opfer darzubringen, aber nicht vom Standpunkt der göttlichen Weisheit aus, denn der Apostel sagt, dass dies ein „vernünftiger Dienst“ ist. Paulus schreibt weiter: „Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Furchtsamkeit gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ (2. Timotheus 1:7) Der gesunde Verstand, „der Geist der Besonnenheit“, den der Herr uns durch sein Wort gegeben hat, ist kein Verstand, der dazu neigt, sich vor Opfern zurückzuhalten, damit der Weg nicht zu schwer wird. Im Gegenteil, es ist ein Geist, der zu größerem Dienst und größerer Aufopferung und, wenn nötig, zu korrigierender Selbstkontrolle anspornt.

Der Herr hat uns auch den Geist der Liebe gegeben, und wenn wir Liebe haben, wird sie sich in unserer Bereitschaft zeigen, unser Leben für die Brüder hinzugeben und das Evangelium zu bezeugen. Ein geweihtes Kind Gottes, das das christliche Leben auf eine andere Art und Weise betrachtet, würde den Geist eines ungesunden Verstandes und einen Mangel an himmlischer Weisheit offenbaren, mit der uns der Herr durch sein Wort ausgestattet hat. Im folgenden Kapitel schreibt Paulus an Timotheus: „Das Wort ist gewiss; denn wenn wir mitgestorben sind, so werden wir auch mitleben; wenn wir ausharren, so werden wir auch mitherrschen; wenn wir verleugnen werden, so wird auch er uns verleugnen.“ (2. Timotheus 2:11,12) Wie unklug wäre es, einen Weg der Untreue einzuschlagen, der dazu führen könnte, dass wir vom Herrn verleugnet werden!

Jakobus schrieb: „Wenn aber jemand von euch Weisheit mangelt, so erbitte er sie von Gott, der allen willig gibt und nichts vorwirft, und sie wird ihm gegeben werden. Er bitte aber im Glauben, ohne irgend zu zweifeln; denn der Zweifelnde gleicht einer Meereswoge, die vom Wind bewegt und hin und her getrieben wird. Denn jener Mensch denke nicht, dass er etwas von dem Herrn empfangen wird.“ (Jakobus 1:5-7) Die „alle Menschen“ in diesem Abschnitt, von denen Jakobus sagt, dass der Herr ihnen seine Weisheit reichlich gibt, sollten nicht so verstanden werden, dass damit die gesamte Menschheit gemeint ist, sondern eher diejenigen, die in Christus Jesus sind und ihr Kreuz auf sich genommen haben, um dem Meister auf dem Weg des Opfers und des Dienstes zu folgen. Diesen wird Gott Weisheit geben.

Eine weitere wichtige Lehre aus diesem Abschnitt ist die Fähigkeit, die Antworten des Herrn auf unsere Gebete um Weisheit zu akzeptieren. Jakobus weist auf die Möglichkeit hin, dass wir in unseren Bitten schwanken, und die Ursache dafür könnte wohl ein Mangel an Vertrauen in Gottes Antwort auf unsere Gebete sein. Er fährt fort und erklärt, dass „er, ein Mann mit zwei Seelen, unbeständig auf allen seinen Wegen ist“. (Menge-Bibel, Vers 8) Diejenigen, die doppelgesinnt sind, sind den Wegen des Herrn nicht völlig ergeben. Sie werden nicht vollständig von himmlischer Weisheit geleitet. Sie wissen, dass sie ihr Leben hingeben sollten, aber ihr Fleisch hält sie zurück. Wenn sie Gott um Weisheit bitten, hoffen sie, dass er ihnen einen leichteren Weg zeigt, um in die Fußstapfen des Meisters zu treten, und sie sind auf die Antwort, die sie erhalten, nicht vorbereitet. So kann ihr unbesonnener Geist zu dem Schluss kommen, dass der Herr ihre Gebete nicht erhört hat. 

Wenn wir Gott gemäß weise sind, werden wir bereit sein, alles anzunehmen, was er uns als Antwort auf unsere Gebete gibt, ob unsere Gebete nun um Weisheit oder anderweitiger Beistand sind. Unser materielles Wohlergehen sollte in unseren Gebeten einen relativ geringen Platz einnehmen, und zwar in erster Linie in dem Maß, wie es mit unserem Opferleben im göttlichen Dienst zusammenhängt. Die Last unserer Gebete sollte in der Danksagung für all die Güte des Herrn an uns und für seine verheißene Führung und Kraft bestehen, während wir auf dem schmalen Weg wandeln, der zum Leben in Gemeinschaft mit unserem gesegneten Meister führt. (Matthäus 7:14)

Weisheit von oben

Das christliche Leben ist ein Leben des Opfers, aber Gott hat in seinem Wort bestimmte Grundsätze festgelegt, die uns in unserem täglichen Leben leiten und Weisheit vermitteln. Diese Grundsätze zu kennen und sie zu praktizieren bedeutet auch, durch die himmlische Weisheit geleitet zu werden. In unserem Eingangstext stellt Jakobus die Frage: „Wer ist ein weiser Mensch?“ Er beginnt seine Antwort mit der Feststellung, dass Weisheit durch „gutes Verhalten“ erlangt wird. Weiter fügt Jakobus Folgendes hinzu: „Wenn ihr aber bitteren Neid und Streitsucht in eurem Herzen habt, so rühmt euch nicht und lügt nicht gegen die Wahrheit. Dies ist nicht die Weisheit, die von oben herabkommt, sondern eine irdische, sinnliche, teuflische. Denn wo Neid und Streitsucht ist, da ist Zerrüttung und jede schlechte Tat. Die Weisheit von oben aber ist erstens rein, dann friedsam, milde, folgsam, voll Barmherzigkeit und guter Früchte, unparteiisch, ungeheuchelt.“ (Jakobus 3:14-17)

Hier stellt der Apostel einige Besonderheiten über die himmlische Weisheit vor. Er sagt, dass diese Weisheit, die von oben kommt, „zuerst rein“ ist. Was auch immer wir vorhaben, besonders im Zusammenhang mit unserem Dienst für den Herrn und der Gemeinschaft mit seinem Volk, wir sollten darauf achten, dass unsere Motive rein sind und dass wir nicht versuchen, unsere Ziele mit irgendwelchen weltlichen Methoden zu erreichen. Wir sollten auch keine Kompromisse mit unserem Fleisch eingehen, das gefallen und unzuverlässig ist. Die himmlische Weisheit verlangt, dass wir an den reinen, grundlegenden Lehren und Prinzipien der Heiligen Schrift festhalten, die wir durch Studium und Gemeinschaft mit unseren Geschwistern in Christus gelernt haben.

Darüber hinaus sollen wir unser Leben hingeben, um das herrliche Evangelium des Königreichs zu verkünden und unseren Geschwistern in Christus zu dienen. Das ist der Wille Gottes für uns. Die Weisheit von oben wird uns dabei leiten, dies auf Gottes Art und Weise, d. h. in Reinheit, zu tun. Wenn wir uns von der himmlischen Weisheit leiten lassen, werden wir nicht bestrebt sein, andere mit den „großen Werken“, die wir vollbringen, zu beeindrucken. Reinheit und Heiligkeit werden unsere Worte und unser Verhalten kennzeichnen, wenn die himmlische Weisheit in unseren Herzen herrscht.

„Dann sind wir friedsam“, fügt Jakobus hinzu. Wir sollten Frieden und Einheit des Geistes unter den Gliedern des Leibes Christi sowohl wünschen als auch anstreben. (Epheser 4:2,3) Paulus erweitert diesen Gedanken, indem er sagt, dass wir uns bemühen sollten, so weit wie möglich „mit allen Menschen in Frieden zu leben.“ (Römer 12:18) Die himmlische Weisheit drängt darauf, dass wir mit unseren Geschwistern und anderen in Einheit und Frieden zusammenleben, wenn dies in Reinheit und ohne Kompromisse in Bezug auf die göttlichen Grundsätze, die damit verbunden sein könnten, möglich ist.

Die Weisheit von oben ist „milde“, sagt Jakobus. Diejenigen, die himmlische Weisheit besitzen und sich von ihr leiten lassen, werden nicht hartherzig sein. Sie werden sich nicht rücksichtslos über andere hinwegsetzen. Weltliche Weisheit diktiert oft, dass man Autorität zeigen sollte, sogar bis zu dem Punkt, dass man unfreundlich zu denen ist, über die man die Kontrolle haben möchte. Das ist Herrschaft durch Furcht, nicht durch Liebe, und ist vom göttlichen Standpunkt aus unklug. Wir selbst sollten uns bemühen, von der Liebe geleitet zu werden, und unser Umgang mit anderen sollte auf der Grundlage der Liebe erfolgen, und die „Liebe ist gütig“. (1. Korinther 13:4) Das bedeutet nicht, dass wir nicht fest für das eintreten sollten, was wir für richtig halten, aber die himmlische Weisheit gebietet, dass wir in unserer Standhaftigkeit niemals unfreundlich, sondern immer sanft und mild seien.

Eine weitere Facette der himmlischen Weisheit, wie sie Jakobus beschreibt, ist die, die er als „folgsam“ oder, wie die Menge Übersetzung es wiedergibt, als „nachgiebig“ bezeichnet. Das bedeutet, dass man bereit ist, die Standpunkte anderer anzuhören, und dass man, wenn die Grundsätze nicht verletzt werden, bereit ist, sie bei seinen Schlussfolgerungen zu berücksichtigen. Dies ist besonders wichtig, wenn die Meinungen über nicht wesentliche Angelegenheiten unter den Geschwistern auseinandergehen. Unter solchen Umständen den Standpunkt einzunehmen, dass der eine völlig Recht hat und ein anderes Mitglied des Leibes Christi völlig im Unrecht ist, würde einen Mangel an himmlischer Weisheit zeigen.

Wir sind alle gebrechlich und unzulänglich. Unterschiede gibt es wegen der Unvollkommenheit des Fleisches und weil keiner von uns in jedem Bereich über vollständiges Wissen verfügt. Selbst der Apostel Paulus sagte: „Jetzt erkenne ich stückweise“. (1. Korinther 13:12) Dies ist eine der ersten Lektionen, die wir beim Erwerb himmlischer Weisheit lernen. Auch hier sollten wir uns daran erinnern, wie wichtig sie für unseren Umgang mit anderen ist. Wir sollten uns nicht darüber hinwegsetzen, dass man uns unfreundlich und vorwurfsvoll anspricht, sondern demütig „nachgeben“ und bereit sein, zuzuhören und die Standpunkte anderer zu berücksichtigen.

„Barmherzigkeit und gute Früchte“

Ein weiteres Element der himmlischen Weisheit ist die Barmherzigkeit. Wenn wir bedenken, in welchem Maß unser Himmlischer Vater uns fortwährend Barmherzigkeit entgegenbringt, verstehen wir, wie unklug es wäre, wenn wir anderen gegenüber keine Barmherzigkeit walten ließen. Die Qualität der Barmherzigkeit zeigt sich in unserer Bereitschaft, anderen ihre Übertretungen zu vergeben. Die Heilige Schrift macht deutlich: Wenn wir nicht bereit sind, anderen zu vergeben, wird unser Himmlischer Vater uns unsere Schuld auch nicht vergeben. (Matthäus 6:14,15)

In diesem Zusammenhang erinnern wir uns an eine Aussage des Propheten Jeremia, kurz nachdem die Nation Israel wegen ihrer Sünden bezwungen und in Gefangenschaft genommen worden war. Er schrieb: „Es sind die Gütigkeiten des HERRN, dass wir nicht aufgerieben sind; denn seine Erbarmungen sind nicht zu Ende; sie sind alle Morgen neu, deine Treue ist groß.“ (Klagelieder 3:22,23) Nach den Bestimmungen des Gesetzes hätte Gott das Volk Israel zu Recht auslöschen können. Stattdessen ließ er einfach zu, dass sie in die Gefangenschaft geführt wurden, um bestraft zu werden, und das geschah aufgrund seiner Barmherzigkeit.

Tatsächlich zeigt sich, wie Jeremia sagt, Gottes Barmherzigkeit täglich an seinem Volk, und das gilt heute genauso wie damals für die Israeliten. Gottes Barmherzigkeit ist „jeden Morgen neu“. Wie wunderbar ist es, dass wir diese Gewissheit haben können, wenn wir uns jeden Tag auf unsere verschiedenen Aktivitäten einlassen. Der Himmlische Vater möchte, dass wir ihm in dieser Hinsicht wie auch in allen anderen Bereichen ähnlich sind. Passen wir uns weise seinem Willen an, indem wir anderen gegenüber barmherzig sind, wenn sie uns wegen ihrer ererbten Schwächen verletzen? Die Lektion Jesu an Petrus über die Vergebung derer, die gegen uns bis hin zu siebzig mal sieben sündigen, unterstreicht die Tatsache, dass unsere Barmherzigkeit, wie die unseres Himmlischen Vaters, jeden Morgen neu sein sollte. Wir sollten nie ermatten, Barmherzigkeit zu üben. Sie ist ein lebenswichtiger Bestandteil der himmlischen Weisheit. (Matthäus 18:21,22)

Jakobus schließt in die Barmherzigkeit das ein, was er als „gute Früchte“ bezeichnet. Dies sind die Früchte des Geistes. (Galater 5:22,23; Epheser 5:9) Wenn der Heilige Geist nicht die richtigen Früchte in unserem Leben hervorbringt, dann wird es uns an himmlischer Weisheit fehlen. Damit wird erneut der Unterschied zwischen Wissen und Weisheit hervorgehoben. Der Herr möchte, dass wir sein Wort studieren und dadurch mehr und mehr mit den verschiedenen Aspekten seines herrlichen Erlösungsplans vertraut werden. Der Hauptzweck dieser Erkenntnis besteht darin, dass wir uns selbst bewähren, indem wir unser Leben nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit ausrichten, die in der Wahrheit dargelegt sind. (2. Timotheus 2:15) Wenn wir nur eine Kenntnis der Heiligen Schrift erlangen und es dann versäumen, ihre Grundsätze in unserem Leben anzuwenden, mangelt es uns in hohem Maß an der Weisheit, die von oben kommt.

Unparteiisch

Jakobus erinnert uns daran, dass die himmlische Weisheit im Umgang mit anderen unparteiisch ist. Im vorhergehenden Kapitel seines Briefes gibt er uns ein Beispiel für Parteilichkeit, die er als Sünde bezeichnet. „Meine Brüder, habt den Glauben unseres Herrn Jesus Christus, des Herrn der Herrlichkeit, nicht mit Ansehen der Person. Denn wenn in eure Synagoge ein Mann kommt mit goldenem Ring, in prächtiger Kleidung, es kommt aber auch ein Armer in unsauberer Kleidung herein, ihr seht aber auf den, der die prächtige Kleidung trägt, und sprecht: Setze du dich bequem hierher, und zu dem Armen sprecht ihr: Stelle du dich dorthin, oder setze dich hier unter meinen Fußschemel – habt ihr nicht unter euch selbst einen Unterschied gemacht und seid Richter mit bösen Gedanken geworden?“ Diesem fügt Jakobus hinzu: „Wenn ihr aber die Person anseht, so begeht ihr Sünde.“ (Jakobus 2:1-4,9)

Diese Schilderung beruht auf Bedingungen, die zur Zeit der Urkirche herrschten. Dennoch weist sie darauf hin, dass wir, wenn wir uns von himmlischer Weisheit leiten lassen, weder im Handeln noch im Umgang mit dem Volk des Herrn parteiisch sein werden. Nach dem Fleisch ist es natürlich, dass wir uns zu einigen Personen mehr hingezogen fühlen als zu anderen. An sich ist das nicht unbedingt falsch, aber wenn wir uns erlauben, immer einige zu bevorzugen und andere zu meiden, dann lassen wir uns nicht von himmlischer Weisheit leiten.

Es ist möglich, dass wir in unserem Umgang mit den Geschwistern ein gewisses Maß an Parteilichkeit pflegen, ohne uns dessen bewusst zu sein, und dadurch Segnungen verpassen, die wir sonst genießen könnten. Es ist gut, die Gemeinschaft mit denjenigen zu suchen, die wir gewöhnlich vielleicht nur beiläufig grüßen würden. Wir wissen nicht, was in den Herzen und Gedanken der anderen vorgeht, bevor wir uns nicht mit ihnen unterhalten haben. Es kann durchaus ein Segen sein, wenn wir uns bemühen, diejenigen besser kennen zu lernen, mit denen wir vielleicht nicht oft und lange sprechen.

Aufrichtig

Jakobus sagt, dass Weisheit aufrichtig und ungeheuchelt ist. Die Heilige Schrift verurteilt entschieden die Sünde der Heuchelei, die das Gegenteil von Aufrichtigkeit ist. Ein Heuchler hat keinen rechtmäßigen Platz unter dem Volk Gottes. Man kann sich nicht von himmlischer Weisheit leiten lassen und gleichzeitig ein Heuchler sein. Paulus sprach davon, allen alles zu sein, damit er einige retten kann, aber er meinte damit nicht, dass er die Rolle eines Heuchlers einnahm. (1. Korinther 9:19-23) Jesus sagte, wir sollten klug sein wie die Schlangen und harmlos oder einfältig wie die Tauben, wenn wir die Botschaft des Evangeliums verkünden, um die Zuhörer nicht unnötig zu verletzen, aber auch das bedeutet nicht Heuchelei. (Matthäus 10:16)

Wenn wir uns von der himmlischen Weisheit leiten lassen, werden wir allen gegenüber offen und aufrichtig sein. Wir werden weder mit Worten noch mit Taten täuschen. Aufrichtigkeit des Herzens ist eines der wesentlichen Elemente des wahren christlichen Charakters. Ohne sie können wir dem Herrn nicht wohlgefällig sein, und wir werden auch nicht in der Lage sein, unsere Berufung und Erwählung zu einem Platz im Königreich mit Christus fest zu machen. Mögen wir uns in der Tat stets bemühen, aufrichtig zu sein, und möge die Wahrheit uns schnell von der geringsten Übertretung der Sünde der Heuchelei reinigen!

Weisheit – Vom Herrn

König Salomo, der um Weisheit bat, um gerecht über Israel zu herrschen, erhielt von Gott viel von dieser höchst wünschenswerten Eigenschaft. Er erkannte, dass Gott die Quelle der Weisheit ist. Er schrieb darüber und stimmte damit mit Jakobus überein, dass Weisheit nur von oben kommt. (2. Chronik 1:8-12) Auch wir erhalten diese himmlische Weisheit von unserem Himmlischen Vater durch sein Wort der Wahrheit und durch unseren Gehorsam ihm gegenüber.

Wir zitieren Salomos Worte über die Weisheit: „Denn der HERR gibt Weisheit; aus seinem Mund kommen Erkenntnis und Verständnis. Er bewahrt klugen Rat auf für die Aufrichtigen; er ist ein Schild denen, die in Lauterkeit wandeln, indem er die Pfade des Rechts behütet und den Weg seiner Frommen bewahrt.“ Wenn wir diese Weisheit durch ernsthaftes Studium des Wortes Gottes und durch Gebet suchen und bereit sind, unser Leben danach auszurichten, dann werden wir „Gerechtigkeit verstehen und Recht und Geradheit, jede Bahn des Guten“. (Sprüche 2:6-9)