„Der Segen Jahwes, er macht reich, und Anstrengung fügt neben ihm nichts hinzu.” – Sprüche 10:22
Gott offenbarte sich Salomo ein zweites Mal, und zwar vierundzwanzig Jahre nach der Thronbesteigung, als der König vierundvierzig Jahre alt war. Er hatte den Tempelbau in seinem vierten Regierungsjahr begonnen, und der Bau dauerte sieben Jahre. Nachdem dieses Werk abgeschlossen war, errichtete er seinen eigenen Palast, was dreizehn Jahre dauerte. – 1. Könige 7:1 In dieser langen Zeit von vierundzwanzig Jahren war Salomo nicht nur mit diesen großen Vorhaben beschäftigt, sondern er pflegte auch Handelsbeziehungen mit benachbarten Völkern, baute Städte wieder auf usw. Er hatte damals, so können wir annehmen, „seine ganze Herrlichkeit” erreicht. Sein Ruf hatte sich in der ganzen Welt ausgebreitet. Er war reich geworden und hatte sich an Luxus gewöhnt – was wiederum die Ausgaben seiner Regierung ansteigen ließ und die, sollten sie fortgesetzt werden, für sein Volk durch sehr hohe Steuern zur Belastung führen mußten. Dem ersten Vers der Schriftstelle in 1. Könige nach war Salomo dahin gelangt, sich jeden denkbaren Wunsch erfüllen zu können. Er hatte den kritischen Gefahrenpunkt erreicht, denn ohne jeden Zweifel ist großer Wohlstand gefährlicher, als es bescheidene Umstände sind.
Bis zu diesem Zeitpunkt können wir billigerweise annehmen, daß Salomos Leben im allgemeinen von Gott gutgeheißen wurde. Er hatte das Gebet seines Traumes als Empfindung seines Herzens angenommen. Er hatte Weisheit erbeten und war in hohem Maß ihren Wegen gefolgt und hatte die verheißenen Segnungen von Bewunderung und Berühmtheit erlangt. Aber jetzt war er an einem gefährlichen Punkt angelangt: Der Weg teilte sich hier. Der eine Weg war der Weg demütiger Ehrerbietung Gott gegenüber und des beständigen Suchens nach göttlicher Weisheit um seine Leitung für die Regierung des Reiches und des Bestrebens, mehr und mehr für die Förderung des Volkes, für sein Wohlergehen, sein Glück und seine Erziehung auf geistiger, moralischer und religiöser Ebene zu tun. Der zweite Weg, der vor Salomo lag, führte zu Stolz, Torheit, Selbstgenügsamkeit, zu Unterdrückung seines Volkes und, indem er ihm das schlechte Beispiel königlicher Lasterhaftigkeit vorlebte, zu Zügellosigkeit, Ausschweifung, Vernachlässigung religiöser Pflichten und zur Hinwendung zu falschen Religionen.
An diesem Wendepunkt erschien der Herr Salomo wie schon einmal in Gibeon, nämlich im Traum – 1. Könige 3:59 -; wir geben wieder, was der Herr in diesem Traum zum König gesagt hat. Die Worte des Herrn enthalten die Billigung von Salomos Weg bis zu diesem Zeitpunkt und bestätigen, daß der Herr Salomos ersten Traum als sein Gebet angenommen hatte, daß er dem Bau des Tempels für seinen Namen zustimmt, und das nicht nur als äußeres Zeichen, sondern als Realität, was wir den Worten: „… meine Augen und mein Herz sollten daselbst sein allezeit” – Vers 3 – entnehmen können, Und der Herr fährt fort, indem er Salomo einen Überblick der rechten und der falschen Wege vorlegt, die vor diesem lagen, und indem er ihm anrät, den Pfad der Weisheit und Gerechtigkeit einzuschlagen wie sein Vater David. Dieser Verweis auf David zeigt uns, daß Gott von David oder Salomo keine absolute Vollkommenheit erwartete – was auch von niemand aus der gefallenen Menschheit erwartet wird -, sondern daß es um das Bemühen und das Suchen des Herzens derjenigen geht, die ihm dienen wollten und die, auch wenn sie taumeln, in seinen Wegen zu gehen versuchen.
Wohin beide Wege führen, darüber gibt es keinen Zweifel: Der Pfad des Gehorsams würde nicht nur unter seiner Leitung das Königreich aufrichten; er würde es auch seinen Nachkommen sichern, wie es David verheißen war. Diese Verheißung bezieht sich nicht nur auf die unmittelbaren Nachkommen Salomos und Davids, sondern zielt auf Christus, den großen König, Salomos Gegenbild, dessen Reich ein ewiges Reich sein wird, wo alle Menschen ihm dienen und gehorchen. Da Gott David verheißen hat, daß Christus aus seinem Samen kommt, legt er hier Salomo das Gleiche vor, nämlich daß der Messias aus seiner Nachkommenschaft hervorgehen wird, vorausgesetzt Salomo höre auf Gottes Wort und wandle in Seinen Wegen. – Wiederum wird die Entscheidung für den falschen Weg eine Katastrophe sowohl für Salomo und seine Großartigkeit als auch für Israel und sein Wohlergehen als Staatswesen und auch für den Tempel bedeuten, der eine Freude für Salomo und ein Wunder für die Welt war.
Wir wissen alle, wie es weiterging: Salomo wählte den falschen Weg, er wählte die Selbstgerechtigkeit; daher kennt man ihn wohl als weise, aber auch als jemand, der seinem Lebensweg eine törichte Wendung gegeben hat, und das „hohe Haus”, das er dem Herrn erbaut hatte, jenes in den Augen der Welt überaus bemerkenswerte Bauwerk, verlor seine Bedeutung. Seine Kostbarkeiten wurden schließlich gestohlen, und es wurde profanisiert. Und es ist überall bekannt, daß das Mißfallen des Herrn an Israel und seine zeitweilige Verwerfung das Ergebnis der Ablehnung seines Gottes war, und daß dieser Teil durch Salomos Entscheidung für den falschen Weg zumindest eingeleitet worden war. Die Kultstätten auf Anhöhen, die er für den Gottesdienst von heidnischen Religionen errichtete, um seinen Frauen und deren heidnischen Verwandten zu gefallen, wurden zu Stolpersteinen für das Volk Israel und führten letztlich jahrhundertelang zu einer götzendienerischen, ungöttlichen und sündigen Grundhaltung, bis sie Gott aus ihrem Land vertrieb, ihr vorbildliches Königtum umstürzte und den Nationen für eine gewisse Zeit die Herrschaft über Israel erlaubte. Dies sollte bis zur Aufrichtung des gegenbildlichen Königreichs in den Händen jenes „Größeren als Salomo” und durch die Einsetzung von Gottes wahrem Israel andauern. Damit ist die Zeit gemeint, in der der wahre, geistige, gegenbildliche Tempel aufgerichtet wird, dessen „lebendige Steine”, das „königliche Priestertum” Christus und seine Kirche ist. – Epheser 2:21
Nüchtern betrachtet kam unser Herr Jesus nicht aus der Linie von Salomo, sondern aus der seines Bruders Nathan, von dem Jesu Mutter Maria abstammte – vergleiche Lukas 3:31 Nur die Linie der gesetzlichen Abstammung geht auf Salomo zurück, durch den Nachfahren Joseph, den Vater Jesu nach dem Gesetz. – vergleiche Matthäus 1:7 und 16 Die in Matthäus 1 genannte Abstammungslinie ist nicht die von Maria, der Mutter Jesu, was sich durch einen Vergleich von Matthäus 1:11 und 12 mit Jeremia 22:30 schlüssig darstellen läßt.
Praktische Hinweise dieser Lektion sind auf jeden von Gottes Volk anwendbar. Keiner von uns im Evangelium-Zeitalter ist ja berufen, ein König mit tatsächlicher Größe, mit Reichtum und Weisheit zu werden, wie Salomo es war; im Gegenteil, wir sind berufen niedrige Stellungen einzunehmen. So sind auch nicht viele Große oder Weise oder Gebildete berufen und auserwählt. Dessenungeachtet liegen vor jedem von uns zwei Wege, der Weg in Gottes Gunst, im Licht und seinem Segen, und der andere Weg der Selbstherrlichkeit unter der göttlichen Mißbilligung und Verurteilung. Die Entscheidung, zu der wir aufgerufen sind, ist noch wichtiger als die Wahl, die Salomo zu treffen hatte. Ihm stellte sich die Frage, ob der Messias nach dem Fleisch von ihm abstammte oder nicht. Vor uns liegt die Frage, ob wir unsere Berufung und Erwählung fest machen zur Miterbschaft mit unserem Herrn in jenem Reich und jener Herrlichkeit, von der Salomo nur ein Vorbild war, oder ob wir dies versäumen. Jeder von uns sollte sich dafür entscheiden, in Demut Gottes Gunst willkommen zu heißen, auf seinen Wegen, das heißt in Jesu Fußspuren, zu laufen und gehorsam, demütig und mit Liebe die Berufung und Erwählung fest zu machen mit dem Ziel, Könige und Priester des gegenbildlichen Reiches zu werden. – Offenbarung 5:10