Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

„Mein Geliebter ist weiß und rot… ”

Lesedauer: 18 Minuten

Die Heilige Schrift spricht zu uns in vielen bildlichen Vergleichen und Symbolen, sowohl im Alten- wie auch im Neuen Testament. Dies fällt besonders bei der Planung und Gestaltung des Zeltes der Zusammenkunft auf, der Stiftshütte in der Wüste, zu der Jahwe Mose mit den eindringlichen Worten Anweisung gibt: „Und sieh zu, daß du [alles] nach dem Urbild machst, daß dir auf dem Berg gezeigt worden ist.” – 2. Mose 25:40

Es zeigt sich im Zusammenhang mit anderen Schriftstellen, daß jedes kleinste Detail der Stiftshütte von Gott so vorgesehen worden war, daß es ein größeres geistiges Gegenbild zu unserer Belehrung miteinschließen sollte, das zur bestimmten Zeit verstanden werden würde. Diese beabsichtigte Symbolik zeigt sich nicht nur in den Gegenständen im Vorhof, dem Heiligen und dem Allerheiligsten, sondern auch bei den Personen, die in der Stiftshütte einen für sie vorgeschriebenen Dienst zu verrichten hatten. Sie zeigte sich in den von Gott vorherbestimmten Kleidern und deren Farbgebung, die der Hohepriester und die Unterpriester tragen sollten, und des weiteren in den Vorhängen und Teppichen, sowie in der Symbolik ihrer Stickerei. Wir wollen heute unser Augenmerk auf die Symbolik zwei besonders häufig in der Schrift erwähnte Farben richten, um deren synonyme Aussage hinsichtlich ihrer Bedeutung im Erlösungs- und Wiederherstellungsplan Gottes näher zu betrachten.

Während wir es in unserem täglichen Leben mit einer Vielzahl von Farben zu tun haben, können wir feststellen, daß der Ewige nach Seiner eigenen Weisheit, die Auswahl der Farben in der Stiftshütte auf die Buntfarben „Karmesin bzw. Scharlachrot, Blauviolett und Rotviolett begrenzt hat, und auf die dominierende Grundfarbe Weiß, die in einigen Schriftstellen vergleichend als „weiß wie Schnee” bezeichnet wird. – Ester 8:15

„Weiß” – die Farbe der Reinheit

„Weiß”, oder wie es wörtlich heißt: „Weiß-leinen” – waren die Vorhänge, die den Vorhof der Stiftshütte umgaben. „Weiß” war die Grundfarbe des äußeren Vorhangs und des Tores, das in den Vorhof führte und des inneren Vorhangs, der das Heilige vom Allerheiligsten trennte. Und „Weiß” war auch die Grundfarbe des leinenen Leibrocks des Hohepriesters und der Gewänder der Unterpriester. Die neutrale Farbe „Weiß” ist natürlich als Hintergrund sehr geeignet, die Wirkung anderer Buntfarben in Form von Stickereien oder „feinem Nadelwerk” zu betonen oder hervorzuheben.

Im Buch Daniel schaut der Prophet Daniel den Herrn in einer Vision in der Thronszene, und er erklärt: „Ich schaute, bis Throne aufgestellt wurden und einer, der alt war an Tagen sich setzte. Sein Gewand war weiß wie Schnee und das Haar seines Hauptes wie reine Wolle.” – Daniel 7:9

Und im Neuen Testament finden wir im Buch der Offenbarung in Kapitel 1:14 eine fast gleichlautende Beschreibung, in der Johannes in einer Vision den Menschensohn sieht, und auch hier erfolgt die Beschreibung in ähnlichen sinnbildlichen Worten: „Sein Haupt aber und die Haare [waren] weiß wie weiße Wolle, wie Schnee.”

Im Weiteren ist noch zu bemerken, daß die Boten Gottes, die Engel, in der Schrift immer in rein weiße Gewänder gekleidet, vor den Menschen erscheinen. – Johannes 20:12 und Apostelgeschichte 1:10

In der Summe können wir feststellen, daß „Weiß” in der Heiligen Schrift deutlich als ein Synonym für Reinheit und Fleckenlosigkeit in einem übertragenen Sinn in Verbindung zu bringen ist. Auch Salomo scheint diese Sichtweise zu bestätigen, wenn er mahnend ausruft: „Deine Kleider seien weiß zu jeder Zeit, und das Salböl fehle nicht auf deinem Haupt.” – Prediger 9:8

Das Lexikon bezeichnet „Weiß” als die „Summe aller Farben” mit dem interessanten Hinweis, daß „die Summe aller Spektralfarben weißes Licht ergibt”. „Weiß” wird auch als die vollkommenste Farbe bezeichnet, die keinen negativen Zusammenhang zuläßt.

Als Jesus mit Petrus, Jakobus und Johannes auf dem Berg der Verklärung waren, heißt es in Matthäus 17:2: „Und er wurde vor ihnen umgestaltet. Und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, seine Kleider aber wurden weiß wie das Licht.”

Zusammenfassend können wir sagen, daß „Weiß”, als die hellste aller Farben in der Heiligen Schrift synonym für Reinheit, Heiligkeit, Gerechtigkeit und Erlösung zu betrachten ist.

Karmesinrot (Scharlach)

Es gibt jedoch noch eine weitere dominierende Farbe in der Schrift, die für uns von hoch symbolischer Bedeutung ist: die Farbe „Rot”, die in der Bibel in ihrer besonderen Intensität als Karmesinrot oder Scharlachrot bezeichnet wird. Es wir gesagt, daß Karmesinrot als ein Naturprodukt aus der in Südeuropa und Vorderasien vorkommenden Färberschildlaus gewonnen wird. Der Farbstoff „Karmesin” gilt als licht- und waschfest. Folglich wären Karmesin-farbige Flecken, die auf einem weißen Kleid entstehen würden, weder durch Waschen noch durch Bleichen zu entfernen, wie zum Beispiel auch Blutflecken nur schwer zu entfernen sind.

Nun stellt die Schrift aber in Jesaja 1:18 fest: „Wenn eure Sünden [rot] wie Karmesin sind, wie Schnee sollen sie weiß werden. Wenn sie rot sind wie Purpur, wie Wolle sollen sie werden.”

Wie und auf welche Weise kann dies geschehen, wenn wir bedenken, daß die Karmesinfarbe licht- und waschfest ist und sich nach herkömmlichen Methoden nicht entfernen läßt? Hier gibt uns der Herr Jesus die allgemein zu beachtende Versicherung, daß „bei Gott nichts unmöglich ist”. – Lukas 18:27

Hiob stellte schon zuvor vielsagend fest: „Ich habe erkannt, daß du alles vermagst und kein Plan für dich unausführbar ist.” – Hiob 42:2

Die ihre Gewänder gewaschen haben im Blut des Lammes

In Offenbarung 7:13 ist von einer großen Volksmenge die Rede, die niemand zählen konnte, die im Himmel vor dem Thron des Lammes steht. Und einer der Ältesten, die um den Thron versammelt sind, stellt die uns bekannte Frage: „Diese, die mit weißen Gewändern bekleidet sind – wer sind sie, und woher sind sie gekommen?“ Und es wird ihm geantwortet: „Diese sind es, die aus der großen Bedrängnis kommen, und sie haben ihre Gewänder gewaschen und sie weiß gemacht im Blut des Lammes.”

Hier wird uns das einzige Mittel genannt, mit dem Gewänder, die von Sünden befleckt sind, mit Flecken, die „rot wie Karmesin sind”, wieder gereinigt und weiß wie Schnee gemacht werden können, durch ein „Waschen in dem Blut des Lammes”.

Wir erkennen in dieser Großen Volksmenge, die vor dem Thron steht, Geweihte, die nach dem hohen Ziel gelaufen sind, aber es nicht erreicht haben, weil sie es zugelassen haben, daß ihre weißen Hochzeitsgewänder mit Flecken der Sünde so verunreinigt und so besudelt wurden, daß sie auf Grund dessen von der Hochzeit mit dem Bräutigam ausgeschlossen werden mußten, und der Herr sich veranlaßt sah, zu ihnen zu sagen: „Ich kenne euch nicht!” – meine Braut trägt ein reines weißes Hochzeitsgewand. Weil diese aber den Herrn als ihren Erretter nicht verleugnet haben, gibt er ihnen gnädig die Möglichkeit, ihre beschmutzten Kleider in seinem Erlösungsblut zu waschen und weiß zu machen.

Die vorbildliche und die gegenbildliche Entsündigung

König David, der mit Bathseba schwer sündigte, aber dies von Herzen bereute und seinen Gott um Vergebung anflehte, ruft in den Psalmen aus: „Entsündige mich mit Ysop, und ich werde rein sein; wasche mich, und ich werde weißer sein als Schnee.” – Psalm 51:9

Als David diese dringliche Bitte um Entsündigung vor Jahwe äußerte, war der Herr Jesus noch nicht geboren und hatte sein reinigendes Blut noch nicht zur Vergebung der Adamischen Sünde vergossen. Was David erflehte, „entsündige mich mit Ysop”, entsprach jedoch genau dem Vorbild aus den Stiftshüttenbildern, daß der Hohepriester am Versöhnungstag in das Allerheiligste ging, um das Blut des geschlachteten Stieres mit einem Sprengwedel, Ysop genannt, vorbildlich auf den „Gnadenstuhl” oder Deckel der Bundeslade zu sprengen.

Paulus stellt in Römer 3:25 im Hinblick auf unseren Erlöser fest: „Ihn hat Gott hingestellt als einen Sühneort durch den Glauben an sein Blut zum Erweis seiner Gerechtigkeit in der jetzigen Zeit wegen des Hingehenlassens der vorher geschehenen Sünden unter der Nachsicht Gottes; zum Erweis seiner Gerechtigkeit in der jetzigen Zeit; daß er gerecht ist und den rechtfertigt, der des Glaubens an Jesus ist.“

Die Scofield-Bibel gibt zu Römer 3:25 in einer Fußnote den folgenden Kommentar: „Sühneort” (Gnadenstuhl) ist eine Übersetzung des griechischen Wortes hilasterion: „es bedeutet, das, was sühnt oder büßt, oder die Gabe der Sühne schafft. Das Wort wird im Neuen Testament auch von der Stätte der Sühne, von dem Gnadenstuhl (Hebräer 9:5) gebraucht, das heißt vom Deckel der Lade. Der Gnadenstuhl wurde am Großen Versöhnungstag mit dem sühnenden Blut besprengt; das sollte bedeuten, daß das gerechte Todesurteil des Gesetzes ausgeführt worden war und daß dadurch ein Gerichtsstuhl zu einem Gnadenstuhl geworden war.”

So dürfen wir erkennen, daß Karmesinrot in den Schriften in erster Linie als die Farbe des Erlösungsblutes gesehen werden kann, das unser geliebter Herr für uns alle vergossen hat – als „ein Lösegeld für viele”.

„Mein Geliebter ist weiß und rot”

Die Farben „Weiß” und „Rot” werden im Hohelied Salomos in einen bestimmten Zusammenhang mit unserem geliebten Herrn in Verbindung gebracht, wo wir die inhaltsreichen Worte lesen: „Mein Geliebter ist weiß und rot, hervorragend unter Zehntausenden.” – Hohelied 5:10

Es ist Sulamith, die als Braut (gegenbildlich: die Braut Christi, die Brautklasse), diese eigenartige bildhafte Aussage über ihren Geliebten macht, die wir auf ihre wahre umfassende Bedeutung hin näher untersuchen und deuten wollen.

Wenn wir uns nun fragen, in welcher Weise wir unseren Geliebten, den Herrn Jesus, als „weiß” und „rot” bezeichnen können, so kann dies in der Realität sicherlich nur im Zusammenhang mit seinem gesamten Erlösungs- und Wiederherstellungswerk geschehen.

Mein Geliebter ist „weiß”

Paulus weist im Hebräerbrief darauf hin, daß unser Herr als der gegenbildliche Hohepriester im Gegensatz zu Aaron, „heilig, sündlos, unbefleckt und abgesondert von den Sündern war”, während sich Aaron waschen mußte, bevor er das heilige Zelt der Zusammenkunft betreten durfte. – Hebräer 7:26

In einer Vision sieht Johannes auf der Insel Patmos den Herrn in der Gestalt gleich einem Menschensohn, der „mit einem bis zu den Füßen reichenden Gewand bekleidet war und an der Brust umgürtet mit einem goldenen Gürtel, und die Haare [waren] weiß wie weiße Wolle, wie Schnee, und seine Augen wie eine Feuerflamme.” – Offenbarung 1:13 und 14

Die Vision zeigt Jesus Christus hier eindeutig als Hohepriester „nach der Weise Melchisedeks”. Denn der leinene Gürtel, den der Hohepriester bei seinem Opferdienst in der Stiftshütte trug, ist hier zu einem „goldenen” Gürtel geworden. Während der leinene Gürtel Gerechtigkeit und Dienstbarkeit anzeigte, zeigt nun der hier erwähnte „goldene” Gürtel, daß der Herr in seiner Person alle Gerechtigkeit erfüllt hat und Sein Verdienst seinen Leibesgliedern zurechnen kann. – Römer 3:21 – 26

Ein Gürtel bedeutet aber auch Dienstbarkeit und scheint hier, wie Bruder Russell zu verstehen gibt, „sinnbildlich von dem Dienst jenseits des Vorhangs in der Vollkommenheit der göttlichen Natur zu reden”. – Beröerhandbuch Seite 741

In der Botschaft, die Johannes auf Patmos für die Gemeinde in Sardes empfängt, sagt der Engel, „der die sieben Geister Gottes und die sieben Sterne hat”, „Aber du hast einige, wenige Namen in Sardes, die ihre Kleider nicht besudelt haben; und sie werden einhergehen mit mir in weißen [Kleidern], [den Kleidern der Gerechtigkeit Christi], denn sie sind es wert. Wer überwindet, der wird mit weißen Kleidern bekleidet werden, und ich werde seinen Namen aus dem Buch des Lebens nicht auslöschen und seinen Namen bekennen vor meinem Vater und seinen Engeln.” – Offenbarung 3:4 und 5

Alle diese Schriftstellen, in denen die Farbe „Weiß” eine hinweisende Symbolik in Bezug auf den Bräutigam erkennen läßt, zeigen ihn im Sinn des Dienstes zur Erfüllung seines Auftrags, sein Leben als ein Lösegeld und sein Erlösungsblut zur Reinigung von der Adamischen Sünde für alle Menschen zu geben.

Aber wie zuvor in Hohelied schon erwähnt wurde, sieht Sulamit ihren Bräutigam auch in der Farbe „Rot”, „Mein Geliebter ist weiß und rot.”, und spricht damit aus einer anderen Sichtweise, die ebenso zutreffend ist, und über die wir Einiges zu sagen haben.

„Mein Geliebter ist rot”

Wenn wir auf das zurückkommen, was wir anhand von verschiedenen Schriftstellen, über die Symbolik der Farbe „Rot“, bzw. „Karminrot” erwähnt und zusammengetragen haben, so können wir feststellen, daß hier die Kennzeichnung des geliebten Bräutigams mit „Rot” auf ein anderes Werk hinweisen könnte, daß Jahwe in Ausführung Seines Planes in die Hände Seines gehorsamen Sohnes gelegt hatte.

Es war schon zuvor von der Adamischen Sünde die Rede, die „Rot wie Karmesin” ist, und das von Gott beabsichtigte Werk der Ersten Gegenwart unseres Herrn kennzeichnet, sein Leben als ein Lösegeld zu geben durch das Vergießen seines unschuldigen Blutes.

Und es entsteht nun die Frage: Setzt sich diese Deutung der Farbe rot auch in der zuvor zitierten Schriftstelle aus Hohelied: „Mein Geliebter ist weiß und rot”, in dieser Richtung fort?

Wenn wir bedenken, daß unser Erlöser, der selbst ohne jede Sünde war, sich die Sünde Adams und seiner Nachkommen auflud und ans Kreuz trug, um zwischen zwei Verbrechern als Übeltäter gekreuzigt zu werden, so könnte der Gedanke entstehen, daß in dieser Hinsicht der Geliebte mit der Farbe „Rot” in einen Zusammenhang gebracht werden kann. Es gibt aber gute Gründe, zu denken, daß hier die Farbe „Rot” auch in einem ganz anderen Zusammenhang gesehen werden kann.

Das angenehme Jahr des Herrn und der Tag der Rache

Der Evangelist Lukas berichtet darüber, wie der junge Jesus in einer Synagoge in Nazareth aufsteht, um aus der Rolle des Buches eine bestimmte Prophezeiung des Propheten Jesaja vorzulesen. Wir lesen in Lukas 4:16 – 21: „Und es wurde ihm das Buch des Propheten Jesaja gereicht, und als er das Buch aufgerollt hatte, fand er die Stelle, wo geschrieben war: ‚Der Geist des HERRN ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, Armen gute Botschaft zu verkündigen; er hat mich gesandt Armen gute Botschaft zu verkündigen; er hat mich gesandt, Gefangenen Freiheit auszurufen und Blinden, daß sie wieder sehen, Zerschlagene in Freiheit hinzusenden, auszurufen ein angenehmes Jahr des HERRN.’ Und als er das Buch zugerollt hatte, gab er es dem Diener zurück und setzte sich; und aller Augen in der Synagoge waren auf ihn gerichtet. Er fing aber an zu ihnen zu sagen: heute ist diese Schrift vor euren Augen erfüllt.”

In den Schriftstudien wird unsere Aufmerksamkeit darauf gerichtet, daß Jesus nicht die ganze Prophezeiung Jesajas vorlas. Jesus endete nämlich mit den Worten: „… auszurufen ein angenehmes Jahr des HERRN!” Was er bewußt wegließ, weil es nicht dem Werk seiner ersten Gegenwart entsprach, waren die weiteren Worte von Jesaja 61 in Vers 3: „und den Tag der Rache für unseren Gott”.

Alles, was er vorlas entsprach dem Werk und dem Zweck seiner ersten Gegenwart, das Wort vom Königreich zu predigen, Kranke zu heilen und sein Leben als ein Lösegeld zu geben. Das angenehme Jahr, von dem Jesaja wie auch Jesus spricht, ist das Evangelium-Zeitalter. Aber wie aus der vollen Prophezeiung von Jesaja zu entnehmen ist, sollte nicht nur ein Tag „Angenehmer Tag” verkündigt werden, sondern auch ein Tag des Zornes oder eines „Tags der Rache für unseren Gott”, der, wie der Herr Jesus wußte, erst zur Zeit des Endes des Evangelium-Zeitalters, zur seiner Zweiten Gegenwart kommen würde, wie dies in Offenbarung 6:16 – 17; zu lesen ist.

Nachdem unser Herr sein menschliches Leben auf Golgatha gegeben und nach drei Tagen auferstanden und den Jüngern erschienen war, verkündigte er ihnen vielsagend: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.” Diese Feststellung zeigt an, daß unserem Herrn während seiner ersten Gegenwart die Gewalt, Gericht über die Nationen auszurufen bzw. auszuüben, noch nicht von Gott gegeben worden war, und daß er sich strikt an Gottes Plan hielt, der ihm in dieser Hinsicht offenbart worden war. – Matthäus 28:18 und Johannes 5:22

Aber was hat dies alles mit der Feststellung in Hohelied zu tun: „Mein Geliebter ist weiß und rot?”

„Rot” ist die Farbe des Blutes wie auch der Sünde. Und wir haben schon zuvor betrachtet, wie das Blut unseres Herrn vergossen wurde, zur Erlösung des Menschen von der Adamischen Sünde. Zweifellos ist aber auch von den Menschen untereinander in ungerechter Weise viel Blut vergossen worden, das nach gerechter Vergeltung schreit. – Galater 6:7

Warum ist Rot an deinem Gewand?

Ein erster versteckter Hinweis auf die Farbe „Rot” ergibt sich in diesem Zusammenhang aus einer Prophezeiung in Jesaja 34:7, die besagt, daß „der HERR ein Schlachtopfer hält in Bozra und ein großes Schlachten im Land Edom”. – „Edom” bedeutet „Rot” und geht auf Esau zurück, der sein Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht verkaufte. Edom stellt aber auch sinnbildlich die Namen-Christenheit dar.

Dann wird im prophetische Buch Jesaja die Frage gestellt: „Wer ist der, der aus Edom kommt, von Bozra, in grellroten Kleidern, er, der prächtig [ist] in seinem Gewand, der stolz einher zieht in der Fülle seiner Kraft? – Ich bin es, der in Gerechtigkeit redet, der mächtig ist zu retten – Warum ist Rot an deinem Gewand und sind deine Kleider wie die eines Keltertreters? – Ich habe die Kelter allein getreten, und von den Völkern war kein Mensch bei mir. Ich zertrat sie in meinem Zorn und zerstampfte sie in meiner Erregung. Und ihr Saft spritzte auf meine Kleider, und ich besudelte mein ganzes Gewand. Denn der Tag der Rache war in meinem Herzen und das Jahr meiner Vergeltung war gekommen.” – Jesaja 63:1 – 4

Er tritt die Kelter des Grimmes Gottes

Daß hier der verherrlichte Herr bildlich als der „Keltertreter” beschrieben wird, der die „Kelter des Weines des Grimmes Gottes allein tritt” – geht auch deutlich aus dem Buch der Offenbarung Jesu Christi hervor, wo wir im 19. Kapitel lesen: „Und ich sah den Himmel geöffnet, und sieh, ein weißes Pferd, und der darauf saß, heißt treu und wahrhaftig, und er richtet und führt Krieg in Gerechtigkeit … Und er ist bekleidet mit einem in Blut getauchten Gewand, und sein Name heißt: das Wort Gottes … Und er tritt die Kelter des Weines des Grimmes und Zornes Gottes, des Allmächtigen. Und er trägt auf seinem Gewand und an seiner Hüfte einen Namen geschrieben: König der Könige und Herr der Herren.” – Offenbarung 19:11, 13, 15 und 16

Alle Heiligen, die „um des Wortes Gottes und des Zeugnisses willen” ungerecht gelitten haben und grausam zu Tode gebracht worden sind, haben immer wieder die Frage gestellt: „Bis wann, heiliger und wahrhaftiger Herrscher, richtest und rächst du nicht unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen?” – Offenbarung 6:10 Und es wird ihnen die Antwort gegeben, „daß sie noch eine kurze Zeit abwarten sollten, bist auch ihre Mitknechte und ihre Brüder vollendet wären, die ebenso wie sie getötet werden sollten.” – Offenbarung 6:11

Wir glauben in den „Brüdern”, die als noch nicht vollendet beschrieben werden, und die noch ihre befleckten weißen Kleider im Blut des Lammes waschen und rein machen und dem Fleisch nach getötet werden müssen, wird die große Schar oder Volksmenge dargestellt, die, nachdem sie überwunden hat, vor dem Himmlischen Thron steht, mit Palmenzweigen in ihren Händen. – Offenbarung 7:9

Die Frage der Heiligen: „Bis wann, heiliger und wahrhaftiger Herrscher, richtest und rächst du nicht unser Blut?” war berechtigt und folgerichtig, wenn wir bedenken, daß der Prophet Jesaja schon vor vielen Jahrhunderten vor der Geburt unseres Herrn einen noch zukünftigen Tag der Rache Jahwes mit den Worten angekündigt hat: „Denn einen Tag der Rache hat der HERR, ein Jahr der Vergeltungen für die Rechtssache Zions.” – Jesaja 34:8

Und in Jeremia 51:24 lesen wir: „Und ich will Babel und allen Bewohnern Chaldäas all ihr Böses, das sie an Zion verübt haben, vor euren Augen vergelten.”

Wir denken, daß wir diese prophetischen Aussagen von Jesaja und Jeremia im Sinn des geistigen Zions anwenden können, dem durch irregeleitete Werkzeuge in den Tagen der Inquisition soviel unbeschreibliches Leid angetan wurde.

Zusammenfassend können wir sagen, daß die Farben „Weiß” und „Rot” in denen die Braut in Hohelied ihren Bräutigam sieht, das sehr unterschiedliche Werk der Ersten Gegenwart und der Zweiten Gegenwart unseres Herrn in Sinnbildern beschreibt, wie auch die Farben „Weiß” und „Rot” in einem starken Kontrast zueinander stehen, und zusammen erwähnt, die verschiedenen und unterschiedlichen Werke unseres Herrn zeigen.

Während es das Werk der ersten Gegenwart unseres Herrn war, das Lösegeld für die Menschheit zu erbringen, ist es das Werk der zweiten Gegenwart Vergeltung auszuüben, an allen, welche die Gesetze Gottes willkürlich verworfen und den Gerechten unterdrückt und bis in den Tod verfolgt haben. Die Vergeltung gilt aber im Besonderen „der Rechtssache des geistigen und des irdischen Zions”, und all derer, die seit langem gerufen haben: „Bis wann, heiliger und wahrhaftiger Herrscher, richtest und rächst du nicht unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen?”

So können wir abschließend sagen, daß die liebevoll rühmende Feststellung der Sulamith, „Mein Geliebter ist weiß und rot”, sowohl der Person als auch dem einzigartige Erlösungswerk gilt, daß unser geliebter Herr nach dem Willen Seines Vaters durchführt. Sulamith stellt im Gegenbild die Berufenen dar, und im Besonderen die „Brautklasse” – alle, diejenigen, die in unseren Tagen den „Geliebten” im Geist und in der Wahrheit rühmen.

Wir preisen den Himmlischen Vater für Seinen Plan und unseren geliebten Herrn, der den Willen des Vaters in allem ausgeführt hat und noch weiter zu Ende führen wird.