Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Du bist der Mann

Lesedauer: 27 Minuten

„Da sagte Nathan zu David: Du bist der Mann!” – 2. Samuel 12:7

Als Gott Saul verwarf, König über Israel zu sein, trauerte Samuel, der Prophet, sehr um ihn. Er liebte Saul sehr. Er erinnerte sich an die Tage, als er zuerst erkannte, dass Gott den jungen Saul auserwählt hatte, König über Israel zu sein. Saul hatte mit großer Demut und Sanftmut geantwortet: „Bin ich nicht ein Benjaminiter und aus einem der kleinsten Stämme Israels, und ist meine Sippe nicht die geringste unter allen Sippen des Stammes Benjamin? Warum sprichst du solche Worte zu mir?” – 1. Samuel 9:21

Saul hatte sich an jenem Tag selbst sehr gering gemacht, als er sagte, dass er der geringsten Familie und dem kleinsten Stamm zugehöre. Das war so gering, wie er sich nur machen konnte. Er hatte dies mit vollkommener Aufrichtigkeit getan. Wir erkennen dies daran, dass Samuel, als er ihn später öffentlich zum König ausrufen wollte, nicht finden konnte. Sie suchten und suchten ihn, konnten ihn aber nicht finden. Dies war fatal, denn das ganze Volk Israel hatte sich vor Samuel versammelt, um den zu sehen, auf den das Los gefallen war, ihr erster König zu sein, und sie warteten auf ihn. Schließlich musste Samuel den Herrn fragen, um herauszufinden, wo Saul sich verborgen hatte.

„Aber der HERR antwortete: Siehe, er hat sich bei dem Tross versteckt. Da liefen sie hin und holten ihn von dort. Und als er sich mitten unter das Volk stellte, da war er einen Kopf größer als alles Volk. Und Samuel sagte zu dem ganzen Volk: Da seht ihr, wen der HERR erwählt hat! Denn keiner ist ihm gleich im ganzen Volk. Da jauchzte das ganze Volk, und sie riefen: Es lebe der König!” – 1. Samuel 10:22 – 24

Ja, Samuel erinnerte sich an jenen Tag. Aber danach hatte er beobachtet, dass sich Sauls Verhalten allmählich geändert hatte, von einem sanftmütigen bescheidenem Geist zu einem des Stolzes, der Arroganz und des Ungehorsams. Dieser gegensätzliche Geist spitzte sich schließlich zu, als Saul die Forderung des Herrn missachtete, die Amalekiter völlig zu vernichten. Er wurde dem Herrn gegenüber ungehorsam, als er den König der Amalekiter verschonte und das Beste der Beute zusammen mit den kostbarsten Schafen und Stieren, indem er vorgab, diese dem Herrn opfern zu wollen. Dies war der Versuch, sich zu entschuldigen, als Samuel ihn mit seiner Sünde konfrontierte: „Samuel aber sprach: Hat der HERR (so viel) Lust an Brandopfern und Schlachtopfern wie daran, dass man der Stimme des HERRN gehorcht: Siehe, Gehorchen ist besser als Schlachtopfer, Aufmerken besser als das Fett der Widder. Denn Widerspenstigkeit ist eine Sünde (wie) Wahrsagerei, und Widerstreben ist wie Abgötterei und Götzendienst. Weil du das Wort des HERRN verworfen hast, so hat er dich auch verworfen, dass du nicht mehr König sein sollst.” – 1. Samuel 15:22 und 23

Es schmerzte Samuel, dies zu Saul sagen zu müssen, aber er tat es dennoch in der Ausübung seiner Pflicht als ein Prophet.

Wir können für uns eine Belehrung aus diesem Vorkommnis des Ungehorsams Sauls entnehmen. Einige vom Volk des Herrn, die zu Königen und Priestern gesalbt sind, mögen einem selbstsüchtigen Wunsch nachgeben, die besten Dinge zu behalten, die der Herr verurteilt hat, indem sie es damit begründen und sich entschuldigen, dass sie es des Herrn wegen tun. Wir wollen nicht vergessen, dass dies der Weg ist, auf dem Saul seine Krone verlor. Wie wir in Vers 28 lesen: „Da sprach Samuel zu ihm: Der HERR hat heute das Königtum Israels von dir abgerissen und es einem anderen gegeben, der besser ist als du.” Dies bringt uns die Ermahnung in Erinnerung: „Halte fest, was du hast, damit niemand deine Krone nehme.” – Offenbarung 3:11

Und Samuel setzte seine Klage um Saul fort, diesen großgewachsenen und gutaussehenden Mann, der um Haupteslänge alle in Israel überragte und wirklich wie ein König ausschaute: „Und der HERR sprach zu Samuel: Wie lange willst du um Saul trauern, den ich doch verworfen habe, dass er nicht mehr König über Israel sei? Fülle dein Horn mit Öl und geh hin. Ich will dich zu dem Bethlehemiter Isai senden; denn ich habe mir unter seinen Söhnen einen zum König ausersehen.” – 1. Samuel 16:1

Der Herr stand im Begriff, Samuel den Einen zu offenbaren, über den Er ihn zu sagen veranlasst hatte, dass er „besser sei” als Saul.

Die Erwählung Davids

Die Ankunft Samuels in Bethlehem verursachte eine große Aufregung. Samuel war als Gottes Mundstück hoch angesehen, und sie fragten sich, was sein Kommen wohl zu bedeuten habe. Würde er als der Überbringer schlechter Nachrichten kommen? Würde er mit einer Botschaft der Verurteilung kommen, einer schlimmen Warnung vor kommendem Unheil?

„Da kamen die Ältesten der Stadt ihm aufgeregt entgegen und sagten: Bedeutet dein Kommen Friede? Und er sprach: Ja, Friede! Ich bin gekommen, um dem HERRN ein Opfer zu bringen. Heiligt euch und kommt mit mir zum Schlachtopfer! Und er heiligte Isai und seine Söhne und lud sie zum Schlachtopfer.” – 1. Samuel 16:4 und 5

Er offenbarte den Ältesten und dem Volk nicht seine ganze Absicht, um zu verhindern, dass sie Saul zugetragen würde, der die Ausführung seiner Mission hätte verhindern können. Er lud Jesse und seine Söhne zu dem Opfer ein, und danach offenbarte er ihnen allein seinen Auftrag.

Wie stolz sich Jesse gefühlt haben muss! Er hatte acht ausgezeichnete Söhne, und er war überzeugt, dass sie ansehnliche und gute Jungen waren. Jetzt wurde ihm durch den Propheten von Gott gesagt, dass der Herr wirklich einen von ihnen ausgewählt habe, um König Israels zu sein. Nun wurde angeordnet, dass alle Söhne Jesses vor Samuel treten sollten, ein jeder einzeln, vom ältesten bis zum jüngsten, so dass der Herr Seine Wahl kundgeben möge.

„Und es geschah, als sie kamen, sah er den Eliab und meinte: Gewiss, da steht sein Gesalbter vor dem HERRN!” – 1. Samuel 16:6

Eliab muss ein gutaussehender Mann mit einem abgeklärten, königlichen Gebaren gewesen sein, stattlich und gebieterisch, von dem Menschenschlag, den Samuel ohne göttliche Anweisung ausgewählt hätte.

„Aber der HERR sprach zu Samuel: Sieh nicht auf sein Aussehen und auf seinen hohen Wuchs! Denn ich habe ihn verworfen. Denn (der HERR sieht) nicht auf das, worauf der Mensch sieht. Denn der Mensch sieht auf das, was vor Augen ist, aber der HERR sieht auf das Herz. Da rief Isai den Aminadab und ließ ihn vor Samuel vorübergehen. Aber er sprach: Auch diesen hat der HERR nicht erwählt. Dann ließ Isai Schamma vorübergehen. Er aber sprach: Auch diesen hat der HERR nicht erwählt.” – 1. Samuel 16:7-9

Einer nach dem anderen gingen sieben prächtige Männer an Samuel vorüber, und sieben Mal zeigte der Herr: „Dieser ist es nicht!”

„Und Samuel fragte Isai: Sind das die jungen Leute alle? Er antwortete: Der jüngste ist noch übrig, siehe, er weidet die Schafe.” – 1. Samuel 16:11

Was für eine bezeichnende prophetische Beschreibung Isai hier unwissentlich über Jesus gab: „Siehe, er hütet die Schafe.” Ist es nicht das, was Jesus tut? Jesse mag gesagt haben: „Da ist nur noch mein jüngster Sohn übrig, der kleine Junge. Er ist wirklich noch nicht erwachsen. Ich dachte wirklich nicht, dass du ihn hier zu sehen wünschtest, und so sandte ich ihn zu den Schafen – jemand muss ja auf die Schafe aufpassen.”

„Und Samuel sagte zu Isai: Sende hin und lass ihn holen! Denn wir werden uns nicht zu Tisch setzen, bis er hierher gekommen ist. Da sandte er hin und ließ ihn holen. Und er war rötlich und hatte schöne Augen und ein gutes Aussehen.” – 1. Samuel 16:11 und 12

David kam in Eile vom Feld. Er hatte keine Zeit, die Bekleidung aus Leder, die er als Hirte trug, zu wechseln. Vom Wind und von der Sonne gebräunt, muss er ein gesundes und robustes Aussehen gehabt haben.

„Und der HERR sprach: Auf, salbe ihn! Denn der ist es! Da nahm Samuel das Ölhorn und salbte ihn inmitten unter seinen Brüdern. Und der Geist des HERRN geriet über David von diesem Tag an und darüber hinaus.” – 1. Samuel 16:12 und 13

Wiederum war vom menschlichen Standpunkt der Kleinste, der Letzte, der Unbedeutendste auserwählt worden. Als erster war es Saul gewesen, der von der geringsten Familie und dem kleinsten Stamm war. Nun war David der jüngste von acht Söhnen, der Kleinste und Letzte vom Haus Isai, nur ein unbedeutender Knabe, der mit dem Hüten der unbedeutenden und hilflosen Schafe beauftragt war.

Es fällt ein interessantes Streiflicht auf diesen Bericht. Ein jeder von Jesses Söhnen hatte seine Hoffnung auf die Höhe gesetzt, als er vor Samuel erschien – um dann verworfen zu werden. Wir finden jedoch kein Anzeichen von Eifersucht oder Missgunst von Seiten der Brüder Davids, weil der Herr gegenüber ihnen einen anderen bevorzugt hatte. Sie schienen sich vielmehr mit David gefreut zu haben, als er aus ihrer Mitte erwählt wurde. Wie unterschiedlich ist dies gegenüber dem Geist Kains, der seinen Bruder erschlug, weil der Herr das Opfer Abels eher annahm, als das Opfer Kains. – 1. Mose 4:4 Wie unterschiedlich ist dies zu dem hasserfüllten mörderischen Geist der Söhne Jakobs gegenüber ihrem Bruder Josef, den ihr Vater mehr als sie liebte.

Was können wir hieraus schlussfolgern? Wir denken, wir können schlussfolgern, dass die Linie von Isai ein göttliches Erbteil war, und dass David und seine Brüder natürliche edle Charaktermerkmale miteinander teilten. David gab dies selbst zu verstehen, als er schrieb: „Ja, es ward mir ein glänzendes Erbe zuteil.” – Psalm 16:6 Immerhin war dies die Linie, durch die Jesus Christus zur irdischen Existenz kam, wie auch einer seiner Titel „der Sohn Davids” war.

Gottes Entscheidungen sind die besten

Hier gibt es auch für uns eine wichtige Lektion zu lernen. Der Herr hat verschiedene Menschen in Seinen Dienst berufen. Er hat sie an den Leib gesetzt, wie es ihm gefallen hat. Einige hat Er mit der Verkündigung des geschriebenen Wortes und eines öffentlichen Zeugnisses in der ganzen Welt – durch das Radio, durch das Fernsehen, durch Filme und andere Medien in wahrnehmbarere Stellungen als andere gesetzt. Wenn einige unter uns meinen, dass diese Entscheidungen nicht gut sind, da andere dies besser ausführen könnten, so sollten diese an die sieben edlen Söhne Isais denken, an denen der Herr vorbeiging, um David auszuwählen. Der Herr wusste genau, was Er tat.

Jesse hatte acht Söhne, und alle waren feingesinnte Menschen. Eliab, der älteste, war von solch einem liebenswürdigem und königlichem Gebaren, dass Samuel, als er ihn sah, ausrief: „Gewiss, da steht sein Gesalbter vor dem HERRN.” Doch der Herr ging an ihm vorbei und erwählte David. Warum? Geschah diese Wahl willkürlich und ohne Grund? Geschah sie nur, weil David der jüngste und letzte der Söhne der Familie von Jesse war? Natürlich nicht! Wie sucht Gott dann diejenigen aus, die Er gebrauchen will? Hier ist die Methode, die Gott benutzt: „Denn des HERRN Augen durchlaufen die ganze Erde, um denen treu beizustehen, deren Herz ungeteilt auf ihn gerichtet ist.” – 2. Chronik 16:9

Betrachten wir die erstaunlichen Auswirkungen dieser Schriftstelle. Durch Seine Macht und Seine Werkzeuge ist Gott immer über alles unterrichtet, was vor sich geht. Er kennt die innersten Gedanken einer jeden lebenden Person, in jedem Augenblick, an jedem Tag. Unmöglich? Es ist nicht nur möglich, sondern auch absolut notwendig. Wenn eine Auferstehung der Toten sein soll, wenn das Volk auf diese Erde zurückkommen soll, so muss die Erinnerung Gottes festgehalten haben, was sie waren. Was sie waren ist die Summe all ihrer ganzen Erfahrungen, all ihrer Gedanken, alles dessen, was ihr ganzes Leben betrifft.

„Denn der HERR erforscht alle Herzen, und alles Streben der Gedanken kennt er.” – 1. Chronik 28:9

Es gab nichts Unberechenbares oder Seltsames bei der Wahl Davids. Der HERR wollte einen Mann mit einer bestimmten Herzensstellung, einen Mann, dessen Herz Ihm gegenüber vollkommen war. Er wusste genau, wo Er ihn unter den Hunderttausenden des Volkes Israel finden konnte. Er kannte den Einen genau: „Ich habe David gefunden, den Sohn Isais, einen Mann nach meinem Herzen, der meinen ganzen Willen tun wird.” – Apostelgeschichte 13:22

Er fand den Einen, „dessen Herz Ihm vollkommen gehörte”. David zeigte eine vollkommene Liebe für Gott. Seine Liebe war vollkommen und vollständig, sein Verlass auf den Herrn völlig. Der Herr war alles für ihn. Er schrieb: „Ich liebe dich, HERR, meine Stärke! Der HERR ist mein Fels und meine Burg und mein Erretter, mein Gott ist mein Hort, bei dem ich mich berge, mein Schild und das Horn meines Heils, meine hohe Feste.” – Psalm 18:2 und 3

Dies sind die großartigen Dinge, die außergewöhnlichen Dinge, die vollkommene Liebe und Hingabe ausdrücken, die der Herr in Davids Herz sah, als Seine Augen die Mengen Israels durchliefen. Darum sagte Er zu Samuel, „Ich will dich zu dem Bethlehemiter Isai senden, denn ich habe mir unter seinen Söhnen einen zum König ausersehen.”

Genau so wie Samuel David salbte, um König zu sein und dabei an denen vorüber ging, die von feinerem äußeren Aussehen waren, so hat der Herr uns gezogen, an der Salbung zur Königsherrschaft teilzuhaben. Seine Augen haben dabei „die ganze Erde durchlaufen”, um uns zu finden, indem Er an vielen, die weiser, mächtiger oder edler als wir waren, vorbeigegangen ist. – 1. Korinther 1:26 Er hat uns aufgrund dessen ausgewählt, was Er in unseren Herzen sah – die dort beginnenden Möglichkeiten. Ebenso wie Er im Herzen Davids zusätzlich zu großer Liebe, die Fähigkeiten des Glaubens, der Sanftmut, den Mut, den Eifer und Gehorsam fand, so schaut Er nach den gleichen Merkmalen bei uns aus.

Als David gesalbt wurde, war er noch jung, unerfahren, ungeübt in den Pflichten des hohen Amtes, zu dem er berufen worden war. So verhält es sich auch bei uns, wenn Gott uns zuerst zu Jesus zieht. Diese Stellung, die in der Einschätzung von Menschen eine unüberwindliches Hindernis hinsichtlich unseres hohen Rufes sein würde, ist kein Hindernis in Gottes Sicht. Gott ist fähig diejenigen, die Er gerufen hat, mit Seinem Geist zu erfüllen, und sie mit Seiner Kraft zu wappnen. Er handelte so bei David, und Er handelt so mit uns. Nach seiner Salbung wurde Davids Königreich nicht sogleich aufgerichtet, noch trifft dies bei uns zu. Wir sind an jeder Seite von Feinden umgeben, wie es bei David der Fall war. Unsere ganze Zeit im Fleisch ist ein ständiger Kampf. Aber wir wissen, dass, wenn wir treu sind, wir unsere Krone erlangen werden.

Der junge David war während der Jahre, die ihn am meisten formten, ein Hirte. Er war ein guter Hirte. Er liebte seine Schafe und war willens, sein Leben für sie niederzulegen. Er zeigte dies bei einer Gelegenheit, als er einen Löwen und einen Bären tötete, die seine Herde bedrohten. Er berichtete Saul davon: „Da sagte David zu Saul: Dein Knecht weidete die Schafe für seinen Vater. Wenn dann ein Löwe oder ein Bär kam und ein Schaf von der Herde wegtrug, so lief ich ihm nach und schlug auf ihn ein und entriss es seinem Rachen. Erhob er sich gegen mich, so ergriff ich ihn bei seinem Bart, schlug ihn und tötete ihn.” – 1. Samuel 17:34 – 36

Es erforderte atemberaubenden Mut und Hingabe, dies zu tun. Er besaß kein Gewehr, nicht einmal ein Schwert, nur einen Stock und einen ungewöhnlichen Glauben an Gott, und eine inbrünstige Liebe für die Herde, die ihm anvertraut war.

David nutzte die lange Zeit der Einsamkeit als ein Hirte, um über Gott und dessen große und liebevollen Wege nachzudenken und zu meditieren. Einige seiner großartigen Psalmen wurden unter dem Sternenhimmel und in der Stille der Nachtwachen verfasst. Seine natürliche Vorliebe Hirte zu sein, brachte es mit sich, dass er viel über jene Berufung nachdachte. Daraus ergab sich, dass er viele Ausdrücke benutzte, die sich aus seinen Erfahrungen als Hirte ergaben. Die ihm anvertraute Königsherrschaft Israels beschreibt er mit den Begriffen eines Hirten: „Er erwählte David, seinen Knecht, und nahm ihn weg von den Hürden der Schafe. Von den Muttertieren weg holte er ihn, dass er Jakob, sein Volk, weidete und Israel sein Erbteil. Und er weidete sie nach der Lauterkeit seines Herzens, und mit der Geschicklichkeit seiner Hände leitete er sie.” – Psalm 78:70 – 72

Ein guter König ist ein guter Hirte

Hier wird das Amt eines Königs über Israel mit dem eines Hirten verglichen, der seine Herde treu leitet und weidet. Um ein guter König zu sein, musste er Israel in den Pfaden der Gerechtigkeit leiten, in der Anbetung des wahren Gottes und sie mit all Seinen gerechten Vorschriften weiden. Der Ausdruck, „er nahm ihn weg von den Hürden der Schafe”, zeigt den Gegensatz, der zwischen einem niedrigen Hirten und einem erhöhten Herrscher besteht. Es erinnert uns an die Worte Jesu: „Wer im Geringsten treu ist, ist auch in vielem treu.” – Lukas 16:10 Die Augen des Herrn durchliefen die ganze Erde und fanden David, den niedrigen Hirtenjungen, der sich seinen Schafen widmete und willens war, sein Leben für sie zu niederzulegen, indem er sie gegen den Angriff eines Löwen und eines Bären verteidigte. Gott wusste, dass David dieselbe Liebe, denselben Eifer und dieselbe Rechtschaffenheit und Selbstaufopferung als König über Israel zeigen würde, wie er sie als ein Hirte bei seinen Schafen gezeigt hatte.

Hierin besteht eine Lektion für uns. Auch wir werden ausgesucht, Könige zu sein. Des Herrn Augen ruhen auf uns, um den Grad unserer Liebe für Seine Schafe, unsere Geschwister, zu bewerten und unser Mitgefühl für die armen verlassenen Schafe der Welt. Was wird Er sehen? Was wird Er in unseren Herzen vorfinden? Wird Er zu dem Schluss kommen, dass wir wie David auch „in vielem treu sein werden”?

Zusätzlich zu dem Amt, König von Israel zu sein, war David einer der führenden Propheten. Er war ein talentierter Musiker, Dichter und Komponist der Psalmen. Seine Prophezeiungen sind in der Form von Liedern entstanden. Zum Beispiel: „Von Gnade und Recht will ich singen; dir, HERR, will ich spielen.” – Psalm 101:1 Dieser Psalm enthält eine Prophezeiung der großen Barmherzigkeit des Herrn in der Vorsehung eines Lösegeldes für das Menschengeschlecht; dass Er „einen Tag festgesetzt hat, an dem er den Erdkreis richten wird in Gerechtigkeit”. – Apostelgeschichte 17:31

Davids Herz war voller Loblieder, es floss über von Lob. Er konnte nicht aufhören, Gottes Lob zu singen. Wie er auch sagte: „Singen will ich dem HERRN mein Leben lang, ich will meinem Gott spielen, so lang ich bin.” – Psalm 104:33 Dies zeigt einen Jubel, ein Herz, das so voll des Lobes ist, dass eine gewöhnliche Sprache nicht ausreicht, um dem Herrn völlig auszudrücken, was im Herzen ist.

Der Apostel drückt den gleichen Geist in seiner Ermahnung aus: „Und berauscht euch nicht mit Wein, worin Ausschweifung ist, sondern werdet voller Geist, indem ihr zueinander in Psalmen und Lobliedern und geistlichen Liedern redet und dem HERRN mit euren Herzen singt und spielt.” – Epheser 5:18 und 19

Einen anderen Lobgesang der Erhöhung und des Lobpreises stimmt David im Psalm 105 an: „Preist den HERRN, ruft an seinen Namen, macht unter den Völkern kund seine Taten! Singt ihm, spielt ihm, redet von allen seinen Wundern.” – Psalm 105:1 und 2

Die Prophezeiungen des Psalms über David, die in Hirten-Begriffen formuliert sind, sind wunderbar und eindrucksvoll. Die Kirche, die opfernd den Fußstapfen Jesu folgt, wird so beschrieben, wie ein Hirte sie sieht: „Ja, um deinetwillen werden wir umgebracht den ganzen Tag, als Schlachtvieh werden wir angesehen.” – Psalm 44:22

David liebte seine Schafe und war aufs engste mit einem jeden Lamm vertraut. Manchmal geschah es, dass trotz all seiner Anstrengungen für das Wohl der Herde ein Lamm starb. Dies erfüllte Davids Herz mit Kummer. Andere Hirten mögen ein totes Lamm einfach verlassen, damit es von wilden Tieren gefressen wird, da es keinen Wert mehr für sie hat. Aber David besaß eine solche Liebe für das Einzelwesen, dass er eine Grube aushob und den leblosen Körper vorsichtig hineinlegte; er trug Leid um die arme Kreatur, die so zu Tode gekommen war. Später, als der Heilige Geist ihn antrieb, eine Prophezeiung auszusprechen, welche das Leidtragen im Fall des Sterbens betraf, die Gefangenschaft im Tode und die Freude der Auferstehung am Morgen des Messianischen Zeitalters unter der Herrschaft Christi und der Kirche, schrieb er über diese Erfahrung als Hirte: „Wie Schafe weidet sie der Tod, sie sinken zum Scheol hinab; und am Morgen herrschen die Aufrichtigen über sie.” – Psalm 49:15

Könnte dies in einer empfindlicheren und liebevolleren Weise ausgedrückt werden? In verschiedenen Psalmen weist David auf Israel als die Schafe der Weide Gottes hin. – Psalm 74:1 und 79:13 Er weist auf die Befreiung der Kinder Israel aus Ägypten hin: „Und er ließ sein Volk aufbrechen wie die Schafe und leitete sie wie eine Herde in der Wüste.” – Psalm 78:52 „Wie eine Herde hast du dein Volk geleitet durch die Hand Moses und Aarons.” – Psalm 77:21

Als David von einer schwerwiegenden Sünde überrollt wurde und fühlte, dass des Herrn Gunst von ihm gewichen war, dass eine Wolke zwischen ihn und Seinen Gott gekommen war, dachte er an die mitleiderregende Stellung eines Schafes, das sich verirrt hat und völlig hilflos der Wüste ausgesetzt ist, dessen einzige Hoffnung darin besteht von dem Hirten wiedergefunden zu werden, das sich danach sehnt wieder die Stimme des Hirten zu hören. Er schrieb in quälender Reue: „Ich bin umhergeirrt wie ein verlorengegangenes Schaf. Suche deinen Knecht. Denn ich habe deine Gebote nicht vergessen.” – Psalm 119:176

Als Nathan gesandt worden war, und er von dem Herrn wiedergefunden und zur Gunst wiederhergestellt wurde, äußerte er seine dankbare Anbetung mit Hirtenworten, die erneut auf seine Lippen kamen: „Kommt, lasst uns anbeten und uns neigen, lasst uns niederknien vor dem HERRN, der uns gemacht hat! Denn er ist unser Gott, und wir sind das Volk seiner Weide und die Herde seiner Hand!” – Psalm 95:6 und 7

König Ahab

Wir wollen im Gegensatz dazu die Geschichte von Ahab betrachten, dem König von Israel. Wir finden den Bericht in 1. Könige im Kapitel 21. König Ahab besaß einen großen Palast, der von wunderschönen Gärten umgeben war. Eines Tages verspürte er den Wunsch einen Gemüsegarten anzulegen, aber er wollte dazu nicht eine seiner Wiesen umgraben, die zu seinem Palast gehörten. Er entdeckte einen Weinberg, der nahe seinem Palast war und sich bestens dazu eignete. Er ging zu dem Besitzer des Weinbergs, einem Mann mit Namen Nabot, um den Weinberg zu kaufen. Aber zu seiner Überraschung und Enttäuschung wollte dieser ihm den Weinberg nicht verkaufen. Dies war ein Schlag für Ahabs Eitelkeit. War er nicht der König? Er sollte fähig sein, zu bekommen, was er wünschte. So ging er zu seinem Palast zurück und führte sich auf wie ein kleines verzogenes Kind.

Der Bericht sagt: „Und er legte sich auf sein Bett und wandte sein Gesicht ab und aß nichts.” Ist das nicht ein vollkommenes Bild eines ungezogenen Kindes?

Als er nicht essen wollte, wurde seine Frau Isebel ungehalten und fragte ihn, was ihn bedrücke, und er sagte es ihr. Sie sagte tatsächlich: „Lass das nicht mit dir machen! Du bist der König! Ich werde sehen, dass du den Weinberg bekommst!” So schrieb sie Briefe in Ahabs Namen, die dazu führten, dass Nabot fälschlicherweise angeklagt und gesteinigt wurde.

Bis zu diesem Punkt war Ahab eigentlich unschuldig gewesen. Isebel hatte Ahabs Namen benutzt, ohne dass er davon wusste. Isebel war die Mörderin, nicht Ahab. Was ereignete sich dann? Der Bericht sagt es: „Und es geschah, als Ahab hörte, dass Nabot tot war, da machte sich Ahab auf um in den Weinberg des Jesreeliters Nabot hinabzugehen (und) ihn in Besitz zu nehmen.”

Sobald er dies getan hatte, wurde er zum Mörder und gleich schuldig mit Isebel. Wenn er sich geweigert hätte, den Weinberg zu betreten, so wäre er unschuldig geblieben. Aber seine Handlung, den Weinberg in Besitz zu nehmen, um die Früchte des Verbrechens zu ernten, machten ihn zu einem Mitverschwörer mit Isebel. „Da geschah das Wort des HERRN zu Elia, dem Tischbiter.” Der Prophet Elia wurde beauftragt Ahab sein Verbrechen vorzuhalten, genau in dem Augenblick, als er Nabots Weinberg für sich in Besitz nahm. Elia gehorchte. Was war die Reaktion auf Elias Anklage? „Und Ahab sagte zu Elia: Hast du mich gefunden, mein Feind?” – 1. Könige 21:20

Davids Sünde im Gegensatz zur Sünde Ahabs

Wir wollen zurückkommen auf die Sünde Davids. Auch er war ein König Israels. Seine Sünde war fast identisch mit der Ahabs. Durch seinen Befehl kam es zustande, dass Uria, der Hetiter, getötet wurde, so dass David zwar keinen Weinberg, aber Urias Frau, Bathseba, besitzen konnte. Erkennen wir die Ähnlichkeit? Der Bericht sagt: „Und der HERR sandte Nathan zu David.” Zu jener Zeit war Nathan der Prophet Gottes. Wie Elia Ahab entgegengetreten war, so konfrontierte Nathan David mit seiner Sünde. Wie reagierte David auf Nathans Anklage? „Da sagte David zu Nathan: Ich habe gegen den HERRN gesündigt.” – 2. Samuel 12:13 Erkennen wir den Gegensatz zwischen den beiden, die unterschiedliche Reaktion, den Unterschied, der die Herzensstellung offenbart, auf die Gott schaut?

Ahab redete den Propheten Gottes mit den arroganten Worten an: „Hast du mich gefunden, mein Feind?” Aber David sprach mit Demut: „Ich habe gegen den HERRN gesündigt!” Was erwiderten die Propheten des Herrn einem jeden von ihnen? Elia erwiderte dem arroganten Ahab: „An der Stelle, wo die Hunde das Blut Nabots geleckt haben, sollen die Hunde dein Blut, ja deines, lecken.”

Aber Nathan sagte zu dem demütigen reuevollen David: „So hat auch der HERR deine Sünde hinweggetan, du wirst nicht sterben.” Darum konnte David aus der Fülle seines Herzens singen: „Barmherzig und gnädig ist der HERR, langsam zum Zorn und groß an Gnade. … Er hat uns nicht getan nach unseren Vergehen, nach unseren Sünden uns nicht vergolten. Denn so hoch die Himmel über der Erde sind, so übermächtig ist seine Gnade über denen, die ihn fürchten. So fern der Osten ist vom Westen, hat er von uns entfernt unsere Vergehen. Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich der HERR über die, die ihn fürchten. Denn er kennt unser Gebilde, gedenkt, dass wir Staub sind.” – Psalm 103:8, und 10 – 14

Diese zwei Vorfälle zeigen auch den großen Unterschied an, der in Gottes Augen zwischen der Sünde besteht, die aufgrund unserer fleischlichen Schwachheit plötzlich über uns kommt, und dem vorsätzlichen Sündigen, das willentlich, böswillig und mit Arglist geschieht, und ohne Zeichen von Reue.

David, der König, der starke und mutige Mann des Krieges, zeigte eine demütige, lammähnliche Einstellung, als er von Nathan konfrontiert wurde. „Ich habe gegen den HERRN gesündigt”, sagte er. Er hätte antworten und ihn mit den Worten wegschicken können: „Wie unterstehst du dich, den König anzuklagen? Der König kann nichts Unrechtes tun! Ich besitze uneingeschränkte Macht über meine Untertanen.” Aber er tat es nicht. Im Herzen war er noch der gleiche demütige Hirtenjunge, wie es an dem Tag war, als er, als letzter des Hauses Isai gesalbt wurde. Er gestand freiwillig sein Unrecht ein, und der Herr war bereit, ihm schnell zu vergeben.

Wegen seiner Sünde war David von Gott entfremdet gewesen. Eine Wolke war zwischen den Herrn und ihn gekommen, die das Antlitz des Herrn verbarg. Seine Gebete schienen nicht aufzusteigen wie zuvor. Seine kühne Begeisterung für das Leben war getrübt. Wir können uns sicher sein, dass er keinen seiner wunderschönen Psalmen während dieser Zeit schrieb. Seine Schuld lag Tag und Nacht schwer auf ihm. Er wusste, der Herr war unzufrieden mit ihm. Er fühlte die Unzufriedenheit buchstäblich, als ob ein Mühlstein an seinen Nacken gehängt worden wäre. Die Trennung von Gott muss für David, der eine solch enge Gemeinschaft mit seinem Schöpfer gewohnt war, höchst qualvoll gewesen sein.

Er begann sich physisch zu verschlechtern. Er fühlte die Nähe des Todes und des Grabes. Im sechsten Psalm verleiht er seinen Gefühlen des Schmerzes Ausdruck: „HERR, strafe mich nicht in deinem Zorn, und züchtige mich nicht in deinem Grimm. Sei mir gnädig, HERR, denn ich bin welk; heile mich, HERR, denn meine Gebeine sind bestürzt. Meine Seele ist tief bestürzt. Aber du HERR, bis wann -? Kehre um, HERR, befreie meine Seele; rette mich um deiner Gnade willen! Denn im Tode gedenkt man deiner nicht, im Scheol, wer wird dich preisen? Müde bin ich durch mein Seufzen; die ganze Nacht schwemme ich mein Bett, mache mit meinen Tränen mein Lager zerfließen.” – Psalm 6:1 – 7

Hier sagt er fünf Mal in vier Versen flehend „HERR”. Dies ist der traurige Stand, in dem David war, als Nathan zu ihm gesandt wurde. Der wichtige Punkt ist hier, dass der Herr Nathan zu David sandte. So schmerzlich wie David auch gesündigt hatte, der Herr verließ ihn nicht, Er ließ ihn nicht einfach gehen. Nein! Er suchte ihn auf, Er öffnete den Weg, Er streckte die Hand nach ihm aus, ihn aufzurichten und zurückzubringen. Wie zart und taktvoll der Herr mit Seinem irrenden Diener David handelte. Nathan war angewiesen worden, sich dem König zu einer Zeit zu nähern, als er zu Gericht saß, die Klagen des Volkes anzuhören. Wir finden den Bericht in 2. Samuel, Kapitel 12. Nathan sprach so, als ob er einen Fall für David hätte, den er anhören und über den er sein Urteil abgeben sollte. Er sprach von zwei Männern in einer Stadt, der eine war reich und der andere arm. Der reiche Mann besaß große Viehbestände und Schafherden und hatte Überfluss an allem, was er sich nur wünschen konnte.

„Der Arme hatte aber nichts als nur ein einziges kleines Lamm, das er gekauft hatte. Und er ernährte es, und es wurde groß bei ihm, zugleich mit seinen Kindern. Von seinem Bissen aß es, aus seinem Becher trank es, und in seinem Schoß schlief es. Es war ihm wie eine Tochter.” – 2. Samuel 12:3

Als David dies hörte, widmete er Nathan sogleich seine ganze Aufmerksamkeit. Er hatte dem ermüdenden Gezanke und den Streitgesprächen des Volkes alle Tage lang zugehört. Hier handelte es sich um etwas, das sein Hirtenherz berührte. Er wusste, was es bedeutete, ein kleines Lamm, das von seiner Mutter verlassen worden war, zu lieben, mit seinem eigenen Mantel zu bedecken, es an seinem eigenen Tisch zu nähren und mit der kleinen Kreatur die Wärme seines Bettes in der Nacht zu teilen. Dies war etwas, das er verstehen konnte. Er hatte dies zuvor getan. Es erfüllte ihn mit der Erinnerung an seine glücklichen Tage als Hirte.

Nathan setzte die Geschichte fort. Er erzählte, wie eines Tages ein Reisender zu dem Haus des reichen Mannes kam und ihm Speise vorgesetzt werden musste. Aber anstatt dass der reiche Mann ein Lamm von seiner eigenen großen Herde nahm, eines, das überhaupt nicht vermisst werden würde, nahm er das eine weibliche Lamm des armen Mannes und schlachtete es, um seinen Gast mit Fleisch zu bedienen. Vergessen wir nicht, dass David dachte, dass dies ein aktueller Bericht war, den Nathan ihm vortrug, so dass er sein königliches Urteil darüber abgeben sollte.

An dieser Stelle muss David in seinem Ärger über die Grausamkeit und die gefühllose Herzlosigkeit des reichen Mannes von seinem Thron aufgesprungen sein: „Da entbrannte der Zorn Davids sehr gegen den Mann, und er sagte zu Nathan: So wahr der HERR lebt, der Mann, der das getan hat, ist ein Sohn des Todes. Das Lamm aber soll er vierfach erstatten, dafür dass er diese Sache getan hat, und weil es ihm (um den Armen) nicht leid getan hat.” – 2. Samuel 12:5 und 6

Du bist der Mann

Nathan erhob seine Hand, und David hielt kurz inne. Er bemerkte plötzlich, dass das, was Nathan gesagt hatte, ein allegorischer Bericht von seiner eigenen Sünde war. Es dämmerte ihm, dass er in diesem Fall in Wirklichkeit das Urteil über sich selbst ausgesprochen hatte: Das Todesurteil. Er senkte sein Haupt vor Scham und Reue. Dann sagte Nathan ruhig: „Du bist der Mann!” Sehen wir, wie der Herr Davids Herz anrührte, so dass Er ihn zurückführen möge. In seinem Fall hätte eine schonungslose und direkte Anklage von Nathan Davids Herz verhärten können, indem sie ihn hätte veranlassen können, unpassend zu reagieren und ihn noch weiter vom Herrn zu entfernen. So streckte der Herr eine helfende Hand aus und fand Sein verlorenes Schaf in solch einer liebevollen und sanften Weise, dass es alle Güte in Davids Herz anrührte, und dies zu seiner Vergebung und Wiedergewinnung der Gunst führte. Wir denken, es müssen viele Tränen über das Antlitz Davids geflossen sein, als David zu Nathan sagte: „Ich habe gegen den HERRN gesündigt. Und Nathan sagte zu David: So hat auch der HERR deine Sünde hinweg getan, du wirst nicht sterben.” Können wir uns die Erleichterung vorstellen, die David fühlte, dass ihm letztlich vergeben wurde, zu fühlen, dass die schwere Last, die er so lang getragen hatte, von seiner Schulter fiel, um einmal mehr zu fühlen, dass seine Gebete den Herrn erreichten, zu erkennen, dass der Herr ihn liebte.

Der Herr verlässt uns nicht

Wir sind uns sicher, dass wir alle eine solche Erfahrung gemacht haben, zur einen oder zur anderen Zeit Entfremdung vom Herrn zu fühlen. Wenn dies erschienen ist, so ist dies nicht von dem Herrn ausgegangen. Er hat gesagt: „Ich will dich nicht aufgeben und dich nicht verlassen.” Wenn wir jemals den Verlust Seiner Gunst fühlen, so geschieht dies auf Grund einiger Untreue oder Gleichgültigkeit unsererseits. Aber die Illustration von David zeigt, dass der Herr uns in solch einer Situation nicht verlässt. Im Gegenteil beginnt Er zu handeln. Er tritt an uns heran. Wenn wir wie David antworten, dann bringt Er uns liebevoll und zart in Seine Gunst zurück.

Jesus hinterließ uns ein wunderschönes Gleichnis, das dies lehrt. Er hatte gerade seinen Jüngern erklärt, wie kostbar die Kleinen aus seiner Sichtweise sind, indem er sagte, dass ihre Schutzengel allezeit das Antlitz des Himmlischen Vaters schauen, und wie der Vater den Sohn gesandt habe, ihn selbst, um zu retten, was verlorengegangen war. Dann sagte er: „Was meint ihr? Wenn ein Mensch hundert Schafe hätte und eins von ihnen sich verirrte, lässt er nicht die neunundneunzig auf den Bergen und geht hin und sucht das irrende? Und wenn es geschieht, dass er es findet, wahrlich, ich sage euch, er freut sich mehr über dieses als über die neunundneunzig, die nicht verirrt sind. So ist es nicht der Wille eures Vaters, der in den Himmeln ist, dass eines dieser Kleinen verloren gehe.” – Matthäus 18:12 – 14

Berührt dies nicht unser Herz? „Er geht hin und sucht das irrende”. Wenn er das verlorene Schaf gefunden hat, so ist die Freude groß. Wenn der Herr sich über uns freut, so können wir dies fühlen. Wir haben eine Gefühl des Wohlbefindens. Wir wissen, dass alles wieder in Ordnung ist.

Wenn jemand für eine Zeit lang von Gott entfremdet ist, wie findet ihn dann der Herr, um ihn zurückzurufen, mit welchen Mitteln oder durch welche Werkzeuge? Zu David sandte Er Nathan, und Er wird einen „Nathan” zu uns senden. Natürlich nicht buchstäblich. Der Herr spricht nicht zu uns mit einer hörbaren Stimme in unseren Ohren oder durch Visionen in der Nacht oder durch einen wiedergeborenen Propheten, der uns aufsucht. Er spricht zu uns durch Sein Wort, durch die Schriften. Nathan sagte zu David: „Du bist der Mann!”

In Zeiten der Not, wenn wir versuchen unsere enge Gemeinschaft mit dem Herrn zu erneuern, wollen wir zu den Schriften gehen und sie – mit diesen Worten im Sinn – auf uns selbst anwenden: „Du bist der Mann!” Die Schriften sind voll von Beispielen, Bildern, Gleichnissen und Illustrationen, die jedes menschliche Problem und jede Situation beinhalten. Wenn wir von diesen lesen und finden, dass sie besonders zu unserer Situation passen, wollen wir selbst zu uns sagen: „Du bist der Mann!” Diese Worte wurden für uns geschrieben, zu unserer Ermahnung, sie sprechen von uns. Wenn irgendeine Schriftstelle auf unsere Situation zutrifft und unseren Nöten dient, dann bedeutet das: „Du bist der Mann!” Wenn diese Worte David zu einem reuevollen und bußfertigen Geist verhalfen, dann werden sie die gleiche Einwirkung bei uns haben. Wenn sie sich bei David dahin auswirkten, dass er zur Gunst bei Gott völlig wiederhergestellt wurde, so werden sie das gleiche bei uns bewirken.

Die Ereignisse in der Welt zeigen, dass die Zeit sehr kurz bemessen ist. Wir wollen nicht eine Minute lang fern von Gottes völliger Gunst sein. Wir wollen nicht einen Moment vergeuden. David sagte unter der Leitung des Geistes: „Und habe deine Lust am HERRN, so wird er dir geben, was dein Herz begehrt.” – Psalm 37:4 Er traf unsere Gefühle genau, als er schrieb: „Eins habe ich vom HERRN erbeten, danach trachte ich: zu wohnen im Haus des HERRN alle Tage meines Lebens, um anzuschauen die Freundlichkeit des HERRN und nachzudenken in seinem Tempel.” – Psalm 27:4