Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Die Wahl eines Königs

Lesedauer: 13 Minuten

1. Samuel 10:17-27

„Denn Jahwe ist unser Richter, Jahwe unser Feldherr, Jahwe unser König; er wird uns retten.”

Jesaja 33:22

Wenn Israel auch eigenwillig war, als es einen König wollte wie die anderen Völker, will man ihnen aber zugute halten, daß es ihnen wichtig war, daß der Herr durch die Vermittlung des Propheten Samuel die Wahl der Person treffen sollte, die das Amt ausüben sollte. Zweifellos waren jedoch Männer aus den verschiedenen Stämmen nach diesem Amt begierig. Etwas anderes anzunehmen würde unserer Kenntnis von und unserer Erfahrung mit der menschlichen Natur widersprechen. Wenn man eher unbedeutende Führungspositionen auf Bezirksebene und in Städten ehrgeizig anstrebt und in Vorentscheidungen und Wahlen dafür nahezu wortwörtlich kämpft, was für einen Einsatz von Beziehungen und Bekanntschaften sollten wir dann nicht erwarten, wenn es um die Wahl eines Königs ginge! Wir fürchten, daß sich bei einem Vergleich zwischen dem Verhalten der christlichen Völker und der Israeliten dieser zuungunsten der erstgenannten entscheidet. In allen zum ‚Christentum’ zu zählenden Ländern gibt es sehr wenige, die, wenn es um die Wahl ihrer Führer geht, auch nur in Erwägung ziehen, welche Wahl der Herr treffen könnte. Selbst wenn wir an die Wahl eines Geistlichen in einer Untergliederung der nominellen Kirchen denken, finden wir den Unterschied recht ungünstig, denn bei der Wahl eines Bischofs oder eines Pfarrers bezieht man sich tatsächlich und ganz offensichtlich selten nur auf den Herrn und wünscht etwa, daß Sein – des Herrn – Wille und Seine Wahl allein entscheiden sollen.

Unter der Führung des Herrn wurde Saul, ein junger Mann aus einer einflußreichen Familie des Stammes Benjamin, zum König gesalbt. Zu seiner Salbung kam er durch eine außergewöhnliche Kette von Ereignissen zum Propheten. Sein Vater besaß eine wertvolle Eselsherde, die entlaufen war, und Saul, der sie vergeblich gesucht hatte, wandte sich an den Propheten um Hilfe, um sie zu finden. So zeigte er sein Vertrauen in Gott und in Samuel, den Propheten Gottes. Über das Interesse des jungen Mannes an religiösen Dingen ist bis zu diesem Zeitpunkt nichts bekannt; er wird aber wohlwollend als „gottesfürchtiger” junger Mann bezeichnet. Nach seiner Salbung bewahrte er geziemend und bescheiden Stillschweigen darüber und wartete darauf, daß sich Gottes Plan weiter entfalten sollte, und daß er schließlich vor dem Volk in den Vordergrund treten sollte. Sehr wahrscheinlich wurde dieses Stillschweigen auf Samuels Betreiben hin vereinbart.

Zu gegebener Zeit sandte Samuel Nachricht an die Ältesten von Israel, daß ein Treffen in Mizpah (Wachtturm) stattfinden sollte, und als sie anwesend waren, fanden die Dinge statt, die Grundlage unserer Lektion sind. Samuel zählte ihnen die Gnadenerweise des Herrn auf, wie sie in den vergangenen Jahrhunderten mit ihnen waren, beginnend mit ihrer wundersamen Befreiung aus Ägypten. Er wies sie mit Nachdruck darauf hin, daß alle Fürsorge des Herrn zu ihren Gunsten war, daß kein König ihnen eine bessere Versorgung hätte leisten können als ihr großer König, und daß keine Regierung mehr zu ihrem Glück beitragen hätte können, als zu dem, das ihnen zuteil geworden war – und das sie jetzt ablehnten, indem sie nach einem König verlangten, was der Herr beschlossen hatte zu gewähren. Davon waren alle in der Versammlung überzeugt; natürlich nahm dort nicht das ganze Volk teil, sondern Vertreter aus allen Stämmen und aus verschiedenen Familien in den Stämmen. Von der bereits erfolgten Salbung Sauls wußte niemand, und Samuel ging zum Losverfahren über, damit das Volk wußte, daß die anstehende Wahl des Herrn Bestimmung war und nicht die Samuels. Es war damals üblich, sich bei diesen Anlässen des Ephods des Hohenpriesters zu bedienen. In einer Tasche im Ephod sammelte man die Papierstreifen oder manchmal die Edelsteine, die die verschiedenen Stämme und Familien repräsentierten. Zuerst wurde unter den Stämmen die Wahl getroffen, in welchem von ihnen der Mann gefunden würde, den der Herr als ihren König bestimmt hatte. Zweifellos erinnerten sich die Fürsten des Stammes Ephraim an Jakobs positive Prophetie über ihren Stamm, und vielleicht dachten sie, daß die Wahl des Herrn auf sie fallen würde. Auch die Ersten des Stammes Manasse haben wohl an eine derartige Verheißung für ihren Stamm gedacht und sich Hoffnungen gemacht, daß auf sie das Los fiele. Die Männer von Juda haben sich sicher an die Voraussage erinnert, daß ein Gesetzgeber aus Juda kommen würde, und sie hofften stark auf ein für sie positives Los. Als aber gewählt wurde, als die Hand aus der Tasche des Ephods den Stein nahm, der für den Stamm Benjamin stand, war die Sache entschieden, und im Allgemeinen beugten sich die Leute der Entscheidung des Herrn. Anschließend wurden die Symbolzeichen der führenden Familien oder Sippen des Stammes Benjamin ins Ephod gelegt, und die Hand zog als die Wahl des Herrn das Zeichen mit dem Namen der Familie Matri. Danach wurden die Symbole der verschiedenen Zweige der Matri-Sippe in die Tasche des Ephods gelegt, und die Hand zog den Namen Sauls, des Sohnes von Kisch. Durch diesen Vorgang wurde die Wahl des Herrn öffentlich gemacht, die der Prophet und Saul selbst schon kannten. Man kann sich die Aufregung und Gemütsbewegung der Leute vorstellen als sie die auf diese Art erfolgte Wahl ihres Königs sahen, den die Allerwenigsten kannten. Sie suchten ihn nun überall, konnten ihn aber nicht finden, und noch einmal wurde das inspirierte Orakel befragt, das angeben sollte, ob und wo man ihn finden konnte. Der Herr gab zur Antwort, daß er sich hinter dem Gepäck versteckt habe, das vermutlich rund ums Lager wie eine Barrikade aufgehäuft war. Saul vertraute zweifellos völlig auf das Vorherwissen des Herrn und auch darauf, daß das Losverfahren die ihm gegebene Erklärung und seine Salbung bestätigen würde. Die Bescheidenheit, die ihn bewogen hatte sich zu verstecken und die ihn in gewissem Maß vor der ihm zugedachten Ehrenstellung zurückschrecken ließ, steht allen billig und gerecht Denkenden wohl an. Man sollte wünschen, daß diese Art Zurückhaltung unter der Führungsriege dieser Welt und auch bei Führern des nominellen geistigen Israel anzutreffen wäre! Jedem von uns sollte die Schönheit dieser Niedriggesinntheit auffallen, und er sollte sie im eigenen Leben und Denken umsetzen, wie anders die Mehrheit der Menschen auch jetzt immer handelt.

Als Saul inmitten der Leute stand, sah man, daß er einen Kopf größer war als sie, vielleicht größer als 2 Meter. Seine Gestalt machte großen Eindruck auf die Leute damals, was man daran sieht, daß ihre Herrscher in Abbildungen immer viel größer dargestellt werden als durchschnittliche Personen. Dann stellte ihn Samuel vor und sagte: „Habt ihr gesehen, den Jahwe ausgewählt hat? Denn keiner ist wie dieser im ganzen Volk.” Da antwortete die Menge und rief: „Es lebe der König!” oder wörtlich genommen: „Herr, der König möge leben!”, der übliche Hochruf für Könige.

So werden wir daran erinnert, daß Gott jetzt im Begriff ist, ein Königreich in der Welt zu errichten und einen König zu wählen. Das Königreich des Millenniums in der vorgesehenen Art wäre ggf. entbehrlich, wenn die Menschen die rechte Herzensstellung hätten, nämlich Gottes Willen erkennen zu wollen und Ihm zu gehorchen, aber es ist ihnen lieber, die Gesetze der Gerechtigkeit auferlegt zu bekommen, anstatt sich freiwillig dem Herrn unterzuordnen. Zu gegebener Zeit werden sie einen König bekommen: Immanuel, der in mancher Hinsicht wie Saul ist, sich in anderen Punkten aber sehr von ihm unterscheidet. Jetzt trifft der Herr Seine Wahl zu diesem König Immanuel. Er geht durch die Reihen der großen Geschlechter, der prominenten Leute und wählt die Kleinen und Demütigen aus, und Er sichtet nicht viele bedeutende Leute, nicht viele Kluge, nicht viele Gebildete, sondern die Armseligen dieser Welt, die reich sind an Glauben, um Erben des Reiches zu sein. – 1. Korinther 1:26 – 28 Die Wahl findet unter den Augen des ganzen Volkes statt. Sie alle sind Zeugen, wenn alle Schritte der Wahl durch Gott eingehalten wurden, daß diese ohne Zweifel des Herrn Wahl ist, und daß Er Seine Wahl vor der Ausführung durch das Volk getroffen hatte. Dieses Vorherwissen betraf auch Jesus als Haupt der Kirche; er war das Haupt des großen Königs, und Er salbte ihn im voraus zum König mit dem „Freudenöl über [seine] Genossen”. Die Menschen im Allgemeinen aber kennen den Gesalbten des Herrn nicht, dies ist ihnen für eine gewisse Zeit verborgen. Wie mit ihrem Haupt ist es auch mit den Gliedern des Leibes. So sagt auch der Apostel, daß Gott festgelegt hat, daß jeder, der ein Glied des Leibes sein wird, „die hat er auch zuvorbestimmt, dem Bilde seines Sohnes gleichförmig zu sein.” – Römer 8:29 Wenn die Auswahl in der Welt abgeschlossen ist, und wenn die Welt dann allmählich begreift, daß sie einen fähigen König braucht, wird man Ausschau halten nach dem Gesalbten des Herrn, und man wird ihn bei seiner zweiten Gegenwart finden. „… das Ersehnte aller Nationen wird kommen” – Haggai 2:7 – der Christus wird dieses Ersehnte sein. (Der Name Saul, merkwürdig genug, bedeutet ‚ersehnt’.) So wie die israelischen Männer Rufe ausstießen, als sie Sauls imposante Erscheinung sahen, genauso wird die Menschheit Freudenrufe hören lassen, wenn sie die Gegenwart des Christus, des großen Königs wahrnehmen, die Gegenwart ihres Befreiers von Satan, aus verderblichen Regierungen, aus allen Arten von Feindschaft. Ihr neuer Regent „muß herrschen, bis er alle Feinde unter seine Füße gelegt hat. Der letzte Feind, der weggetan wird, ist der Tod.” – 1. Korinther 15:25 und 26 Der Gesalbte des Herrn wird nicht allein alle anderen überragen – „… seine Gestalt ist wie der Libanon … alles an ihm ist lieblich.” – Hohelied 5:15 und 16 Es sollte in hohem Maß auch zutreffen, daß diejenigen, die im jetzigen Leben fest mit den Gliedern des Leibes Christi verbunden sind, bevor der Herr zum König der ganzen Welt ausgerufen wird, die Längen und Breiten des Charakters an den Menschen erkennen können, die der Herr für diese Ehrenstellung den dann Auferweckten gegenüber beruft. Daß sie bei Jesus waren, sollte sichtbar sein; ihre Großherzigkeit, ihre moralische Qualität, sowie ihr Geist eines gesunden Sinnes sollte erkennbar sein.

In unserem Bericht heißt es dann, daß eine Gruppe von Israeliten, eine Art Leibwache, sich sogleich Saul angeschlossen hat, Männer, „deren Herz Gott gerührt hatte”. Sie waren ergriffen von der Erkenntnis, daß der Herr Seine Wahl getroffen hatte, und waren erfüllt von dem Wunsch, mit dem Herrn zu harmonieren und Gottes Willen zu folgen in allem, was den Erwählten betraf und in seinem Sinn zu handeln. Darin ist jetzt eine wichtige Lehre für jeden aus dem Volk des Herrn enthalten, weil wir sehen, daß Jesus der Auserwählte des Vaters ist, und wir uns daher ihm anschließen, und weil wir sehen, daß in ihm das Wesen des Vaters verwirklicht ist und wir so alles verlassen und ihm nachfolgen. Wenn wir dem gemäß einem Mitmenschen Hilfe und Unterstützung angesichts des göttlichen Planes und unseres Dienstes zukommen lassen, sollte dies nur auf dieser Grundlage geschehen, nicht aus persönlicher Anziehung oder im Sinn einer Vorzugsbehandlung, sondern weil unser Herz vom Herrn angerührt ist in dem Bewußtsein, daß unser Führer mit anwesend ist. Dennoch dürfen wir uns unter dieser Berufung als Mitarbeiter betrachten, die sehr nützlich und sehr hilfreich sind im Dienst des Herrn, als Mitarbeiter Gottes zusammen mit allen Seinen Knechten. So wird es zweifellos in der Zukunft sein, wenn der große König in seiner Vollendung die Zügel der Regierung in die Hand genommen hat. Das Beste aus der Menschheit wird zu ihm strömen, begierig, seinen Willen zu erfahren und zu tun und gänzlich übereinzustimmen mit ihm als dem Gesandten des Himmlischen Vaters und mit seinem Reich.

Der Ausdruck „Söhne Belials” bedeutet Kinder des Teufels oder böse Leute, solche, die nicht mit Gott im Einklang sind und sich Seinen Anordnungen und Seiner Auswahl nicht unterwerfen. Es gibt in der jetzigen Zeit auch Leute, die, direkt oder indirekt, böse Worte finden über Glieder des Leibes Christi, mit denen sie zusammentreffen. Da sie nichts von unserem Herrn halten, halten sie auch nichts von Seinen Vorkehrungen. Ihr Einfluß in den nominellen Kirchen oder außerhalb ist daher den wahren Interessen der Sache des Herrn entgegengesetzt. Diese Art Leute wird es auch im Millennium geben, wenn das Königreich aufgerichtet sein wird; von ihnen spricht der Herr im Gleichnis: „ … jene, die nicht wollten, daß ich über sie herrschen sollte … .” – Lukas 19:27 Auch der Apostel meint diese Leute, wenn er sagt: „Es wird aber geschehen, jede Seele, die irgend auf jenen Propheten nicht hören wird, soll aus dem Volke ausgerottet werden.” – Apostelgeschichte 3:23 Wir können indessen gewiß sein, daß sie nicht eher ausgelöscht werden, als bis sie eine umfassende Darstellung göttlicher Macht und Seiner Gnade bekommen haben, und nur, wer nach all den vielen Chancen und Vorrechten bei seiner Gegnerschaft bleibt, wird für den Zweiten Tod vorgesehen.

Ganz kurz nach seiner Inthronisation bekam Saul die Gelegenheit, sich fähig zu erweisen bei der Befreiung seines Volkes von einem König eines Nachbarvolkes, der mit einer beachtlichen Streitmacht gegen Israel anrückte. Saul versammelte seine 330.000 Mann starke Armee aus den verschiedenen Stämmen und schlug Nahas und sein Heer der Ammoniter in die Flucht. Dieser Sieg festigte die Stellung des Königs im Herzen der Israeliten, und im Gefühl der Loyalität verlangten sie die Hinrichtung der Söhne Belials, die sich gegen ihn ausgesprochen hatten. Doch Sauls edle Gesinnung zeigt sich darin, daß er diesen Vorschlag eben nicht annahm und sagte: „Niemand soll an diesem Tage getötet werden, denn heute hat Jahwe Rettung geschafft in Israel!” – 1. Samuel 11:13 Wenn sich nun die Macht des großen Königs des Millenniums offenbart und die Feinde der Gerechtigkeit vernichtet werden, wird Seine Barmherzigkeit und Geduld denen gegenüber, die in der Finsternis der Jetztzeit Gemeinheiten über Ihn gesagt haben und danach getrachtet haben, gegen Sein Reich zu arbeiten, erkannt werden. Es wird sich die Erkenntnis durchsetzen, daß, bedingt durch die adamischen Unzulänglichkeiten, die Verblendung und den Ungehorsam niemand den Zweiten Tod sterben muß – mit Ausnahme derjenigen, die eigenmächtig und willentlich sündigen, nachdem sie die Erkenntnis der Wahrheit erlangt haben.

Unser Leittext gehört zu den Aussagen der Schrift, deren Gehalt im Innern aller, die zum Volk des Herrn zählen, tief eingeprägt sein müssen. Mag die Welt laut tönen: ‚wir haben nur Cäsar zum König’ – Gottes Volk wird sich davon gänzlich abwenden: ‚Der Herr ist unser König!’ In Übereinstimmung mit Seiner Weisung wird es irdischen Königen Ehre erweisen und irdische Gesetze peinlich genau befolgen, soweit sie nicht zu Gottes Gesetz im Widerspruch stehen. Dennoch, über allen weltlichen Königen stehend, gehören unsere Achtung, unsere Verehrung und unser Gehorsam ihm, den der Herr eingesetzt hat, König Immanuel. Wenn er über uns herrscht, wird es vergleichsweise leicht für uns sein, in unseren Werken und unserem Tun loyal zu sein, wo auch immer wir sind. Wenn wir ihn verleugnen, wird er auch uns verleugnen; wenn wir ihn aber bekennen, wird er uns vor dem Vater und Seinen heiligen Engeln bekennen. Und er wird uns schließlich erretten als Glieder seiner Kirche, seines Leibes. Der ersten Verheißung gemäß werden alle Geschlechter der Erde dann gesegnet werden, und mit dem Herrn werden sie unser Erbteil sein. – Galater 3:29