Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Die Versammlung zu Thessalonich

Lesedauer: 15 Minuten

„Unablässig vor unserem Gott und Vater an euer Werk des Glaubens gedenken und die Bemühung der Liebe und das Ausharren [in] der Hoffnung auf unsern Herrn Jesus Christus.“

1. Thessalonicher 1:3

In der Juli/August Ausgabe des Tagesanbruches haben wir in diesem Jahr einige der Ermahnungen des Apostels Paulus an die Versammlung in Korinth näher betrachtet. Er hatte diese Versammlung in der Provinz Achaia, einem Teil des heutigen Griechenlands, während des letzten Teils seiner zweiten Missionsreise gegründet. Zuvor hatte Paulus auf der gleichen Reise in der Provinz Mazedonien, etwa 320 km nördlich von Korinth, Versammlungen gegründet. Sie gehörten zu den ersten christlichen Versammlungen auf dem europäischen Kontinent. Eine davon war eine Gruppe, die in Thessalonich gegründet wurde. (Apostelgeschichte 18:1-18; 17:1-9)

Unser einleitender Text weist darauf hin, dass diejenigen, die die Versammlung in Thessalonich bildeten, reich an Glauben, Liebe und Hoffnung waren. Ihr Glaube wirkte, ihre Liebe arbeitete, und ihre Hoffnung befähigte sie, geduldig auf die Wiederkunft ihres Herrn zu warten. Dann werden alle kostbaren Verheißungen, die ihren Anteil an seinem Reich betreffen, erfüllt werden. Weil diese drei christlichen Gnadengaben im Leben der Geschwister in Thessalonich so schön miteinander harmonierten und offenkundig waren, konnte der Apostel Paulus ihnen in solch einer lobenden Art und Weise schreiben.

Der Apostel liebte alle seine Geschwister in Christus, besonders diejenigen, denen er aktiv dabei behilflich war, die Wahrheit zu verstehen. Die Geschwister in Thessalonich gehörten zu den vielen, die das Evangelium zum ersten Mal aus dem Munde dieses inspirierten Diener Gottes hörten. Diese örtliche Gruppe von Christen bestand hauptsächlich aus Griechen. Aber es gab auch eine Anzahl von Juden, die durch Paulus Predigt davon überzeugt worden waren, dass Jesus ihr Messias war. Als Paulus und Silas nach ihrer Gefangenschaft in Philippi nach Thessalonich gingen, besuchten sie zunächst die jüdischen Synagogen, um ihren eigenen Landsleuten Zeugnis zu geben. An drei aufeinanderfolgenden Sabbaten verkündeten sie das Evangelium, mit dem Ergebnis, dass einige Juden überzeugt wurden und Jesus als ihren Erlöser annahmen. (Apostelgeschichte 17:1-4)

Die Arbeit von Paulus und Silas brachte unter den Griechen zahlenmäßig gesehen größere Ergebnisse. Es heißt, dass „eine große Menge von den anbetenden Griechen und nicht wenige der vornehmsten Frauen“ glaubten. Die Juden in dieser Stadt, die durch die Predigt des Paulus nicht zum Glauben gekommen waren, begannen, sich dem Werk zu widersetzen. Es gelang ihnen, einige Bürger von Thessalonich in Aufruhr zu versetzen. Sie versuchten, mit ihnen die Hände an die zu legen, die zu Nachfolgern Jesu geworden waren. (Apostelgeschichte 17:4-5)

Offenbar traf sich die neue christliche Versammlung mehr oder weniger regelmäßig im Haus von einem der Geschwister namens Jason. Dort versammelte sich die Menge, um das Haus zu stürmen und die Gruppe zu zwingen, vor ihnen zu erscheinen. Vielleicht waren die Geschwister gewarnt worden, denn ein Großteil der Versammlung war zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend. Jason und einige andere wurden gewaltsam festgenommen, vor die Obersten des Volkes gebracht und der Verschwörung gegen den römischen Kaiser angeklagt. Die Obersten verfolgten die Anklage jedoch nicht allzu streng. Sie ließen Jason und seine Freunde unter einer Bürgschaft frei, um den Frieden zu wahren. (Apostelgeschichte 17:5-9)

In der Zwischenzeit gingen Paulus und Silas nach Beröa, um dort das Zeugnis von Jesus Christus und seiner Kreuzigung abzulegen. (Apostelgeschichte 17:10) Paulus blieb nicht lange genug in Thessalonich, um das Wachstum der Gnadengaben in den Herzen und im Leben der Neubekehrten zu verfolgen. Im Laufe der Zeit fragte er sich zweifellos oft, wie die Gruppe Fortschritte machte. Möglicherweise dachte er darüber nach, ob der Same, den er dort ausgesät hatte, auf guten Boden, auf steinigen Boden oder unter Disteln gefallen war. Er wusste, dass ein Teil der Saat zu wachsen begonnen hatte. Aber nur mit der Zeit konnte die Erprobung unter verschiedenen Umständen beweisen, wie tief der Same in den Herzen der Geschwister verwurzelt war.

Paulus wusste, dass die Stürme der Verfolgung über die noch jungen Christen in Thessalonich hereingebrochen waren. Er wusste, dass diese Erfahrungen ihren Glauben, ihre Liebe und ihre Hoffnung auf die Probe stellen würden. Kein Wunder, dass er unbedingt etwas über sie erfahren wollte! Er bemühte sich, die Geschwister in Thessalonich erneut zu besuchen, aber, wie er erklärt, hinderte ihn der Satan daran. Da er immer noch bestrebt war, von ihrem Wohlergehen in Christus zu erfahren, sandte er Timotheus, um der Versammlung zu dienen und einen Bericht über das geistliche Wachstum der Geschwister zu überbringen. (1. Thessalonicher 2:17,18; 3:1-5)

Timotheus brachte einen guten Bericht, und Paulus war sehr erfreut. (1. Thessalonicher 3:6-7) Sein erster Brief an diese Versammlung scheint zumindest teilweise als Ausdruck seiner Freude darüber geschrieben worden zu sein, dass seine lieben Geschwister fest im Herrn und in der Wahrheit stehen. In dem Brief bezeichnet er sie als seine „Hoffnung“ und „Freude“ und als sein „Ruhmeskranz“. (1. Thessalonicher 2:19,20)

Ein wahrer brüderlicher Standpunkt

Das Interesse des Apostel Paulus an den Brüdern in Thessalonich weist darauf hin, wie reich der Geist Gottes sein eigenes Herz erfüllt hat. Nichts sollte dem Volk des Herrn größere Freude bereiten, als zu wissen, dass es ihren Geschwistern geistlich gut geht. Die wahre Liebe zu den Geschwistern veranlasst dazu, Opfer zu bringen, um ihnen zu dienen. Unsere Herzen sollten sich für alle unsere Geschwister öffnen, wo immer sie auch sein mögen. Es mag richtig sein, zu folgern, dass „wahre Nächstenliebe zu Hause beginnt“. Aber ein Christ, dem das Wohlergehen aller Geschwister am Herzen liegt, wird sich nicht damit zufriedengeben, seine Liebe nur für diejenigen zum Ausdruck zu bringen, die zufällig seinen oder ihren Weg kreuzen.

Die Brüderlichkeit der Geheiligten ist international, und wenn wir Glieder dieser Gemeinschaft sind, werden wir uns aufrichtig und zutiefst für unsere Geschwister in der ganzen Welt interessieren. Paulus gab sich nicht damit zufrieden, zu wissen, dass er einmal das Evangelium in Thessalonich gepredigt hatte und dass einige glaubten. Er wollte wissen, wie es diesen Gläubigen geistlich erging. Als er erfuhr, dass sie an ihrem Glaubensbekenntnis festhielten, freute er sich.

Aus dem Brief, den der Apostel an sie schrieb, können wir die Art des Berichts, den Timotheus ihm übermittelte, ein wenig verstehen. Unser Text spricht von ihrem „Werk des Glaubens und die Bemühung der Liebe und das Ausharren in der Hoffnung.“ Offensichtlich war der Bericht aber konkreter als nur, dass sie Glauben, Liebe und Hoffnung hatten. Er lässt erkennen, dass sie einen Glauben hatten, der arbeitete, eine Liebe, die sich abmühte, und eine Geduld, die die praktische Auswirkung der Hoffnung war, von der sie inspiriert waren.

Wie der Glaube wirksam ist

Der Apostel Jakobus sagt uns, dass der Glaube ohne Werke tot ist. (Jakobus 2:17-20) Der Glaube der Geschwister in Thessalonich war jedoch sehr lebendig. Der Apostel Paulus schrieb ihnen: „Von euch aus ist das Wort des Herrn erschollen, nicht nur in Mazedonien und Achaja, sondern an jeden Ort ist euer Glaube an Gott hinausgedrungen, so dass wir nicht nötig haben, etwas zu sagen.“ (1. Thessalonicher 1:8) Was für ein Zeugnis für einen lebendigen Glauben! Sie glaubten nicht nur selbst an das Evangelium, sondern sie glaubten so fest daran, dass sie ihr Leben niederlegten, damit dieses Evangelium anderen weiter mitgeteilt werde. So waren sie „allen Gläubigen in Mazedonien und Achaja zu Vorbildern.“ (1. Thessalonicher 1:7)

Wir können uns und anderen sagen, dass wir fest an die Wahrheit des Evangeliums glauben, aber ist unser Glaube damit wirksam? Wahrer Glaube ist immer wirksam. Durch den Glauben „brachte Abel Gott ein besseres Opfer dar als Kain“. Durch Glauben war „Henoch Gott wohlgefällig.“ Durch Glauben baute Noah die Arche. Durch Glauben verließ Abraham seine Heimat und wohnte in Zelten in einem fremden Land. Durch Glauben bereitete er sich darauf vor, Isaak zu opfern. Durch Glauben führte Mose die Kinder Israels aus Ägypten heraus und durch das Rote Meer. Tatsächlich wurden alle großen Dinge, die von diesen einstigen Dienern Gottes vollbracht wurden, durch den Glauben vollbracht. (Hebräer 11:4-29,39,40)

Der Glaube ist eine bewegende Kraft im Leben des Volkes des Herrn. Der Glaube an Gott und seinen Plan macht uns diese Sache zu eigen, für die wir bereit sind zu sterben, ohne nach dem Wie, Wann oder Warum zu fragen. Wenn wir wirklich an den göttlichen Vorsatz für die Menschheit glauben, kann uns nichts davon abhalten, darüber zu sprechen. Der Glaube, dass der Schöpfer des Universums in naher Zukunft seine Macht einsetzen wird, um auf dieser Erde eine gerechte Regierung zu errichten, die den Menschen Frieden, Gesundheit und Leben bringen wird, sollte jeden, der diesen Glauben hat, dazu bringen, sogar sein eigenes Leben zu opfern, um dieses Wissen wertzuschätzen.

Die Liebe, die wirksam ist

Das Werk des Glaubens und das Werk der Liebe sind eng miteinander verbunden und im wahren christlichen Leben tatsächlich untrennbar. Die Verwendung dieser beiden Begriffe durch den Apostel Paulus hilft uns jedoch, besser zu verstehen, wie sich der Eifer der Geschwister in Thessalonich in dem ausdrückte, was sie für andere taten. Ihr Werk des Glaubens war gekennzeichnet durch ihre Aktivität, das Evangelium zu bezeugen, während ihr Werk der Liebe der praktische Beweis ihres Interesses an den Geschwistern war. Wir finden diesen Gedanken in der Sprache des Apostels in Hebräer 6:10, wo es heißt: „Denn Gott ist nicht ungerecht, euer Werk zu vergessen und die Liebe, die ihr zu seinem Namen bewiesen habt, indem ihr den Heiligen gedient habt und dient.“

Der Bericht des Timotheus an Paulus über die Zustände in der Versammlung in Thessalonich muss den Apostel davon überzeugt haben, dass diese Geschwister tatsächlich eine wahre Liebe zum ganzen Volk des Herrn hatten. Er schreibt ihnen: „Was aber die Bruderliebe betrifft, so habt ihr nicht nötig, dass man euch schreibt; denn ihr seid selbst von Gott gelehrt, einander zu lieben. Das tut ihr ja auch gegenüber allen Brüdern in Mazedonien. Wir ermahnen euch aber, Brüder, reichlicher zuzunehmen.“ (1. Thessalonicher 4:9,10)

Genauso wie der Glaube die Geschwister in Thessalonich veranlasst hatte, sich an der Verbreitung des Evangeliums weit über ihre unmittelbare Umgebung hinaus zu beteiligen, so veranlasste ihre Liebe sie, den Geschwistern in ganz Mazedonien zu dienen. Offensichtlich hatte das Gebot Jesu, einander zu lieben, für sie eine größere Bedeutung als das, was sie für ihre eigene Versammlung tun konnten. Ihr Werk der Liebe für die Geschwister weitete sich aus und wurde zu einem Segen für die Geheiligten in der ganzen Region. Die Tatsache, dass Paulus die Geschwister in Thessalonich für diese allumfassende Liebe lobte, zeigt, dass er zweifellos ihre Einstellung teilte und sich über ihre Bemühungen freute.

Könnte eine andere Sichtweise Gott vollkommen gefallen? Waren die letzten Worte, die Jesus an seine Apostel richtete, nicht eher ein Auftrag, in die ganze Welt zu gehen, das Evangelium zu verkünden und alle Völker zu Jüngern zu machen? (Matthäus 28:19,20; Apostelgeschichte 1:8) Jünger machen bedeutet viel mehr, als ihnen die Möglichkeit zu geben, das Evangelium zu hören. Diejenigen, die das Evangelium hören und glauben, müssen in dem allerheiligsten Glauben auferbaut werden. Sie müssen getröstet und gestärkt werden. Sie brauchen die Sympathie, das Verständnis und die Liebe ihrer Geschwister. Sie müssen auch vor den Angriffen des Widersachers gewarnt werden, der immer auf der Lauer ist, um die Geheiligten mit verschiedenen Mitteln und Täuschungen anzugreifen.

Alle so dargestellten Möglichkeiten des Dienstes sind von ebenso weltweiter Bedeutung wie das Gebot, zu predigen und Jünger zu machen. Unser Blick auf sie sollte „die ganze Welt“ umfassen, und unser Gebrauch von ihnen sollte nur durch Umstände eingeschränkt werden, die uns daran hindern, in unserem Werk der Liebe weiter voranzuschreiten. „Ganz Mazedonien“ war ein weites Feld des Dienstes für die eine Versammlung in Thessalonich, und ihre Arbeit in diesem Feld zeigt, dass sie das Gebot Jesu, der ganzen Welt innerhalb ihrer Reichweite zu dienen, ernst nahmen.

In 1. Thessalonicher 5:11 schreibt Paulus: „Deshalb ermahnt [gemäß Randnotiz: tröstet, ermuntert] einander und erbaut einer den anderen, wie ihr auch tut.“ Mit den Ausdrücken „einander“ und „einer den anderen“ meint Paulus offensichtlich nicht nur die Versammlung in Thessalonich, sondern alle Geschwister, denen sie so liebevoll dienten. Paulus ermunterte sie dazu, alle zu trösten, nicht weil sie versäumt hätten, es zu tun, sondern weil er sie wissen lassen möchte, wie sehr er sich darüber freut, dass sie es tun – „wie ihr auch tut.“

Ihr Werk der Liebe zeigte sich nicht nur darin, dass sie die Geschwister in ganz Mazedonien trösteten, sondern auch darin, dass sie die Widerspenstigen ermahnten, die Schwachen unterstützten und allen gegenüber geduldig waren. Sie sollten darauf achten, dass niemand Böses mit Bösem vergelte, und sie sollten die Geschwister ermutigen, untereinander und allen gegenüber das Gute zu tun. Das Vollbringen aller dieser Dinge war ihr Werk der Liebe. (1. Thessalonicher 5:14-23)

Ausharrende Hoffnung

„Denn auf Hoffnung hin sind wir gerettet worden“, schreibt der Apostel an die Versammlung in Rom. Weiter erklärt er: „Eine Hoffnung aber, die gesehen wird, ist keine Hoffnung. Denn wer hofft, was er sieht? Wenn wir aber das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir mit Ausharren.“ (Römer 8:24,25) Alle unerfüllten Verheißungen Gottes an die Nachfolger Jesu zusammen geben ihnen Hoffnung. Unter ihnen stehen die Verheißungen über das Kommen und Erscheinen des Herrn Jesus an erster Stelle. Paulus spricht in seinem Brief an Titus von dieser besonderen Hoffnung: „Wir erwarten die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und unseres Retters Jesus Christus.“ (Titus 2:13)

In den beiden Briefen des Paulus an die Versammlung in Thessalonich gibt es viele Hinweise auf die Herrlichkeit ihrer Hoffnung der Wiederkunft und des Erscheinens des Christus. Offensichtlich zeigte sich ihre ausharrende Hoffnung vor allem in ihrem lebhaften Interesse am Thema der Wiederkunft unseres Herrn. Ihr Interesse an dem Zweiten Kommen Christi war jedoch keineswegs unabhängig von ihrem christlichen Handeln. Ihr wirkender Glaube und ihre engagierte Liebe waren in der Tat das Ergebnis ihrer Hoffnung auf die Wiederkunft des Herrn und ihres ausharrenden Wartens auf die Erfüllung dieser Hoffnung. Paulus schrieb ihnen: „Euch aber lasse der Herr zunehmen und überreich werden in der Liebe zueinander und zu allen, wie auch wir euch gegenüber sind, um eure Herzen zu stärken, untadelig in Heiligkeit [zu sein] vor unserem Gott und Vater bei der Ankunft [griechisch: Gegenwart] unseres Herrn Jesus mit allen seinen Heiligen.“ (1. Thessalonicher 3:12,13)

Die Geschwister der Ersten Kirche erkannten nicht, dass die Wiederkunft Christi erst viele Jahrhunderte nach ihrem Tod stattfinden würde. Der Apostel Jakobus schrieb: „Die Ankunft [griechisch: die Gegenwart] des Herrn ist nahegekommen.“ (Jakobus 5:8) Petrus und Paulus wussten, dass Christus erst nach ihrem Tod wiederkommen würde, aber sie sagten nicht, wie lange danach. Im zweiten Petrusbrief schreibt Petrus viel über das Zweite Kommen und erklärt, dass er mit diesem Brief die Geschwister nach seinem Tod aufrichten wollte. (2. Petrus 1:15)

Ein Mangel an Ausharren beim Warten auf die Erfüllung dieser gesegneten Hoffnung könnte leicht zu einer falschen Schlussfolgerung bezüglich dessen führen, was der Apostel ihnen schrieb. In 1. Thessalonicher 4:16,17 wies Paulus sie darauf hin, dass es nach der Wiederkunft Christi eine kurze Zeitspanne geben wird, in der die „Lebenden, die übrig bleiben“ hier im Fleisch weiterleben werden. Dies und der weitere Gedanke, dass die Gegenwart Christi während dieses Zeitabschnittes der Welt im Allgemeinen unbekannt sein wird, mag irrtümlicherweise so falsch verstanden worden sein, als ob der Tag Christi bereits gekommen sei. Das war eine falsche Schlussfolgerung, die aber dennoch ihren enthusiastischen Wunsch nach der Wiederkunft Christi zum Ausdruck brachte, damit ihre Hoffnungen auf das Reich Gottes in Erfüllung gehen könnten.

Als Erstes ein großer Abfall

Dass einige in der Versammlung in Thessalonich diesen falschen Gedanken aus dem ersten Brief des Apostels Paulus übernommen haben, geht aus seinen Worten in seinem zweiten Brief hervor. Er schreibt: „Wir bitten euch aber, Brüder, wegen der Ankunft [Gegenwart] unseres Herrn Jesus Christus und unserer Vereinigung mit ihm, dass ihr euch nicht schnell in eurem Sinn erschüttern, auch nicht erschrecken lasst, weder durch Geist noch durch Wort noch durch Brief, als [seien sie] von uns, als ob der Tag des Herrn da wäre. Dass euch doch niemand auf irgendeine Weise verführe! Denn [dieser Tag kommt nicht,] es sei denn, dass zuerst der Abfall gekommen und der Mensch der Gesetzlosigkeit offenbart worden ist, der Sohn des Verderbens.“ (2. Thessalonicher 2:1-3)

Paulus sagte nicht, dass die Geschwister in Thessalonich das, was er über die Art und Weise des Kommens und der Gegenwart Christi geschrieben hat, missverstanden hatten. Das einzige Argument, das er anführt, um einer falschen Schlussfolgerung entgegenzuwirken, dass Christus bereits wiedergekommen sei, ist, dass zuerst ein wichtiges prophetisches Ereignis stattfinden muss. Es handelt sich um die Entwicklung des großen Systems, das er „den Menschen der Sünde“, „den Sohn des Verderbens“, „das Geheimnis der Gesetzlosigkeit“ nennt und das in der Heiligen Schrift unter dem Bild „Babylon“ dargestellt wird. Der Apostel erklärt nicht nur, dass sich dieses System vor der Wiederkunft Christi entwickeln und zeigen wird, sondern auch, dass die Erscheinung bei der Gegenwart Christi die Macht sein wird, die es zerstören wird (2. Thessalonicher 2:4,7,8)

Auf diese Weise erhalten wir ein hilfreiches Beispiel für die richtige und falsche Auslegung von Prophezeiungen. Wir alle können manchmal ungeduldig werden, wenn wir auf die Erfüllung unserer Hoffnungen warten, und uns auf Grund unserer Ungeduld Spekulationen über den Zeitpunkt der Verherrlichung der Herauswahl und die Aufrichtung des Reiches Christi hingeben. Unsere Einstellung zu den Prophezeiungen unterscheidet sich natürlich von der der Geschwister in Thessalonich. Wir glauben, dass die Erfüllung der Prophezeiung zeigt, dass unser Herr Jesus jetzt unsichtbar gegenwärtig ist. Der große Abfall und die Entwicklung des Geheimnisses der Gesetzlosigkeit, von denen Paulus spricht, sind Gegenstand der Geschichte. Das helle Leuchten der Gegenwart des Meisters deckt sogar jetzt die böse Ordnung Satans in all ihren verschiedenen Formen auf und bereitet ihre völlige Zerstörung vor. Sie wird durch das friedfertige und gerechte Reich Christi abgelöst, welches allen Menschen Segen bringen wird. (Jesaja 25:6-9; Zephanja 3:8,9; 2. Petrus 3:12,13; Offenbarung 21:3-5)

Es ist uns gegeben, zu den „Lebenden“ zu gehören, die „übrig bleiben.“ Dennoch müssen wir uns noch in dem Ausharren der Hoffnung üben. Erst wenn wir bis zum Tod treu sind und in der geistlichen Phase des Reiches Gottes bei unserem Herrn sein werden, werden sich unsere Hoffnungen erfüllen. (1. Thessalonicher 4:17; Offenbarung 2:10) Wir sehnen uns nach dieser Vollendung. Manche würden es gerne beschleunigen, wenn sie könnten. Aber wir sollten immer daran denken, dass unsere Zeit in der Hand des Herrn liegt, und wir sollten bereit sein, sie dort zu lassen. (Psalm 31:16)

Wir wissen, dass wir im Grunde Gottes Zeiten und Zeitabläufe nicht ändern können, aber es besteht die Versuchung, darüber zu spekulieren. Es ist gut, wachsam und aufmerksam zu sein und aufrichtig die baldige Erfüllung all unserer Hoffnungen zu wünschen. Aber wir sollten dem Herrn nicht zuvorkommen, indem wir versuchen, Daten und Ereignisse festzulegen, von denen er uns keine sichere Kenntnis gegeben hat. Das wäre eher ein Zeichen für ungeduldigen Wartens anstatt eines Ausharrens in Hoffnung.

Es ist gut, sich daran zu erinnern, dass wir uns dem Herrn für alle Ewigkeit geweiht haben. Ob es sein Wille ist, dass wir diesseits oder jenseits des Vorhanges dienen, sollte uns nicht daran hindern, unsere „Berufung und Erwählung fest zu machen.“ (2. Petrus 1:10) Es ist ein Vorrecht und eine Ehre, Gott mit jedem Talent und unter allen Umständen und Bedingungen zu dienen. Wie gesegnet ist doch unser Los: Während wir geduldig auf die Verwirklichung unserer Hoffnungen warten, haben wir die Gelegenheit, unseren Glauben durch unsere Werke zu beweisen und unser Leben in einem Werk der Liebe für unsere Geschwister hinzugeben!

Wir sollten uns alle die Ermahnung des Paulus an die Geheiligten in Thessalonich zu Herzen nehmen: „Werdet nicht müde, Gutes zu tun.“ (2. Thessalonicher 3:13) Obwohl wir jetzt in dem abschließenden Zeitabschnitt des Evangeliumszeitalters leben, müssen wir geduldig warten, bis wir mit ihm verherrlicht werden, so wie der „Bauer auf die kostbare Frucht der Erde wartet und Geduld ihretwegen hat.“ (Jakobus 5:7)

Während wir warten, können wir in der Gewissheit ruhen, dass es keine wirkliche Verzögerung im göttlichen Plan gibt. Wenn wir treu bleiben, werden wir zu Gottes festbestimmter Zeit die Worte hören: „Recht so, du guter und treuer Knecht! Über weniges warst du treu, über vieles werde ich dich setzen; geh hinein in die Freude deines Herrn.“ (Habakuk 2:3; Matthäus 25:21) Wir werden diese gesegneten Worte der Aufnahme in das Königreich hören, wenn wir „gute und treue“ Knechte gewesen sind, wenn wir unseren Glauben durch unsere Werke gezeigt haben, wenn wir unser Leben in die Werke der Liebe hingegeben haben und wenn wir das Ausharren in der Hoffnung bekundet haben.