Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Der Haß der Welt

Lesedauer: 6 Minuten

„Wundert euch nicht, Brüder, wenn die Welt euch haßt!” „ihr wißt, daß sie mich vor euch gehaßt hat.”

1. Johannes 3:13 & Johannes 15:18

Der große Lehrer scheint hier zu zeigen, daß der Haß, der uns treffen würde, der Art nach derselbe sein würde, wie auch er ihn ertragen mußte. Wenn wir seine Erfahrungen betrachten, so sehen wir, daß er hauptsächlich von den einflußreichsten und hervorragendsten Menschen des Volkes gehaßt wurde. Die Schriftgelehrten haßten ihn besonders, aber auch die Pharisäer, die vornehmsten Priester und die Sadduzäer haßten ihn. Mit der Zeit wurde auch das gewöhnliche Volk davon in Mitleidenschaft gezogen. Die niederen Klassen werden stets von den höheren geleitet; die geringeren Pharisäer von den höheren Pharisäern; die geringeren Sadduzäer von den höheren Sadduzäern usw. Vielleicht war das gewöhnliche Volk nicht dazu imstande, einen vernünftigen Grund anzugeben, warum sie den Herrn haßten. Sie nahmen die Darstellungen ihrer Führer hin und nahmen an, er sei ein Betrüger und Schwindler, und als solchen haßten sie ihn. In dem Maße, in dem sie ihre Führer hochhielten, waren sie geneigt, zu verachten, wen immer diese verachteten.

So ist es heute. Wir können sehen, daß hinter dem Haß, der sich gegen das Volk Gottes offenbart, gewisse Motive liegen. Keine hervorragende Person wird sich offen als böse aufspielen. Darum ist es auch wohl allgemein der Fall, daß man sich rechtfertigt (in politischer und religiöser Hinsicht) und edle Absichten vorschiebt und vorgibt, Unterstützer oder Erfinder höherer Maßstäbe zu sein. Die Heuchelei ist aber wohl zu sehen, denn die Lügen und die Methoden derjenigen, die des Herrn Volk ohne eine Ursache hassen, machen sie offenbar. Tritt nun die Wahrheit an einen von jenen heran, die mit ihrer weltlichen Religion Irrtum und Stolz vermengen, so werden sie von ihr zurechtgewiesen. Als die Apostel von einem Ort zum anderen gingen, wurde von ihnen gesagt: „Diese Menschen, die den ganzen Erdkreis aufgewiegelt haben, sind jetzt auch hierher gekommen.” – Apostelgeschichte 17:6

Die Gedanken Jesu sind so tief und berühren so sehr das Herz, daß alles, was nicht völlig mit ihnen im Einklang steht, im Vergleich dazu wertlos erscheint. Darum fühlen sich viele von denjenigen, die „Religionslehrer” gewesen sind, gedrungen, aus Haß und Neid nach Möglichkeit das zu erdrücken, anzuschwärzen und zu beschimpfen, was die Wahrheit ist. Aber diese Lehrer werden erprobt. Dem Herrn wenigstens ist ihre Heuchelei offenbar, ob andere damit betrogen werden oder nicht. Es ist also heute genauso, wie in den Tagen unseres Herrn – „die Finsternis haßt das Licht”.

Die gottselig leben wollen in Christo Jesu, werden verfolgt werden

Der Herr gibt uns die Erklärung, daß die Finsternis der Sünde und des Irrtums zu dem Licht der Wahrheit in direktem Widerspruch steht; folglich, wenn sein Volk das Licht hochhält – „laßt euer Licht so leuchten, daß euer Vater im Himmel verherrlicht wird”, der euch „aus der Finsternis in sein wunderbares Licht berufen hat”, – so ist das Resultat in der verfinsterten Welt die Opposition, der Widerspruch, so daß die mit der Finsternis Sympathisierenden unruhig und unbehaglich werden. Darum hassen diejenigen, welche die Finsternis lieben, das Böse lieben, die Sünde in ihren verschiedenen Formen lieben, das Licht, und darum kommen sie nicht zu dem Licht; sondern sie widersetzen sich entweder öffentlich oder insgeheim den Kindern des Lichts, den Erleuchteten, den Lichtträgern. Und selbst diejenigen, die aus der groben Finsternis moralischer Befleckung in ein gewisses Zwielicht zivilisierter Reformation und moralischer Reform versetzt worden sind, können das klare durchdringende Licht des wahren Evangeliums nicht ertragen. – Johannes 3:20

Infolge dieses Konfliktes zwischen dem Licht und der Finsternis mußte der Herr in den Händen derer leiden, welche Kinder des Lichts und Kinder Gottes zu sein bekannten – und die wenigstens etwas Licht besaßen. Unser Herr wurde nicht von dem römischen Statthalter oder den römischen Soldaten aus eigenem Antrieb mißhandelt; denn sie waren so vollständig blind, daß sie das Licht, das er leuchten ließ, nicht wertschätzen konnten. Seine Verfolger waren diejenigen, die etwas Licht besaßen, die aber die helle Klarheit des großen Lichts, das auf sie schien, haßten.

Ähnlich ist es das ganze Evangeliumszeitalter hindurch gewesen; und diejenigen, welche brennende und scheinende Lichter in der Welt waren, sind am allermeisten (fast ausschließlich) von denjenigen verfolgt worden, die etwas Licht besaßen; deren Licht aber im Vergleich zu dem großen Lichte des Heiligen Geistes, das in und durch die völlig dem Herrn Geweihten schien, Finsternis war. So wurde das Zeugnis unseres Herrn erfüllt: „Wenn sie mich gehaßt haben, so werden sie auch euch hassen”; „die gottselig leben wollen in Christo Jesu, werden verfolgt werden”. – Johannes 15:18, 1. Johannes 3:13 und 2. Timotheus 3:12 Es wird von den Nachfolgern in der gegenwärtigen Zeit verlangt, daß sie um der Gerechtigkeit willen Verfolgung leiden, nicht weil dies etwa vernünftig oder recht wäre, sondern weil der Herr Sein Volk zu prüfen, erproben und zu polieren wünscht und darum bereit ist, Böses zuzulassen, damit Gegeneinflüsse gedeihen und Seine „Glieder” verfolgen und ihnen widerstehen und so Seiner Sache in der Zubereitung Seiner Auserwählten für ein zukünftiges Werk dienen. So müssen die Verfolger des Leibes wie die Verfolger des Hauptes in einer Weise mitwirken, um den Plan Gottes hinauszuführen, die sie wenig ahnen.

„Wundert euch nicht, wenn euch die Welt haßt.”

Wenn die Nachfolger des Herrn für die Wahrheit und Gerechtigkeit einen festen Standpunkt einnehmen, wie das ihr Anführer getan hat, so sind die Resultate die gleichen. Satan ist ihr unversöhnlicher Gegner; er wird zusehen, daß die leiden, daß es Widerspruch gibt, nicht nur von ihm selbst, sondern auch von der Welt, die auf verschiedene Art unter dem Einfluß seines Geistes steht. Hat es diese Stellung eingenommen, dann darf das Volk des Herrn sich nicht wundern, wenn es von der Welt gehaßt wird, und man ihm um Christi willen allerlei Böses fälschlich nachredet. Je fester jemand den Standpunkt der Wahrheit vertritt, wie z. B. unser Herr, desto giftiger werden die Angriffe gegen ihn sein; desto größeres Interesse wird der große Widersacher haben, ihn zu überwältigen.

Der Gedanke, daß Satan gegen uns ist, und daß wir nicht nur mit Fleisch und Blut, sondern mit Fürstentümern, Gewalten und bösen Geistern in hohen Stellungen der Macht kämpfen – Epheser 6:12 -, wäre erschreckend für uns, wenn wir uns andererseits nicht bewußt wären, daß wir durch die gleiche Bestimmtheit der Entscheidung für Wahrheit und Gerechtigkeit in den Besitz großer Hilfe und großen Beistandes seitens anderer unsichtbarer Mächte gelangen. Von dem Moment an, in dem wir der Versuchung entschieden widerstehen und unsere Stellung für Gott und Seine Sache einnehmen, werden wir stärker im Herrn und in der Kraft Seiner Stärke. Wir wollen nicht vergessen, daß „größer ist, welcher in uns ist, als alle, die wider uns sind”. – Matthäus 5:11, Epheser 6:12 und 1. Johannes 4:4

Der hauptsächliche Widerspruch gegen unseren Herrn kam von den religiösen Führern und Bekennern. Die Vereinigung von Weltmenschen und den nur Halbreligiösen ist zuweilen vollkommen, wie das in der Vereinigung von Kirche und Staat der Fall ist. In anderen Fällen ist sie unvollständig, wie z. B. in den Staaten der sogenannten westlichen Welt, in denen Kirche und Staat nicht völlig vereinigt sind. Nichtsdestoweniger wünschen die Politiker die Unterstützung der Bekenner und Befürworter der Religion. Diese wiederum schmücken sich mit ihrem politischen Einfluß und suchen diesen Einfluß zu ihrem eigenen Vorteil zu gebrauchen, oder, wie sie sagen würden, „zum besten der Sache”. So daß, wo auch keine direkte Vereinigung zwischen Kirche und Staat besteht, ein freundschaftlicher Umgang miteinander stattfindet, eine indirekte Vereinigung vorhanden ist. Die Politiker wünschen die Unterstützung der moralischen und religiösen Leiter der Gesellschaft zu besitzen. So werden beide, die religiösen und die weltlichen Fürsten, zu einander hingezogen, und so unterstützt einer den anderen. Ihre Interessen sind eins. Und so ist es einfach zu verstehen, daß der Herr und diejenigen, welche seine „Glieder” und Nachfolger sind, von ihnen ohne Sympathie betrachtet, gehaßt und verfolgt werden; denn die Darstellungen der Wahrheit offenbaren verschiedene Irrtümer und Heucheleien, die im Gegensatz zu den göttlichen Maßstäben stehen.