Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Absaloms Rebellion

Lesedauer: 9 Minuten

„Ehre deinen Vater und deine Mutter, auf daß deine Tage verlängert werden in dem Lande, das Jahwe, dein Gott dir gibt.” 2. Mose 20:12

Im 2. Samuel 15:1 – 12 lesen wir über die Rebellion Absaloms. In diesem Bericht über Absaloms Rebellion lassen sich etliche wichtige Lektionen für Aufmerksame finden. Als erstes beobachten wir bei Absalom die Sünde der Respektlosigkeit den Eltern gegenüber. Erfahrung und Weisheit in höherem Lebensalter sind, wenn man ihnen folgt, ein Schutzschild für die Jugend. Das trifft besonders auf Erfahrung und Weisheit von Eltern zu, deren Liebe immer bestrebt ist, diese Dinge zum Besten ihrer Söhne und Töchter einzusetzen, um sie vor den Gefahren des Lebens zu schützen, denen sie entweder durch Erfahrung oder durch Beobachtung begegnet sind. Ach Jugend!, die viel zu oft den auch von Gott vorgesehenen Schutzschild mißachtet, bis sie nach und nach den Unsinn dieses Tuns durch bittere Erfahrungen lernt. Das Hoffnungsfrohe der Jugend vergoldet herrlich die Zukunft; und mit glühendem Geist, ohne Disziplin und Zurückhaltung, ganz selbstbewußt stürzt sie sich in neue Projekte: Sie ist berauscht vom Erfolg ihrer Theorien, bis die glänzenden Aussichten vor den unausweichlichen strengen Realitäten des Lebens verblassen.

So war es mit Absalom, und das trifft auf alle Jugend zu, die Gottes Gebot: „Ehre deinen Vater und deine Mutter” und auch das Wort des Apostels mißachtet: „Kinder, seid euren Eltern gehorsam.” Die Pflicht, die Eltern zu ehren, geht aber noch weit über die Verpflichtung zum Gehorsam hinaus, die sich wesentlich auf die Kindheit bezieht und nicht auf ein späteres Lebensalter. Die Pflicht die Eltern zu ehren umfaßt das ganze Leben, von der Wiege bis zum Grab, und wenn ihnen schließlich die letzte Ehre erwiesen ist, sollten sie immer einen Ehrenplatz in der Erinnerung behalten. Nichts ist an der Jugend erfreulicher als Zuneigung und Respekt vor Älteren und besonders vor alten Leuten. „Vor grauem Haar sollst du aufstehen und die Person eines Greises ehren.” – 3. Mose 19:32

Wir beobachten bei Absalom die Sünde der Respektlosigkeit dem Gott seines Vaters gegenüber, eine Haltung, die nur das natürliche Resultat seines Mangels an Liebe und Vertrauen zu seinem Vater war. Er ignorierte völlig, daß das Königtum Gottes Königtum war, und daß der Herr auf den Thron setzte, wen er wollte, so daß sein unreifer Ehrgeiz nicht nur gegen seinen Vater David gerichtet war, sondern gegen Gott, der David zum König gesalbt hatte, und der auch verheißen hatte, seinen Thron zu festigen, seinen Nachfolger zu bestimmen und alle seine Feinde zu unterwerfen. Durch seine Rebellion glaubte der Eingebildete nicht nur seinen Vater David zu überlisten, sondern auch den allmächtigen Gott. Wie dumm und töricht! Was für ein gefährlicher Unfug! Und doch, haben nicht auch viele andere diese Verrücktheit begangen, und wenige aus dem Menschengeschlecht haben innegehalten und darüber nachgedacht, wie kraftlos der Arm des Fleisches ist, wenn er sich gegen den Allmächtigen richtet.

Wir sehen, wie eine politische Intrige die Herzen der Bevölkerung geraubt hat und Absaloms Sache eine Zeitlang gut gedeihen ließ, „Und die Verschwörung wurde stark und das Volk mehrte sich fort und fort bei Absalom.” – 2. Samuel 15:12 Aber jeder erfolgreiche Schritt in der Verschwörung brachte den jungen Mann näher an die Höhe, aus der er letztlich fallen mußte. So verhält es sich auch bei jedem vorübergehenden Erfolg, der Böses zum Ziel hat: Die eifrig angestrebte Erhöhung verleiht dem schließlichen Zusammenbruch erst seine Wucht. Aus diesem Blickwinkel ist es offensichtlich, daß die treueste Freundschaft zu einem Eigensinnigen entschiedene, kluge und wohlerwogene Gegnerschaft ist, die durch keine Schmeichelei oder politische List überwunden werden kann. Eine solche Freundschaft trifft selten auf Zustimmung – außer durch den, der die Herzen kennt -, obwohl sie manchmal den Sünder vor dem Irrtum seines Weges und einen Menschen vor dem Tode bewahrt. Für diesen Dienst ist große Nüchternheit, Geduld, Glauben, Hoffnung und Liebe erforderlich. Dies ist aller Bemühungen wert, um Mitbrüder des entstehenden Leibes Christi zu unterstützen, die jetzt den Prüfungen zum ewigen Leben standhalten müssen, und die den Preis der himmlischen Berufung anstreben, um nicht zu den wenigen zu gehören, die eigensinnig sind und Gottes Gnade zurückweisen.

Wir beobachten die Zunahme und das Voranschreiten des Bösen, wie also die Sünde des Undanks und der Schande einem Vater gegenüber Ehrgeiz und Trotz Gott gegenüber gezeitigt haben. Und wir sehen, daß dies zu einer politischen Intrige ohne Hemmungen, zu Schmeicheleien und Lügen geführt hat und schließlich zu einem vermessenen und verbrecherischen Plan, der dem König und Gott gegenüber einen Verrat darstellte. Bei all dem bewies Absalom jenen hochfliegenden Geist, der vor dem Fall kommt.

Wo wir Absaloms Weg und die Lektionen daraus für die Jugend nachzeichnen, findet sich auch ein weiser Fingerzeig für Eltern, den zu befolgen sie guttäten. Das Beispiel Davids in seinem Tun seinen Kindern gegenüber war nicht fehlerlos: Die Sünden seiner Jugend und seiner späteren Jahre zeítigten unerfreuliche Früchte. Er hatte nicht nur Gottes Gesetz verletzt durch Vielehen – 5. Mose 17:14 – 17 -, sondern auch dadurch, daß er heidnische Frauen geheiratet hatte. So war z. B. Absaloms Mutter die Tochter des heidnischen Königs Talmai, des Königs von Gesur in Syrien. Und die Kinder in polygamen Haushalten, die getrennt von ihrem Vater mit ihren vielen Müttern aufwuchsen, entbehrten natürlich seinen Einfluß und seine Betreuung, so daß Absalom unter dem Einfluß seiner heidnischen Mutter aufgezogen wurde und offensichtlich wenig Ehrfurcht und Achtung für den wahren Gott hatte.

Die Sünde Amnons, wegen der Absalom seinen Bruder erschlug, erfuhr die verdiente Strafe. Wie konnte aber David angesichts seiner eigenen Sünde mit der Frau von Urija zum Rächer werden? Ohne Zweifel machte ihm das Verbrechen Sorgen, er vergoß Tränen und stellte bittere Überlegungen über die Vergangenheit an, und er sah darin einen Teil seiner eigenen Schuld, aber in der Erinnerung an seine eigene Torheit konnte er den Angreifer nicht bestrafen.

Welche Beweggründe aus selbstsüchtigem Ehrgeiz oder persönlichem Haß sich auch mit seiner Empörung verbanden – Absalom hat durch die Tötung von Amnon das Verbrechen an seiner Schwester gerächt mit der einzig dem Gesetz entsprechenden Rache, denn auf diesem Verbrechen stand die Todesstrafe. Für David, der seine Kinder liebte, war das ein harter Schlag, und Absalom, der sein Verdikt fürchtete, floh zu seinem Großvater mütterlicherseits, wo er drei Jahre blieb und von wo ihn sein Vater nicht zurückrief. Dort stand er unter dem Einfluß jenes heidnischen Landes und war ohne Zweifel unruhig unter diesen ungünstigen Lebensumständen, wo ihn keine Anzeichen von einer etwa günstigen Wende seiner Angelegenheiten erreichten, und wo das Gefühl der Ungerechtigkeit an ihm nagte, da er durch die Rache für seine Schwester nur dem Buchstaben des Gesetzes gefolgt war. – 5. Mose 27:22 und 3. Mose 20:17 Er muß wohl über sein Pech gebrütet und alle Fehler und Schwächen seines Vaters aufgebläht haben; so ist es nicht verwunderlich, daß der Geist der Auflehnung in ihm immer stärker wurde. Auch weil er keine Kenntnis davon hatte, ob sein Vater sich überhaupt für ihn interessierte, wie konnte er etwas von dessen Sehnsucht nach ihm ahnen? Und als er nach drei Jahren in sein Land zurückkehren durfte, bekam er noch immer nicht die Erlaubnis, vor das Angesicht seines Vaters zu treten und wußte auch nichts von dessen ungebrochener Liebe während zwei weiterer Jahre.

Daher ist es nicht verwunderlich, daß sich durch die Erfahrung dieser fünf Jahre im Kopf von Absalom die Überzeugung festsetzte, daß ihn sein Vater nicht mehr liebte oder sein Tun beachtete. Diese Wahrnehmung ließ ihn nicht los, und so beschloß er im Trotz, seine Autorität als Königssohn einzusetzen, und in der Hitze seiner Jugend, dem Selbstbewußtsein als junger Mann und seinem Überlegenheitsgefühl und Ehrgeiz ging er leichtsinnig über die göttliche Autorität hinweg.

Davids Haltung seinem Sohn gegenüber war sein großer Fehler, den er erst verstand, als es zu spät war ihn zu korrigieren. Dieser Fehler vertiefte das Leid, das er dann weinend in der bitteren Klage ausdrückte: „Mein Sohn Absalom! Mein Sohn! Mein Sohn Absalom! wäre ich doch an deiner Statt gestorben! Absalom, mein Sohn, mein Sohn!” – 2. Samuel 19:1 Fünf Jahre lang hatte David der harten Seite seines Charakters erlaubt, seine zarteren Gefühle auszublenden. Und nicht nur das. Während der ganzen Zeit nahm er die Gelegenheiten, mit dem Einfluß des Herrn auf seinen Sohn einzuwirken, nicht wahr, und das zu einer Zeit, als Absalom diesen Einfluß am meisten gebraucht hätte, wo er stattdessen von den Einflüssen jenes heidnischen Landes umgeben war. Für seinen Groll hat David einen hohen Preis bezahlt, und im Licht der besten Interessen für seinen Sohn war es sicherlich eine schlechte Taktik. Wie oft jedoch wird Davids Fehler von Vätern nachgemacht! Viele scheinen die Versuchungen, Erprobungen und die Unerfahrenheit der Jugend zu vergessen und so gnädig, nachsichtig, zurückhaltend und aufmerksam auf die Interessen der Kinder zu sein. Eine freundliche, großzügige, selbstlose Haltung wird einen Sohn begleiten lange nachdem er aus der Kindheit ins Erwachsenenalter hinübergegangen ist, und in dieser Form wird der Ratschlag von Eltern Wirkung entfalten lange nachdem die elterliche Autorität geendet hat.

Es gibt vermutlich keine Zeit im Leben, die gefahrvoller ist, als die, wenn junge Vögel ihr angestammtes Nest verlassen und davonfliegen, um ihre eigenen Flügel auszuprobieren und ihr Glück zu schmieden. Wohl dem, der mit dem Segen von Vater und Mutter ziehen kann, wenn jede Zurückweisung und jedes Pech, das sie in einer harten und kalten Welt erleben, zu Hause Mitgefühl und Gebete und liebevolle Ermutigung erfahren, wenn das Haus der Eltern als ein Zufluchtsort für den Fall eines plötzlichen Unglücks empfunden wird, wenn die jungen Leute spüren, daß die Nachsicht dort die Erfahrung mit den harten Schlägen draußen abmildert! Daraus können sie Kraft schöpfen. Jener Vater handelt sicherlich nicht klug, der lange den eigenen Stolz oder steife Zurückhaltung an den Tag legt und etwa glaubt, damit etwas Gutes für seine Kinder zu tun.

Eltern sollten sich diese Lektionen zu Herzen nehmen, so daß die bittere Klage Davids über seinen Sohn, den Freundlichkeit, Nachsicht, liebevoller Rat und Mitgefühl vielleicht gerettet hätten, nicht ihre Klage ist. Wir wollen in jeder Beziehung des Lebens beachten, daß Liebe nicht nur vorhanden ist, sondern daß sie erkennbar und wirksam wird.