Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

„Was hast du getan?”

Lesedauer: 17 Minuten

„Pilatus antwortete … Deine Nation und die Hohen Priester haben dich mir überliefert. Was hast du getan?”

Johannes 18:35

Wenn eine beschuldigte Person vor einen Richter gebracht und einer Missetat angeklagt wird, ist sie schnell geneigt, die Tat zu leugnen. Wenn gefragt wird, wie es bei Jesus der Fall war, „Was hast du getan?”, diktiert die menschliche Weisheit, daß die Antwort sein sollte, „Ich habe nichts getan!” Jesus antwortete Pilatus auf seine Frage nicht mit dieser Antwort. Unser Herr war nicht dort, um sich selbst zu verteidigen, und er konnte nicht wahrheitsgemäß sagen, daß er nichts getan hatte. Er hatte dreieinhalb Jahre damit verbracht, viele wundervolle Dinge zu tun. Seine Handlungen hatten den Haß der religiösen Führer Israels erregt, und sie hatten ihn nun vor Pilatus gebracht mit der Forderung, daß er gekreuzigt würde.

Jesus hatte keine Verbrechen begangen, die zu Recht hätten gegen ihn vorgebracht werden können, sondern er hatte eifrig das Gute getan. Er hatte Kranke geheilt, Aussätzige gereinigt, Dämonen ausgetrieben, Blinden die Sehkraft wiedergegeben und sogar Tote auferweckt. Ebenfalls waren die gnadenreichen Worte, die er verkündete, des Lobes wert, welche die Fesseln des Aberglaubens lösten, die um Israel geschlungen worden waren von ihren heuchlerischen Lehrern. Jesu Werk der Gnade und Güte wurde von vielen des allgemeinen Volkes, die ihm gern zuhörten, wertgeschätzt. Seine Volkstümlichkeit stieg bis zu dem Punkt an, daß die Pharisäer fürchteten, daß wenn sie ihn frei gewähren ließen, das ganze Volk seine Nachfolger werden würden. – Matthäus 4:23 – 25, Markus 12:37, Johannes 11:47 und 48 sowie 12:19

Daher wurde Jesus von jenen gehaßt, die fühlten, daß ihre Stellung der Macht und Autorität in der Nation durch seine Lehren und Werke der Gerechtigkeit gefährdet würden. Als Glieder des gefallenen Geschlechts, motiviert von selbstsüchtigen und ungerechten Anliegen, waren sie gänzlich unfähig, des Meisters uneigennützigen Standpunkt und unermüdlichen Eifer für die Segnung anderer wertzuschätzen. Für sie war Jesus ein Außenseiter. Die Gebote, die er lehrte, und seine Beispiele entlarvten ihre eigene Ungerechtigkeit und konnten im Lauf der Zeit ihren Praktiken der Selbstsucht und Bosheit ein Ende machen. Sie wünschten seiner Ausübung des Guten ein Ende zu setzen, und so schrien sie zu Pilatus, „Kreuzige ihn, kreuzige ihn!” – Johannes 19:6

Der Aussätzige wird gereinigt

Obwohl Pilatus wahrscheinlich im allgemeinen etwas von des Meisters Handlungen in ganz Judäa wußte, war seine Frage, „Was hast du getan?” zweifellos ein aufrichtiges Bemühen seinerseits, ein besseres Verständnis zu erlangen, was die religiösen Führer Israels veranlaßt hatte, sich gegen ihn zu wenden und seinen Tod zu fordern. Für die Priester und Pharisäer selbst war es jedoch nicht notwendig nach Informationen über Details im Leben Jesu nachzuforschen, denn er hatte dafür gesorgt, daß sie Zeugen seiner Handlungen waren. Als Beweis mag dienen, daß Jesus, nachdem er das Wunder der Reinigung des Aussätzigen vollbracht hatte, zu diesem sagte, „Sage es niemandem, sondern geh hin, zeige dich dem Priester, und bring die Gabe dar, die Mose angeordnet hat, ihnen zum Zeugnis!” – Matthäus 8:1 – 4

Hierin erkennen wir, daß der Meister nicht daran interessiert war, sich selbst in den Augen der Menge zu fördern. Er wünschte jedoch, daß jene, die auf Moses Stuhl saßen, Israels religiöse Lehrer, wahrnehmen sollten, was er tat. Er sorgte dafür, daß seine Wohltaten, die unter Einhaltung des Geistes des durch Mose gegebenen Gesetzes geschahen, den Priestern berichtet wurden. In diesem wie in anderen Wundern, die von Jesus gewirkt wurden, offenbart sich ein völliger Mangel von irgendeinem Wunsch oder irgendeiner Anstrengung seinerseits persönlich zu profitieren. Er war nicht bereit, die göttliche Macht, die unter seinem Befehl stand, für sich selbst zu gebrauchen, sondern war bei allen Gelegenheiten froh über die Gelegenheit, andere segnen zu können.

Der erste Vorschlag, der dem Meister gemacht wurde, ein Wunder zu bewirken, kam vom Satan. – Matthäus 4:1 – 4 Jesus hatte vierzig Tage lang gefastet und war verständlicherweise hungrig. Satan erschien und schlug vor, daß der Meister die Macht, die er nun besaß, dazu benutzen sollte, Steine in Brot zu verwandeln, so daß er seinen Hunger stillen konnte. Da niemand außer ihm selbst davon profitieren würde, und weil es einen Mangel an Glauben an die Weise offenbaren würde, in der Gott für alle seine Interessen vorsorgte, lehnte Jesus diesen Vorschlag ab. Als jedoch der Aussätzige zu ihm kam und sagte: „Herr, wenn du willst, kannst du mich reinigen”, sagte Jesus zu ihm, „Ich will, sei gereinigt! Und sogleich wich der Aussatz von ihm.”

Die religiösen Führer der Juden hofften zu entdecken, daß Jesus in irgendeiner Weise danach trachten würde, sich selbst zu unterstützen oder Nutzen aus dem Guten, was er tat, zu ziehen. Wenn es so gewesen wäre, hätten sie einen Weg finden können, auf seine Selbstsucht Einfluß zu nehmen und zu veranlassen, mit ihm in einer Weise zusammenzuarbeiten, daß es sowohl ihren eigenen selbstsüchtigen Interessen, als auch den seinen gedient hätte. Es konnte jedoch kein selbstsüchtiger Kompromiß mit Jesus gemacht werden, der willens war, sein ganzes Leben ausschließlich den Interessen anderer zu widmen. Für diese Leiter gab es nur einen Weg, mit so einem zu handeln, und das war, ihn aus dem Weg zu schaffen.

Einfachheit im Dienst

Der Geist der Selbstsucht, der Israels Führer motivierte, wurde zudem in ihrer Sorgfalt offenbart, daß sie dafür sorgten, daß die geringen Wohltaten, die sie selbstsüchtig taten, von den Menschen gehört und gesehen wurden. Dies war nicht so bei Jesus. Der Geist Gottes, der in ihm eine wunderbare Einfachheit und Geradheit auslöste, bezweckte bei alldem, was er tat, die Aufmerksamkeit von ihm abzulenken und auf Gott zu lenken, den Geber alles Guten und jeder vollkommenen Gabe. – Jakobus 1:17

Als der Hauptmann zu Jesus kam, um ihn darüber zu informieren, daß „sein Diener zu Hause gelähmt liegt”, antwortete Jesus einfach, „Ich will kommen und ihn heilen.” – Matthäus 8:5 – 7 Es gab kein Verhandeln und keine Forderung, das Wunder öffentlich bekannt zu machen. Nichts weist darauf hin, daß der Hauptmann nach Annahme dieser Gunst in die Pflicht genommen wurde, noch gab es irgendeinen Versuch von ihm ein Versprechen für eine zukünftige Unterstützung zu bekommen. All die Taktiken, mit der eine selbstsüchtige Welt Wohltätigkeit pervertiert und in eine gewinnbringende Ausbeutung umgewandelt hat, ermangelten Jesus völlig.

Ein paar Verse später lesen wir, „Und als Jesus in das Haus des Petrus gekommen war, sah er dessen Schwiegermutter fieberkrank darniederliegen.” Auch hier gab es keine Zurschaustellung noch unnötige Aufregung. Ein menschliches Wesen benötigte Hilfe, und Jesus kam zu seiner Hilfeleistung. Tatsächlich war der Meister in die Welt gekommen, daß durch ihn alle eines Tages Gesundheit und das Leben erlangen können. Von diesem Standpunkt aus betrachtete er die Heilung der Schwiegermutter des Petrus nicht als außergewöhnlich. Wir lesen, daß er ihre Hand anrührte, und das Fieber sie verließ, und sie aufstand und diente.” – Matthäus 8:14 und 15

Danach geschah Folgendes: „Als es aber Abend geworden war, brachten sie viele Besessene zu ihm; und er trieb die Geister aus mit [seinem] Wort, und er heilte alle Leidenden, damit erfüllt wurde, was durch den Propheten Jesaja geredet ist, der spricht: ‚Er selbst nahm unsere Schwachheiten und trug unsere Krankheiten’.” – Matthäus 8:16 und 17 Es scheint, daß trotz der Tatsache, daß Jesus keinen Anstrengung machte, das Volk mit seiner Wunder wirkenden Kraft zu beeindrucken, sein Ruhm sich ausgebreitet hatte. Am Ende dieses Tages befand er sich selbst im Mittelpunkt der Attraktion und seine Volkstümlichkeit nahm zu. Der Meister suchte jedoch nicht dieses Ergebnis. Dies geht aus dem 18. Vers hervor, in dem es heißt, „Als aber Jesus eine Volksmenge um sich sah, befahl er, an das jenseitige Ufer wegzufahren.”

Der Plan Gottes offenbart, daß zur bestimmten Zeit alle Menschen zu Jesus gezogen werden. Er ist das „wahrhaftige Licht”, das in die Welt kommend noch „jeden Menschen erleuchten wird”. – Johannes 1:9 Der Herr wünschte jedoch nicht, daß die Volksmenge nur aufgrund der zeitlichen Wohltaten, die er ihnen erweisen konnte, zu ihm hingezogen würde. Das Ziehen aller Menschen zu der von seinem Vater bestimmten Zeit sollte, wie Jesus erklärte, auf der Tatsache beruhen, daß er als des Menschen Erlöser und Träger der Sünden erhöht würde, so wie Mose die kupferne Schlange in der Wüste erhöhte. – 4. Mose 21:7 – 9, Johannes 3:14 und 15 Dieses höchste Beispiel der Liebe, sogar sein Leben zu opfern, damit die Welt durch ihn die Vergebung der Sünde erlangen möge, muß die wirkliche ziehende Kraft für jene sein, die durch Jesus zu Gott kommen. So zu kommen, macht es außerdem notwendig, daß jemand nicht nur das selbstlose Opfer des Meisters wertschätzt; sondern daß er selbst an dem Geist der selbstlosen Liebe teilhat, die erforderlich ist.

Jesus erkannte, daß die meisten in der Menge, die ihm nachfolgten, und dies um des Brotes und der Fische wegen und der Wohltaten seiner Wunder wirkenden Kraft, nicht bereit waren, ihre Notwendigkeit der Sühnung der Sünde zu erkennen. – Johannes 6:26 Sie waren froh, daß sie so viel wie nur möglich von ihm bekommen konnten, während nur wenige bereit waren ihr Leben für den selbstlosen Zweck zu opfern, den er darstellte. Als Jesus anordnete, auf die andere Seite vom See Genezareth zu fahren, um sich von der Menge des Volkes zurückzuziehen, wird berichtet, daß ein Schriftgelehrter kam und zu ihm sprach: „Lehrer, ich will dir nachfolgen, wohin du auch gehst.”- Matthäus 8:19 Die meisten religiösen Leiter würden sich mit diesem Ausdruck der Ergebenheit und dem Versprechen der Unterstützung geschmeichelt fühlen, aber nicht Jesus. Seine Antwort, die er dem Schriftgelehrten gab, bezweckte, den Möchtegern-Jünger zu veranlassen, seinen Sinn zu ändern, es sei denn, daß er wahrhaft den Geist der Lehren und Beispiele des Meisters verstanden hatte und bereit war, in seinen Fußstapfen der Selbstverleugnung nachzufolgen. Jesus erwiderte: „Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo er das Haupt hinlegt.” – Matthäus 8:20

Der Schriftgelehrte konnte diese Worte nur so deuten, daß, wenn er Jesus folgen würde, er auch keinen Platz finden würde, wo er sein Haupt hinlegen könnte, und vom Standpunkt der Welt aus gesehen er heimatlos und ein Geächteter sein würde. Das ist in der gegenwärtigen selbstsüchtigen und sündigen Welt der Preis für ein Leben, das dem Gutestun gewidmet ist.

Unermüdliches Wohlwollen

Die guten Werke des Meisters bestanden nicht in gelegentlichen Eingebungen, sondern entsprachen seinen Lebensgewohnheiten. Er war niemals zu beschäftigt, um auf die Nöte jener achtzugeben, die ihn um Hilfe baten. Nicht nur, daß er die Wunder wirkende Kraft Gottes benutzte, die ihm zur Verfügung stand, die Kranken zu heilen und Tote aufzuerwecken, sondern er gab auch seine ganze eigene Kraft dahin. Er gab dies selbstlos und großzügig, so daß sein vollkommener menschlicher Leib in seinem kurzen Dienst von dreieinhalb Jahren völlig aufgezehrt wurde.

Der in dieser Richtung von Jesus durchgeführte Dienst wurde später auch von dem Apostel Paulus als passend für dieses Evangelium-Zeitalter betrachtet, nämlich, allen Menschen Gutes zu tun. Der Meister widmete jedoch seine besondere Sorge und Aufmerksamkeit seinen eigenen Jüngern, die sich nach seiner Rückkehr in den Himmel ihre Schulung als Haushalt des Glaubens weiter betreiben sollten. So lesen wir, „Laßt uns also nun, wie wir Gelegenheit haben, allen gegenüber das Gute wirken, am meisten aber gegenüber den Hausgenossen des Glaubens.” – Galater 6:10

Matthäus 9:18 – 38 gibt uns eine weitere interessante Sicht über des Meisters Leben, die uns zeigt, wie er seine Zeit einteilte und seine selbstloses Interesse an dem Volk, für das er sein Leben niederlegte. Vers 18 spricht von einem Vorsteher, dessen Tochter gestorben war und seiner Bitte, daß Jesus seine Hand auf sie lege, damit sie leben möge. In Erwiderung dieser Bitte um Hilfe folgte Jesus dem Vorsteher. Jemand, der auf eine so wichtige Mission gehen würde, wie es die von Jesus war, einen Toten aufzuerwecken, würde gewöhnlich nicht wünschen, von weniger wichtigen Dingen unterbrochen oder aufgehalten zu werden. Jesus handelte jedoch nicht wie ein gewöhnlich gefallener Mensch, der oft so beeindruckt ist von der Wichtigkeit seiner augenblicklichen Handlung, daß er die Wahrnehmung für die menschlichen Nöte, von denen er umringt wird, verliert.

Auf seinem Weg, die Tochter des Vorstehers von den Toten aufzuerwecken, lief eine Frau, die zwölf Jahre lang an einem Blutfluß gelitten hatten, hinter Jesus her und berührte sein Gewand. Er wandte sich um, und als er sie sah, sagte er zu ihr: Sei guten Mutes, Tochter! Dein Glaube hat dich geheilt.” – Matthäus 9:22 Dann ging Jesus zu des Vorstehers Haus und setzte trotz der Verspottung von den „Pfeifern und der lärmenden Volksmenge” das Werk fort und weckte das Mädchen vom Todesschlaf auf. – Verse 23 – 25

Die Kunde von diesem Wunder verbreitete sich in der ganzen Umgegend mit weitreichenden Resultaten. Als nächstes folgten ihm zwei blinde Männer, die ihn anflehten, ihnen das Augenlicht wiederherzustellen. Dann suchten andere für einen Menschen Hilfe, der von einem Dämon besessen war und nicht sprechen konnte. – Matthäus 9:26 – 33 Diese guten Werke, die von dem Meister getan wurden, brachten ihm eine solche Volkstümlichkeit, daß die Pharisäer damit begannen, den Wert der Wunder zu verunglimpfen, indem sie sagten, daß er die Dämonen durch den „Obersten der Dämonen” austreiben würde. – Vers 34 Ihre Anstrengungen schlugen jedoch fehl, weil die Zeit der Verwerfung und des Todes noch nicht gekommen war. Jesus konnte sich noch eine Zeit lang erkennbarer Beliebtheit bei dem Volk erfreuen, in der er die Evangeliums-Botschaft weiterhin predigen und durch seine Wunder Illustrationen des Segens geben konnte, die zu Gottes bestimmter Zeit über die ganze Menschheit kommen werden. So lesen wir denn, „Und Jesus zog umher durch alle Städte und Dörfer und lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium des Reiches und heilte jede Krankheit und jedes Gebrechen.” – Matthäus 9:35

Was für eine Gefolgschaft hätte Jesus für sich selbst gewinnen können, und welch eine Macht hätte er in Israel ausüben können, wenn er dies so gewünscht hätte. Es würde sogar heute so sein. Einzelpersonen, die erklären, daß sie die Fähigkeit Kranke zu heilen besitzen, ziehen oft große Mengen zu ihren Kundgebungen an. Wenn diese so genannten Wunder echt wären, wie die des Meisters, so würde die ganze Welt bald dem Mann oder der Gruppe nachfolgen, der oder die Krankheiten heilen könnten und ganz besonders, wenn diese auch Menschen vom Tod auferwecken könnten.

Jesus wußte, daß dies in seinem Fall der Wahrheit entsprechen würde. Tatsächlich bewahrheitete es sich in dem begrenzten Umfang, in welchem es der Meister zuließ. Er versuchte zu jener Zeit nicht, die Welt zu bekehren, denn die Zeit zur Austeilung der Segnungen der Wiederherstellung war noch nicht gekommen, die für die Menschheit vorgesehen sind. Er erfreute sich an dem Privileg und daran, einen Vorgeschmack von den Königreichs-Segnungen zu zeigen, aber es war nicht die Zeit, die Fluttore des Stromes des Lebens zur Heilung der Nationen zu öffnen. – Offenbarung 22:1 und 2

In den Wundern, die er wirkte, und seinem Verhältnis zum Volk, sehen wir den wahren Geist Christi offenbart. Sein ernsthaftes Bestreben beschränkte sich nicht nur auf diejenigen, die er als Apostel besonders unterwies, sondern betraf auch die größere Zahl derer, die kein tieferes Interesse an ihm zeigten, als die materiellen Segnungen zu bekommen, die er ihnen geben konnte. Wir lesen, „Als er aber die Volksmenge sah, wurde er innerlich bewegt über sie, weil sie erschöpft und verschmachtet waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Dann spricht er zu seinen Jüngern: Die Ernte zwar ist groß, die Arbeiter aber sind wenige. Bittet nun den Herrn der Ernte, daß er Arbeiter aussendet in seine Ernte.” – Matthäus 9:36 – 38
In seinen Fußstapfen

Jesu Forderung, daß seine Jünger den „Herrn der Ernte” bitten sollten, Arbeiter auszusenden, offenbart, daß jene, die ihm wahrhaft nachfolgen, eingeladen sind, an seinem Werk der Gnade und Liebe teilzunehmen. Später sagte er: „Wer an mich glaubt, der wird auch die Werke tun, die ich tue, und wird größere als diese tun, weil ich zum Vater gehe.” – Johannes 14:12 Diejenigen, die von des Meisters Geist der Selbstaufopferung erfüllt ihm treu nachfolgen in den Tod, indem sie ihre Leiber um anderer willen niederlegen, werden in dem Königreich mit ihm an dem Werk der Heilung aller Kranken und Auferweckung aller Toten teilnehmen. Die Heilung des Volkes wird an jenem Tag dauerhaft sein, und jene, die vom Todesschlaf aufgewacht sind, werden die Gelegenheit haben, für immer zu leben, wenn sie fortan gehorchen werden. Alle wahrhaftigen Nachfolger Jesu werden dann daran teilnehmen, weit größere Werke zu verrichten, als solche, die er während seiner Ersten Gegenwart getan hat.

Selbst jetzt, damit wir den Geist zeigen, von dem wir beherrscht werden, gibt Gott uns die Gelegenheit, alles, wozu wir in der Lage sind, zu tun, geistig blinde Augen und geistig taube Ohren zu öffnen. Wir können auch jetzt das Wort der Versöhnung benutzen, um den Aussatz der Sünde zu reinigen. Diejenigen, die in Übertretungen und Sünden tot sind, können sogar jetzt, wenn sie die Evangeliums-Botschaft, die von den Gliedern des Leibes Christi verkündet wird, annehmen, zur Gerechtigkeit aufgeweckt werden und daß ihre sterblichen Leiber durch den Geist dazu bewegt werden, dem lebendigen Gott zu dienen. – 2. Korinther 5:18 und 19, Epheser 2:1 – 5

Heute stehen diejenigen, die eifrig bestrebt sind, ihr Leben für ihre Mitmenschen niederzulegen, bei den religiös Beeinflußten unserer Zeit in keinem hohen Ansehen. Es ist jedoch weit besser, daß der Diener Gottes wegen seines Wohltuns den häufigen Widerspruch der Welt erfährt, als daß er in eine Position gehoben wird, wo er bekennen muß, daß, während er aus der Finsternis in das herrliche Licht des Evangeliums gerufen worden ist, er wenig oder nichts getan hat, soweit es die Segnungen anderer betrifft.

Echtes Leiden

Für die Nachfolger Christi sind Verfolgung und Leiden „für Gutes tun” und nicht „für Böses tun” Beweise der Gunst Gottes und dem Darstellen wichtiger Zeugnisse des Geistes, daß wir die Kinder Gottes sind. – 1. Petrus 3:17 Wir sollten jedoch nicht so mit dem Wunsch zu leiden beschäftigt sein, daß wir geneigt sind, unvernünftige oder falsche Dinge zu tun, um die Feindschaft anderer hervorzurufen. Die Berichte der Evangelien über das Leben des Meisters zeigen klar, daß während die religiösen Herrscher jener Tage letztlich erfolgreich waren, ihn in den Tod zu überliefern, es jedoch längere Zeitabschnitte gab, in denen er verhältnismäßig frei von Verfolgung war.

Es wäre tragisch für einen Christen, wenn er, um die Anfeindung der bösartigen Welt zu vermeiden oder die hochangesehene Stellung in seiner Gemeinde nicht zu verlieren, es an der Treue in der Verkündigung der frohen Botschaft vom Königreich ermangeln ließe. Für die Nachfolger des Meisters gibt es keine andere Richtung, die Gottes Zustimmung finden wird, es sei denn, daß wir seinem Beispiel folgen. Sein Vorbild war hervorragend hinsichtlich der Interessen anderer auf Kosten des Opfers seiner selbst. Jesus wurde vom Eifer für das Haus seines Vaters verzehrt. – Psalm 69:9 Er hatte einen Eifer Gutes zu tun und den Geist der göttlichen Liebe zu offenbaren, was seinen Vater veranlaßte, ihn in die Welt zu senden, daß durch ihn die Menschheit das Leben haben möge. Sich für diesen Standpunkt nicht zu interessieren und um das Wohl anderer nicht besorgt zu sein, besonders im Zusammenhang mit ihrem Verständnis von Gott, würde einen Mangel an Göttlichem Geist offenbaren, durch den wir mehr und mehr in das Bild von Gottes geliebten Sohn umgestaltet werden. – Römer 8:29

In einem Augenblick höchster Prüfung und ohne die Hilfe des Heiligen Geistes verleugnete der Apostel Petrus den Herrn. Dennoch lernte er schnell durch seine weitere Verbindung mit dem Meister und unter Beachtung seines Beispiels der Selbstlosigkeit und der Weisheit seiner Methoden die Lektion der Liebe, die dazu führt, das Leben für andere niederzulegen. Jahre später äußert sich Petrus über dieses Thema mit den Worten: „Denn was für ein Ruhm ist es, wenn ihr als solche ausharrt, die sündigen und [dafür] geschlagen werden? Wenn ihr aber ausharrt, indem ihr Gutes tut und leidet, das ist Gnade bei Gott. Denn hierzu seid ihr berufen worden; denn auch Christus hat für euch gelitten und euch ein Beispiel hinterlassen, damit ihr seinen Fußspuren folgt; der keine Sünde getan hat, auch ist kein Trug in seinem Mund gefunden worden.” – 1. Petrus 2:20 – 22

Wir sollten die vielen Erklärungen der Schrift gut beachten, daß, wenn wir mit Christus leiden, wir auch mit ihm herrschen werden. – Apostelgeschichte14:22, Römer 8:17 sowie 2. Timotheus 2:11 und 12 Erinnern wir uns auch daran, daß die einzige Grundlage für wahres christliches Leiden darin besteht, für Gutes zu leiden und nicht für das Böse noch dafür, gar nichts zu tun. Wenn wir für Gutestun leiden, und dies geduldig mit Freuden ertragen, treu bis in den Tod, so zeigen wir damit von ganzem Herzen unsere Hingabe für Gott und den Geist der göttlichen Liebe, welche an höchster Stelle in all denjenigen vorhanden sein muß, die mit dem „Siegeskranz des Lebens” gesegnet werden. – Offenbarung 2:10

Es wird das Vorrecht der Kirche während des Messianischen Königreichs sein, die Menschenwelt über die Vorteile dieses Lebensweges zu unterrichten. Daher müssen alle ihre Glieder im Voraus befähigt sein, an solch einem herrlichen Programm der Erziehung teilzuhaben, einem Programm, durch das die Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes veranlaßt wird, die Erde zu füllen wie die Wasser den Meeresgrund. – Jesaja11:9, Habakuk 2:14

Während die Menschheit, wenn sie zu menschlicher Vollkommenheit wiederhergestellt wird, nicht dazu aufgerufen wird, für Gutestun zu leiden, wird es für sie notwendig sein, die Prinzipien der Liebe zu erlernen und sie in ihrem Handeln mit anderen zu praktizieren. Dies wird in des Meisters prophetischen Erklärung offenbart, die wir in dem Gleichnis von den Schafen und Böcken finden. Jenen, die eingeladen sind, das Königreich zu ererben, das für sie von Grundlegung der Welt an vorbereitet ist, erklärt Jesus, daß der Grund ihrer Annahme darin besteht, daß sie ihr Interesse an anderen gezeigt haben. – Matthäus 25:34 – 40

Die „Schafe” des Gleichnisses beschäftigten sich nicht mit Handlungen der Freundlichkeit in der Hoffnung besondere Anerkennung zu bekommen, sondern sie hatten mitgewirkt an dem Wiederherstellungswerk, weil sie den Geist Gottes angenommen hatten, der es geplant hat. Sie waren so von ganzem Herzen mit der Offenbarung der Liebe erfüllt, die in ihren Herzen war, daß sie überrascht waren, zu bemerken, daß sie das getan hatten, was die Erbschaft am wiederhergestellten Paradies verdiente. Ähnlich den wahren Nachfolgern Christi traten sie in ewiges Leben ein, nicht, weil sie sich bloß vom bösen Tun zurückgehalten hatten, noch weil sie, ähnlich den Böcken, nichts getan hatten, sondern, weil sie ihre Brüder besucht und für sie gesorgt hatten – ihre Mitmenschen.

Wir wollen hier noch einmal an die Frage erinnern, die Pilatus Jesus stellte, „Was hast du getan?” Möge es uns als Erinnerung dienen, daß es tatsächlich viele gute Werke für uns während unseres irdischen Laufs zu tun gibt. Bei der Durchführung solcher Aktivitäten wollen wir uns würdig erweisen, mit Christus zu leiden und zu herrschen.