Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Die Gnade der Demut

Lesedauer: 9 Minuten

„In Demut einer den anderen höher achtend als sich selbst.” – Philipper 2:3

Diejenigen, die einen demütigen Geist besitzen, haben keine besondere Schwierigkeit andere besser als sich selbst zu sehen. Aber es gibt einige, die natürlich eine andere Einstellung des Geistes haben. Dies ist nicht notwendigerweise ihr Fehler, denn sie mögen mit einer größeren Eingebildetheit der Gedanken geboren worden sein als andere. Aber selbst wenn wir mit einem demütigen Sinn geboren wurden, wäre es für uns angebracht dafür Sorge zu tragen, daß wir nicht eingebildet und stolz werden. Manchmal fühlen sich einige Leute in ihrem eigenen Herzen stolz über ihr Wissen, das sie besitzen. Sie möchten glänzen, obgleich sie wissen, daß sie nicht brillianter als andere sind; sie möchten den Glanz anderer verdunkeln, so daß sie in der Dunkelheit mehr beachtet werden.

Es würde daher einem jeden von uns guttun, der Anregung des Apostels zu folgen, diese Demut des Herzens zu kultivieren und niemals den Verlust derselben zu erlauben. „Demütigt euch nun unter die mächtige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zur rechten Zeit.” – „Denn jeder, der sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.” – 1. Petrus 5:6 und Lukas 14:11 Gott würde diese Demütigung durchführen, nicht aus einem rachsüchtigem Geist, sondern, weil derjenige, der sich selbst rühmen würde, erniedrigt werden muß.

Es mag jedoch Umstände geben, die einige so erscheinen lassen, als ob sie sich selbst rühmen, dies in Wirklichkeit aber nicht tun, sondern die Umstände und Bedingungen dies so erscheinen lassen. Um daher die Forderung des Apostels bestens zu erfüllen, sollten wir, wie er in unserem Leittext vorschlägt, den Geist der Demut entwickeln – indem wir nicht so sehr unsere eigenen guten Eigenschaften betrachten, sondern die der anderen. Wenn wir gute Eigenschaften besitzen, so sind wir froh; wir wollen sie benutzen.

Wenn wir uns selbst mit anderen vergleichen, so wollen wir dabei auf unsere eigenen Mängel schauen. Es gibt nur sehr wenige Menschen, bei denen wir nicht einige gute Eigenschaften, gute Wesenszüge, erkennen können. Wenn wir daher auf unsere eigenen Mängel schauen und auf die guten Wesenszüge anderer, so werden wir uns zunehmend verständnisvoll gegenüber anderen finden; und dies wird uns helfen, den Wettlauf zu laufen.

Als eine Illustration wie wir selbst an unseren Feinden etwas sehen können, das bewundernswert ist, haben wir das Bekenntnis einer alten Dame gegenüber ihrer Nichte. Eine Nichte sagte zur anderen: „Unsere Tante kann über jeden etwas Gutes sagen. Ich glaube, sie könnte selbst über den Teufel etwas Gutes sagen.” „Das ist wirklich so, antwortete die andere. Laß uns sie fragen.” Dann sagte sie: „Tante, gibt es irgendetwas Gutes an dem Teufel?” „Meine Liebe”, erwiderte die Tante, „Ich wünschte, daß wir alle eine solche Ausdauer wie er hätten.”

Wenn wir somit etwas an dem Widersacher finden können, das wir bewundern und loben können, so können wir sicherlich auch irgendetwas an allen Menschen finden, das wir bewundern und loben und ihnen zugute halten können. So werden wir den Geist entwickeln, der für uns sehr hilfreich bei dem zukünftigen Werk sein wird.

Die Betrachtung unserer eigenen Unvollkommenheiten macht uns, wie wir gezeigt haben, im Herzen sehr demütig und hält uns in einer sehr demütigen Gesinnung des Geistes. Es könnte uns entmutigen, wenn wir nicht das passende Verhältnis zu unserem Herrn und Seinem Wort hätten. Wir wissen, daß „bei denen, die Gott lieben alle Dinge zum Guten zusammenwirken”. – Römer 8:28 Durch Sein Wort hat unseren Herr für solche zu ihrer Ermutigung den „Balsam von Gilead” und das Salböl des Trostes der Schriften vorgesehen.

Der Herr schickt uns nicht fort, so lange wir nicht mit Willen sündigen und die Demütigungen im richtigen Geist annehmen. Dies ist die Einstellung, die Er bei uns zu sehen wünscht. Jene Dinge, die uns in der Sicht von anderen und in der Sicht des Herrn erniedrigen, werden, wenn sie von uns in der rechten Weise wahrgenommen werden, alle für uns zum Guten zusammenwirken. Solche wird Er segnen und aufrichten und ihnen eine Wertschätzung Seiner Liebe geben. Dies beabsichtigt Er zu tun. Wir haben jeden Beweis, daß der Herr die nötige Ermutigung geben wird, und wir haben die Versicherung durch die Schriften, daß jene, die Seinen Worten nach ihrem besten Können gehorchen, nicht überwunden werden sollen.

Denn jeder, der nur auf seine eigenen Dinge, Interessen, Wohlfahrt oder Talente schaut und diejenigen der anderen nicht beachtet, zeigt eine allgemeine Selbstsucht und folglich ein Fehlen des Geistes Christi, welcher der Geist der Liebe und der Großzügigkeit ist. In dem Maß, in welchem wir zunehmend mit dem Heiligen Geist, mit Liebe erfüllt sind, werden wir uns an dem Wohlergehen anderer interessiert finden. Dies war der Gedanke, die Einstellung oder der Geist unseres lieben Erlösers, den er so wundervoll offenbarte, den wir in unseren Charakteren nachahmen und entwickeln müssen, wenn wir letztlich zur „Kleinen Herde” gehören wollen, die Miterben mit Christus in seiner Herrlichkeit sein wollen. Diejenigen, die Gott dementsprechend vorherbestimmt hat, um mit Ihm in dieser Stellung angenommen zu werden, müssen „dem Bilde seines Sohnes gleichförmig sein”. – Römer 8:29

Unser großes Musterbeispiel

Damit wir teilweise erkennen können, wie unser Herr Jesus auf diesen Geist der Demut näher einging, faßt der Apostel die Geschichte seiner Erniedrigung kurz zusammen und zeigt, wie sie zu seiner gegenwärtigen Erhöhung führte. Er weist uns darauf hin, daß, als unser Herr Jesus ein geistiges Wesen war, bevor er sich erniedrigte, um unsere Natur anzunehmen und die Strafe unserer Sünde zu tragen, er in „der Gestalt Gottes” war – einer geistigen Gestalt, einer hohen und herrlichen Stellung. Aber anstatt dazu bewegt zu werden selbstsüchtig und ehrgeizig nach höheren Dingen zu trachten, als Gott ihm übertragen hatte – anstatt danach zu trachten ein konkurierendes Reich zu errichten, wie Satan dies vorhat – dachte er nicht daran, Gott zu berauben und sich dem Vater gleich zu machen und zu sagen, „ich will mich über die Sterne erheben (die Glanzsterne, die himmlischen Heerscharen), ich will wie der Allerhöchste sein, (Ihm ebenbürtig, Ihm gleich).” Ganz im Gegenteil war unser Herr Jesus, „der Anfang der Schöpfung Gottes”, willens, in Übereinstimmung mit des Vaters Plan sich zu erniedrigen, eine niedrigere Natur anzunehmen und ein Werk zu tun, welches nicht nur einen großen Teil an Demut beinhalten würde, sondern auch einen großen Teil von Schmerzen und Leiden.

Der Apostel weist darauf hin, wie der „Einziggezeugte” seine Bereitschaft und Demut entsprechend dieser Anordnung bewies; und nachdem er ein Mensch geworden war, diesen gleichen demütigen Geist fortbestehen ließ, den göttlichen Plan willig auszuführen, um später als des Menschen Lösegeldpreis zu sterben, und nicht nur dies, sondern, wenn es dem Vater gefallen würde zu fordern, daß der Tod ein in jeder Beziehung höchst schmachvoller sein sollte, vielleicht nur über die Erfordernisse für das Lösegeld hinaus, schreckte er nicht zurück, sondern sagte, „dein Wille geschehe und nicht der meine” und erniedrigte sich zu dem schmachvollen „Tod am Kreuz”.

Wir haben hier die wunderbarste Darstellung der Demut, Sanftmut und des Gehorsams gegenüber Gott, die jemals gezeigt wurde oder an die gedacht werden konnte. Und dies ist das Verhaltensmuster, auf das der Apostel hinweist, und das wir nachzuahmen versuchen sollten. „Habt diese (demütige) Gesinnung in euch, die auch in Christus Jesus (war).” – Philipper 2:5 – 10

Diese Demut ermöglichte es unserem Herrn vollkommenen Gehorsam zu leisten, auf Grund dessen der Himmlische Vater ihn so hoch geehrt hat, ihn vom Tod aufzuerwecken und zur göttlichen Natur zu erhöhen, zu einem Rang weit über Engel, Fürstentümer und Gewalten und jeden Namen, der genannt wird. Daß dies des Apostels Argument ist, wird in Philipper 2, Vers 9, durch das Wort „darum” gezeigt; aus diesem Grund, aufgrund der hier zuvor beschriebenen Demut hat Gott ihn hoch erhöht.

Unseres Herrn wundervolle und vollkommene Demut und sein Gehorsam zeigten nicht nur, daß er dem Himmlischen Vater gegenüber im Innersten seines Herzens treu war, sondern es zeigte auch, daß in ihm des Vaters Geist und Liebe reichlich wohnte, denn er teilte des Vaters Liebe für das Menschengeschlecht, das zu erlösen er gekommen war. Aus diesem Grund wurde er auch für würdig befunden, der göttliche Agent zur Segnung aller Geschlechter der Erde zu sein, entsprechend den Bedingungen des mit Vater Abraham geschlossenen göttlichen Bundes.

So ist er der „Same Abrahams” geworden, der das erlöste Geschlecht segnen soll; und daher gebührt es ihm, daß jedes Knie sich vor ihm beugen und jede Zunge bekennen soll, wenn Jahwes „bestimmte Zeit” zur Austeilung göttlicher Segnungen über die erlöste Welt kommen soll – daß alle zu einer Erkenntnis der Wahrheit kommen mögen, und, wenn sie wollen, in völlige Harmonie mit Gott und zu ewigem Leben.

Nicht nur daß der Apostel uns den Herrn Jesus als das große Beispiel einer angemessenen Demut, Selbstverleugnung und des Gehorsams im Interesse anderer gegenüber Gott zeigt, sondern er spricht auch von dem Lohn, der hohen Erhöhung unseres Herrn durch den Vater, als Resultat oder Belohnung für seinen Gehorsams, so daß wir auch ermutigt würden und erkennen, daß, wenn wir treu den Fußstapfen unseres Erlösers Jesu folgen und die derzeitigen Gelegenheiten im Dienst des Herrn seiner Sache opfern, wir dann auch zur bestimmten Zeit erwarten können mit ihm verherrlicht zu werden und als Glieder seines gesalbten Leibes, seine Kirche, seine Miterben, an seinem Namen und Thron und Werk teilzuhaben.

Wir wollen den liebevollen Aufruf des Apostel gegenüber der Kirche von Philippi auf uns selbst anwenden, der in den nachfolgenden Versen enthalten ist, – Philipper 2:12 – 16 – und den Weg fortsetzen, in den wir eingetreten sind, indem wir zunehmend Fortschritte machen in dem Wettlauf, in dem wir in uns selbst durch Demut und Gehorsam den Charakter des Christus mit Furcht und Zittern entwickeln und somit ein jeder unsere eigene Beteiligung an der großen Errettung zur Herrlichkeit, Ehre und Unsterblichkeit, die Gott verheißen hat, bewirken.

Unsere Errettung bewirken

Wir können nicht unsere eigene Rechtfertigung bewirken, aber wenn wir durch das Blut Christi gerechtfertigt und mit dem himmlischen Ruf gerufen sind, können wir unsere Berufung und Erwählung festmachen. Wir können unseren eigenen Anteil an der großen Errettung bewirken, zu der wir gerufen worden sind in Christus, indem wir auf die Anweisungen des Herrn achten, und indem wir dem Verhaltensmuster folgen, daß er uns vorgelegt hat. Nicht daß wir im Fleisch Vollkommenheit erlangen sollen, sondern nur Vollkommenheit des Willens, der Absicht des Herzens. Wenn wir den Leib nach dem Maß unserer Möglichkeit unterwürfig halten, werden seine Schwächen und Unvollkommenheiten durch das Verdienst unseres Herrn, den Heiligen, als bedeckt gerechnet.

Es ist auch ermutigend für uns zu wissen, daß dieser Kampf gegen Schwachheit und Sünde nicht nur unser eigener ist, sondern daß Gott für uns ist, uns gerufen hat und uns hilft. Er wirkt schon durch Sein Verheißungswort in uns und hat uns soweit in der Bereitschaft und dem Tun Seines Willens, Seines Wohlgefallens, geführt. Und Er wird fortfahren uns so zu leiten und zu helfen und durch Sein Wort der Wahrheit in uns zu wirken, wenn wir damit fortfahren Seine Ratschläge zu beachten. „Heilige sie durch dein Wort – dein Wort ist Wahrheit”. Das Evangelium ist „die Kraft Gottes zur Errettung” für einen jeden, der es so annimmt; und es kann kein größerer Anreiz gefunden werden als die „kostbaren und größten Verheißungen, die er uns gegeben hat, damit wir durch sie Teilhaber der göttlichen Natur werden.” – 2. Petrus 1:4

Ferner, wenn wir den Fußstapfen unseres Herrn Jesus nachfolgend in dem Wettlauf nach dem großen Preis rennen, der uns in dem Evangelium vorgelegt wird, sollen wir im Vorübereilen nicht über seine Schwierigkeiten und seine Enge murren, noch darüber streiten, noch nach irgendeinem anderen Weg suchen, als den, welchen die göttliche Vorsehung für uns vorgesehen hat. Wir müssen begreifen, daß der Herr genau weiß, welche Erfahrungen zu unserer Entwicklung in der Schule Christi notwendig sind. Wir müssen auch erkennen, daß dort, wo Gehorsam möglich wäre, unser Mund aber voller Klagen und Unzufriedenheit mit dem Herrn und mit unserem Los ist, das Er zugelassen hat, dies zeigen würde, daß wir letztlich nicht mit dem Geist Seiner Anordnung einhergehen; und solch ein Gehorsam, (der tatsächlich kein Gehorsam ist) würde nicht die göttliche Zustimmung treffen, noch uns erlauben den „Preis” zu erlangen. Daher sollten wir der Ermahnung des Apostel folgen, welcher sagt: „Tut alles ohne Murren und Zweifel, damit ihr tadellos und lauter seid, unbescholtene Kinder Gottes inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts, unter dem ihr leuchtet wie (Himmels)Lichter in der Welt … indem ihr an dem Wort des Lebens festhaltet.” – Philipper 2: 14 – 16