„Gnade und Friede sei euch vermehrt in der Erkenntnis Gottes und Jesu, unseres Herrn. Da seine göttliche Kraft uns alles zum Leben und zur Gottseligkeit geschenkt hat durch die Erkenntnis dessen, der uns berufen hat durch Herrlichkeit und Tugend.“ (2. Petrus 1:2,3)
Einleitung
Die Begriffe „Bildung“ und „Schulung“ liegen nah beieinander, doch wird es unter Christen als passender erachtet, von Schulung zu sprechen. In der Tat sind das Lernen und Einüben der im Lauf des alltäglichen Lebens erworbenen Erkenntnisse den schulischen Erfahrungen ähnlich. Dementsprechend wird in der folgenden Betrachtung das Wort „Schulung“ angewandt, wenn es der Kontext in diesem Sinne erforderlich macht.
Bildung wird im Allgemeinen mit dem Erwerb von Wissen in Verbindung gebracht, nämlich mit dem Ansammeln von vielem und genauem Wissen. Um Bildung zu erlangen, bedarf es jedoch zusätzlich der Aufnahmefähigkeit, des Feingefühls, der aufrichtigen Stellungnahme und der gewissenhaften Nutzung des empfangenen Wissens. „Wissen ist Macht“, lautet ein bekanntes Sprichwort. Die menschliche Weisheit hat dies als wahr erkannt. Der Unterschied zwischen den verschiedenen Schichten der menschlichen Gesellschaft und der Vorteil, den jedes Mitglied erlangen kann, steht in der Regel in engem Zusammenhang mit dem Ausmaß der Bildung des Einzelnen und der Energie, mit der sie genutzt wird.
Die Gesellschaft von heute ist nicht die Einzige, die die großen Vorteile erkennt, die sich aus dem Wissen ergeben. In unserem Eingangstext spricht Apostel Petrus von „der Erkenntnis Gottes und Jesu, unseres Herrn“. Jesus sagte in Johannes 8:32: „Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“ Und Paulus sagt, dass das Evangelium von Christus „Gottes Kraft zum Heil jedem Glaubenden“ ist, und wiederum, dass er bereit wäre, auf alle Vorteile seines menschlichen Lebens zu verzichten, um Christus zu erkennen, das heißt, um eine intime Bekanntschaft mit ihm zu machen und um seine Erfahrungen zu teilen. (Römer 1:16; Philipper 3:8-11)
Der Prophet Jesaja sagt von Jesus im Kapitel 53 Vers 11: „Durch seine Erkenntnis wird mein gerechter Knecht die Vielen zur Gerechtigkeit weisen“. Jesus wies auf den Unterschied zwischen sich und anderen und auf die großen Vorteile hin, die er genoss, und sagte: „Gerechter Vater! – Und die Welt hat dich nicht erkannt; ich aber habe dich erkannt.“ „Dies aber ist das ewige Leben, dass sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.“ (Johannes 17:25, 3) Paulus, der auf die allumfassende Einheit und Vollkommenheit des Leibes Christi hinweist, sagt, dass der Zweck aller Gaben an die Gemeinde darin besteht, dass sie „alle hingelangen zu der Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes“. (Epheser 4:13) Wir sehen also, dass die allumfassende Einheit der Kirche auf derselben Erkenntnis Gottes und demselben Glauben an ihn beruhen soll, die Jesus in seinem Leben unter den Menschen offenbarte und die Grundlage seines Lebens und Charakters waren.
Wissen ist nicht genug
Wissen allein reicht jedoch nicht aus. Darüber hinaus muss es auch richtig angewendet werden. Jesus sagte nicht nur, dass seine Jünger frei werden, wenn sie „die Wahrheit erkennen“, wie bereits zitiert, sondern auch, wie Johannes es zum Ausdruck brachte: „Wenn ihr dies wisst, glückselig seid ihr, wenn ihr es tut.“ (Johannes 13:17) Petrus sagt uns in den zitierten einleitenden Versen, dass uns die Erkenntnis Gottes geschenkt wurde, und er fügt im selben Kapitel hinzu: „Wenn ihr diese Dinge tut, so werdet ihr niemals straucheln. Denn so wird euch reichlich dargereicht werden der Eingang in das ewige Reich unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus.“ (2. Petrus 1:10,11) Paulus erklärt nicht nur, dass das Evangelium das Mittel ist, durch dass wir das Heil erlangen, sondern fügt wiederum mit Bezug auf das Evangelium hinzu: „Durch das ihr auch errettet werdet (wenn ihr an dem Wort festhaltet, das ich euch verkündigt habe).“ (1. Korinther 15:2)
Es kann nicht genug betont werden, wie wichtig es ist, das Wissen über Gott und sein Wort der Wahrheit zu nutzen und ihnen zu gehorchen, wenn man die von Gott beabsichtigte Bildung erlangen will. In der Geschichte finden wir viele Beispiele für erworbenes Wissen und das bedauerliche Versagen, es richtig zu nutzen. Schon wenn wir auf das, was in Eden vorkam zurückblicken, finden wir Gottes Anweisungen an unsere ersten Eltern, die eindeutig und klar besagen, dass sie sterben würden, wenn sie von der verbotenen Frucht aßen. (1. Mose 2:16,17) Als Eva von Satan durch die Schlange angesprochen wurde, gab sie zu verstehen, dass sie die Anweisungen Gottes genau kannte. Sie sagte, dass es für sie unmöglich sei, von dem verbotenen Baum zu nehmen, denn wenn sie es täte, würde sie ihr Leben verlieren. Eva ließ jedoch Zweifel in ihren Gedanken zu, und als Satan sie über die Folgen des Verzehrs der verbotenen Frucht belog, ließ sie zu, dass seine Lüge an die Stelle der Wahrheit trat und die von Gott gegebene Warnung verdrängte. So verfiel sie der Sünde und wurde der Strafe unterworfen (1. Mose 3:1-6).
Die Geschichte des Volkes Israel kann als weiteres Beispiel für das Versagen angeführt werden, erworbenes Wissen in adäquater Weise zu nutzen. Paulus sagte über sein Volk, dass es in jeder Hinsicht viele Vorteile hatte, „denn zuerst einmal sind ihnen die Aussprüche Gottes anvertraut worden“. (Römer 3:2) Der Apostel erklärt jedoch weiter in Hebräer 4:2
„… das Wort der Verkündigung nützte jenen nicht, weil es bei denen, die es hörten, nicht mit dem Glauben verbunden war.“
Der Prophet Hosea sagte die Verwerfung Israels Jahrhunderte vor ihrem Eintreten voraus, wie wir in Hosea 4:6 lesen: „Mein Volk wird vertilgt aus Mangel an Erkenntnis. Weil du die Erkenntnis verworfen hast, so verwerfe ich dich, dass du mir nicht mehr Priesterdienst ausübst; und du hast das Gesetz deines Gottes vergessen: So werde auch ich deine Kinder vergessen.“ Man beachte, dass der Prophet sagt, sie hätten die ihnen gegebene Erkenntnis verworfen und das Gesetz Gottes vergessen. Es lässt sich mit hinreichender Sicherheit annehmen, dass dies der eigentliche Grund für das Versagen eines jeden Dieners Gottes ist, nämlich, dass er die ihm gegebenen göttlichen Anweisungen nicht genutzt oder nicht befolgt hat.
Der große Erzieher
Gott ist der große Erzieher und hat seinen Plan mit dem Ziel entworfen, seine Geschöpfe auf die größte Nützlichkeit und das Glück im ewigen Leben vorzubereiten, das den Treuen und Gehorsamen versprochen ist. Aus einer bestimmten Sicht heraus könnte es so aussehen, als sei die Erziehung der menschlichen Familie durch die Versuchung in Eden und ihre Verurteilung zum Tod unterbrochen worden. Und in gewisser Hinsicht stimmt es auch, denn seit dem Sündenfall haben nur relativ wenige mehr als einen flüchtigen Eindruck von Gottes großen Eigenschaften wie Weisheit, Gerechtigkeit, Liebe und Macht erhalten.
Gott hat jedoch den Widerstand Satans und den Fall der Menschheit in Sünde und Tod überwaltet, um ihnen andere und höhere Zweige der Erkenntnis zu eröffnen. Zuerst haben sie Erfahrungen mit dem Bösen und seinen Folgen gemacht. Später, während des tausendjährigen Reiches der Gerechtigkeit, werden sie Erfahrungen mit der Wahrheit, der Gerechtigkeit und der Aufrichtigkeit machen. Auf diese Weise werden sie zuerst das Böse und dann das Gute lernen. Zu dieser höheren Schulung gehört auch die Entwicklung von Eigenschaften wie Geduld, Sanftmut, Großzügigkeit, Mitgefühl und aufopferungsvolle Liebe. Gegenwärtig können wir uns die Bedingungen auf einer vollkommenen Erde nicht vorstellen, auf der die Bewohner rein und heilig sind und auf der diese Eigenschaften Gelegenheit haben, sich durch Übung und persönliche Erfahrung zu entwickeln.
Eine beträchtliche Zeitspanne, die sowohl Erfolge als auch Misserfolge einschließt, ist erforderlich, um eine Schulung zu erlangen, sei es jetzt im Fall der Nachfolger Jesu oder im Hinblick auf das kommende Reich der Gerechtigkeit für die Menschheit im Allgemeinen. Eine Vielzahl von Erfahrungen ist notwendig, um sich Wissen anzueignen, vor allem, wenn es zur Entwicklung eines edlen Charakters beitragen soll. Im Allgemeinen sind Erfolge das Ergebnis der Umsetzung von Wissen in die Praxis und dies nach Gottes Grundsätzen der Gerechtigkeit, und umgekehrt sind Misserfolge das Ergebnis der unsachgemäßen Anwendung von Wissen.
Eine der Errungenschaften, die sich aus dem Gehorsam gegenüber den göttlichen Grundsätzen ergeben, ist ein immer klareres Verständnis der Gerechtigkeit und der Heiligkeit und wie sie in Gott und in seinem Sohn, Jesus Christus, unserem Herrn, vorgelebt werden. Apostel Paulus weist in Hebräer 5:14 darauf hin, dass die Fähigkeit, Wissen richtig anzuwenden, nur denjenigen zuteilwird, „die infolge der Gewöhnung geübte Sinne haben zur Unterscheidung des Guten sowohl als auch des Bösen.“
Andererseits führt das Versäumnis, zu gehorchen und die eigenen „Sinne zu trainieren“, um das Wissen in die Praxis umzusetzen, zu Charakterschwäche und zum Verlust der geistigen Entwicklung. Der Psalmist sagt: „Was hast du meine Satzungen herzusagen und meinen Bund in deinen Mund zu nehmen? Du hast ja die Zucht gehasst und meine Worte hinter dich geworfen.“ (Psalm 50:16,17) Apostel Petrus erklärt, dass derjenige, der es versäumt, die Gnaden des Geistes zu seinem Glaubensfundament hinzuzufügen, „blind (ist), kurzsichtig und hat die Reinigung von seinen früheren Sünden vergessen.“ (2. Petrus 1:9) Man beachte, dass der Apostel hier sagt, dass das Versäumnis, Wissen für die Charakterbildung zu nutzen, zu Blindheit und zum Vergessen der grundlegenden Tatsache führt, dass man von seinen alten Sünden gereinigt wurde.
Beispiele für Versäumnisse
In der Heiligen Schrift gibt es viele Beispiele für das Versäumnis, Wissen richtig zu nutzen. Wie bereits erwähnt, erklärte der Herr Adam und Eva deutlich, dass die Strafe für die Sünde der Tod sein würde, und als er das Urteil über sie nach ihrer Übertretung verkündete, bestätigte er, dass sie zu dem Staub zurückkehren würden, aus dem sie genommen wurden. (1. Mose 3:17-19) Doch nur wenige Jahrhunderte später finden wir, dass einige ihrer Nachkommen, die Bewohner Ägyptens, es pflegten, Diener und Tiere zu töten und sie zusammen mit einem Vorrat an Nahrung in den Gräbern ihrer Könige zu begraben. Hierin sehen wir, dass als die Menschheit immer mehr aus der Harmonie mit Gott geriet, sie immer mehr degenerierte und ihr Verständnis für Gottes Prinzipien, einschließlich der Strafe für Sünde, verloren ging.
Die verderbende Natur der Sünde wird durch die Tatsache veranschaulicht, dass der erste in der Bibel aufgezeichnete Tod der Mord an Abel durch seinen Bruder Kain ist. Derselbe Gedanke wird in der Geschichte des Satans selbst nahegelegt, denn es heißt, dass er in seinen Wegen vollkommen war, bis „Ungerechtigkeit“ in ihm gefunden wurde. (Hesekiel 28:15) In der Tat können alle schrecklichen Übel, die das Menschengeschlecht heimsuchen, Satan als „dem Gott dieser Welt“ zugeschrieben werden. (2 Korinther 4:4) Ein weiteres Beispiel für den verderbenden Einfluss der Sünde gibt der Herr in seinen prophetischen Worten in Matthäus 24:48,49. Hier wird ein „böser Knecht“ beschrieben, der zuerst anfängt, seine Mitknechte zu schlagen, und dann mit den Betrunkenen isst und trinkt. Ein solches Muster haben wir während eines Großteils der ganzen christlichen Geschichte gesehen, ja, sogar bis in die heutige Zeit am Ende des Zeitalters. Hier sehen wir die gleiche Abfolge: Zuerst eine Abkehr von den Grundsätzen der Gerechtigkeit, Rechtschaffenheit und brüderlichen Liebe, und dann, aus diesem Versagen, das Wissen richtig anzuwenden, folgten der Verlust des Lichts und die Entwicklung von Irrtümern in der Lehre.
Diese Erfahrungen sollten dem ganzen Volk des Herrn diese große Lektion eindrücklich einprägen und uns veranlassen, sehr wachsam und empfänglich für das Wort des Herrn zu sein. Wir sollten es sorgfältig studieren und seine Grundsätze in unserem eigenen Leben anwenden. Das sollte uns dann dazu bringen, nur solche als Älteste und Lehrer zu akzeptieren, die demütig und gehorsam sind, nicht nur gegenüber dem Wort der Wahrheit, sondern auch gegenüber seinem Geist. Wie wir aus 1. Korinther 8:1 lernen, macht Wissen allein den Menschen selbstgerecht und arrogant, aber Liebe, die selbstlos das Beste für andere sucht, erbaut und ermutigt andere, in Weisheit zu wachsen.
Die besondere Schulung, die die Anhänger des Herrn im gegenwärtigen Zeitalter des Evangeliums erhalten, erfolgt in dem, was wir gewohnt sind, als Schule Christi zu bezeichnen. An einigen Universitäten wird der Vorbereitung derjenigen, die für die Unterweisung anderer zuständig sein sollen, besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Solche Schulen sind oft als „Hochschulen für Lehrerbildung“ bekannt. Sie entsprechen gut der besonderen Unterweisung, die den Nachfolgern des Herrn in der gegenwärtigen Zeit zuteil wird – jenen, die darauf vorbereitet werden, mit ihm in dem großen Werk der Versöhnung während des messianischen Reiches mitzuwirken.
Die Heilige Schrift weist eindeutig darauf hin, dass alle Menschen den Herrn am Ende kennen sollen, vom Kleinsten bis zum Größten, und dass sie das Gesetz Gottes nicht nur in ihrem Verstand, sondern auch in ihrem Herzen geschrieben haben sollen. (Jeremia 31:33, 34) Das heißt, sie werden das Gesetz Gottes nicht nur vollständig verstehen, sondern auch zu einem Zustand heranwachsen, in dem sie das Gesetz Gottes und seine Grundsätze von ganzem Herzen lieben werden. Das Verständnis und die Liebe zu diesen Grundsätzen entwickeln sich bei den Nachfolgern Jesu in der heutigen Zeit. Zugleich enthält ihre Schulung jedoch noch weitere Merkmale. So wie Lehrer nicht nur ihr Fach gründlich beherrschen müssen, müssen sie auch in der Lage sein, später im Leben andere Schüler zu unterrichten. Sie müssen die Kunst des Lehrens erlernen, damit sie ihr Wissen wirksam an künftige Schüler weitergeben können.
Zweck der christlichen Schulung
Der Anlass für diese besondere Schulung ist die Tatsache, dass Gott vorgesehen hat, in der „Verwaltung der Fülle der Zeiten“ alles wieder in Christus zu sammeln. (Epheser 1:10) Das heißt, alle, die es annehmen werden, sollen durch das Wirken des messianischen Reiches, an dem der Christus und die Kirche teilnehmen werden, wieder in Einklang mit Gott gebracht werden.
Von diesem Standpunkt aus ist es offensichtlich, dass der Hauptzweck und das Hauptwerk der Jahrhunderte seit Pfingsten die Schulung der gottgeweihten Nachfolger Christi war. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf ist die Ermahnung des Apostels an die Brüder zu Korinth so bedeutungsvoll: „Darum, meine geliebten Brüder, seid fest, unerschütterlich, nehmt immer zu in dem Werk des Herrn, weil ihr wisst, dass eure Arbeit nicht vergeblich ist im Herrn!“ (1. Korinther 15:58 – Schlachter 2000) Es ist interessant, die Bedeutung der beiden Worte „Werk“ und „Arbeit“ in diesem Vers zu beachten. Das Werk wird als „das Werk des Herrn“ bezeichnet, in dem wir das Vorrecht haben, uns zu engagieren. Wie der Apostel uns dazu ermahnt, sollen wir bei der Ausführung dieses Werkes sehr fleißig sein und „in dem Werk des Herrn immer zunehmen“.
Das griechische Wort, das im vorstehenden Vers mit „Werk“ übersetzt wird, bedeutet „Geschäft oder Beschäftigung“ (Nach der Übersetzung vom englischen Lexikon „Thayer‘s Greek Definitions“) und ist dasselbe Wort, das der Apostel im Brief an die Brüder in Thessalonich verwendet, wenn er sagt, dass er sich an ihr „Werk des Glaubens“ erinnert. (1. Thessalonicher 1:2,3) Das Werk des Herrn ist also offensichtlich ein Werk des Glaubens. Es geht um die Entwicklung des Glaubens in jedem einzelnen Glied des Leibes Christi und um die Ausübung dieses Glaubens durch die Glieder des Leibes Christi entlang der Linien dieses Glaubens, indem sie sich gegenseitig aufbauen und einander ermahnen, den Glauben zu leben. (Judas 1:20)
Das Wort „Arbeit“ beinhaltet einen ganz anderen Gedanken. Dieses Wort wird auch mit „Mühe“, „Bemühungen“ oder „Mühsal“ übersetzt. Es wird vom Apostel in dem oben zitierten Text aus 1. Thessalonicher 1:3 verwendet, wo er sagt, dass er nicht nur ihrer „Werke des Glaubens“ gedenkt, sondern auch ihrer „Bemühung der Liebe“ und ihres „Ausharrens der Hoffnung“. Da diese drei Verhaltensweisen ihn in Bezug auf sie sehr zuversichtlich gestimmt haben, ist er von ihrer Erwählung durch Gott überzeugt. Hier haben wir den Gedanken des Apostels, dass die gläubigen Überwinder des gegenwärtigen Zeitalters das Werk des Herrn so sehr schätzen werden, dass sie sich bis hin zum Ertragen von Mühen, Strapazen, Opfern und Leiden darauf einlassen, um mit ihm gemeinsam an ihrer Schulung für den zukünftigen Dienst zu arbeiten.
Was für ein schönes Bild zeichnet der Gedanke an Arbeit und Mühen! Gegenwärtig arbeitet das Volk des Herrn, oft unter Schwierigkeiten und Prüfungen, an der eigenen Schulung und der anderen Glieder des Leibes Christi mit. Die Ergebnisse dieser Arbeit der Schulung werden sie jedoch über den Vorhang hinaus begleiten. Dann werden sie das Vorrecht haben, mit Christus Jesus in seinem Mittlerkönigreich zusammenzuarbeiten, um alle Geschlechter der Erde zu versöhnen und sie zur menschlichen Vollkommenheit und zur Harmonie mit Gott und seinen Prinzipien zu bringen.
Gott will vollendete „Produkte“
Es ist eine gesegnete Erfahrung, in die Schule Christi zu gehen und als Student eingeschrieben zu sein, aber Gottes großes Ziel ist nicht nur das gegenwärtige Werk der Schulung seines Volkes, sondern ihr Abschluss und ihre künftige Arbeit für die Menschheit. Gott ist an dem interessiert, was wir als „fertige, vollendete Produkte“ bezeichnen können, und so muss auch unser Interesse sein. Wie Paulus den Brüdern in Korinth schreibt: „Um dieses bitten wir auch, um eure Vervollkommnung.“ (2. Korinther 13:9) Das Interesse des Apostels an der Entwicklung der Gemeinde war ein schönes, selbstloses Interesse. Er war an ihrer Vollendung interessiert, an ihrer vollen Entfaltung in der Ähnlichkeit mit Christus. Und es war völlig zweitrangig, ob er oder ein anderer das Werkzeug war, das Gott für dieses Werk benutzen würde. Man beachte seine Worte, die in 1. Korinther 15:9-11 aufgezeichnet sind: „Denn ich bin der geringste der Apostel, der ich nicht wert bin, ein Apostel genannt zu werden, weil ich die Versammlung Gottes verfolgt habe. Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin; und seine Gnade gegen mich ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe viel mehr gearbeitet als sie alle; nicht aber ich, sondern die Gnade Gottes, die mit mir war. Sei ich es nun, seien es jene, so predigen wir, und so habt ihr geglaubt.“
In diesen Worten des Apostel Paulus liegt eine sehr hilfreiche Belehrung für das ganze Volk des Herrn. Wie bei ihm, so soll auch unsere Sorge nur der Entwicklung des Charakters Christi in uns selbst und in der Bruderschaft gelten; und ob Gott das eine oder andere Werkzeug für die Vollendung dieses Werkes benutzt, ist unwesentlich. Wir sollen genauso glücklich sein, wenn der Herr jemand anderen benutzt, um seine guten Vorsätze zu verwirklichen, wie wenn er uns benutzt. In jedem Fall ist es, wie der Apostel in der soeben zitierten Stelle zum Ausdruck bringt, die Gnade und Macht Gottes, die den göttlichen Vorsatz in den Herzen seines Volkes verwirklicht. Jeder Diener des Herrn, der eingesetzt wird, um einen hilfreichen Dienst zu leisten und den Brüdern ein gutes Beispiel zu geben, muss sich so fühlen, wie der Apostel es in einem früheren Abschnitt dieses Briefes ausdrückt, und zwar in 1. Korinther 3:6: „Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, Gott aber hat das Wachstum gegeben.“
Der Fortschritt in der Schule Christi und die Entwicklung zu seinem Ebenbild erfordert Übung, Erfahrung und Aktivität auf verschiedenen Gebieten. Einer der Wege des Dienstes im Zusammenhang mit dem Werk Gottes ist zum Beispiel die Verkündigung des Evangeliums vom Reich Gottes. (Matthäus 24:14) Ein anderer ist die Arbeit am Wort der Wahrheit, d. h. das persönliche Studium der Heiligen Schrift. (2. Timotheus 2:15) Ein dritter ist die Ermahnung und Ermutigung der Geschwister. Paulus sagt, dass wir uns täglich gegenseitig ermahnen sollen, damit nicht jemand „durch den Betrug der Sünde verstockt wird.“ (Hebräer 3:13) Ein weiterer Weg der Aktivität und Übung ist die Selbstprüfung. Der Apostel sagt, dass wir nicht gerichtet werden, wenn wir uns selbst richten, dass aber der Herr uns bei der Hand nehmen und uns züchtigen wird, wenn wir es nicht tun, damit wir nicht mit der Welt verurteilt werden. (1. Korinther 11:31,32)
Ein weiteres Mittel für unser Wachstum und unsere Reife in der Erkenntnis ist die Gemeinschaft untereinander und die Teilnahme an den Angelegenheiten der Bruderschaft. Dazu gehört eine angemessene Tätigkeit in Verbindung mit den Zusammenkünften des Volkes des Herrn und in allen Angelegenheiten der Gemeinde, einschließlich der Sorge dafür, dass das gemeinsame Zeugnis unserer Zusammenkünfte in keiner Weise durch Lehren oder Verhaltensweisen verletzt wird, die dem Wort und dem Geist der Wahrheit widersprechen. In all diesen Tätigkeitsbereichen sollen die Nachfolger Christi lebhaftes Interesse zeigen und sich so umfassend wie möglich engagieren.
Bei unserer geistigen Schulung müssen wir darauf achten, dass wir ein abgerundetes, vollständiges Werk in Angriff nehmen, dass wir allen Aspekten des christlichen Lebens die gebührende Aufmerksamkeit schenken und dass wir die Heilige Schrift zu dem Zweck verwenden, zu dem sie gegeben wurde, nämlich den Menschen Gottes „zu jedem guten Werk“ vorzubereiten. (2. Timotheus 2:21) Der Geist des Herrn, der der Geist eines „gesunden Verstandes“ ist, wird uns bei der richtigen Aufteilung unserer Zeit auf diese verschiedenen Arbeitsbereiche leiten. (2. Timotheus 1:7) Von größter Wichtigkeit ist das tägliche Studium der Heiligen Schrift in dem Bewusstsein, dass wir „aus jedem Wort leben sollen, das durch den Mund Gottes ausgeht.“ (Matthäus 4:4) Der Grad unserer Hingabe und die Zeit, die wir für das Studium des Wortes des Herrn aufwenden, wird sich in unserem Leben, in unserem Reden und in unserer Fähigkeit zeigen, zum geistlichen Wohl des geweihten Volkes des Herrn beizutragen.
Wir sollten uns vor Augen halten, dass das christliche Leben eine sehr persönliche Angelegenheit ist, und uns die Kraft der Worte des Apostels in 1. Korinther 9:24 bewusst machen: „Wisst ihr nicht, dass die, die in der Rennbahn laufen, zwar alle laufen, aber einer den Preis empfängt? Lauft nun so, dass ihr ihn erlangt.“ (Die engl. Amplified Bibelübersetzung fügt hinzu: „Lauft euer Rennen so, dass ihr euch den Preis zu eigen macht!“) Mit anderen Worten: Wir sollen unsere Beziehung zum Herrn in der Schule Christi wie ein einzelner Schüler betrachten. Wir sollen uns ihm völlig hingeben und sein Wort und seinen Geist zu unserem Führer und unserer ständigen Beschäftigung machen.
Was für ein herrliches Vorrecht ist es, in der Schule Christi erzogen zu werden und von seiner Unterweisung und seinem Beispiel zu profitieren. Wenn wir treue, hingebungsvolle Schüler sind, werden wir darin auf unsere Vorrechte und Verantwortlichkeiten in der Zukunft als Könige, Priester und Richter vorbereitet. Lasst uns in diesem Bemühen täglich treu sein!