Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

„Und das Wort wurde Fleisch.“

Lesedauer: 20 Minuten

Wir möchten vorwegnehmen, dass einige Christen den 25. Dezember nicht als das Datum der Geburt Christi betrachten. Wir stimmen mit diesem Gedanken völlig überein. Es ist mittlerweile sogar unter sehr vielen unterschiedlichen christlichen Bewegungen umstritten, dass der richtige Tag der Geburt des Erlösers um die Weihnachtstage ist. Es werden unterschiedliche Berechnungen angestellt, zu wann Jesus geboren wurde. Ob es nun Anfang Oktober oder Anfang August gewesen sein möge, spielt unserer Meinung nach deshalb keine entscheidende Rolle, weil der Herr selbst nie den Wunsch geäußert hat, dass wir seinen Geburtstag feiern sollten.

Unser Himmlischer Vater ist der Geber aller guten und vollkommenen Gaben. Er gibt unaufhörlich, und wir empfangen unaufhörlich von ihm. Aber unter all seinen Gaben ist diejenige, die für uns am wichtigsten ist, die seines Sohnes, unseres Erlösers. Diesen sandte er aus Liebe zu seiner Schöpfung.

Daher können wir uns an diesem Tag, der so allgemein gefeiert wird, all denjenigen anschließen, deren Herzen in einer Haltung der Liebe und Wertschätzung gegenüber Gott und dem Erlöser sind. Die Gewohnheit, einander in dieser Zeit des Jahres kleine Aufmerksamkeiten zu schenken, erscheint uns daher nicht unpassend.

„Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns (und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater) voller Gnade und Wahrheit.“ (Johannes 1:14)

Im Titelvers wurde der Ausdruck „Wort“ als Übersetzung des griechischen Substantivs logos ausgewählt. In Wilson‘s Emphatic Diaglott findet man zu diesem Vers eine Fußnote, die eine Erklärung für die Bedeutung von logos in Bezug auf die Bräuche der antiken Welt gibt. Nachstehend eine Umschreibung der Fußnote: In den alten Königreichen wurde ein Offizier vom König dazu bestimmt, sein „Wort“ oder seine Stimme zu sein. Der Offizier stand auf den Stufen neben dem Thron und war durch ein Gitterfenster vom König getrennt. Das Fenster war mit einem Seidenvorhang bedeckt, hatte aber Öffnungen, durch die der König dem Offizier Befehle erteilte. Der Offizier wiederum gab je nach Bedarf die Befehle des Königs an die Offiziere, Richter und Bediensteten weiter. Nach griechischer Lesart war dieser Offizier also der Logos des Königs.

Johannes bezeichnet Jesus mit diesem griechischen Ausdruck, -Logos, also in unserer Sprache, Wort-, das ihm als Titel während seiner vormenschlichen Existenz als Geistwesen gegeben wurde, als er im Himmelreich lebte. Laut Paulus Aussage in seinem Brief an die Kolosser 1:15-16, war Jesus als vormenschlicher Logos der „Erstgeborene aller Schöpfung“. Von Gott wurde er dazu benutzt, „alles in den Himmeln und auf der Erde“ zu erschaffen: „Alle Dinge sind durch ihn und für ihn geschaffen“. In ähnlicher Weise wird der Logos in Offenbarung 3:14 als „der Anfang der Schöpfung Gottes“ bezeichnet.

Unsere Heilige Schrift sagt, dass der Logos, das höchste aller geschaffenen Geistwesen, sich selbst erniedrigte und „Fleisch wurde“. Das heißt, dass er durch die Kraft Gottes eine Wesensveränderung von einem Geistwesen zu einem Menschen erfuhr. Er wurde „von einer Frau geboren“, mit einer Natur „ein wenig unter die Engel erniedrigt“ (Galater 4:4; Hebräer 2:9), und wohnte auf der Erde als der vollkommene Mensch Jesus. In dieser vollkommenen menschlichen Gestalt gab er sich selbst bereitwillig „als Lösegeld für alle, wovon das Zeugnis zu seiner Zeit verkündigt werden sollte“. (1. Timotheus 2:6) Paulus sagte über das wunderbare Beispiel der Demut Jesu: „Da er reich war, um euretwillen arm wurde, damit ihr durch seine Armut reich würdet“ (2. Korinther 8:9), und er schrieb auch in seinem Brief an die Philipper (Kapitel 2, Verse 5-8): „Denn diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesus war, der, da er in Gestalt Gottes war, es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein, sondern sich selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm, indem er in Gleichheit der Menschen geworden ist, und, in seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden, sich selbst erniedrigte, indem er gehorsam wurde bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz.“

Ein vollbrachtes Wunder

Das irdische Leben Jesu begann nicht nach der üblichen Art der menschlichen Empfängnis. Er hatte keinen irdischen, biologischen Vater. Stattdessen nahm sein himmlischer Vater das Lebensprinzip, das zuvor im Logos enthalten war, und setzte es durch ein Wunder als menschlichen Embryo in den Schoß Marias ein. Um dies zu verkünden, „wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt von Galiläa gesandt, mit Namen Nazareth, zu einer Jungfrau, die mit einem Mann verlobt war, mit Namen Joseph, (…) und der Name der Jungfrau war Maria. Und er kam zu ihr herein und sprach: Sei gegrüßt, Begnadete! Der Herr ist mit dir.“ (Lukas 1:26-28)

Als Maria Gabriel sah und seine Botschaft hörte, wurde sie „über das Wort bestürzt und überlegte, was für ein Gruß dies sei“. (Vers 29) Um sie zu beruhigen, antwortete der Engel:

„Fürchte dich nicht, Maria, denn du hast Gnade bei Gott gefunden; und siehe, du wirst im Leib empfangen und einen Sohn gebären, und du sollst seinen Namen Jesus nennen.“ (Verse 30 und 31) Später (in Lukas 2:21), erfahren wir, dass die Ankündigung von Gabriel an Maria über die Geburt Jesu „ehe er im Leib empfangen wurde“ geschah; so haben wir die Bestätigung dieses großen Wunders, das Gott vollbrachte.

Gottes Zeitplan

Gott hatte zweifellos alle Ereignisse rund um die Geburt Jesu gelenkt, deshalb war diese Zeit passend. Die vorangegangene Herrschaft des griechischen Reiches hatte dazu geführt, dass Griechisch in weiten Teilen der Welt die anerkannte Sprache war. So konnte eine gemeinsame Sprache verwendet werden, um ein so bedeutendes Ereignis zu übermitteln und aufzuzeichnen. Außerdem war es eine Zeit relativen Friedens, denn das Römische Reich hatte einen Großteil der Welt erobert. Daher war es eine äußerst günstige Zeit für den Beginn des Evangeliums, in dessen Mittelpunkt Jesus stand. In der Heiligen Schrift finden sich noch viele andere wertvolle Lehren über Gottes übergeordnete Vorsehung, die die Geburt Jesu umgab.

„Es geschah aber in jenen Tagen, dass eine Verordnung vom Kaiser Augustus ausging, den ganzen Erdkreis einzuschreiben … Und alle gingen hin, um sich einschreiben zu lassen, ein jeder in seine [Vater-]Stadt. Es ging aber auch Josef von Galiläa, aus der Stadt Nazareth, hinauf nach Judäa, in die Stadt Davids, die Bethlehem heißt, weil er aus dem Haus und Geschlecht Davids war.“ (Verse 1, 3 und 4) Durch Gottes Vorsehung erließ der römische Kaiser genau zum richtigen Zeitpunkt einen Erlass über die Einschreibung seines weltweiten Reiches. Dieser Erlass verlangte, dass sich jeder Mann in der Stadt seines Familienstammes melden sollte, was für Josef Bethlehem war. Auf diese Weise wurden Josef und Maria in die Stadt gebracht, die von Micha im Kapitel 5, Vers 1 prophezeit wurde: „Und du, Bethlehem-Ephrata, zu klein, um unter den Tausenden von Juda zu sein, aus dir wird mir hervorkommen, der Herrscher über Israel sein soll; und seine Ursprünge sind von der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit her.“

Maria, die bereit war, Jesus jeden Moment zu gebären, reiste mit Josef ungefähr einhundertvierzig Kilometer von Nazareth nach Bethlehem. Wir können uns gut vorstellen, welche Schwierigkeiten und Unannehmlichkeiten sie auf dieser Reise gehabt haben muss. In Bethlehem angekommen, mussten Josef und Maria feststellen, dass „in der Herberge kein Platz für sie war“. „Sie gebar ihren erstgeborenen Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe.“ (Lukas 2:7) Das Wort „Krippe“ bezieht sich auf eine Futterkrippe für Tiere. Es wurden wahrscheinlich nur wenige Babys in der Geschichte Israels in solch bescheidenen Umständen geboren.

Es ist jedoch zu beachten, dass es von Joseph und Maria mit diesen Vorkehrungen und Bedingungen keinen Hinweis auf die geringste Beschwerde oder Unzufriedenheit gibt. Damit werden wir an die wichtige Lektion von Jesus aus Matthäus 6:25-33 erinnert, die er später seinen Nachfolgern erteilte: „nicht besorgt“ für die Dinge des gegenwärtigen Lebens zu sein“, denn „euer himmlischer Vater weiß, dass ihr dies alles nötig habt.“ Stattdessen sagt uns Jesus: „Trachtet aber zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit“.

Demütige Hirten

Gott kündigte das große Ereignis der Geburt Jesu als Mensch durch seine mächtigen Engel an. Obwohl weltliche Weisheit etwas anderes diktiert hätte, wurden die Engel zu demütigen Hirten geschickt, die auf ihren Feldern waren und nachts über ihre Herden wachten. Zu jener Zeit war es wichtig, dass die Hirten nachts bei ihren Herden blieben, um sie vor Dieben und wilden Tieren zu schützen. Diese demütige, aber wichtige Aufgabe erinnert uns an die Bedeutung, die Gott dieser Charaktereigenschaft beimisst, wie wir es in Jakobus 4:6 lesen können: „Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt er Gnade“.

Hirten verfügten in der Regel nicht über eine fundierte Schulbildung. Sie waren jedoch dafür bekannt, dass sie eine Gruppe von Menschen waren, die tiefgründig nachdachten, denn sie hatten viele Stunden Zeit, über verschiedene Themen nachzudenken und miteinander zu diskutieren, während sie ihre Herden hüteten. Diejenigen, die ihre Gedanken auf Gott richteten, meditierten vielleicht oft über die Worte des Hirten David, der schrieb: „… mit jubelnden Lippen wird loben mein Mund, wenn ich deiner gedenke auf meinem Lager, sinne ich über dich in den Nachtwachen“. (Psalm 63:5,6,7) Wenn sie in den Sternenhimmel hinaufblickten, kamen ihnen mit Sicherheit weitere Gedanken in den Sinn wie aus Psalm 19, Vers 1: „Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes, und die Ausdehnung verkündet seiner Hände Werk.“

Es war diese Gruppe demütiger Hirten, denen Gott die erste Botschaft über die Menschwerdung aus Fleisch seines eingeborenen Sohnes sandte. Der Bericht lautet: „Und es waren Hirten in derselben Gegend, die auf freiem Feld blieben und in der Nacht Wache hielten über ihre Herde. Und siehe, ein Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Herrlichkeit des Herrn umleuchtete sie, und sie fürchteten sich mit großer Furcht. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkündige euch große Freude, die für das ganze Volk sein wird.“ (Lukas 2:8-10)

Der griechische Ausdruck, der in dem zitierten Vers mit „große Freude verkündigen“ übersetzt wurde, bedeutet „gute Nachrichten verkünden“. An anderer Stelle im Neuen Testament wird es mit dem bekannten Wort „Evangelium“ übersetzt. Im Weiteren erklärte der Engel des Herrn in Vers 11, worum es sich bei dieser frohen Botschaft handelte: „Denn euch ist heute in der Stadt Davids ein Erretter geboren, welcher ist Christus, der Herr“.

Und weiter sagte der Engel zu den Hirten: „Und dies sei euch das Zeichen: Ihr werdet ein Kind finden, in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend“. (Vers 12) Diese Information war nicht nur notwendig, um zu erkennen, welches Kind in Bethlehem der Erlöser war, sondern auch, um die Aufmerksamkeit und die Gedanken der Hirten auf die bescheidenen Anfänge beim Zeitpunkt der Geburt Jesu zu lenken. „Und plötzlich war bei dem Engel eine Menge des himmlischen Heeres, das Gott lobte und sprach: Herrlichkeit Gott in der Höhe und Friede auf der Erde, an den Menschen ein Wohlgefallen!“ (Verse 13 und 14) Wir haben noch keinen Frieden auf Erden und keinen guten Willen gegenüber allen Menschen gesehen. Gegenwärtig erleben wir weiterhin Kriege, Gewalt, Ungerechtigkeit, Krankheit, Leid und Tod. Das liegt daran, dass das Werk der Auswahl und Vollendung des Leibes Christi noch andauert, wie uns Apostel Paulus in seinem Brief an die Römer, Kapitel 8, Vers 19 erklärt: „… das sehnliche Harren der Schöpfung wartet auf die Offenbarung der Söhne Gottes.“ Wenn dieses Werk vollendet ist, werden sich die Worte der himmlischen Heerscharen erfüllen.

Nachdem die Engel die Hirten verlassen hatten, sagten sie: „Lasst uns nun hingehen nach Bethlehem und diese Sache sehen, die geschehen ist, die der Herr uns kundgetan hat. Und sie kamen eilends und fanden sowohl Maria als auch Joseph, und das Kind in der Krippe liegen. Als sie es aber gesehen hatten, machten sie das Wort kund, das über dieses Kind zu ihnen geredet worden war. Und alle, die es hörten, verwunderten sich über das, was von den Hirten zu ihnen gesagt wurde. …Und die Hirten kehrten zurück und verherrlichten und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, so wie es ihnen gesagt worden war“. (Lukas 2:15 -18,20)

Vorbildliche Eltern

„Maria aber bewahrte alle diese Worte und erwog sie in ihrem Herzen.“ (Lukas 2:19) Maria und Josef waren hingebungsvolle und fürsorgliche Eltern von Jesus, damit sie ihn so aufziehen und behüten konnten, wie es Gott gefiel. Im Gehorsam gegenüber dem Gesetz, das Israel gegeben wurde, ließen Josef und Maria Jesus am achten Tag beschneiden. (3. Mose 12:1-4; Lukas 2:21) Dreiunddreißig Tage später, „als die Tage ihrer Reinigung nach dem Gesetz Moses erfüllt waren, brachten sie ihn nach Jerusalem hinauf, um ihn dem Herrn darzustellen (wie im Gesetz des Herrn geschrieben steht: „Alles Männliche, das den Mutterleib erschließt, soll dem Herrn heilig heißen) und ein Schlachtopfer zu geben nach dem, was im Gesetz des Herrn gesagt ist: ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben“. (Lukas 2:22-24)

Nach dem jüdischen Gesetz sollten sie ein „einjähriges Lamm zum Brandopfer und eine junge Taube oder eine Turteltaube zum Sündopfer“ bringen. (3. Mose 12:6)

Das Gesetz sah jedoch auch das nachstehende vor: „Und wenn ihre Hand das zu einem Schaf Erforderliche nicht aufbringen kann, so soll sie zwei Turteltauben oder zwei junge Tauben nehmen, eine zum Brandopfer und eine zum Sündopfer; und der Priester soll Sühnung für sie tun, und sie wird rein sein“. (Vers 8) Daraus lernen wir, dass Josef und Maria arm gewesen sein müssen, denn im Bericht von Lukas ist nicht von einem Lamm die Rede, sondern von zwei Turteltauben oder Tauben.

Die Weisen aus dem Morgenland

Im Matthäus-Evangelium heißt es: „Als aber Jesus in Bethlehem in Judäa geboren war, in den Tagen des Königs Herodes, siehe, da kamen Magier vom Morgenland nach Jerusalem und sprachen: Wo ist der König der Juden, der geboren worden ist? Denn wir haben seinen Stern im Morgenland gesehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen.“ (Matthäus 2:1 und 2) Wir stellen fest, dass die Bibel nirgends angibt, wie viele Weisen kamen, obwohl allgemein angenommen wird, dass es drei waren, denn es ist die Anzahl der Geschenke, die sie darbrachten. (Vers 11)

Auf der Suche nach dem König der Juden gingen die Weisen selbstverständlich zuerst zum Palast von Herodes, dem römischen Herrscher über die Region Judäa, um Erkundigungen einzuholen. „Als aber der König Herodes es hörte, wurde er bestürzt und ganz Jerusalem mit ihm.“ (Matthäus 2:3) Herodes fühlte sich wahrscheinlich in seiner eigenen Herrschaft bedroht. Andere in Jerusalem waren ebenfalls beunruhigt, was sich vielleicht auf diejenigen bezog, die aufgrund von Herodes‘ Position als Herrscher möglicherweise Vorteile erlangt hatten.

Herodes „versammelte alle Hohepriester und Schriftgelehrten des Volkes“ und verlangte von ihnen, ihm zu sagen, wo Christus geboren werden würde. Da die Hohepriester und Schriftgelehrten mit den Prophezeiungen über den Messias vertraut waren, antworteten sie sofort: „Bethlehem in Judäa“. Herodes rief die Weisen heimlich zu sich und fragte sie, „wann genau der Stern erschienen sei“. Dann schickte er sie nach Bethlehem und sagte: „Geht hin und sucht fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr es gefunden habt, so gebt mir wieder Bescheid, damit auch ich komme und es anbete.“ Das war eine Täuschung des Herodes, weil, wenn er genau wüsste, wo sich das Jesuskind befand, er es umbringen und so seine eigene Herrschaft sichern könnte. (Verse 4-8)

Die Weisen gingen von König Herodes weg, „und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er kam und oben über dem Ort stehen blieb, wo das Kind war. Als sie aber den Stern sahen, freuten sie sich mit sehr großer Freude. Und als sie in das Haus gekommen waren, sahen sie das Kind mit Maria, seiner Mutter, und sie fielen nieder und huldigten ihm; und sie taten ihre Schätze auf und brachten ihm Gaben dar: Gold und Weihrauch und Myrrhe. Und als sie im Traum eine göttliche Weisung empfangen hatten, nicht wieder zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem anderen Weg hin in ihr Land.

Josef und Maria waren zweifellos überrascht von den großzügigen Geschenken, die sie von diesen Fremden aus einem fernen Land erhielten. Jedes dieser Geschenke war kostbar und kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Ihr teurer Wert konnte von dieser armen Familie wahrscheinlich dazu verwendet werden, die Kosten für die bald darauffolgende Flucht nach Ägypten zu decken.

Jedes dieser Geschenke hatte auch eine symbolische Bedeutung. Gold, ein relativ seltenes Metall, das im Laufe der Geschichte kostbar betrachtet wurde, war ein passendes Geschenk für einen zukünftigen, von Gott gesandten König. Gold wird in der gesamten Heiligen Schrift als Symbol für die göttliche Natur und die Herrlichkeit Gottes und seiner Eigenschaften wie Weisheit, Gerechtigkeit, Liebe und Macht verwendet.

Weihrauch kommt von einem hebräischen Wort, das „weiß sein“ bedeutet. Weihrauch wird aus dem Saft eines bestimmten Baumes gewonnen, der in verschiedenen Regionen Arabiens wächst. Er schmeckt bitter, verströmt aber beim Verbrennen einen aromatischen Geruch. Weihrauch war eine der Zutaten für das Räucherwerk, das auf dem goldenen Altar im „Heiligen der Stiftshütte“ verstreut wurde. Er wurde auch auf die Schaubrote gelegt, die sich ebenfalls in demselben Raum befanden. (2. Mose 30:34-38; 3. Mose 24:7) Da Weihrauch in der Stiftshütte ausgiebig verwendet wurde, scheint diese Gabe auf den priesterlichen Dienst Jesu hinzuweisen.

Myrrhe ist ein aromatisches Harz, das aus dem Saft eines Baumes gewonnen wird, der in der arabischen Wüste und in Teilen Afrikas heimisch ist. Wie Weihrauch ist auch Myrrhe bitter im Geschmack. Im Altertum wurde Myrrhe für Schönheits- und Reinigungsbehandlungen verwendet. So musste eine Frau, bevor sie König Ahasveros sehen konnte, verschiedene Behandlungen absolvieren, unter anderem mit „Myrrhenöl“. (Esther 2:12) Myrrhe war auch eine der Zutaten für das „heilige Salböl“. (2. Mose 30:23-25) Wie schön beschrieb die Myrrhe im Voraus das bittere Leidensleben desjenigen, der „ein Mann der Schmerzen und mit Leid vertraut“ sein würde (Jesaja 53:3). Es war tatsächlich dieses Leiden, das in Jesus die geistige Schönheit und Reinheit seines Charakters entwickelte.

Ort des Besuches der Weisen

In Krippenspielen wird der Besuch der Weisen in Bethlehem in der Nacht der Geburt Jesu oder kurz danach dargestellt. Zahlreiche Hinweise in der Bibel deuten jedoch darauf hin, dass die Weisen wahrscheinlich nach Nazareth kamen und dass ihr Besuch einige Zeit nach der Geburt Jesu stattfand. Wenn die Weisen Jesus kurz nach seiner Geburt in Bethlehem besucht hätten, hätten Josef und Maria mindestens sechs Wochen warten müssen, bevor sie nach Ägypten geflohen wären. Der Grund dafür ist das bereits erwähnte Gebot des Gesetzes, dass Jesus am achten Tag beschnitten werden musste, gefolgt von weiteren dreiunddreißig Tagen, um die Reinigung Marias zu vollenden. Danach, so heißt es im Lukas Bericht, gingen sie nach Jerusalem, um gemäß dem Gesetz ein Opfer darzubringen. (3. Mose 12:6; Lukas 2:21-24) Gemäß der Erzählung von Matthäus heißt es jedoch, dass Josef nicht wartete, um nach Ägypten zu fliehen, sondern dass sie in der Nacht aufbrachen, unmittelbar, nachdem die Weisen gegangen waren. Wir lesen: „Als sie aber hingezogen waren, siehe, da erscheint ein Engel des Herrn dem Joseph im Traum und spricht: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter zu dir und flieh nach Ägypten und bleibe dort, bis ich es dir sage; denn Herodes wird das Kind suchen, um es umzubringen. Er stand auf, nahm das Kind und seine Mutter bei Nacht zu sich und zog hin nach Ägypten.“ (Matthäus 2:13,14)

Hätten die Weisen ihre Gaben aus Gold, Weihrauch und Myrrhe zur Zeit der Geburt Jesu in Bethlehem gegeben, hätten Josef und Maria die Mittel gehabt, ein Lamm für das Brandopfer zu kaufen und einundvierzig Tage später zu bringen. Da sie um die Bedeutung der Geburt Jesu wussten, hätten sie sicher nicht gezögert, die von den Weisen erhaltenen Geschenke zu verwenden, um ein Lamm zu beschaffen, die bevorzugte Art, das Gebot des Gesetzes zu erfüllen. Da die Weisen jedoch erst nach der Erfüllung dieser Verpflichtungen kamen, hatten Josef und Maria die Mittel nicht, um ein Lamm zu opfern.

Der Vers in Matthäus 2:8, der vorhin zitiert wurde, scheint diesen Gedanken zunächst zu widersprechen, denn laut diesem Vers erfährt man, dass Herodes die Weisen „nach Bethlehem“ schickte und ihnen auftrug, dort nach Jesus zu suchen. Jedoch steht in diesem Vers nichts, das darauf hinweist, dass Jesus noch dort war oder dass die Weisen überhaupt dorthin gingen. Tatsächlich heißt es im nächsten Vers, dass der Stern vor ihnen herging „bis er kam und oben über dem Ort stehen blieb, wo das Kind war“. (Vers 9) Wäre Jesus in Bethlehem gewesen, hätte es wahrscheinlich keine Notwendigkeit gegeben, sich vom Stern leiten zu lassen, denn Bethlehem lag an der Hauptverkehrsstraße, die von Jerusalem aus nach Süden führte, und war nur wenige Kilometer entfernt. Nazareth hingegen lag ungefähr einhundertvierzig Kilometer nördlich, und die Weisen hätten sicherlich die Führung des Sterns benötigt, um Jesus dort zu finden. Obwohl Herodes also dachte, Jesus sei noch in Bethlehem, und die Weisen anwies, dorthin zu gehen und Bericht zu erstatten, wurde die ganze Angelegenheit von Gott anders entschieden.

Einige weitere Punkte in Bezug auf den Ort und den Zeitpunkt des Besuchs der Weisen sollten berücksichtigt werden. In Matthäus 2:11 heißt es, dass sie „in das Haus“ kamen, als sie Jesus ihre Geschenke überreichten. In Lukas 2:7, dem Bericht über die Nacht, in der Jesus geboren wurde, heißt es, dass er „in eine Krippe gelegt wurde; denn in der Herberge war kein Platz für sie“, das heißt Josef und Maria befanden sich zur Zeit der Geburt Jesu nicht in einem Haus. Außerdem wurde den Hirten in der Nacht der Geburt Jesu gesagt, dass sie das „Kind“ [griechisch: brephos, ein Neugeborenes] in Windeln gewickelt vorfinden würden. (Lukas 2:12) Dahingegen kamen die Weisen, um „das junge Kind“ [griechisch: paidion, ein Kind oder Kleines] zu sehen. Dieses griechische Wort wird im Zusammenhang mit dem Besuch der Weisen bei Matthäus sechsmal verwendet. (Kapitel 2, Verse 8,9,11,13 und 14) Als Herodes schließlich merkte, dass er „von den Weisen verspottet“ wurde, gab er den Befehl, „und ließ alle Knaben töten, die in Bethlehem und in seinem ganzen Gebiet waren, von zwei Jahren und darunter“. (Matthäus 2:16) Hier ist zu beachten, dass der Befehl lautete, alle Kinder bis zum Alter von zwei Jahren, also nicht nur Neugeborene, zu töten.

Solche detaillierten und winzigen Unterschiede, wie sie in den vorangegangenen Abschnitten angeführt sind, mögen für unser Verständnis von Gottes Vorkehrungen bezüglich der Gabe seines geliebten Sohnes unnötig erscheinen. Sie dienen jedoch als Zeugnis für die ständige Aufsicht und Fürsorge unseres Himmlischen Vaters über diejenigen, mit denen er handelt und die er bei der Ausführung seiner ewigen Absichten zum ewigen Nutzen des Menschen einsetzt. Lass uns niemals seine unbestechliche Weisheit und Voraussicht aus den Augen verlieren.

Die meisten „nahmen ihn nicht auf“

Bei Jesu erstem Advent erkannten ihn nur sehr wenige als den Sohn Gottes. „Er kam zu den Seinen, und die Seinen nahmen ihn nicht auf. So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben.“ (Johannes 1:11,12) Das Wort „glauben“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet nicht nur eine mentale oder intellektuelle Überzeugung, sondern hat eine viel tiefere Bedeutung – Vertrauen haben, sich anvertrauen, sich verpflichten.

Diejenigen, die darauf vertrauen und sich verpflichten, ganz in die Fußstapfen des Sohnes Gottes zu treten, haben die Gewissheit, dass, obwohl er „das Leiden des Todes“ erduldete, nun „mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt“ ist, da er „den Tod für jeden [Menschen] schmeckte“. (Hebräer 2:9) Im kommenden Reich der Gerechtigkeit wird die ganze Menschheit diesen König sehen, und erkennen, dass er weise, gerecht, mächtig, liebevoll und barmherzig ist – „ein Retter, der Christus, der Herr“.