Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Nachfolger Jesu sind Kreuzträger

Lesedauer: 21 Minuten

„Wenn jemand mir nachkommen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf und folge mir nach.” – Matthäus 16:24

Die Einladung unseres Herrn, alles aufzugeben und ihm nachzufolgen, spricht eine ganz andere Sprache als die üblichen, heute in seinem Namen ausgesprochenen Einladungen; der Grundgedanke, das innere Anliegen, ist ganz anders. Heute würde man eine Einladung „zu Jesus zu kommen” in etwa so ausdrücken: „Wir laden euch ein, wir dringen in euch, der ewigen Qual und dem Leiden zu entkommen und Jesus als euren Erretter anzunehmen. Die Alternativen sind ewiges Glück oder ewige Qual – ihr habt eigentlich keine Wahl, sondern müßt ihn annehmen.” Wie anders ist doch das Angebot des Herrn in diesem Text! Er sagt nichts darüber, daß es etwa keine Wahl gebe, und auch nichts über ein ewigdauerndes Elend für die Leute, die sich nicht für eine Jüngerstellung entscheiden. Seine Worte enthalten den Gedanken, daß es um die Wahl jedes einzelnen Menschen geht: Zwang in irgendeiner Form ist der Textstelle nicht zu entnehmen.

Unser Leittext enthält kein Aufdrängen, kein Darauf-Bestehen, daß es keine Alternative gibt. Er stellt, ganz im Gegenteil, dem Verstand Hindernisse dar, die überwunden werden müssen von jemand, der Nachfolger des Herrn werden möchte, das Kreuz nämlich, mit dem ein Mensch rechnen muß. So werden Interessierte aufgefordert, sich ihr Vorhaben genau anzuschauen, bevor sie sich darauf einlassen. Die Aufforderung ist weder Geschimpfe noch Heuchelei, sondern völlig logisch und vernünftig, und ihr Wortlaut kann nicht mißverstanden werden. Insofern deckt sie sich mit allen anderen Äußerungen unseres Herrn zu diesem Thema, so z. B. im Gleichnis von einem Mann, der ein Haus bauen wollte und die Fundamente errichtete, danach aber das Gebäude nicht fertigstellen konnte. Mit diesem Gleichnis verbindet der Herr die Information, daß seine Nachfolger die Kosten ihrer Jüngerschaft überschlagen sollten, und das genauso nüchtern, methodisch, abgeklärt, wie wenn sie die Kosten für einen Hausbau berechnen würden. Und sie sollten sich Gewißheit verschaffen, um die erforderlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen und durchzuhalten. Daher seine Worte: „… und wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachkommt, kann nicht mein Jünger sein.” Und er erklärt auch, daß darin eingeschlossen ist, den Herrn mehr zu lieben als Vater und Mutter und Frau und Kinder und Brüder und Schwestern, ja mehr als das eigene Leben. – Lukas 14:26 – 30

Außerdem sollen wir die Personengruppe identifizieren, an die der Herr diese besonderen Anforderungen für die Nachfolge richtet. Er wandte sich nicht an unwissende Sünder, nicht an Fernstehende, an Fremde, an über Gottes Bündnisse und Segnungen Uninformierte, sondern an die, die schon in den Genuß dieser geistlichen Dinge gekommen waren: an die Israeliten. Aus unserem Leittext geht hervor, daß diese Einladung an Leute erging, die in gewissem Sinn bereits „Nachfolger” des Herrn waren, die an ihn glaubten, und die da bereits gewissermaßen mit ihm zusammenarbeiteten. Und daher verstehen wir diese Worte weiterhin so, daß sie nicht eigentlich für Sünder gedacht sind, sondern für Zuhörer, die etwas von Gottes Gnade in Christo zur Vergebung ihrer Sünden angenommen haben. Der Herr sucht eine ganz besondere Klasse von Nachfolgern, die nicht nur von der Welt im allgemeinen abgetrennt ist, sondern die sich auch von der gewöhnlichen Nachfolgerklasse oder den üblichen Jüngern unterscheidet. Ohne ein Vorurteil zu hegen der Welt gegenüber, die zu gegebener Zeit gesegnet werden wird, auch ohne Vorurteil dem „normalen” Nachfolger oder Gläubigen gegenüber, der ein gewisses Maß an Segen und Gnade bekommt, mehr als die Welt hat, macht doch der Leittext auf die Grundvoraussetzungen jener herausgehobenen Stufe der Jüngerschaft derer aufmerksam, denen die Belohnung beim Herrn zu sein, in Aussicht gestellt ist. Ihnen steht bevor ihn zu sehen, wie er ist und seine Herrlichkeit zu teilen als Miterben mit ihm in seinem Reich, das der Vater ihm verheißen hat, und durch die alle normalen Nachfolger und die ganze Welt schließlich gesegnet werden.

Unser Herr wollte offensichtlich eine scharfe Trennungslinie ziehen zwischen allen anderen Klassen und den Nachfolgern, die in seinen Fußstapfen laufen wollten und ihr Kreuz gleich ihm tragen wollten. Von diesen sagt er: „Niemand, der seine Hand an den Pflug gelegt hat und zurückblickt, ist geschickt zum Reiche Gottes.” – Lukas 9:62 Diese einzigartige Klasse muß durch und durch mit dem Eifer für Gott und seine Gerechtigkeit erfüllt sein, sie muß eine vernünftige Erkenntnis der guten Dinge gewonnen haben, die Gott für sie in Bereitschaft hält; sie muß die Vorrechte des Reiches Gottes wertschätzen, sonst wird sie nicht eifrig genug sein und nicht ausreichend Durchhaltevermögen haben, um „den guten Kampf des Glaubens zu kämpfen” und mit des Herrn Gnade und Unterstützung den Geist dieser Welt zu überwinden. Diese Tugenden sind unerläßlich, zusammen mit der Gunst seiner Barmherzigkeit und seiner Kraft, die ihnen der Herr zugesagt hat, damit sie imstande sind, ihr Kreuz auf sich zu nehmen und dem Herrn auf dem schmalen Opferweg nachzufolgen. Nicht aus bloßer Freundlichkeit hat der Herr die Bedingungen für dieses Opfer klar und nüchtern dargestellt; er wollte Menschen durchaus nicht verlocken, diesen Weg einzuschlagen, wenn er nicht mit dem ganzen Eifer ihres Herzens im Einklang steht. Wie er es tat, hat er die Dinge außerordentlich zweckmäßig dargestellt, und wir als seine Mundstücke sollten sie jedem Menschen gegenüber und allen, die beabsichtigen Nachfolger zu werden, in der gleichen geradlinigen Weise erklären.

Es könnte jemandem der Gedanke kommen, daß dann, wenn Menschen gedrängt werden, den Herrn anzuerkennen und seine Nachfolger zu werden, und dem Hinweis, sonst erwarte sie die ewige Qual, sie dies als Täuschung ansehen, die sich für den Getäuschten als Gewinn herausstellt, die also Gutes und nicht Schaden bedeutet. Wir bestreiten das. Wiederum ist zu berücksichtigen, daß das Verbreiten von Irrlehren Schaden in vielerlei Hinsicht angerichtet hat.

Erstens: Die falsche Darstellung der Methoden und Vorkehrungen Gottes hat viele dazu gebracht, nicht nur an der Liebe, sondern auch an der Gerechtigkeit Gottes zu zweifeln.

Zweitens: Es wurde die Behauptung aufgestellt, daß nur Menschen, die eng den Fußstapfen des Herrn folgen, ihr Kreuz aufnehmen und ihm selbstaufopfernd nachfolgen, gerettet werden, wohingegen die ganze übrige Menschheit zur ewigen Qual verdammt ist. Wenige indessen haben das geglaubt, wenige handeln danach, und wenige bemühen sich, Nachfolger des Herrn zu sein, als ob sie dies glaubten. Und besonders wenige aus den vielen, die nicht versuchen, ihr Kreuz aufzunehmen und dem Herrn zu folgen, geben sich den Anschein, als hätten sie Angst vor der ewigen Qual, denn ihnen sind diese Worte gleichgültig.

Drittens: Als Folge davon gibt es eine nominelle Kirche bekennender Christen, in der nur ganz wenige Nachfolger in dem Sinn sind, wie es der Herr in unserem Leittext ausdrückt.

Viertens: Als Ergebnis dieser Entwicklung haben die nominelle Christenheit und das nominelle Jüngertum die wahren Bedingungen der Nachfolge, die unser Herr als unerläßlich für die Miterbschaft in seinem Reich gekennzeichnet hat, verdrängt. Unserer Beobachtung nach bewegen sich das ganze Predigen und andere religiöse Aktivitäten und Dienste in eine völlig andere Richtung, nämlich in die, bloß gerechtfertigte Gläubige hervorzubringen, und nicht jene im Leittext bezeichneten geheiligten Nachfolger.

Fünftens: Daraus wiederum ist zu erkennen, daß die jetzigen Verhältnisse und Kirchenlehren usw. ganz besonders ungeeignet sind, um die Personengruppe herauszubilden, die in diesem Evangeliumszeitalter ausgewählt und vollkommen gemacht werden soll als Miterben mit ihrem Herrn in seinem Reich.

Da sich durch des Herrn Vorsehung die Nebel der dunklen Zeitalter zu lichten beginnen und das Licht des Millenniums heraufdämmert, sind wir bevorrechtigt, die Widersprüchlichkeiten und Unwahrheiten der menschlichen Traditionen zu sehen, die die inspirierten Schriftzeugnisse verdunkelt haben. Daher sind wir aufgefordert, die „alten Pfade” aufzuspüren und aufzumerken, nicht auf das verworrene Durcheinander der Irrlehren, sondern auf die klaren Worte des großen Hirten und der von ihm geleiteten Repräsentanten, der Apostel. Wenn wir ihnen und so der Stimme Gottes durch sie zuhören, dann wird Gottes Plan klar und hell für uns und jeder einzelne Zug dieses Planes vernünftig, harmonisch und schön.
Dieser Standpunkt macht es möglich, daß wir unseren Leittext mit Freude betrachten, und wir sehen die großen Vorhaben unseres allmächtigen Vaters und freuen uns, daß wir für würdig gehalten werden, durch das Verdienst unseres Erlösers in seinen Fußstapfen zu gehen, unser Kreuz aufzunehmen und ihm in guten und in schlechten Zeiten zu folgen. Auf unserem Weg dürfen wir seiner unterstützenden Gnade sicher sein und werden schließlich zu Sieg und Miterbschaft in seinem Reich durchdringen, wenn wir standhaft bleiben bis zum Ende.

„Wenn jemand mir nachkommen will” bedeutet, daß jemand bestrebt ist, ein Nachfolger von mir zu sein, in meinen Fußspuren, dem Willen des Vaters gehorchend, zu wandeln und teilzuhaben an der Belohnung des Vaters. Dieser Mensch muß wissen, daß dies nur um den Preis des Kreuztragens zu bekommen ist. Kreuztragen bedeutet Aushalten von Prüfungen, Schwierigkeiten, Enttäuschungen, es bedeutet das „Kreuzigen” des menschlichen Willens und menschlicher Neigungen durch Rahmenbedingungen und Verhältnisse, die der Vater zuläßt. Unser Herr hatte sich gänzlich unter Gottes Willen begeben, und es war seine Freude, Gottes Willen zu tun, und das muß auch unsere Einstellung zu Beginn sein. Wenn nun diese Ergebung vorhanden ist, kommen Prüfungen und Erprobungen. Wenn wir im Himmel wären, wo alles nach dem göttlichen Willen geschieht, würden wir kein Kreuz zu tragen haben von dem Zeitpunkt unserer völligen Weihung an, denn unser Wille, der mit dem Willen des Vaters und jeglicher Gerechtigkeit übereinstimmt, würde mit allem im Einklang sein, und alles würde übereinstimmen mit unserem nun geheiligten Verstand. Unser Kreuz kommt daher, daß wir in dieser „jetzigen bösen Welt” leben, und daß der Geist dieser Welt dem Herrn und seinem Geist der Gerechtigkeit und Billigkeit entgegensteht, und auch daher, daß der Widersacher Satan beständig sucht uns zu umgarnen und zu Fall zu bringen, sowie auch daher, daß unser neuer Wille in unserem irdischen Körper gefangen ist und von dessen Wünschen behindert und abgelehnt wird, welche mehr oder weniger mit den Dingen dieses Zeitlaufs und seinen Lebensumständen, Zielen und Empfindungen übereinstimmen. Unser Kreuz hat auch seine Ursache darin, daß der neue Wille kämpft, unseren Körper so zu gebrauchen und dienstbar zu machen, daß unter den jetzigen schlechten Verhältnissen andauernd Verdruß und Leid daraus hervorgehen. Diese Dinge müssen als die Kosten der Nachfolgerschaft in Betracht gezogen werden, Kosten für einen Anteil am Reich Gottes und seiner Herrlichkeit, Ehre und Unsterblichkeit, die den „Berufenen, Auserwählten und Treuen” verheißen sind.

Aus Gnade ein Schleier für unsere Augen

Am Beginn unseres Weges können wir glücklicherweise die volle Bedeutung der Worte „Opfer”, „Kreuztragen” usw. nicht einschätzen oder klar sehen. Wenn wir da in unsere Zukunft schauen könnten und am Start die verschiedenen Prüfungen, Versuchungen und Schwierigkeiten sehen könnten, denen wir auf dem „schmalen Weg” begegnen werden, hätten ohne Zweifel wenige von uns den Mut, die Weihung einzugehen und mit dem Lauf zu beginnen. Hier ist es wichtig und überaus hilfreich, daß wir an der Schwelle den Lohn und die Segnungen wahrnehmen können, die uns zu jeder Schwierigkeit durch Gottes Vorsehung zuteil werden, und die jedes Erdulden und jede Selbstverleugnung mehr als ausgleichen. Auch können wir im voraus nicht einschätzen, wie der Herr beabsichtigt, unseren Eifer und unseren Glauben auf die Probe zu stellen, indem er wiederholt ein Kreuz dieses Lebens über uns kommen läßt und uns seine Härte fühlen läßt; seine helfende Hand bleibt uns dabei verborgen, mit der er, sobald wir das Kreuz anpacken und uns anstrengen, dessen Gewicht leichter macht, so daß wir nie mehr zu tragen haben als wozu unsere Kraft ausreicht. Er ist so sehr bedacht auf alle, die so seine Fußstapfen-Nachfolger und Kreuzträger und später seine Miterben in seinem Reich werden, daß er nicht zulassen wird, daß sie über ihr Vermögen versucht werden, sondern mit der Versuchung „auch den Ausgang schaffen wird”. – 1. Korinther 10:13

Opfer vor Kreuztragen

Als ersten Schritt in der Nachfolge des Herrn kennzeichnet die Schrift eindeutig das Opfer; doch dies meint nicht das Kreuztragen. Wenn wir unseren Willen opfern, wenn wir uns völlig dem Herrn unterwerfen, ist das das Gesamte allen Opfers, und zwar in dem Sinn, daß das Aufgeben unseres Willens bedeutet, alles dem Herrn auszuliefern, so daß in allen unseren Belangen Sein Wille geschieht. Der Wille ist die Persönlichkeit, das Ego; er bestimmt und lenkt unsere Zeit, unsere Wirksamkeit, unsere Fertigkeiten, unsere Talente; so bedeutet das Ausliefern das Willens an Gott die Aufgabe all dieser Dinge an Gott. Alle späteren Opfer im Dienst des Herrn sind in diesem Opfer des Willens eingeschlossen und darin vertreten. Wenn der Wille sich ändert, sich zurückzieht, Gott nicht mehr gehorsam ist, Seinen Vorkehrungen nicht mehr ergeben ist, dann verändern sich die ganzen Voraussetzungen, und die Beziehung zu Gott als eines Gliedes des Leibes Christi hört auf. Aber wenn der Wille Gott treu bleibt und bestrebt ist, Ihm und Seiner Sache zu dienen, auch wenn Dienst und Kreuztragen nicht untadelig ausgeführt werden, wird der Herr diese Gläubigen hindurchtragen, und durch Züchtigungen und Korrekturen in Gerechtigkeit werden sie letztlich „gerettet werden, so wie durchs Feuer”, nämlich durch Leid. Das ist der Kern des Gedankens über die endgültige Beharrlichkeit der Heiligen. – vergleiche Epheser 6:18 Solange sie ihre Weihung aufrechterhalten und damit ihr Wille dem Herrn gegenüber geheiligt ist, sind sie weiterhin die Seinen, selbst wenn sie aus Mangel an Eifer den bestimmten Preis, der den besonders Bemühten, den „Überwindern”, zusteht, nicht gewinnen.

Wenn der Wille sich stets zum Herrn bekennt, und der Glaubende dem Kreuz nicht ausweicht, es aufnimmt und trägt in Glauben und Vertrauen, dann wird die Gnade des Herrn genügen, und er wird ihn noch dazu trösten und ihn auf dem schmalen Pfad unterstützen, so daß die Prüfungen und Schwierigkeiten als das „schnell vorübergehende Leichte unserer Drangsal” empfunden werden. – 2. Korinther 4:17 Vielleicht werden solche Leute Sieger, Miterben mit dem Herr in seinem Reich, weil sie durch seine gnädige Hilfestellung treu in seinen Fußstapfen gelaufen sind, und das bis zum Tode, und vielleicht leichter, beglückter und erfüllter, mit mehr Frieden und Freude als andere, die, weniger bemüht, dem Kreuz ihres Gelöbnisses versucht haben auszuweichen.

Die Aussage, daß die Weihung des Willens, das Niederlegen oder Opfern des eigenen Willens, um den Willen des Herr an dessen Stelle treten zu lassen, nicht eines der Kreuze ist, die wir tragen sollen, bedarf einer Erklärung. Damit überhaupt das Opfer unseres Willens für den Herrn annehmbar ist, darf es für uns kein Kreuz darstellen. Das Verlangen, unseren eigenen Willen aufzugeben und Gottes Willen anzunehmen, muß uns Wunsch und Freude sein. Wir müssen unseren Willen gerne opfern, sonst ist dem Herrn das Opfer nicht annehmbar, und wir haben weder Anteil noch Gemeinschaft mit ihm. Wenn sich der Wille nicht freudig unter den Willen des Herrn beugt, wird alles darauffolgende Opfern oder Kreuztragen für nichts zu unseren Gunsten zählen. Die Aussage des Herrn über die Aufgabe des Unterwerfens seines Willens unter den Willen des Vaters verdeutlicht die Dinge ganz klar. Und, wohlgemerkt, in dieser Aussage ist der Gedanke des Kreuztragens nicht enthalten.

Die Einstellung unseres Herr drückt sich in den Worten aus: „Dein Wohlgefallen zu tun, mein Gott, ist meine Lust; und dein Gesetz ist im Innern meines Herzens.” – Psalm 40:8 So muß jeder, der ein Nachfolger sein will, nicht nur die Kosten des Kreuztragens überschlagen wegen der Gegnerschaft der Welt, des Fleisches und des Teufels, sondern er braucht auch im Verein mit der Opferbereitschaft des Willens einen Geist, der dem des Herrn ähnlich ist. Noch dazu muß es ihm eine Freude sein, Gottes Willen in sich wirken zu lassen, eine Freude, den eigenen Willen aufzugeben oder zu opfern. Wir sollten das klar erkennen, und wenn wir etwa hinsichtlich des Opferns unseres Willens einen Mangel bemerken, werden wir darauf in erster Linie aufpassen. Wer seinen Willen gänzlich dem Willen des Herrn unterworfen hat, ist schon am Start siegreich, und der Rest des schmalen Pfades wird für ihn vergleichsweise leicht sein. Wer seinen Willen nur widerwillig und stückweise weggegeben hat, anstatt ihn entschlossen abzutöten, wird immer wieder zusätzliche Probleme auf seiner Reise vorfinden und kann den Sieg nie gewinnen, bis er sein unvollkommenes Opfer abgeschlossen hat.

Worin besteht Kreuztragen?

Das Kreuztragen unseres Meisters bestand nicht im Kämpfen gegen die Schwachheiten das Fleisches, denn er hatte keine; und diese Schwachheiten sind auch unser Kreuz nicht. Unsere ganzen Schwachheiten des Fleisches sind ja zu 100 % zugedeckt durch das Verdienst aus dem Opfer unseres Herrn; wir stehen vor Gott als Neue Schöpfungen und nicht als unvollkommene fleischliche Wesen, weil die Unvollkommenheiten des Fleisches, denen wir gegen unseren Willen unterliegen, und die wir nicht wollen, durch unseren Herrn voll und ganz vergeben sind. Das Kreuztragen des Herrn bestand darin, den Willen des Vaters unter ungünstigen Bedingungen zu tun. Dieser Lauf brachte ihm Neid, Haß, Bosheit, Kampf, Verfolgung und dergleichen ein, und zwar von denen, die sich für Gottes Volk hielten, denen aber der Herr, der in ihren Herzen las, vorhielt, sie seien aus ihrem Vater dem Teufel. Wir können nicht in den Herzen von Leuten um uns lesen, die sich als Gottes Volk bekennen. Doch wir können gewiß sein, daß es eine Menge Leute gibt, die den Namen Gottes und Christi bekennen und nichts von seinem Geist haben und nicht seine Kinder sind, sondern Kinder des Widersachers, aus einem bösen Geist gezeugt.

Da wir auf dem gleichen „schmalen Pfad” laufen wie unser Herr, erwarten wir vernünftigerweise, daß unsere Kreuze dem seinen ähnlich sind, daß sie Gegnerschaft hervorrufen, wenn wir den Willen unseres Vaters im Himmel tun, und Gegnerschaft, wenn wir Seiner Sache dienen und unser Licht leuchten lassen, so wie es unser Herr und Meister wollte. Den Willen des Vaters zu tun ist für uns Freude, nicht Kreuz. Wir legen unseren Willen gern nieder, und das gerechte Gesetz des Herrn ist so fest in unserem Herzen, daß wir freudig dem Recht und der Wahrheit dienen. Unser Kreuztragen fängt dann an, wenn wir merken, daß die Wahrheit mit all ihrer Schönheit anderen verhaßt ist und die Wahrheit ihren Zorn, ihre Bosheit und ihren Haß über uns bringt, wie sie die gleiche Gegnerschaft über unseren Meister brachte. Unsere Treue im Kreuztragen besteht dann darin bereit zu sein, für die Wahrheit und jeden Grundsatz der Gerechtigkeit aufzustehen: mit Sanftmut, ohne Auftrumpfen, aber mit Festigkeit, die Wahrheit in Liebe auszusprechen, was auch immer es kostet, zerbrochene Freundschaften oder aufflammende Feindschaften oder böse verleumderische Reden gegen uns, wegen der Wahrheit.

Unser Meister hat uns vor genau solchen Erfahrungen gewarnt, als er vom Kreuz seiner Nachfolge sprach. Und deutlicher erklärte er die Sache, als er sagte: „Wundert auch nicht, Brüder, wenn die Welt euch haßt.” – 1. Johannes 3:13 „Wenn die Welt euch haßt, so wisset, daß sie mich vor euch gehaßt hat.” – Johannes 15:18 „Wenn ihr von der Welt wäret, würde die Welt das Ihrige lieben; weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern ich euch aus der Welt auserwählt habe, darum haßt euch die Welt.” – Johannes 15:19 „Wenn sie den Meister Beelzebub, Obersten der Teufel, genannt haben, ist es nicht ungewöhnlich, auch seine Nachfolger mit Teufelsnamen zu belegen. Er hat uns gewarnt, daß sie „Jedes böse Wort lügnerisch wieder euch reden um meinetwillen.” – Matthäus 5:11 Und er ließ sogar durchblicken, daß sich einige, die man nicht als Kinder des Teufels bezeichnen kann, unter die Verfolger der Kreuzträger mischen werden, und daß diese Leute tatsächlich denken werden, Gott einen Dienst zu tun. Erweisen sie nicht Gott und auch uns einen Dienst in dem Sinn, daß Satan jetzt Gottes Absichten dient, indem er die Kirche verfolgt, indem er ihren Pfad zu einem schmalen Pfad macht und ihn mit Schwierigkeiten füllt, damit die treuen Kreuzträger des Herrn geprüft und erprobt werden, und damit er ein eigentümliches Volk für sich auswählt und reinigt, ein Volk, das eifrig ist zu guten Werken und begierig nach der Wahrheit?

Kreuzträger müssen auch mit dem Fleisch kämpfen

Im bisherigen Text ist ausgeführt worden, daß Kreuztragen etwas ganz Anderes ist als der Kampf mit den Schwachheiten des Fleisches. Dennoch, wer den Geist Christi hat, wer ein Kreuzträger sein und dastehen möchte als Gesandter Gottes und als Repräsentant des Herrn und der Wahrheit inmitten von verdorbenen und bösen Mitmenschen, wird bald feststellen, daß er nicht als Gesandter taugt und nicht von sich behaupten kann, daß sein Wille in den Willen des Herrn geopfert ist, wenn er nicht gegen die Schwachheiten und Unvollkommenheiten in seinem Innern kämpft und auch überall für die klaren Grundsätze der Gerechtigkeit eintritt. Der Apostel drückte auch diesen Gedanken aus, und zwar mit den Worten: „Wer da sagt, daß er in ihm bleibe, ist schuldig, selbst auch so zu wandeln, wie er gewandelt hat.”- 1. Johannes 2:6 Er soll seinen Weg so gehen, wie unser Herr ihn ging in seiner ganzen Einstellung und Haltung allem Guten gegenüber, und soll dementsprechend alles Böse meiden. Er soll so genau als möglich in Jesu Fußstapfen laufen.

Dies bedeutet wiederum nicht, daß er, unvollkommen wie er ist, heranreichen könnte an die Vollkommenheit des Herrn, der selbst in seinem Fleisch vollkommen war. Es bedeutet genau das, was es aussagt, nämlich, daß wir laufen, wie er gelaufen ist: auf die gleiche Art, in die gleiche Richtung, in der gleichen Absicht und nach den gleichen Zielvorstellungen, die er aufgestellt und anerkannt hat. Paulus gibt uns einen Hinweis dazu, der, recht verstanden, hilfreich ist. Er sagt: „… auf daß das Recht des Gesetzes erfüllt würde in uns, die nicht nach dem Fleische, sondern nach dem Geiste wandeln.” – Römer 8:4 Nach dem Fleisch zu wandeln ist, nach der Sünde zu wandeln, wissentlich, willentlich und vorsätzlich Dinge zu tun, die wir als dem göttlichen Willen entgegengesetzt erkannt haben, auch wenn es sich nicht um extremes Verbrechertum handelt. Gleichermaßen bedeutet nach dem Geist zu wandeln nicht, dem Maßstab des Geistes zu entsprechen, was unmöglich für uns wäre, die wir in Sünde geboren sind, von Verderbtheit geprägt sind und so mit dem Makel der Sünde des Fleisches behaftet sind. Als „Neue Schöpfungen” leben wir in der irdischen Stiftshütte, die unvollkommen ist, und so lange uns diese Grenzen gesetzt sind, können wir nicht völlig das tun, was wir eigentlich wollen. Als diese Schöpfungen möchten wir vollkommen handeln. Wir möchten, daß jeder Gedanke, jedes Wort und jede Tat aus dem Blick unseres Himmlischen Vaters vollkommen ist, so vollkommen wie bei unserem teuren Erlöser, aber wir wissen aus der Schrift und aus unserer Erfahrung, daß dies unmöglich ist. Daher freuen wir uns, daß uns der Herr wissen läßt, auch durch das zuvor genannte Zeugnis des Apostels, daß er von uns erwartet, daß wir nach dem Geiste wandeln, und daß er nicht voraussetzt, daß wir gänzlich seinem Maßstab entsprechen, was uns nicht möglich wäre.

Weil wir nicht vollkommen laufen können und den vollkommenen göttlichen Anforderungen nicht nachkommen können, hat Gott aus Gnade für uns Vorkehrung getroffen. Wer nun auf diesem Gnadenweg seinen Lauf als Mitglied des Leibes Christi beginnt, um in Jesu Fußstapfen zu wandeln, und zwar von da an nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist und so genau als möglich nach dessen Anforderungen, bekommt seine Unzulänglichkeiten durch das verdienstvolle Opfer seines Erlösers ausgeglichen. Diese göttliche Vorkehrung ist einzigartig und passend für die verschiedenen Gegebenheiten und Lebensumstände jedes einzelnen Menschen, der berufen ist, auf dem schmalen Weg zu wandeln. Wenn jemand, der aus einer guten Familie kommt und in einem erfreulichen Umfeld aufwächst, der aus diesem Grund einen ausgeglicheneren und leistungsfähigeren irdischen Körper hat, in dem sich der neue Geist freier entfalten kann, dem Vorbild des Herrn näher kommt als ein nicht so begünstigter Bruder, dessen Wille aber dem Herrn gegenüber ebenso loyal ist, dann sieht es die göttliche Vorkehrung vor, daß jedem von beiden die ausreichende Gnade zuteil wird, so daß beide vollkommen gerechnet werden können, so als würden sie den Anforderungen des Geistes genügen.

Dies kann uns klar vor Augen geführt werden, wenn wir eine Skala von null bis hundert hernehmen, anhand der wir uns vorstellen, Stehvermögen unserer vergänglichen Existenz messen zu können; dabei steht der Wert hundert für den völlig untadeligen Charakter, wie ihn Gott verlangt. Stellen wir uns fünf Geschwister vor, deren Wesen von der Skala abgebildet wird, und denen körperliche Unvollkommenheiten in unterschiedlichem Ausmaß anhaften, wobei alle völlig dem Herrn ergeben sind und alle, so gut sie können, „nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist … wandeln”, und dies so nah als möglich am vollen Wert hundert. Einer hat zehn Charakterpunkte, ein anderer zwanzig, ein anderer dreißig, ein anderer vierzig, ein anderer fünfzig. Vom Standpunkt des Herrn aus werden sie alle als dem vollen Maß genügend gerechnet, weil sie alle Gott vertrauen, auf seinen Wegen gehen und sich bemühen Seinen Willen zu tun; alle sind annehmbar vor dem Herrn, der Schwächste wie auch der Stärkste von ihnen. Diese wunderbare göttliche Vorkehrung für die Bedürfnisse des Menschen ist ein Zeugnis sowohl von Gottes Weisheit als auch von seiner Gnade und Liebe. Wer sonst hätte solch einen gerechten Plan ersinnen können, durch den jeder Mensch, der zum Vater kommt durch seinen Erlöser und in völliger Dahingabe des Herzens, des Willens, seines Lebens, annehmbar wäre, wobei ausschließlich das Niveau der Vollkommenheit annehmbar ist?

Aus diesem Grund sagt uns die Schrift, daß wir als gerecht gerechnet werden, „gerechtfertigt aus Glauben”. Hören wir hier auf die Worte des Apostels: „Wo … die Sünde überströmend geworden, ist die Gnade noch überschwenglicher geworden.” – Römer 5:20 Hier formuliert er einen allgemeinen Grundsatz der göttlichen Anordnung. Die Menschen, die in der Jetztzeit die Einladung hören und danach verlangen, Gottes Ruf und seine Gnade anzunehmen, werden damit alle auf die gleiche Stufe gestellt: Wer einen mäßigen Charakter hat mit vielen Schwachheiten und Unvollkommenheiten, bekommt dementsprechend viel von der Gnade und dem Verdienst des Herrn; wer von Haus aus einen gefestigten Charakter hat und weniger Gnade nötig hat, bekommt die Gnade ebenso nach seinem Bedarf. Klar festzuhalten bleibt, „es ist kein Gerechter, auch nicht einer”. Es gibt niemand, der den göttlichen Maßstab erfüllt. Alle müssen das Verdienst des Herrn in Anspruch nehmen, und daher trifft der Herr diese Vorkehrung für alle, die sich ihm nahen wollen und Seine Gunst, Seinen Ruf zur Miterbschaft mit Seinem Sohn annehmen wollen. Sie können an diesen Dingen erst dann Anteil haben, wenn sie ihre Unvollkommenheiten eingestanden haben und das zugerechnete Verdienst unseres Erlösers angenommen haben, „in welchem wir die Erlösung haben durch sein Blut”. – Epheser 1:7

Alle Mitglieder des Volkes des Herrn – nicht jeder, der in einer nominellen Kirche ist, auch nicht Jünger dem Namen nach, sondern die wahren, in diesem Leittext angesprochenen Nachfolger – laufen nicht auf der gleichen Art Pfad, aber alle finden ihn schmal und schwierig. Gleicherweise haben alle auf diesem Pfad den gleichen Geist, die gleiche Gesinnung, das gleiche Bestreben, nämlich den Willen des Vaters zu tun und Seiner Sache zu dienen. Das ist der Geist Christi, durch den sie als seine Nachfolger erkennbar sind; wie Er selbst halten sie an den Grundsätzen von Gerechtigkeit und Wahrheit fest. Sie sind bereit, Gegnerschaft und Verfolgung für die Sache der Wahrheit und der Gerechtigkeit auszuhalten und so Kreuzträger mit ihm zu sein.

Apostel Paulus drückt diesen Gedanken aus, wenn er bezüglich Titus an die Korinther schreibt und fragt. „Haben wir nicht in demselben Geiste gewandelt? Nicht in denselben Fußstapfen?” – 2. Korinther 12:18 Ganz bestimmt sind Paulus und Titus im selben Geist und in den Spuren des Meisters gewandelt und haben das Kreuz ihres Lebens auf sich genommen und sind ihm nachgefolgt. Und das wird auf jeden Einzelnen zutreffen. Wohl hat jeder von uns seine individuellen Besonderheiten, und unsere Temperamente unterscheiden sich, wie auch unsere Verhältnisse, Lebensumstände, Möglichkeiten usw., und doch sind bei allen, die Nachfolger des Lammes sind, die gleichen Schritte zu beobachten. „Wenn aber jemand Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein.” – Römer 8:9 Wenn ein Mensch nicht in den Fußstapfen Jesu läuft, gehört er nicht zu seinen Nachfolgern, wie es unser Leittext klar definiert, und infolgedessen zählt er nicht zu den Miterben des Reiches. Erinnern wir uns aber an die Zusicherung des Herrn, daß seine Gnade ausreichend ist für uns, und daß seine Kraft in unserer Schwachheit vollkommen gemacht wird, und daß dies der Sieg ist, der die Welt überwindet: unser Glaube.