Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Die Liebe der Geschwister ist eine entscheidende Prüfung

Lesedauer: 7 Minuten

„Siehe, wie gut und wie lieblich ist es, wenn Brüder einträchtig beieinander wohnen.” – Psalm 133:1

Psalm 133 ist nachweislich prophetisch und scheint die Geschwister in „der Kirche, die sein Leib Christi ist”, anzusprechen. Dieser Gedanke ist im zweiten Vers enthalten, welcher sagt: „Wie das köstliche Öl auf dem Haupt, das herabfließt auf den Bart, auf den Bart Aarons, das herabfließt auf den Halssaum seiner Kleider”, welches ein Bild des Heiligen Geistes ist, der über den Leib Christi, die Kirche, herabrinnt.

Der Psalm scheint besonders auf unseren Tag anwendbar, obwohl es immer ein angenehmer Anblick gewesen ist, Geschwister einträchtig beieinander wohnen zu sehen. Zu Zeiten der Verfolgung wird größere Eintracht geherrscht haben, weil es da wahrscheinlich weniger gegeben hat, die sich der Kirche anzuschließen beabsichtigten. Außerhalb von Verfolgungen würde es wahrscheinlicher sein, daß alle, ausgenommen die wahren Geweihten, abgeschreckt würden. Solche Verfolgungen sollten wahrscheinlich alle zu fühlen bekommen und nur diejenigen, die ein gemeinsames Interesse und eine gemeinsame Ursache hätten, sollten näher angezogen werden.

Als aber die Verfolgung nachließ, und als mehr in die Kirche kamen, die nicht so eifrig waren, schienen die Gelegenheiten für Differenzen zuzunehmen. Obwohl es heute für die Kinder des Lichts viel Anfeindung gibt, gibt es augenscheinlich wenig Verfolgung. Die Wahrheit hat auf eine bestimmte Anzahl von Menschen Anziehung ausgeübt, von denen einige wahrscheinlich nicht in allem das sind, was sie sein sollten. Tatsächlich ist keiner von ihnen das, was sie alle zu sein wünschen – ein Abbild von dem lieben Sohn Gottes, aber ein jeder und alle sollten danach trachten, den Maßstab zu erlangen.

Die Ursachen für Reibereien nehmen zu

Es mag zunächst seltsam erscheinen, daß es irgendwelche Reibereien zwischen diesen bevorrechtigten Kindern Gottes gibt. Man könnte vermuten, daß ihre Herzen so mit Heiligem Geist erfüllt sind, daß es keinen Raum für das Unkraut des Hasses, für Neid, Streit und Eifersucht geben kann, und daß diese von den Früchten des Geistes verdrängt würden. Vielleicht war dies unsere Einstellung, als wir uns zuerst weihten, und es keinen Platz für diese Werke des Fleisches gab. Aber es scheint, daß die Ursachen für Reibereien viel mehr zunehmen, als daß sie abnehmen. Es ist daher wichtig, daß wir auf den Ursprung der Schwierigkeiten achtgeben sollten, um so befähigt zu sein, die Gefahr abzuwenden und Friedenstifter unter den Geschwistern zu sein. „Wir aber, die Starken, sind verpflichtet, die Schwachheiten der Kraftlosen zu tragen und nicht uns selbst zu gefallen.” – Römer 15:1 Wenn diese Richtlinie als Maßstab genommen wird, gibt es nicht so viele Starke, wie wir vielleicht erhofften; daher obliegt es einem jeden von uns, stark und hilfreich für die schwachen Brüder in der Kirche zu werden.

Etwas, das betrachtet werden sollte, ist, daß es mehr Möglichkeiten für Reibereien unter denjenigen gibt, die geistgezeugte Neue Schöpfungen sind, als es sie im großen und ganzen in der Welt gibt. Es ist festzustellen, daß eine Gesellschaft von Menschen in der nominellen Kirche es leichter finden würde in Einheit und Frieden zusammen zu leben, als eine Gesellschaft von Menschen, die mehr von der Wahrheit erleuchtet sind und angetrieben werden. Diese Feststellung mag zunächst befremdend erscheinen, aber sie wird durch weiteres Untersuchen offensichtlicher.

In der nominellen Kirche ist die Religion eine Formsache. Bei den nominellen Christen ist es üblich sich schick zu machen und Versammlungen zu besuchen, ruhig dazusitzen und dann heimzukehren. Auf die vergnüglichen Dinge wird achtgegeben, wie zum Beispiel auf den Sonnenschein, die Blumen und die Hüte der Damen. So vergeht der Tag. Aber bei denjenigen, die mehr erleuchtet sind, gibt es eine größere Aktivität des Geistes und der Gedanken. Auch wir lieben die Blumen und alle Dinge, die für uns von unserem Himmlischen Vater vorgesehen wurden. Wir sprechen über diese Dinge – und es gibt viele Gelegenheiten zur Unterredung; denn wie es nicht zwei Personen gibt, die genau gleich aussehen, so gibt es auch nicht zwei Personen, die in allem gleich denken.

Einige von des Herrn Volk brüsten sich damit, daß sie ihre eigenen Gedanken haben. Für uns aber ist es der weiseste Lauf unseren eigenen Glauben zu haben. Einige Themen sind Dinge der Schlußfolgerung und nicht der Erkenntnis. Wir werden von Gott belehrt. Er benennt uns die Dinge in Seinem Wort, und wenn wir diese Aussagen als von dem Herrn gekommen annehmen, so können wir dies tun, ohne allzu große Diskussion darüber zu führen. Es ist natürlich für uns eine Freude über die Lehren des Wortes Gottes zu philosophieren, es ist unser Vorrecht, das zu glauben, was der Herr uns vorgegeben hat. Aber worüber wir auch philosophieren, es soll in Zurückhaltung und in Harmonie mit der göttlichen Feststellung geschehen. Und wenn wir uns daran erinnern, daß, während wir philosophieren, jeder andere auch philosophiert, so sehen wir, woher die Schwierigkeiten in der Auslegung der Lehre kommen.

Diese verschiedenen Merkmale der Lehre wurden den Schriften entnommen. Aber sobald wir über die Dinge nachzudenken beginnen, die nicht in der Schrift enthalten sind, entsteht die Schwierigkeit eines Konflikts. Wer sich sehr eng an das Wort Gottes hält, wird nicht nur für sich selbst gut daran tun, sondern wird auch imstande sein Kontroversen mit anderen Geschwistern und ihren Philosophien zu vermeiden. Wir nehmen an, daß der Herr dem nicht entgegensteht, wenn wir zu verschiedenen Betrachtungen entlang bestimmter Richtlinien kommen. Trotzdem müssen wir uns daran erinnern, daß, wenn wir einen Gedanken haben und ihn den Geschwistern mitteilen, und er ihnen nicht logisch erscheint, weder wir ihnen diesen Gedanken aufzwingen sollten noch sie dies mit ihren Ansichten uns gegenüber tun sollten. Die Schwierigkeit scheint darin zu bestehen, daß es eine Einstellung bei solchen Dingen gibt, für jeden Gedanken bis zum Ende zu kämpfen mit dem Wunsch, daß ein jeder mit uns übereinstimme, während es der richtige Weg wäre, sich zufrieden zu geben und die Angelegenheit ruhen zu lassen.

Jeder Bruder hat ein Recht auf seine eigene Meinung. Wir haben kein Recht unsere eigenen Meinungen zu Prüfsteinen zu machen. Die Dinge, die Prüfungen sind, sind die Dinge, die uns in den Schriften gegeben werden. Zum Beispiel ist es eine Prüfung für uns und unserer Haltung gegenüber den Geschwistern, daß wir glauben sollten, daß Jesus Christus der Gesalbte ist und der Erretter der Welt, daß wir Miterben mit ihm sein und an seinem Erbteil teilhaben sollen, daß wir mit einem Preis erkauft worden sind, daß wir mit unserem Herrn an den Leiden dieser gegenwärtigen Zeit anteil haben sollen und an den Herrlichkeiten, die folgen.

Solche eindeutige Feststellungen der Schrift sollen die Grundlage für unseren Glauben sein und nicht irgendwelche unrealistische Deutungen, die von irgendwelchen anderen angeregt werden. Einige sehen die mehr allgemeinen Umrisse, einige erkennen die Einzelheiten und verfehlen die allgemeinen Umrisse zu sehen. Während diejenigen, die die verschiedenen Formen des Geistes besitzen, nicht bloßgestellt noch gepriesen werden sollen, müssen sie doch den Gedanken verstehen, daß wir willens sein sollen, für die Wahrheit zu leiden – hinsichtlich unserer Treue zu Gott, zu den Geschwistern und der Wahrheit im allgemeinen.

Die Wahrheit wirkt anziehend auf starke Personen

Wir sollten uns daran erinnern, daß diese Geschwister, die es schwierig finden in Eintracht beieinander zu wohnen, diese Schwierigkeit zum Teil wegen ihres wirklichen innewohnenden Wertes oder Charakters haben. Es gibt einige Menschen, deren Charaktereigenschaften wie Wachs sind, und es gibt andere, in denen man kurzzeitig einen Eindruck hinterlassen kann, wie in einem Gummiball, und noch andere, die hart wie Diamanten sind. Die Klasse, die Diamanten ähnlich ist, hat eine Festigkeit der Struktur des Charakters erlangt. Wenn wir eine Zahl von Bällen, die aus Wachs sind, und solche, die von Gummi sind, und eine Zahl von Diamanten in einen Topf geben und sie gut schütteln, werden die Diamanten alles zerkratzen, womit sie in Berührung kommen, weil sie so hart sind. Der Herr schaut jetzt nicht nach der Gummiball-Klasse noch der Wachs-Klasse aus. Zur bestimmten Zeit wird der Herr mit allen Klassen handeln – dem Volk, welches von der Art des Wachses ist und dem Volk, das nach der Art des Gummiballs ist. Wir wissen aber, daß die Wahrheit jetzt nur die Juwelen-Klasse anspricht, die Diamanten-Klasse.

Wenn wir lernen, daß die Gefahr besteht, daß einer den anderen zum Straucheln bringt, daß einer den anderen verletzt, so sollte uns diese Erkenntnis Weisheit geben. Wir sollten die Tatsache wertschätzen, daß diese Geschwister wirkliche Charaktere entwickelt haben und nicht von der Art des Wachses sind. Selbst ihre Unterschiede zeigen Charakter. Wir sollten versuchen, die Tatsache wertzuschätzen und uns selbst so zu beschäftigen, daß wir sie nicht irritieren. Wir müssen ihnen den Rat geben und sie daran erinnern, daß sie als Neue Schöpfungen ebenso erwünscht sind, den Herrn zu preisen, wie wir dies tun. Wir müssen daher miteinander Geduld haben. Es gibt eine Schriftstelle im Neuen Testament, welche sagt: „Wir wissen, daß wir aus dem Tod in das Leben hinübergegangen sind, weil wir die Brüder lieben.” – 1. Johannes 3:14 Es wird angedeutet, daß es schwer fällt, einige der Geschwister zu lieben und daß, es sei denn, daß wir vom Tod zum Leben hinübergegangen sind, wir nicht imstande sein würden, sie zu lieben.

Die Wahrheit scheint die stärkeren Charaktere mehr zu ergreifen als die schwächeren. Die Ersteren haben in ihrem Fleisch mehr von der Festigkeit, Härte und Kampflust als viele andere, die zu nachgiebig und unentschlossen sind, um für den Herrn als Glieder der „kleinen Herde” der Überwinder annehmbar zu sein. So sehen wir, daß die Beschaffenheit, die uns dem Herrn gegenüber annehmbar macht und eine Voraussetzung für die überwindende Stellung ist, in einiger Hinsicht einen gravierenden Nachteil hat, wenn eine Anzahl von diesen als eine Kirche zusammenkommen. Selbst ein Diamant, der von Lehm umgeben ist, würde keine Kratzer und keine Schrammen hinterlassen, aber bringe ein Dutzend Diamanten zusammen, und um so mehr du von dem Lehm entfernst, um so mehr ist ein Knirschen, Scheuern und Schrammen zu erwarten. So verhält es sich auch bei den Juwelen des Herrn, je öfter diese zusammenkommen, und um so mehr sie erwachen, es um so mehr Gelegenheiten gibt es zur Reibung. Für diese wird eine größere Notwendigkeit darin bestehen, daß alle völlig eingebettet und von dem Heiligen Geist umschlossen sind, der gleich dem Öl geschmeidig ist und dazu neigt, der Reibung vorzubeugen.