Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Die Berufung zum Dienst des Herrn

Lesedauer: 5 Minuten

„Hier bin ich, sende mich” – Jesaja 6

Heute wollen wir Jesajas Vision studieren. Der Tempel in Jerusalem, auch Haus Jahwes genannt, war der Schauplatz dieser Vision. Aber an Stelle des Heiligen und des Allerheiligsten, des Gnadenstuhls, des Altars, des Schaubrottisches und des goldenen Leuchters war alles anders: Es gab einen prächtigen Thron und darauf saß der Herr. An seinen beiden Seiten standen als Repräsentanten der göttlichen Eigenschaften vier Seraphim, während sein zahlreiches Gefolge den ganzen Tempel füllte. Licht der Herrlichkeit war im ganzen Raum, und zwei der Seraphim riefen aus: „Heilig, heilig, heilig ist Jahwe der Heerscharen.” Und die beiden auf der anderen Seite antworteten: „die ganze Erde ist voll seiner Herrlichkeit.” Von dieser Gegenrede „erbebten die Grundfesten der Schwellen von der Stimme der Rufenden, und das Haus wurde mit Rauch erfüllt”.

Laßt die ganze Erde erfüllt sein von der Herrlichkeit des Herrn

Die Bedeutung dieser Vision dürfen wir den Worten Jesu entnehmen. Er führt uns direkt dahin. – Johannes 12:41 In Erfüllung der göttlichen Verheißung kam der Herr bei seiner ersten Gegenwart und bot sich unverbindlich Israel an als sein großer König der Herrlichkeit, als mächtigen Mittler des neuen Bundes, der ihnen von Jahwe verheißen war. – Jeremia 31:31 Gott wußte, daß Jesus abgelehnt werden würde; dennoch wurde das Angebot gemacht. Wenn man ihn angenommen hätte, und wenn er dann seine Macht und Herrlichkeit als Messias gebraucht hätte, dann hätte das bedeutet, daß ihn eine genügende Anzahl aus dem jüdischen Volk von ganzem Herzen angenommen hätte, um die vorgesehene Zahl der Brautklasse zu stellen und Mitglieder des geistigen Reiches des Herrn zu werden. Wenn dies eingetreten wäre, hätte es denen aus den Nationen gegenüber kein Angebot zur Miterbschaft mit dem Messias gegeben. Israel hätte den ganzen Segen bekommen. Er hätte unverzüglich sein Reich aufgerichtet, und das Volk Israel wäre durch die Annahme ihres Messias sofort das ausführende Organ für die Segnungen für alle Geschlechter der Erde geworden.

Doch als die Stimme ertönte: Laßt die ganze Erde voll sein mit seiner Herrlichkeit, kündigte sich durch das Erbeben der Grundfesten der Schwellen und die Finsternis, die die Glorie einhüllte, an, daß die Welt nicht bereit war, die Botschaft anzunehmen. Die Erfüllung dessen können wir der Tatsache entnehmen, daß das jüdische Volk, das die Eingangspforte zu dieser Herrlichkeit bildet, nicht in der gehörigen Verfassung war. Eine neue Eingangspforte mußte beschafft werden, durch die die Herrlichkeiten des Königs der Könige zur Menschheit heraustritt. Paulus erklärt, daß das Erschüttertwerden von etwas bildhaft für seine Brüchigkeit, für seine Beseitigung steht, daß etwas Besseres an seiner Stelle errichtet werden soll. Das jüdische Volk wurde aus seiner bevorzugten Stellung entfernt, und ein neues Volk, eine neue Eingangspforte, ein neuer Kanal für den Zugang der Menschen zu Gott wurde von da an nach und nach aufgebaut.

„Ihr seid eine heilige Nation”

Kein anderes Volk auf der Welt wurde für diese Ehrenstellung mehr wert befunden als Israel. Folgerichtig ging Gott daran, ein neues, ausschließlich aus Heiligen bestehendes Volk zu gründen. Wie der Apostel Petrus sagt: „Ihr seid ein königliches Priestertum, eine heilige Nation.”- 1. Petrus 2:9 Zuerst bildeten die auf Jesu Botschaft vertrauenden Juden den Kern des neuen Volkes, das geistgezeugt auf himmlische Dinge ausgerichtet ist. Darauf folgend begann der Auswahlprozeß, der sich im ganzen Evangeliumszeitalter bis heute fortsetzt. An dessen Ende wird jene heilige Nation vollzählig sein und in die erste Auferstehung kommen. Dann wird das Vorhaben abgeschlossen sein und die Anweisung: „die ganze Erde soll erfüllt sein mit der Herrlichkeit Jahwes” wird ertönen, und die ganze Welt wir gesegnet werden, Dabei ist dem fleischlichen Israel ein herausragender Teil in der Durchführung dieses wunderbaren Werkes bestimmt.

An dieser Vision erkannte Jesaja, daß das Erbeben der Türpfosten und der verdunkelnde Rauch das Nicht-Bereitsein für die Herrlichkeit des Herrn bedeuten mußte, und er schrie auf, indem er die eigene Unvollkommenheit und die seiner Landsleute realisierte. Ein Blick auf die Herrlichkeit des Herrn offenbarte seine eigenen Mängel und die seiner Umgebung.

Diese Wirkung erzielten auch Jesu Lehren auf alle, die seine Botschaft aufnahmen. Das Gesetz leuchtete heller denn je, und sie stellten fest, daß sie es mehr als vermutet verletzen, und das nicht nur durch Taten, sondern auch in Worten und Gedanken. Die Heiligen, hier durch Jesaja repräsentiert, nahmen sich die Sache zu Herzen, demütigten sich vor dem Herrn und anerkannten, daß sie nicht brauchbar waren, die Lehrmeister der Menschen zu sein, sondern daß das ganze jüdische Volk und alle anderen unvollkommen waren, und daß jede eventuell aus ihrem Mund kommende Botschaft unvollkommen wäre.

So wie Jesajas Lippen mit einer glühenden Kohle vom Altar berührt wurden, wird bildlich dargestellt, wie im Evangeliumszeitalter die geistlich Gesinnten Israels und aller Völker den notwendigen Segen auf die Lippen gelegt bekamen und von Gottes Einladung: „Ich ermahne euch … euere Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer” – Römer 12:1 – Zeugnis abgelegt haben. Diese Botschaft, die durch die glühende Kohle von Gottes Opferaltar entzündet wurde, ist die ganzen Jahrhunderte hindurch auf und ab durch die Welt gelaufen. Sie hat nicht nur die Reinigung von Sünde gepredigt, sondern den Dienst für Gott dargestellt.

„Hier bin ich; sende mich”

Unter noch einem anderen Aspekt ist Jesaja ein Vorbild für die Heiligen. Es ist Gottes Anliegen, Seine Gnadenbotschaft und die Einladung zum Opfer an all diejenigen zu richten, die ein hörendes Ohr haben. Und die Geheiligten, die Jesaja vorschattet, haben das ganze Zeitalter hindurch gesagt: „Herr, hier bin ich; sende mich.”

Unsere Lektion zeigt auch, daß die Botschaft dieser Jesaja-Klasse unpopulär ist. Wenige sollten hören; wenige sollten sehen, wenige sollten den Segen der Vergebung und die Zeugung mit dem Heiligen Geist bekommen. Der Herr und die Apostel begannen dies zu verkündigen. Und es wurde genauso weitergeführt bis zum heutigen Tag.

Doch wir sollen deswegen nicht entmutigt sein. Nur die „kleine Herde”, die, die reinen Herzens sind, die Fußstapfen-Nachfolger Jesu werden diesen Segen bekommen und werden zubereitet dazu, die Brautklasse seines Reiches zu sein, die neue Schwelle oder Eingangspforte, das Bindeglied zwischen Gottes heiligem Raum und der Menschheit.

Israels Erfahrungen dienen als Meßlatte, die anzeigt, wann die Kirche vollzählig und abgeschlossen ist und die Herrlichkeit des Herrn über Israel leuchten wird und durch Israel über allen Völkern, Stämmen und Sprachen, tausend Jahre lang. Dieser Maßstab spricht von der Verödung des Landes, seiner dann erfolgten Verwüstung und der Vertreibung seiner Bewohner. Der letzte Vers unserer Lektion berichtet, wie am Ende ein Sproß aus dem Wurzelstock treibt, ein heiliger Same, ein heiliges Volk, das unter göttlicher Fürsorge aufwächst. Diese Heiligen Israels, die der irdischen Ebene angehören, die alttestamentlichen Überwinder, gelangen in die Auferstehung und bekommen ihre Belohnung als irdische Repräsentanten im Reich des Messias. – Hebräer 11:33 – 40 und Psalm 148:14 In der Schar dieser Fürsten werden die Treuen, Ergebenen, Heiligen, der innerste Kern gesammelt, und mit ihnen beginnt die irdische Phase des Reiches des Herrn.