Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Eine schrittweise Entwicklung

Das 37. Kapitel von Hesekiel enthält eine andere Prophetie, welche uns versichert, dass eine Wiederherstellung des natürlichen Israels erfolgen wird. In der dem Hesekiel gegebenen Vision wird er aufgefordert zu prophezeien, und so sagte er:

„Da entstand ein Geräusch, als ich weissagte, und siehe, ein Getöse: und die Gebeine rückten zusammen, Gebein an Gebein. Und ich sah, und siehe, es kamen Sehnen über sie, und Fleisch wuchs, und Haut zog sich darüber obenher; aber es war kein Odem in ihnen. Und er sprach zu mir: Weissage dem Odem, weissage, Menschensohn, und sprich zu dem Odem; So spricht der Herr, Jehova: Komm von den vier Winden her, du Odem, und hauche diese Getöteten an, dass sie lebendig werden! Und ich weissagte, wie er mir geboten hatte; und der Odem kam in sie, und sie wurden lebendig und standen auf ihren Füßen, ein überaus großes Heer.“ – Verse 7-10

Während die Verheißungen Gottes hinreichend versichern, dass es eine Auferstehung der Toten geben wird, was sowohl für Israel als auch für die ganze Welt zutreffen soll, gehört diese Prophetie nicht zu jenen Verheißungen. Aber wenn wir den Beginn ihrer Erfüllung sehen, können wir daran erkennen, dass die Auferstehung nahe ist. Paulus schrieb: „Was wird die Annahme anders sein als Leben aus den Toten?“ Das bedeutet, dass die Wiederherstellung Israels, die bereits begann, fortgeführt werden wird, bis auch die Toten wieder zum Leben wiederhergestellt sind und eine Gelegenheit erhalten, an den Segnungen des Königreichs des Messias teilzuhaben. – Römer 11:15

In Hesekiels Darstellung einer allmählichen Wiederherstellung – von dem ersten Zusammenrücken der „Gebeine“ bis „Fleisch“ und „Haut“ sich darüber hinziehen und schließlich der lebengebende „Odem“ hineinkommt – wird uns auch von einem „Geräusch“ berichtet, einem „Getöse“ und dem Heranwehen von „vier Winden“. Das scheint nahezulegen, dass die Wiederherstellung Israels während einer Zeit großer Unruhen auf der Erde geschehen würde, in einer „Zeit der Drangsal“, welche mit den „vier Winden“ ihren Höhepunkt erreicht. Der Odem des Lebens soll von den „vier Winden“ her kommen, das heißt inmitten der Zeit, in der jene Winde wehen.

Gott erklärte dem Hesekiel: „Menschensohn, diese Gebeine sind das ganze Haus Israel. Siehe, sie sprechen: Unsere Gebeine sind verdorrt, und unsere Hoffnung ist verloren; wir sind dahin.“ Die Tatsache, dass die „Gebeine“ so sprechen, beweist, dass es sich hier nicht um das Bild eines buchstäblichen Todeszustandes handelt, sondern um die verdorrten Hoffnungen Israels. Aber der Herr hat verheißen, dass dieser Zustand sich ändern würde. „Siehe, ich werde eure Gräber öffnen und euch aus euren Gräbern heraufkommen lassen, mein Volk, und werde euch in das Land Israel bringen.“ – Verse 11, 12

Die „Gräber“, in denen die Israeliten während der Jahrhunderte ihrer Zerstreuung begraben waren, sind offensichtlich die verschiedenen Länder oder Nationen, in denen sie gewohnt haben. „Wir sind dahin“, so hatten sie es wohl tatsächlich oft geklagt. Manche befanden sich in dem einen „Grab“, manche wieder in einem ganz anderen, aber alle waren sie „tot“, soweit es ihre nationalen Hoffnungen betraf.

Inzwischen aber haben sich die meisten „Gräber“ dieses Volkes geöffnet, und die Israeliten sind aus ihnen herausgeströmt; bereits mehr als sechs Millionen zogen ein in das Land Israel. Und doch haben nur wenige von ihnen die Bedeutung dieses großen Ereignisses nicht erkannt. Sie wissen nicht, dass der Herr es war, der dies für sie veranlasst hatte. Und sie werden es nicht gewahr werden, bis die letzte Phase der Wiederherstellung vollendet ist, das heißt, bis sie den Odem „von den vier Winden her“ erhalten – oder, wie Vers 14 sagt, bis der Herr seinen Geist in sie geben wird, auf dass sie leben.

Das Öffnen ihrer „Gräber“, ihre Heimkehr in das Verheißene Land und dass sie den Geist des Herrn empfangen, das alles ist notwendig, ehe sie bemerken, dass der Herr diese wunderbare Entwicklung für sie überwaltet hat. Aber dann werden sie es erkennen und sich darüber freuen. Danach werden auch die anderen Nationen erkennen, dass der Herr die Geschicke zum Wohl Israels gelenkt hat. Die Israeliten werden dann in ihrem Land in Frieden und Sicherheit leben, und der gegenbildliche David, der ja ihr verheißener Messias ist, wird als König über sie regieren. – Verse 24-28

Angriff aus dem Norden

In den folgenden Kapiteln, Hesekiel 38 bis 39, werden uns einige Einzelheiten über die Drangsal mitgeteilt, durch welche Israel hindurchgehen muss. In Kapitel 38 wird ein Angriff auf Israel beschrieben, der aus dem „Norden“ und unter der Leitung eines sogenannten „Gog“ kommen würde. Dessen Führung schließen sich Verbündete an, zum Beispiel Persien, Äthiopien, Libyen, Gomer und Togarma. Es handelt sich hier um Namen aus früherer Zeit, und es ist wohl nicht möglich, ihre der jetzigen Zeit entsprechenden Gebiete genau zuzuordnen. Aber das ist auch nicht unbedingt erforderlich, um die Bedeutung dieser Prophetie zu verstehen.

Dieser Angriff beschreibt die letzte schreckliche Bedrängnis Israels. Zu jener Zeit wird göttliches Eingreifen den Ausgang bestimmen. Wenn durch Gottes Macht die Befreiung Israels erfolgt, dann wird das klar als sein Dazwischentreten erkannt werden, sowohl von Israel selbst als auch von allen Nationen. Nach der Vernichtung der eindringenden Heere wird die Prophetie des Herrn sich erfüllen: „Ich werde mich groß und heilig erweisen, und werde mich kundtun vor den Augen vieler Nationen. Und sie werden wissen, dass ich Jehova bin.“ – Hesekiel 38:23

Wenn jene Zeit des Angriffs sich nähert, dann wird die letzte Erfahrung Israels unter der „Rute“ des Herrn eingeleitet werden. Die Prophetie lautet: „So spricht der Herr, Jehova: Wirst du es an jenem Tage nicht wissen, wenn mein Volk Israel in Sicherheit [Hebräisch: vertrauensvoll] wohnt?“ Diese Worte sind an Gog gerichtet, womit gesagt ist, dass diese starke Macht aus dem „Norden“ darum wissen wird, in was für einer hilflosen Lage sich Israel dann befindet. Die Prophetie fährt fort:

„Und du wirst von deinem Ort kommen, vom äußersten Norden her, du und viele Völker mit dir, auf Rossen reitend allesamt [eine äußerst mobile Armee], eine große Schar und ein zahlreiches Heer. Und du wirst wider mein Volk Israel heraufziehen wie eine Wolke, um das Land zu bedecken. Am Ende der Tage wird es geschehen, dass ich dich heranbringen werde wider mein Land, auf dass die Nationen mich kennen, wenn ich mich an dir, Gog, vor ihren Augen heilige.“

Hesekiel 38:14-16

„Wahrlich, an selbigem Tag wird ein großes Beben sein im Land Israel“, sagt der Prophet. (Hesekiel 38:19) Das ist zweifellos das „Getöse“, das beim Zusammenrücken der „Gebeine“ und beim Wachsen des „Fleisches“ entsteht, wie in Hesekiel 37:7, 8 erwähnt. Ja, es wird eine Zeit größter Not für Israel sein, vielleicht schlimmer als irgendeine andere, durch die dieses Volk in Verbindung mit der Wiedererlangung des verheißenen Landes bisher hindurchging. Aber der Herr wird zu Gunsten seines Volkes eingreifen. Er sagt:

„Ich werde nach allen meinen Bergen hin das Schwert über ihn [Gog und seine Armeen] herbeirufen, spricht der Herr, Jehova; das Schwert des einen wird wider den anderen sein.“ (Hesekiel 38:21) Das lässt darauf schließen, dass sich ein Zustand der Verwirrung unter den verschiedenen Verbündeten entwickeln wird, die in dem letzten Angriff gegen Israel gemeinsame Sache machen wollen. Im Blick auf die vielen Debatten der Nationen der Welt mit Vorschlägen und Gegenvorschlägen ist es nicht schwer sich vorzustellen, wie schnell Konflikte in Verbindung mit Angriffsplänen gegen Israel entstehen können. Der Herr fährt fort:

„Ich will Gericht an ihm üben durch die Pest und durch Blut; und einen überschwemmenden Regen und Hagelsteine, Feuer und Schwefel werde ich regnen lassen auf ihn und auf seine Haufen und auf die vielen Völker, die mit ihm sind. Und ich werde mich groß und heilig erweisen, und werde mich kundtun vor den Augen vieler Nationen. Und sie werden wissen, dass ich Jehova bin.“ – Verse 22, 23

Wir können die hier gegebene Darstellung nicht völlig erklären. Sie beschreibt aber göttliches Eingreifen zu Gunsten Israels in einer so kritischen Zeit, dass Israel mit eigener Kraft gegen die Vernichtung und wahrscheinlich sogar die Vertreibung aus ihrem Land nichts würde unternehmen können. Es ist nicht nötig, dass wir genau wissen, wie dieses vor sich gehen wird. Es reicht zu wissen, dass es geschehen wird und dass durch diese gewaltige Zurschaustellung Wunder wirkender Mächte vielen Nationen die Augen geöffnet werden, indem sie die Hand Gottes in den Angelegenheiten seines alten Bundesvolkes erkennen.

Die ersten sechs Verse des nächsten (39.) Kapitels zeigen die verheerenden Ergebnisse des göttlichen Eingreifens gegen die Feinde Israels. Der dann folgende Vers lautet: „Und ich werde meinen heiligen Namen kundtun inmitten meines Volkes Israel, und werde meinen heiligen Namen nicht mehr entweihen lassen. Und die Nationen werden wissen, dass ich Jehova bin, der Heilige in Israel.“

Diese Zeit wird ein überwältigendes Erlebnis für Israel und für die Nationen sein. Bis zu jener Zeit sind die Augen des Volkes Israel blind; sie können die wahre Bedeutung dessen, was dort geschieht, nicht erkennen. Viele von ihnen hatten sich aus einem Nationalgefühl heraus oder um wirtschaftlicher Sicherheit willen dazu entschlossen, sich in Palästina niederzulassen. Manche werden dorthin gegangen sein, weil sie aus ihren „Gräbern“ in anderen Ländern herausgerissen wurden und es einfach keine weitere Möglichkeit einer Immigration gab.

Welches auch immer ihre Motive gewesen sein mögen, in Palästina eine Heimat zu suchen – gemeinsam haben sie die Anfeindungen seitens ihrer Nachbarn erlebt sowie auch die kaum verhehlte Entschlossenheit der Araber, sie zu vernichten und das Land wieder in Besitz zu nehmen, von dem sie überzeugt sind, dass es Israel nicht zusteht. Sie haben miteinander Bombenattentate durch Terroristen erleben müssen und wurden von den Vereinten Nationen, an die sie sich um eine Garantie für ihre Sicherheit wandten, dazu gedrängt, Land für Frieden zu geben.

Während all´ dieser schlimmen Erfahrungen gab es kaum Gelegenheit, mehr als nur eine Handvoll von ihnen zu überzeugen, auf irgendetwas anderes zu vertrauen, als auf ihre eigene Klugheit und militärische Macht. Wenn sie sich dann schließlich einer kurzen Zeit des Friedens und der Ruhe erfreuen dürfen, wahrscheinlich mit dem Gefühl, dass sie nun die Hindernisse auf ihrem Weg zu Sicherheit und Glück überwunden haben, dann werden sie plötzlich die unheilvollste Bedrohung ihrer Existenz als neuer, aufstrebender Nation auf sich zukommen sehen. Furcht und Verzweiflung wird sie überfallen.

Und dann tritt das Wunder ein – das „Gericht“ Gottes zu ihren Gunsten mit symbolischer Pest, großen Hagelsteinen, Feuer und Schwefel (ja, vielleicht nicht einmal nur mit symbolischen Plagen). Wie werden ihnen dann die Augen aufgehen! So wird der Herr seinen heiligen Namen kundtun inmitten seines Volkes Israel.

Die letzten Verse dieses Kapitels (23-29) fassen den ganzen Ablauf der Ereignisse aus den Kapiteln 36 bis 39 noch einmal zusammen. Und im letzten Vers steht die endgültige Zusage an Israel. Der Herr sagt: „Ich werde mein Angesicht nicht mehr vor ihnen verbergen, weil ich meinen Geist über das Haus Israel ausgegossen habe, spricht der Herr, Jehova.“

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