Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Die Geburt Jesu

Als Jesus geboren wurde, war die Nation Israel mehrere Jahrhunderte hindurch ohne jeden besonderen Gunsterweis Gottes gewesen. Maleachi war der letzte der Propheten; und er diente während der Zeit Nehemias. Aber trotz des Ausbleibens besonderer prophetischer Unterweisung bewahrten sich viele in Israel ihr Interesse am Wort und Gesetz des Herrn. Das ging so weit, dass sich das Volk beim Auftreten Johannes des Täufers fragte, ob er wohl der verheißene Messias sei oder nicht. – Lukas 3:15, 16

Es ist vernünftig anzunehmen, dass die Priester und Schriftgelehrten in Israel die in Daniel 9:25 erwähnte Prophetie kannten, in der von neunundsechzig symbolischen Wochen bis zum Kommen des Messias die Rede ist. In prophetischer Zeit war dies eine Länge von 483 Jahren. Die Zeitspanne sollte mit dem Erlass, Stadt und Mauern Jerusalems aufzubauen, beginnen, also 454 v. Chr. Wenn die religiösen Führer Israels tatsächlich ein Verständnis dieser Prophetie hatten, dann hätten sie auch wissen müssen, dass sie in der Zeit lebten, in welcher der Messias erscheinen sollte.

Ein Engel des Herrn sprach zu Maria, der Mutter Jesu: „Siehe, du wirst im Leib empfangen und einen Sohn gebären, und du sollst seinen Namen Jesus heißen. Dieser wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und der Herr, Gott, wird ihm den Thron seines Vaters David geben; und er wird über das Haus Jakobs herrschen ewiglich, und seines Reiches wird kein Ende sein.“ – Lukas 1:31-33

Sollte es irgendeinen Zweifel geben, wie und durch wen die Verheißungen Gottes hinsichtlich des ewigen Bestehens des Throns Davids erfüllt werden – hier haben wir die Antwort. Und diese Erklärung des Engels gegenüber der Maria bestätigt die in einer Prophezeiung dargelegte Wahrheit über Jesu Geburt, welche so lautet: „Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und man nennt seinen Namen: Wunderbarer Berater, starker Gott, Ewigvater, Friedefürst. Die Mehrung der Herrschaft und der Friede werden kein Ende haben auf dem Thron Davids und über sein Königreich, um es zu befestigen und zu stützen durch Gericht und durch Gerechtigkeit, von nun an bis in Ewigkeit. Der Eifer Jehovas der Heerscharen wird dieses tun.“ – Jesaja 9:6, 7

Messias – der „Gesalbte“

Das Wort „Messias“ bedeutet „der Gesalbte“. Und so ist es auch bei dem griechischen Wort „Christus“ im Neuen Testament. Jesus war von dem Augenblick an der Gesalbte, als er im Alter von dreißig Jahren von Johannes dem Täufer im Jordan getauft wurde. Der alttestamentliche Brauch, Könige und Priester für ihr Amt mit heiligem Salböl zu salben, war vorbildlich und wurde nun ersetzt durch das Gegenbild, nämlich die Salbung mit dem heiligen Geist. Am Jordan wurde Johannes dem Täufer durch eine sichtbare Demonstration bewiesen, dass der Heilige Geist oder die Kraft Gottes auf Jesus gekommen war.

Bald nach diesem Ereignis besuchte Jesus eine Synagoge in Nazareth, seiner Heimatstadt. Als man ihm die Schriften gereicht hatte, öffnete er das 61. Kapitel von Jesaja und las: „Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er [Jehova] mich gesalbt hat, Armen gute Botschaft zu verkündigen; er hat mich gesandt, Gefangenen Befreiung auszurufen und Blinden das Gesicht, Zerschlagene in Freiheit hinzusenden, auszurufen das angenehme Jahr des Herrn.“ – Lukas 4:18, Jesaja 61:1-3

Jesus durchwanderte Palästina und verkündete das Evangelium, die frohe Botschaft. Es war die gute Botschaft vom Königreich, nämlich die Botschaft, dass das von Gott verheißene Königreich bzw. seine Herrschaft tatsächlich aufgerichtet werden würde und dass durch dessen Wirksamkeit die Kranken geheilt, die Toten auferweckt und Frieden und Sicherheit für Israel und für alle Nationen herbeigeführt werden. Bei diesem Dienst der Verkündigung wurde er von seinen zwölf Aposteln unterstützt – und später auch von siebzig anderen Jüngern, die man Evangelisten nannte.

Mehr als drei Jahre versahen sie gemeinsam diesen Dienst in dem kleinen Land Palästina. Zusätzlich zu ihrer mündlichen Verkündigung der guten Botschaft demonstrierten sie die praktische Bedeutung dessen, was sie lehrten, indem sie Wunder der Krankenheilung und selbst die Auferweckung von Toten vollbrachten. Dies waren sichtbare Beispiele für die Segnungen, die den Menschen im verheißenen Messianischen Königreich gebracht werden sollen. Und die Jesus und seinen Mitarbeitern verliehene Macht, solche Wunder zu wirken, sollte ein überzeugendes Zeugnis dafür sein, dass er tatsächlich der verheißene Messias war.

Aber nur wenige der Nation akzeptierten Jesus als den Messias, und besonders die religiösen Führer begegneten ihm mit Ablehnung. Johannes schrieb: „Er kam in das Seinige, und die Seinigen nahmen ihn nicht an.“ (Johannes 1:11) Zeitweilig musste Jesus sich in seinem Auftreten danach richten, dass er nicht in zu engen Kontakt mit jenen in Israel kam, die seine Gegner waren. Doch gegen Ende seines Dienstes, als Jesus erkannte, dass gemäß Gottes Plan für ihn die Zeit gekommen war, als der Welt Erlöser zu sterben, da kehrte er in das Gebiet von Judäa zurück, wo ihn große Feindseligkeit erwartete. Und in diesen letzten Tagen machte er einige sehr aufschlussreiche Bemerkungen. Eine davon war:

„Siehe, ich sende zu euch Propheten und Weise und Schriftgelehrte; und etliche von ihnen werdet ihr töten und kreuzigen, und etliche von ihnen werdet ihr in euren Synagogen geißeln und werdet sie verfolgen von Stadt zu Stadt; damit über euch komme alles gerechte Blut, das auf der Erde vergossen wurde, von dem Blut Abels, des Gerechten, bis zu dem Blut Zacharias des Sohnes Barachias´ den ihr zwischen dem Tempel und dem Altar ermordet habt. Wahrlich, ich sage euch, dies alles wird über dieses Geschlecht kommen. Jerusalem, Jerusalem, die da tötet die Propheten und steinigt, die zu ihr gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küchlein versammelt unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt! Siehe, euer Haus wird euch öde gelassen; denn ich sage euch: Ihr werdet mich von jetzt an nicht sehen, bis ihr sprecht: ‚Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn!‘“

Matthäus 23:34-39

Es muss zugegeben werden, dass Jesus ein wahrer Prophet war hinsichtlich dessen, was der Nation noch während der Lebenszeit jener Generation, zu der er sprach, widerfahren würde. In weniger als vierzig Jahren nach der von Jesus geäußerten, vorstehend zitierten Prophetie geschah es, dass Jerusalem zerstört und das Volk Israel über die ganze Erde zerstreut wurde, was den Beginn ihrer Diaspora [Vertreibung] bedeutete.

Das war zugleich das Ende der sechsten Periode ihrer nationalen Geschichte, wie sie in der Bibel verzeichnet ist. Diese Periode hatte mit ihrer Rückkehr von Babylon aus dem Exil begonnen, und sie endete 70 – 73 n. Chr., als die schwerste und längste aller ihrer nationalen Notzeiten über sie hereinbrach. Anfangend mit der Diaspora, beschreibt die Bibel viele der Erfahrungen dieses von Gott auserwählten Volkes. Das sind keine historischen Berichte, aber prophetische Hinweise – wenn man so will: Vorhersagen der Geschichte.

Aber inzwischen entfaltet sich ein anderer Grundzug des göttlichen Planes zur Erlösung und Befreiung der Menschheit von Sünde und Tod; und darin ist der Name Israel weiterhin präsent. Als Johannes mit Bezug auf jene, die Jesus abgelehnt hatten, schrieb: „Die Seinigen nahmen ihn nicht an“, da fügte er noch hinzu: „So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht [oder das Vorrecht], Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben.“ Heute wird der Ausdruck „Kinder Gottes“ recht freizügig angewendet. Manche behaupten, dass die ganze Menschheit als Kinder Gottes betrachtet werden kann. Es ist wahr, dass die Menschheitsfamilie Gottes Schöpfung ist, und Adam wird in der Bibel tatsächlich als „Sohn Gottes“ bezeichnet. (Lukas 3:38) Aber dieses Verhältnis der Sohnschaft ging durch die Sünde verloren.

Johannes hatte jedoch viel Bedeutenderes im Sinn, als er sagte, dass gläubige Israeliten das Vorrecht bekommen würden, „Kinder Gottes“ zu sein. In der Bibel sind die Söhne oder Kinder Gottes solche, die erwählt wurden, um Mitglieder des Herrscherhauses Gottes, seiner königlichen Familie, zu sein. Paulus schrieb: „Wenn aber Kinder, so auch Erben – Erben Gottes und Miterben Christi.“ – Römer 8:17

Einzelne Israeliten, die Jesus als den verheißenen Messias annahmen und seine Fußstapfen-Nachfolger wurden, waren die ersten „Söhne“, um Mitteilhaber mit ihm zu werden. Unter ihnen befanden sich die Apostel. Am Tag der Pfingsten waren es etwa dreitausend, die glaubten, und es gab noch viele andere. Doch die Zahl der gläubigen Israeliten war nicht ausreichend. In Offenbarung 7:4-14 und 14:1 wird gezeigt, dass die für die Mitherrschaft erwählte Familie Gottes aus 144.000 Kindern bestehen soll, aus solchen, die den Namen des Vaters an ihren Stirnen geschrieben tragen. Die Zahl der gläubigen Israeliten war jedoch weit geringer.

Daraufhin wandte Gott sich erstmals den Nationen (den Heiden) zu. In Apostelgeschichte 15:14 wird gesagt, „dass Gott die Nationen heimgesucht hat, um aus ihnen ein Volk zu nehmen für seinen Namen.“ So hatte es gar nicht lange gedauert, bis die frühe Kirche zu einer gemischten Gruppe aus gläubigen Israeliten und bekehrten Heiden wurde.

„Eine heilige Nation“

Wie wir bemerkt haben, hat Gott den Israeliten kurz vor ihrem Verlassen Ägyptens verheißen, dass sie „ein Königreich von Priestern und eine heilige Nation“ werden könnten. (2. Mose 19:5, 6) Doch dies war abhängig gemacht worden von ihrem Gehorsam ihm und seinem Gesetz gegenüber. Sie haben die Bedingungen nicht erfüllt; und als die Nation in ihrer letzten Prüfung versagte, da sprach Jesus zu ihnen: „Euer Haus wird euch öde gelassen.“ (Matthäus 23:38) Es war das „Haus“ Israel, das öde geworden, d. h. ihres Vorrechts verlustig gegangen war, weiterhin Gottes „Königreich von Priestern“, seine „heilige Nation“ zu sein.

Jesus hatte schon vorher bezüglich Israels gesagt: „Das Reich Gottes wird von euch weggenommen und einer Nation gegeben werden, welche dessen Früchte bringen wird.“ (Matthäus 21:43) Der Apostel Petrus erklärt uns, wer diese neue „Nation“ ist. Er schrieb: „Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, eine heilige Nation, ein Volk zum Besitztum, … die ihr einst nicht ein Volk wart, jetzt aber ein Volk Gottes seid.“ (1. Petrus 2:9, 10)

Die Worte, die Petrus hier gebraucht, sind denen sehr ähnlich, die Gott in seiner Verheißung an die Israeliten ausgesprochen hatte. Petrus erklärt damit, dass ein Volk, für welches die Verheißungen Gottes bisher nicht galten, nun das Volk sein sollte, dem diese Verheißungen zugesprochen würden. Dies ist die von Jesus erwähnte „Nation“, der das Königreich gegeben wird, das von Israel genommen wurde.

Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9