Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Benjamins fünffache Portion

Lesedauer: 11 Minuten

„Wer seinen Bruder liebt, bleibt im Licht, und nichts Anstößiges ist in ihm.” – 1. Johannes 2:10

Als der von Ägypten beschaffte Weizenvorrat nahezu aufgebraucht war, drängte Jakob seine Söhne, wieder nach Ägypten zu gehen, um noch mehr Weizen zu beschaffen. Sie aber lehnten es entschieden ab, dorthin zurückzukehren, bis ihr jüngerer Bruder, Benjamin, mit ihnen gehen würde. Dann verbürgte sich einer der Brüder – Juda – für Benjamin. Jakob willigte schließlich ein, Benjamin mit einem Geschenk von Honig, Gewürzen und dem doppelten Geldbetrag dessen, was er zuvor gesandt hatte, zu schicken – mit der Bemerkung: „Und Gott, der Allmächtige gebe euch Barmherzigkeit vor dem Mann [Josef], daß er euch euren andern Bruder und Benjamin (wieder mit zurück)schicke: Und ich, wie ich die Kinder verlieren soll, muß ich die Kinder verlieren!” – 1. Mose 43:14

Diese wurden wieder von Josef erwartet, der diesmal Anweisungen gab, daß für sie ein Mittagsmahl in seiner Gegenwart bereitet werden sollte. Sie fürchteten sich jedoch besonders, weil ihnen bei ihrem vorhergehenden Besuch Geld in ihre Säcke gelegt worden war. Sie sprachen darüber mit Josefs Verwalter am Eingang des Hauses. Die Antwort, die sie erhielten, unterschied sich sehr von der, die sie wahrscheinlich heute in Ägypten oder irgendwo sonst bekommen würden. Er sagte: „Friede euch! Euer Gott und der Gott eures Vaters hat euch einen Schatz in eure Säcke gegeben; euer Geld ist mir zugekommen. Und er führte Simon zu ihnen heraus.” – 1. Mose 43:23 Dann gab er ihnen Wasser, mit dem sie sich wuschen und erfrischten, und er versorgte ihre Esel und bereitete das Mittagsmahl vor.

Dann trat Josef in der Kleidung eines ägyptischen Prinzen ein. Sie beugten sich bis zur Erde, und es ergriff das Herz des Anwesenden. Liebevoll erkundigte er sich nach ihrem Vater und dann nach Benjamin, ihrem jüngeren Bruder. Er fühlte sich in diesem Moment so tief ergriffen, daß er sich genötigt sah, sich für eine Zeit lang zurückzuziehen, um Tränen der Freude zu vergießen. Sich bezwingend kam er zurück, und das Mahl wurde aufgetragen. Nachdem er angeordnet hatte, daß seine Brüder entsprechend ihrem Alter und ihrem Geburtsrecht an den Tisch gesetzt werden sollten, ließ er von seinem privaten Tisch Portionen zu seinen elf Brüdern bringen. Auch dies verblüffte die Brüder, und sie erstaunten noch mehr, als sie bemerkten, daß dem jüngsten Bruder – als ein Zeichen besonderer Gunst – eine fünffache Portion gegeben wurde, anstatt der einen, die sie bekamen.

Die Geschichte ist sehr einfach, sehr berührend und sehr schön, sowohl für Kinder, als auch für diejenigen, die im Geist erstarkt sind. Die Szenerie ist so natürlich, da sie in sich die Überzeugung der Wahrheit trägt, so arglos, da sie völlig in Übereinstimmung mit dem ist, was in dem Buch Gottes zu erwarten ist.

Die geistige Lektion, die hier gelehrt wird

Bibelforscher, die erkannt haben, daß Josef ein Vorbild für den Messias war, sind der Meinung, daß Benjamin, Josefs jüngerer Bruder, der von der gleichen Mutter war, ebenso ein Vorbild ist. Wie Abrahams Frauen Vorbilder von verschiedenen Bündnissen waren, so erscheint es Bibelforschern, daß Rachel, die Mutter von Josef und Benjamin, einen besonderen Bund vorschattet. Sie erkennen darin den Opferbund, welcher während dieses Evangelium-Zeitalters wirksam ist, und welcher zwei von einander getrennte Klassen von Heiligen hervorbringt. Diese zwei Klassen von Heiligen scheinen durch Josef und Bejamin vorgeschattet zu sein.

Die höchste Klasse wird durch Josef bildlich dargestellt – den Messias -, die Klasse, welche die besonders Treuen des Volkes Gottes während dieses Evangelium-Zeitalters einschließt – Jesus und alle seine Fußstapfennachfolger. Diese durch Josef dargestellte Klasse wird schließlich den Thron des Reiches erlangen. Sie werden nach dem allmächtigen Schöpfer der König und Herrscher des Universums werden, bildlich dargestellt durch Pharao, der Josef aus dem Gefängnis-Haus des Todes befreite und hoch erhöhte, damit er ihm als Nächster in großer Macht und Herrlichkeit sei.
Es ist offensichtlich der Aufmerksamkeit vieler Bibelforscher bis vor kurzem entgangen, daß zwei Klassen von heiligen Christen während dieses gegenwärtigen Evangelium-Zeitalters entwickelt werden – eine höhere Klasse, die durch Josef bildlich dargestellt wird und eine niedrigere Klasse, die durch Benjamin bildlich dargestellt wird. Das Wort Benjamin bedeutet „Sohn meiner rechten Hand”. Der Name Benoni – „Sohn meiner Schmerzen” – wurde ihm von seiner Mutter gegeben, die bei seiner Geburt starb.

Die gegenbildliche Lektion würde hier die sein, daß dieser besondere Bund, bildlich durch Rachel dargestellt wird, die die auserwählte Kirche gebiert. Der Messias, von dem Jesus das Haupt ist, und der auch eine andere Klasse gebären wird, wird dann niemanden mehr gebären. Die der zweiten Klasse angehören, werden in den Schriften als Trübsalsheilige bezeichnet, mit der abgegebenen Erklärung, „daß sie aus großer Trübsal” zu der Segnung kommen, die sie erben werden. Außerdem wird diese Klasse als viel zahlreicher dargestellt, als die geehrtere Klasse, die durch Josef bildlich dargestellt wird.

Kleine Herde – Große Schar

Um diese Sicht deutlich darzustellen, müssen wir auf das siebte Kapitel der Offenbarung hinweisen. Dort wird uns das Bild der 144.000 gegeben, die an ihren Stirnen versiegelt sind. Diese sind die gleichen, die anderswo als diejenigen dargestellt werden, die mit dem Lamm auf dem Berg Zion stehen und das Lied singen, das nur sie lernen konnten. – Offenbarung 14:1 – 3 Und wiederum werden diese als solche dargestellt, die mit dem Lamm sind und an dem gläsernen Meer stehen. – Offenbarung 15:2 und 3 So scheint diese Gruppe in verschiedener Weise die Auserwählten darzustellen, die wenigen Heiligen, die Kleine Herde, für welche es des Vaters Wohlgefallen sein wird, ihnen das Millennium-Königreich zu geben, als Miterben mit ihrem Herrn und Erlöser.

In Offenbarung 7:4 lesen wir, daß diese von den zwölf Stämmen Israels sind – zwölftausend von jedem Stamm. Dies wird von Bibelforschern so verstanden, daß es zeigt, daß es Gottes ursprünglicher Plan war, die volle Anzahl der Auserwählten aus dem natürlichen Israel zu nehmen, so, als wenn Er nicht gewußt hätte, daß das natürliche Israel den Herrn verwerfen und kreuzigen würde. Der Plan wurde auf der israelischen Grundlage entworfen, obgleich Gott im Voraus wußte, daß Israel nicht das erlangen würde, wonach es getrachtet hatte (die Hauptsegnung), aber daß die Herauswahl sie erlangen und die übrigen jener Nation zeitlich mit Blindheit geschlagen würden, bis zur Vollendung der Sammlung der Auserwählten. – Römer 11:7 und 25 – 33
Obgleich viele der Israeliten unter die umgebenden Nationen zerstreut wurden, wird es aus den Berichten der Schriften offenbar, daß die ganze Nation – jeder Stamm – nach der Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft in Palästina dargestellt war. So wies Jesus darauf hin, daß sein Werk für die zwölf Stämme Israels geschehen würde, und ebenso taten es die Apostel. In der Tat waren die Frommen der Juden, die den Ruf hörten, und darauf antworteten und von dem Heiligen Geist gezeugt und so geistige Israeliten und Söhne Gottes wurden, aus allen verschiedenen Stämmen, von dem einem mehr und von dem anderen weniger. Diese ergaben somit viele der vorbestimmten Zahl von 144.000.

Aber es gab nicht genug Heilige, um die Herauswahl der Zahl nach vollständig zu machen. Daher wurde durch göttliche Gunst die Botschaft zu den Nationen ausgesandt, und Kornelius war der erste, der aus den Nationen bekehrt wurde. Während der dazwischen liegenden Jahrhunderte sind diejenigen der Nationen, die auf Gottes Ruf geantwortet haben, die angenommen und vom Heiligen Geist gezeugt worden sind, als wahrhaftige Israeliten, als geistige Glieder des Samens Abrahams, zusammen mit den auserwählten Juden, als Erben der Ersten Auferstehung gerechnet worden. Entsprechend der Verheißung, die Gott dem Abraham gab, ist das natürliche Israel noch Erbe von Gottes zweitrangigen Verheißungen.

So ist die Versiegelung der Auserwählten nahezu zwanzig Jahrhunderte in der Zunahme begriffen gewesen. Zusammen aus den Juden und den Nationen gesammelt wird es 144.000 Könige und Priester für Gott geben, die Nachfolger des Lammes, die seine Miterben im Königreich sind. Die Vervollständigung dieser Bestimmung von 12.000 aus jedem der zwölf Stämme können wir in der gleichen Weise verstehen, in der britische Regimenter von Soldaten in Indien rekrutiert wurden. Die Anwerbungen wurden überall in Großbritanien gemacht, aber der angeworbene Mann – ganz gleich von welcher Stadt oder welchem Bezirk er war – wurde zur Gemeinschaft dem Regiment zugeteilt, das an Zahl noch nicht vollständig war.

„Nach diesem sah ich…”

Nach dem Bericht über die Versiegelung von den 144.000 der Auserwälten finden wir in dem gleichen Kapitel einen Bericht über die Große Schar. Wir lesen. „Nach diesem sah ich: und siehe, eine große Volksmenge, die niemand zählen konnte, aus jeder Nation und aus Stämmen und Völkern und Sprachen, stand vor dem Thron und vor dem Lamm, bekleidet mit weißen Gewändern und Palmen in ihren Händen. Und sie rufen mit lauter Stimme und sagen: Das Heil unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm.” – Offenbarung 7:9

Wir sollten beachten, daß die Verheißung für die auserwählten Könige und Priester ist, daß ihre Segnung nicht vor dem Thron, sondern auf dem Thron sein wird. Außerdem wird ihr Sieg nicht durch die Palmzweige gezeigt, sondern durch Kronen der Herrlichkeit. Alle diese Umstände zeigen deutlich, daß es sich bei der großen Volksmenge, die mit Palmzweigen in ihren Händen vor dem Thron steht, nicht um die Auserwählten, die Braut, die an des Messias Thron und Herrlichkeit Anteil haben wird, handelt. Auf diese große Schar wird an anderer Stelle symbolisch als die „Jungfrauen” hingewiesen, die Gefährtinnen der Braut, die ihr folgen werden. Sie werden mit ihr in den Palast einziehen, in die Gegenwart des großen Königs, aber sie werden nicht die Braut sein. – Psalm 45:14 und 15

Diese Große Schar wurde dem Offenbarer erklärt, und die Erklärung geschah für uns. Wir lesen: „Diese sind es, die aus der großen Bedrängnis kommen, und sie haben ihre Gewänder gewaschen und sie weiß gemacht im Blut des Lammes. Darum sind sie vor dem Thron Gottes und dienen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel; und der auf dem Thron sitzt, wird über ihnen wohnen.”
Bibelforscher beachten, daß die Klasse der Kleinen Herde als „Tempel Gottes” und als „lebendige Steine” bezeichnet werden, während diese Große Schar Gott in jenem Tempel dienen wird – in der Kirche und durch die Kirche. Sie bemerken auch, daß diese Klasse, die ihre Gewänder gewaschen und weiß gemacht hat im Blut des Lammes, während der großen Trübsalszeit, notwendigerweise eine von der Braut unterschiedliche Klasse darstellen muß, welche als wachsam beschrieben wird und als solche, die ihre Kleider unbefleckt von der Welt bewahrt – damit sie ohne Flecken und Runzeln in der Gegenwart des Königs sei.

Zwei Trübsalsklassen

Die Kleine Herde, die Königliche Priesterschaft, die auserwählte Kirche, von der Christus das Haupt ist, wird in der Tat durch Trübsale gehen. So steht geschrieben, daß sie „durch viele Bedrängnisse in das Reich Gottes eingehen müssen”. Tatsächlich wissen wir, daß der Herr selbst durch große Bedrängnis, Schande, Leiden und den Tod ging. Wir wissen, daß dies ebenso auf die Fußstapfennachfolger, die Apostel, und andere zutraf.

Trotzdem werden diese in der Bibel nicht als Trübsalsklasse beschrieben, weil sie kraft ihres größeren Glaubens dazu imstande waren, sich in ihren Trübsalen zu freuen, und sie für lauter Freude zu halten, wissend, daß diese für sie eine weit höhere und ewiges Herrlichkeit bewirken würden. Diese gehen freudig durch ihre Bedrängnisse, weil sie die sichtbaren Dinge als vergänglich betrachten. Sie schauen mit den Augen des Glaubens auf die unsichtbaren Dinge, auf die Dinge von ewigem Bestand, die Gott für diejenigen bereithält, die Ihn lieben.

Die Trübsalsheiligen sind an verschiedenen Stellen der Heiligen Schrift als solche dargestellt, die einen Mangel an Eifer zeigen, aber nicht in ihrer Treue. Die Trübsalsheiligen verfehlen es voranzugehen, ihr Opfergelübde zu erfüllen und Helden zu sein in dem Kampf gegen die Welt, das Fleisch und den Widersacher. Wie die Schrift sagt: „die durch Todesfurcht das ganze Leben hindurch der Knechtschaft unterworfen waren” – in Knechtschaft gegenüber dem Fleisch, in Knechtschaft gegenüber den Bräuchen der Gesellschaft – in Furcht vor den Erfahrungen des Opferns, zu dem sie sich mit einem Gelöbnis verpflichtet haben. – Hebräer 2:15

Aus diesem Grund können sie von dem Herrn nicht als Abbilder Seines lieben Sohnes angenommen werden, und als solche, die würdig sind, an seiner Herrlichkeit, Ehre und Unsterblichkeit teilzuhaben. Dennoch ist der Herr sehr mitfühlend und prüft sie gegenüber ihrer Treue zu Ihm. So viele sich letztlich als treu und loyal erweisen, denen beabsichtigt Er ewiges Leben zu geben, auch wenn sie die Hauptsache verfehlen, Miterben im Königreich zu werden, zu dem sie eingeladen wurden. Wie geschrieben steht: „Wie ihr auch berufen worden seid in einer Hoffnung eurer Berufung”. – Epheser 4:4

Zweifellos haben sich einige von dieser Klasse während der ganzen Zeit des Evangelium-Zeitalters entwickelt, aber die Schriften zeigen diese Klasse besonders in einem Zusammenhang mit der Trübsal, die am Ende dieses Zeitalters über die Welt kommt. Betrachten wir zum Beispiel die Feststellung, daß sie aus großer Bedrängnis kommen sollte, und auch die Feststellung des Paulus, daß „jener Tag es klarmachen wird, wie das Werk eines jeden beschaffen ist”. Er erklärt, daß diejenigen, die mit Gold, Silber und kostbaren Steinen gebaut haben, die Prüfung bestehen werden. Das Feuer jenes Tages wird für sie keine Trübsal verursachen – wird ihre Glaubensstruktur nicht zerstören. Dann beschreibt er die Klasse der Großen Schar, indem er sagt, daß andere unangemessen mit Holz, Heu und Stroh gebaut haben, und daß das Feuer des Tages all solche unpassend gebauten Strukturen vollkommen zerstören wird. Er erklärt trotzdem, daß selbst wenn sie unpassend auf die wahre Grundlage bauten, sie gerettet werden sollen, so wie durchs Feuer – gerettet in der Zeit der Drangsal, indem sie durch große Trübsal zu Gottes Gunst kommen und Teilhaber einer geistigen Auferstehung werden, obwohl nicht Teilhaber an der Ersten Auferstehung. Denn von dieser lesen wir: „Glückselig und heilig, wer teil hat an der ersten Auferstehung! Über diese hat der zweite Tod keine Macht, sondern sie werden Priester Gottes und des Christus sein und mit ihm herrschen die tausend Jahre.” – Offenbarung 20:6

Benjamins fünf Portionen

Bei der Verteilung seiner Freigiebigkeit gab Josef allen seinen Brüdern reichlich. Aber Benjamin, seinem Vollbruder von der gleichen Mutter, gab er fünf Portionen. Da Josef deutlich den Messias und seine königliche Macht und Herrlichkeit bildlich darstellt, scheint es für Bibelforscher, daß die Segnungen, die an seine Brüder verteilt wurden, Begünstigungen darstellen, die der Messias über das natürliche Israel, seine fleischlichen Brüder ausschütten wird. Dies geschieht durch das Hinzufügen zu dem allgemeinen Segen, den die Messianische Herrschaft über die ganze Welt bringen wird, die hier in den Ägyptern dargestellt ist.

Entsprechend diesem Bild würde Benjamin, der Sohn der Schmerzen, die Klasse der Großen Schar von des Herrn Volk darstellen, die aus großer Bedrängnis zu einer höheren Ebene, zu einer höheren Stellung kommen wird, einer höheren Segnung, als die der übrigen der Welt. Sie, die gleich der Kirche vom Heiligen Geist gezeugt wurden, werden auch geistige Wesen sein, wenn sie des Lebens für würdig befunden werden. Und ihre Brüder, die den gegenbildlichen Josef verkauften, werden trotzdem von ihm sehr gesegnet werden.