Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Ein beängstigender Mangel im täglichen Leben

Lesedauer: 11 Minuten

„Werdet rechtschaffen nüchtern und sündigt nicht! Denn manche sind in Unwissenheit über Gott; zur Beschämung sage ich es.” – 1. Korinther 15:34

Diese Ermahnung richtet sich nicht an die Welt der Sünder, sondern wie alle Schreiben der Apostel an Christen. Wenn wir den Leittext ein wenig anders übersetzen, so mag er den Gedanken des Apostels besser darlegen. Zum Beispiel: „Werdet nüchtern zu einer angemessenen Wertschätzung der Gerechtigkeit. Sündigt nicht gegen die Gerechtigkeit in eurem Leben, denn einige haben keine Erkenntnis Gottes bezüglich der Gerechtigkeit, den Prinzipien der Rechtschaffenheit. Und dies sage ich zu eurer Schande.”

Wir, die in der Schule Christi sind, bemerken, dass der Herr uns belehrt und auf ein großes zukünftiges Werk vorbereitet. Entsprechend der Bibel ist das Werk der Kirche, während des kommenden Zeitalters, Könige, Priester und Richter zu sein, Gottes Repräsentanten in dem Messianischen Königreich. Als Könige werden sie mit unserem Herrn an der Herrschaft über die Welt teilhaben. Als Priester nehmen sie teil an dem Werk der Heilung, der Belehrung und des Mitleids für die Welt. Als Richter werden sie Gerechtigkeit erteilen. Sie werden die Menschheit strafen oder belohnen, während der tausend Jahre der Messianischen Herrschaft. Offenbar ist es daher passend, dass, wer die Hoffnung hat, einer dieser Könige, Priester und Richter zu werden, jetzt die Befähigung des Herzens und des Verstandes erlangen sollte, die ihn für das Werk befähigen; denn wir müssen sehr sicher sein, dass Gott keinen dazu nehmen wird, der nicht entsprechend geeignet ist.

Es geschieht aus diesem Grund, dass Gott während der letzten 20 Jahrhunderte Seine Kirche aus der Welt herausgerufen und uns die herrlichen Anweisungen unseres Herrn Jesus und der Apostel und des Gesetzes und der Propheten gegeben hat. Alle diese Dinge sind zu unserem Aufbau jener Qualitäten des Herzens und des Sinnes gegeben, die uns für den großen Dienst geeignet machen, zu dem Gott uns berufen hat.

Aber Gott prüft Seine Kinder nicht entsprechend ihrer unvollkommenen Leiber, denn Er weiß, dass wir die Dinge nicht so tun können, wie wir möchten. Er handelt mit unserem Geist, unserem Sinn. Durch den umgestaltenden Einfluss Seines Wortes verleiht Er uns einen neuen Sinn; und es ist dieser neue Sinn, den Er in Seine Familie aufnehmen will. Dieser wird die Neue Schöpfung. – Römer 12:1 und 2, 2. Korinther 5:17 Wir nehmen anstatt unseres eigenen Willen einen neuen Willen an, den Willen Gottes, und anstatt unserer eigenen Pläne und Absichten, die göttlichen Anweisungen. So handelt Gott mit uns als Seinen Kindern entsprechend dieser neuen Beziehung, in welche wir durch Glauben und Gehorsam und durch Christus, unseren Herrn, gelangt sind. Wir werden nun in Gottes Sicht als vollkommen gesehen.

Die Erkenntnis des Willens Gottes

Aber wie können wir im Willen vollkommen sein, wenn unsere Leiber unvollkommen sind? Wir antworten, wie der Apostel: „Denn das Wollen ist bei mir vorhanden, aber das Vollbringen des Guten nicht.” – Römer 7:18 Er war nicht immer erfolgreich darin, seinen Willen für Gerechtigkeit auszuführen. So ist es mit einem jeden, der in den Fußstapfen Jesu zu gehen sucht. Wir alle wissen wie wir recht tun sollen, aber das Rechte zu tun ist ein Problem.

Allmählich lernen wir, dass Gott uns nicht entsprechend der Unvollkommenheit unseres Fleisches richten will, denn so lange wir treu bleiben, sind diese Flecken mit dem Kleid der zugerechneten Gerechtigkeit Christi bedeckt. Daher tun wir unser Bestes, unserem Himmlischen Vater zu zeigen, dass wir uns bei jeder Handlung, jedem Wort und jedem Gedanken sehr bemühen das Rechte zu tun. Und daher erwartet Er von jedem Glied Seiner Familie, dass wir einen vollkommenen Willen dazu haben. Es wird zu einer persönlichen Frage, in welchem Umfang es der Wille Gottes für uns ist. So suchen wir eifrig zu prüfen, „was der Wille Gottes ist: das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene”. – Römer 12:1 und 2

Zu prüfen, was Gottes Wille ist, bedeutet zu einer Erkenntnis Seines Willens zu kommen, es für uns selbst zu demonstrieren. Wenn wir treu sind, schreiten wir darin zunehmend fort, während die Tage vergehen. Zuerst besaßen wir nur wenig Erkenntnis, und entsprechend dieser wenigen Erkenntnis handelten wir. Als wir in der Gnade und der Erkenntnis zunahmen, wurden wir mit dem Willen Gottes besser vertraut, und es war unsere Aufgabe, diese zugenommene Erkenntnis auch in der Praxis anzuwenden. Wir erlangten diese Erkenntnis des Willens Gottes nicht in einer übernatürlichen Art und Weise, sondern durch das Studium der Bibel. – 2. Timotheus 2:15

Wer auch immer in die Familie Gottes gekommen ist, hat seinen eigenen Willen aufgegeben und stattdessen Gottes Willen angenommen. Wer jedoch seinen eigenen Willen dem Herrn nicht übergeben hat, ist nicht Sein Kind. Wie auch der Apostel erklärt: „Wenn aber jemand Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein.” – Römer 8:9 Der Geist Christi war der Geist der völligen Preisgabe gegenüber des Vaters Willen, und wenn wir zu dieser gleichen Stellung kommen, so geben wir unseren eigenen Willen ab und nehmen stattdessen den göttlichen Willen an. Dies tun wir, weil es die angemessene Richtung für alle ist, die in unseres Erlösers Fußstapfen zu gehen wünschen. Wir haben unseren eigener Wille geprüft und als für uns unbefriedigend zu sein erkannt. Unser Gedächtnis und unser Leib sind so unvollkommen, dass wir des öfteren in Schwierigkeiten gekommen sind, als wir unseren eigenen Willen ausführten. Daher sind wir froh, den Willen Gottes zu kennen und zu tun, besonders seitdem wir erkennen, dass es ein gnädiger Wille ist.

Zuerst Gerechtigkeit, dann Liebe

Während der gegenwärtigen Zeit ist es der Wille Gottes, dass Seine Kinder durch Prüfungen und Schwierigkeiten gehen, damit diese Erfahrungen in uns eine Gottähnlichkeit im Charakter, eine Kristallisation des Charakters entwickeln mögen, die uns geeignet machen, von Gott zu dem großen Werk benutzt zu werden, zu dem Er den Herrn Jesus bestimmt hat. Dies geschieht so, damit wir mit Jesus Christus, unseren Herrn, Miterben im Himmlischen Königreich werden, das von dem Vater geplant wurde, um alle Geschlechter der Erde zu segnen.

Manchmal erkennen christliche Menschen in der Bibel die Lehre der Liebe, und sie vergessen, dass es eine Lehre gibt, die der Liebe vorangeht. Diese vorrangige Lehre ist es, der wir heute unsere Aufmerksamkeit zuwenden. Es ist die Lehre der Gerechtigkeit – Rechtschaffenheit. Unser Leittext stellt dies geradezu mit den Worten fest: „Werdet rechtschaffen!”

Wir müssen alle lernen, das Rechte vom Falschen zu unterscheiden und zu praktizieren, was gerecht und rechtens ist. Gerechtigkeit ist Rechtschaffenheit.

Das Gesetz Gottes wurde den Israeliten am Berg Sinai gegeben, um zu zeigen, was Gerechtigkeit bedeutet. Es wurde ihnen nicht gesagt, irgendetwas mehr als Gerechtigkeit auszuüben. „Du sollst nicht töten”, sagte das Gesetz; denn einem anderen das Leben zu nehmen ist falsch, ausgenommen, wenn Gottes eigenes Gesetz dies fordert. „Du sollst nicht stehlen!” Zu stehlen ist falsch, ist ungerecht. „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden!” So zu handeln würde ein Unrecht sein. – 2. Mose 20:2 – 17

So sehen wir, dass das Gesetz Gottes, welches den Kindern Israel gegeben wurde, dies bedeutete: „Und du sollst den HERRN, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft; und deinen Nächsten wie dich selbst!” Gerecht gegenüber deinem Nächsten zu handeln, wie du den Wunsch hast, dass dein Nächster dich gerecht behandelt, ist der Kernpunkt des Gesetzes Gottes, das den Juden zu ihrer Behandlung anderer gegeben wurde. – Matthäus 7:12

Praktische Anwendung der Gerechtigkeit

Gab Gott der Kirche dieses gleiche Gesetz? Ja, soweit als es den Geist des Gesetzes betraf. Gottes Gesetz ist über allen Seinen Schöpfungen. Aber während des Zeitalters des Gesetzes gab es einen besonderen Gesetzesbund, den Gott mit dem natürlichen Israel geschlossen hatte. Niemand anders ist jemals unter jenem Gesetzesbund gewesen. Der Jude, der jenen Gesetzesbund vollkommen halten konnte, konnte für immer leben; und wenn er nach Seiner Anordnung ewiges Leben besessen hätte, dann hätte er Gelegenheit gehabt, ein Teil jenes großen gegenbildlichen geistigen Israel zu werden, welches alle Geschlechter der Erde segnen sollte. Dies tat unser Herr Jesus. Außerdem hat Er in Seiner Aussage des göttlichen Gesetzes gegenüber Israel gesagt, dass Er „das Gesetz groß und herrlich macht”, indem Er zeigt, wie weitreichend und allumfassend Seine Forderungen sind.

Keine intelligente Person wird die Anständigkeit des gerechten Handelns mit einem jeden Menschen infrage stellen. Dieses Thema hat viele Auswirkungen auf alle Angelegenheiten unseres täglichen Lebens. Das Prinzip der Gerechtigkeit tritt in jede Transaktion ein, selbst in die alltäglichste. Es betrifft nicht nur unsere Handlungen mit der Welt in der Gesamtheit, sondern auch mit jedem Glied unserer eigenen Familie. Das Prinzip der Gerechtigkeit muss sowohl bei uns als auch bei anderen anerkannt werden. Wenn alle diesen Gedanken der goldenen Regel fest im Sinn haben würden, wenn jeder rechtschaffen zur Gerechtigkeit werden könnte, würde die ganze Welt revolutioniert werden.

Wenn dieses Prinzip der Gerechtigkeit erkannt und befolgt würde, so würden die Menschen nicht aufeinander schießen, wie es heute überall auf der Welt der Fall ist. Sie würden im Gegenteil etwas besseres tun, einer dem anderen Gutes tun, so wie sie wünschen würden, dass andere ihnen Gutes tun. Aber die Menschen leben nicht nach diesem Prinzip der Rechtschaffenheit der Gerechtigkeit. Es wird gänzlich von Regierungen und den Einzelnen ignoriert. Die allgemeine Entschuldigung für die Verletzung der goldenen Regel ist: „Das würden sie für uns nicht tun, zu garantieren, was wir für uns selbst erwarten würden, denn die andern würden unseren Vorteil nutzen; sie würden ihren Teil nicht tun; sie würden keine Gegenleistung erbringen.”

Der Ablauf dieses Verhaltens entspricht nicht der Furcht vor Gott, sondern der Furcht vor Menschen; er ignoriert die Furcht vor Gott. Gott sagt, dass, wenn wir als Christen uns vor Menschen und vor Nationen fürchten, was diese uns tun könnten, wir fleischlich sind und nach dem Fleisch lebend der ungläubigen Welt gleich sind. Wie sollen wir, die wir durch den Herrn Jesus mit Gott in eine Beziehung gekommen sind und unser Leben Ihm gegeben haben, unter solchen Umständen handeln? Sollen wir sagen, dass wir uns fürchten, auf dieses Prinzip der Gerechtigkeit in unserem Leben zu vertrauen, dass wir uns nicht trauen, es in jedem Wort, in jedem Gedanken und in jeder Handlung auszuführen? Fürchten wir uns Gott zu vertrauen und Ihm zu gehorchen?

Gott sagte nicht, dass wir der goldenen Regel immer dann zu gehorchen hätten, wenn andere sie gegenüber uns einhalten, und sie nicht einhalten müssten, wenn andere sie uns gegenüber nicht einhalten. Im Gegenteil sollen wir sie bei jeder Gelegenheit praktizieren, unabhängig davon, was andere tun. Dann sollen wir wissen, dass alle Dinge zu unserem Guten zusammenwirken, weil wir uns mit Gott und Seinen Anordnungen auf einer Linie befinden. Er besitzt die Macht, alle Angelegenheiten unseres Lebens zu überwalten. Einander Gerechtigkeit zu erweisen, ist letztlich das, was wir tun müssen. Und wenn wir es tun, so bedeutet es einen großen Segen für unseren eigenen Charakter.

Wer auch immer das Prinzip der Gerechtigkeit – die goldene Regel – in seinem Heim oder in der Kirche Christi oder am Arbeitsplatz oder in gesellschaftlichen Belangen verletzt, sollte, wenn er ein Christ ist, die Angelegenheit ernsthaft und gebetsvoll prüfen und „rechtschaffen (gerecht) werden und nicht sündigen”. Die Gerechtigkeit zu verletzen ist somit Sünde; und so weit wir erkennen können, ist es eine Sünde, die überall vorkommt. Viele zeigen keine angemessene Wertschätzung dieser Tatsache. Sie erkennen nicht, dass für alle, die richtig leben, vor allem Gerechtigkeit die Grundlage jedes Charakters ist. – Psalm 89:14 Umsonst versucht irgendjemand Liebe gegenüber seinem Mitgeschöpf oder sogar gegenüber Gott auszuüben, indem er zur gleichen Zeit das Prinzip der Gerechtigkeit gegenüber jenem verletzt. Nur nachdem wir Gerechtigkeit gezeigt haben, sind wir frei, um Liebe gegenüber anderen auszuüben. Dann können wir soviel als uns möglich ist entlang dieser Richtung der Liebe tun. Zuerst Gerechtigkeit, danach Liebe, sollte die Regel sein, die all unser Handeln mit anderen beeinflusst.

Die Verantwortung des Volkes Gottes

Diejenigen, die Kinder Gottes sind, erwarten in Kürze zu den Richtern der Welt gezählt zu werden. Wie der Apostel sagt: „Oder wisst ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden.” – 1. Korinther 6:2 und 3 Außerdem sucht Gott jetzt in unseren Herzen und in unserem Leben jene Prinzipien zu entwickeln, die Er wünscht. Sofern wir nicht gerecht in unseren Herzen sind, sofern wir nicht diese Prinzipien der Gerechtigkeit wertschätzen und sie mit Freuden in die Tat umsetzen, werden wir für das Königreich nicht geeignet sein. Wir sollten nicht einmal gegenüber einem Tier ungerecht sein. Jede Schöpfung besitzt ihre Rechte, und wir sollten jeder Schöpfung die Rechte geben, die ihnen zustehen. Das Ergebnis liegt bei Gott. Sollten wir danach handelnd nicht unsere Sinne, unsere Herzen auf die herrliche Stellung vorbereiten, die der Herr für uns, für Seine treuen Kinder in Bereitschaft hält?

Wir sollten nicht denken, dass das Königreich Gottes auf der Grundlage der Gnade oder Gunst gegeben wird. Es wird weder Barmherzigkeit noch Begünstigung im Zusammenhang mit der Verleihung des himmlischen Lohnes geben. Gott zeigt Erbarmen in Verbindung mit unseren Sünden und Schwachheiten, gegen die wir ankämpfen; aber Er wird nicht erlauben, dass jemand in das Königreich kommt, dessen Charakter nicht angemessen ist. Diejenigen, die er als Miterben und Herrscher mit unserem Herrn Jesus annimmt, müssen die Prinzipien der Gerechtigkeit repräsentieren und wissen, wie diese Prinzipien jetzt anzuwenden sind. Wer auch immer nicht in solch einem Maß zur Gerechtigkeit neigt, dass er lieber Ungerechtigkeit erleidet, als Unrecht zu tun, wird keinen Anteil an dem Königreich haben.

Die Bibel stellt Gott überall als den großen Repräsentanten der Gerechtigkeit dar. Wenn wir einen Platz im Königreich erlangen, so wird uns dieser auf Grund von Werken, auf Grund unseres Wachstums in der Gnade in Erkenntnis und auf Grund der Charakterähnlichkeit mit unserem Herrn Jesus zuteil werden. Wenn wir gerechtfertigt worden sind durch Glauben an das Blut Jesu, wenn wir danach einen Bund mit Gott geschlossen haben und durch Seinen Heiligen Geist gezeugt worden sind, wünscht Er zu sehen, dass wir als Neue Schöpfungen zur Vollkommenheit voranschreiten. Wir sollen nicht denken, dass unser Himmlischer Vater kein Interesse an uns hat und uns kühl und gleichgültig beurteilen wird. Ganz im Gegenteil sollten wir uns an unseres Herrn Versicherung erinnern: „Der Vater selbst hat euch lieb.”

Abschließend wollen wir uns daran erinnern, dass bei uns, wenn wir treu sind, wenn wir treue Kinder Gottes sind, all unsere Flecken von dem Kleid der Gerechtigkeit Christi zugedeckt werden. Wenn wir mit all unserer Kraft das auszuführen wünschen, was unsere Hände bei dieser großen Sache der Gerechtigkeit tun können, indem wir mit allen entlang der Richtlinie der goldenen Regel handeln, so zeigen wir damit dem Vater, dass wir diese Prinzipien, die die Grundlage Seiner Herrschaft sind, wertschätzen. Auf dieser sicheren Grundlage sollen wir einen Oberbau der Liebe errichten. Und auf diese Weise werden wir für das Königreich tauglich gemacht werden.