Verlag und Bibelstudien-Vereinigung e. V.

Das Gleichnis vom Weinberg

Lesedauer: 5 Minuten

„Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, dieser ist zum Eckstein geworden.” Lukas 20:17

Dieses Gleichnis hat unser Herr seinen Zuhörern am letzten Tag seines öffentlichen Wirkens vorgestellt. Er hatte jeden Tag im Tempel gepredigt, und das Volk, das von seinen mächtigen Werken und seinen wunderbaren Worten sehr beeindruckt war, „hing an seinem Munde”. – Lukas 19:47 Doch je mehr sich sein Ruf ausbreitete und je größer der Einfluß durch seine Lehren auf die Leute war, desto größer wurden Neid und Gegnerschaft seitens der Pharisäer und Schriftgelehrten. Dies wuchs zu einem regelrechten mordgierigen Haß an, und man plante und intrigierte mit dem Ziel ihn zu töten. In diesem Geist und dieser Einstellung attackierten ihn die Hohenpriester und Schriftgelehrten und Ältesten Israels mit Fragen, die aus ihrer Sicht knifflig waren. Damit versuchten sie, ihm aus seinen Antworten Fallen zu stellen, damit er ihnen einen Vorwand zur Gefangennahme lieferte.

Die Klugheit, mit der der Herr ihre Angriffe parierte, nötigte jedermann Respekt ab. Er war all diesen Angreifern gegenüber mehr als überlegen und brachte sie zum Schweigen, so daß sie vor Scham ruhig sein mußten. Dann stellte er sein Gleichnis vor sie, bei dem sie nicht umhin konnten es auf sich zu beziehen – was sie um so mehr erbitterte, so daß sie Hand an ihn gelegt hätten, wenn sie nicht das Volk gefürchtet hätten. – Vers 19

Im genannten Gleichnis repräsentierte der Eigentümer des Weinbergs Gott, und der Weinberg stand für das jüdische Volk, wie es unter dem gleichen Bild in Jesaja 5:1 – 7 beschrieben wird: „Denn der Weinberg Jahwes der Heerscharen ist das Haus Israel, und die Männer von Juda sind die Pflanzung seines Ergötzens; … .” Gott hat für Seinen Weinberg sehr viel getan; Er hat ihn gepflanzt, gehegt und kultiviert, und bei all dem – „Was war noch an meinem Weinberge zu tun, das ich nicht an ihm getan hätte?” – mußte Er doch feststellen, daß dieser es Ihm mit wilden Trauben lohnte, anstatt mit edlen Früchten: „… er wartete auf Recht, und siehe da: Blutvergießen, auf Gerechtigkeit, und siehe da: Wehgeschrei.” – Vers 7 Die angestellten Weingärtner, denen die Pflege der Pflanzung anvertraut war, waren die von Gott bestellten religiösen Führer des Volkes. Diese Weingärtner waren zur ordnungsgemäßen Pflege des Weinbergs bestellt, beginnend mit der Zeit des Auszugs bis zum Kommen des Messias, also fast 1.900 Jahre lang.

In dieser Zeit suchte Gott bei verschiedenen Gelegenheiten nach Früchten der Gerechtigkeit bei Seinem Volk und sandte Seine treuen Propheten zu ihnen, die kaum Wertschätzung, sondern im Gegenteil schlechteste Behandlung erfuhren, und das vor allem durch die „Verwalter”. – Matthäus 23:31 und 32

Zuletzt, in der Ernte oder dem Ende jener Epoche, sandte Gott Seinen Sohn, wobei Er sagte: „Ich will meinen geliebten Sohn senden; vielleicht, wenn sie diesen sehen, werden sie sich scheuen.” Aber nein; in ihrem selbstsüchtigen Bestreben, die Verwalterschaft selbst zu behalten, sagten sie zueinander. „Dieser ist der Erbe; kommt laßt uns ihn töten, auf daß das Erbe unser werde.” „Und als sie ihn aus dem Weinberg hinausgeworfen hatten, töteten sie ihn.” Die Bedeutung des Gleichnisses war zu offensichtlich, als daß es nicht verstanden worden wäre. Dem schlechten Gewissen mußte nicht noch die Anklageformulierung folgen. Die selbstgerechten Heuchler sahen, daß der große Lehrer in ihren Herzen gelesen hatte und ihre dunklen Vorsätze durchschaut hatte.

Das Gleichnis endet mit der Voraussage seines letzendlichen Triumphs, auch wenn sie ihn töten würden, denn er war der Stein, von dem der Psalmist weissagt. „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden.” – Psalm 118:22 -, was sich auf Gottes Bauwerk einer Pyramide bezieht, deren oberster Stein der Schlußstein ist. – vergleiche auch Sacharja 4:7 Dieser Stein konnte wohl von ihnen verworfen werden, doch damit würde seine Erhöhung zu Gottes gegebener Zeit nicht verhindert werden, und er würde in dem herrlichen geistigen Tempel den Eckstein bilden.

Das jüdische Volk, das über Christus bei seiner ersten Gegenwart stolperte, zerbrach letztlich daran; und seither ist es ein versprengtes und geschundenes Volk – Jesaja 18:2 -, was von der ganzen Welt beobachtet wird. Beobachtet wird schließlich auch, daß jene niederträchtigen Verwalter, die den Herrn ans Kreuz geschlagen haben, gänzlich vernichtet worden sind. Sie haben Ansehen, Macht, Ehrenstellung und Amt verloren (und viele von ihnen sind wohl bei der Zerstörung Jerusalems umgekommen), und die Apostel und Lehrer von Christi Evangelium sind als die Würdigeren an ihre Stelle getreten.

So lautete das Zeugnis Christi gegen das fleischliche Israel als Volk, sowie gegen ihre geistlichen Führer und Lehrer. Wenn wir die Weissagung lesen und feststellen, wie sie auf Punkt und Komma in Erfüllung gegangen ist, zuerst für das fleischliche Israel und dann für das nominelle geistige Israel oder die nominelle christliche Kirche. Dort heißt es: „Und er wird … sein … zum Stein des Anstoßes und zum Fels des Strauchelns den beiden Häusern Israels … .” – Jesaja 8:14 Wie auch bei anderen Darstellungen stehen die beiden Häuser Israels, das fleischliche des jüdischen Zeitalters und das geistige des Evangeliumszeitalters zueinander in Beziehung als Vorbild und Gegenbild, und ihre Ähnlichkeit ist frappierend. Die Geisteshaltung der heutigen Religionslehrer ist, wie im jüdischen Zeitalter, gegen Jesus und die Wahrheit gerichtet. Sie verschließen ihre Augen vor dem von ihm ausgehenden Licht, und infolge dessen stolpern sowohl sie selbst als auch alle, die ihnen folgen, in die Grube der Untreue. Und in Kürze wird über sie die große Drangsal hereinbrechen, vor der uns der Herr und die Propheten warnen. – vergleiche Matthäus 21:21, Daniel12:1 und Offenbarung 18:4

Das Ergebnis dieses Stolperns der nominellen Kirchen über diesen Stein wird das gleiche sein wie das Stolpern der jüdischen Kirche: Sie werden daran zugrunde gehen. Die ganze Organisation wird zerfallen, und nur der gläubige Überrest dieses Zeitalters wird, genau wie jene, in Gottes Königreich gesammelt werden eine „kleine Herde”, von der gesagt wird: „… es hat euerem Vater wohlgefallen, euch das Reich zu geben.” – Lukas 12:32

Doch wenn dieser Eckstein den vollendeten Tempel Gottes, die verherrlichte Kirche, krönt, wenn sein Reich in Macht und Herrlichkeit aufgerichtet ist, wenn dann jener Stein jemanden treffen wird, dann wird er den zu Staub zermalmen und ihn vollständig vernichten. „Es wird aber geschehen, jede Seele, die irgend auf jenen Propheten nicht hören wird, soll aus dem Volke ausgerottet werden.” – Apostelgeschichte 3:23

Angesichts des Beispiels von Israel im Fleisch, das stauchelte, sollte jeder Christ sehr aufmerksam sein und dieses Beispiel beachten, um nicht zu denen in diesem Zeitalter zu gehören, die den Gegenentwurf leben, weder zu den blinden Leitern, noch zu der blinden Masse, die diesen Führern folgen, hinein in den Abgrund, der unweigerlich alle Ungläubigen verschlingen wird.